BLKÖ:Liechtenstein, Alois Joseph Fürst (1796–1858)

Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Band: 15 (1866), ab Seite: 140. (Quelle)
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Liechtenstein, Alois Joseph Fürst (Staatsmann, Ritter des goldenen Vließes, geb. 26. Mai 1796, gest. zu Eisgrub 12. November 1858). Ein Sohn des Fürsten Johann Joseph aus dessen Ehe mit Josephine Sophie Landgräfin von Fürstenberg. Der Fürst erhielt eine ausgezeichnete Erziehung, welche ein emigrirter französischer Priester, Abbé Werner, leitete. In der Geschichte war Friedrich Schlegel, in der Oekonomie der tüchtige Fachmann Professor Trautmann sein Lehrer. Nach beendeter Erziehung unternahm der Fürst Anfangs 1818, zur nächsten praktischen Nutzanwendung des Gelernten, eine Reise nach Italien und der Schweiz, von der er Anfangs October d. J. wieder zurückkehrte. Zwei Jahre später besuchte er England und Schottland. Im Jahre 1835 übernahm er eine [141] gesandtschaftliche Mission nach London wo damals Wellington, Aberdeen und Peel die Angelegenheiten Großbritanniens leiteten. Als im folgenden Jahre (20. April 1836) sein Vater Fürst Johann Joseph starb, folgte ihm Fürst Alois Joseph in der Regierung des Fürstenthums, das er schon im Jahre 1818 auf der Heimkehr von seiner ersten Reise besucht hatte. Seit dem Jahre 1827 Mitglied der Landwirthschafts-Gesellschaft in Wien, entfaltete er schon als solches eine rege Thätigkeit in landwirthschaftlichen Angelegenheiten, diese aber steigerte sich zu einem einflußreichen Wirken, als er im Jahre 1849 zum Präses derselben gewählt worden, welche Stelle er durch ein Jahrzehend bis an seinen Tod bekleidete. Kaum war er an die Spitze der Gesellschaft getreten, so fand die Reorganisation derselben, ihre Theilung in eine Central-Gesellschaft und in Bezirksvereine Statt; Ackerbauschulen, die erste auf des Fürsten Besitzungen, entstanden; die allgemeine land- und forstwissenschaftliche Zeitung, ein Blatt im großen Style, wurde begründet; die Ausstellungen von Vieh und landwirthschaftlichen Gegenständen aller Art in zweckdienlicher Weise wurden vermehrt und ihre Bedeutung durch Preise, welche der Staat, der Fürst und die Gesellschaft beisteuerten, wesentlich gehoben; Seidenbau und Bienenzucht durch den Fürsten zunächst gefördert. In der ein Jahr vor seinem Tode stattgehabten Ausstellung im Augarten zeigte es sich, welchen Aufschwung die landwirthschaftlichen Verhältnisse unter seiner Oberleitung genommen hatten. Noch in der letzten Zeit seines Präsidiums wurden das Drainage-Institut eingeführt, ein Wiesenbau- und Drainage-Ingenieur aufgestellt, die Einleitungen zur Gründung einer Obst- und Weinbauschule getroffen, und Prämien für Obstzüchter festgesetzt. So umfassend nach dieser einen Seite des Fürsten Thätigkeit sich darstellt, er richtete sein Augenmerk auch weiter. 74 verschiedene humanistische, wissenschaftliche und industrielle Vereine (38 in Oesterreich, 19 in Böhmen, 8 in Mähren, 4 in Schlesien, 2 in Ungarn, 2 im Fürstenthume Liechtenstein und 1 in Salzburg) wurden von ihm regelmäßig mit stehenden Summen, die sich bei einzelnen auf mehrere hundert Gulden in jedem Jahre beliefen, unterstützt, ferner zahlreiche Pensionen an Dürftige, Gaben die er selbst überwachte, vertheilt. Bei außerordentlichen Anlässen, als z. B. bei Bränden, Ueberschwemmungen. sonstigen Unglücksfällen steuerte der Fürst mit freigebiger Hand bei, so z. B. anläßlich der Ueberschwemmung in Ungarn im Jahre 1838 einmal 8000 fl., das anderemal 4500 fl. C. M.; für die durch den Brand in Hamburg Verunglückten im Jahre 1843 400 Ducaten; zum Bau eines Ständehauses in Breslau 1435 fl.; im Jahre 1848 dem adeligen Damenvereine 3000 fl.; dem Kriegsministerium für die italienische Legion 4000 fl.; dem Ministerium für Handel und Gewerbe 3000 fl. für Nothleidende; dem Brünner Bischofe für Staatsbedürfnisse 4500 fl.; im Jahre 1849 zur Stellung von Fuhrwesenszügen 20.000 fl.; zur Errichtung eines Scharfschützencorps 4500 fl.; im Jahre 1851 zum Bau der Radetzky-Fregatte 1000 fl.; im Jahre 1853 dem Banus Jellačić für wohlthätige Zwecke 3600 fl.; im Jahre 1854 anläßlich der glücklichen Rettung Sr. Majestät 9000 fl.; zur Gründung eines Knabenseminars in Olmütz 3000 fl., und im Jahre 1858 aus Anlaß der Geburt eines Kronprinzen [142] 5800 fl. Viele andere nicht unbedeutende periodisch fließende Beträge entziehen sich der namentlichen Aufführung. Was die Förderung von Kunstzwecken betrifft, so unterstützte der Fürst wohl auch dieselben, aber weniger als solche, sondern wo sie ihm zur Förderung anderer ihm wichtiger scheinender Zwecke dienlich erschienen. So fallen in die Zeit seiner Regierung der 1837 begonnene, 1848 vollendete Prachtbau des kostbaren Palais in der Stadt Wien, der Schloßbau in Eisgrub im Jahre 1846, die Kirche zu Acs im Jahre 1844, das Schulhaus ebenda 1856, die Kirche und das Schulhaus zu Adamsthal 1857, die Bahnhofscapelle zu Lundenburg 1858. Thatsache ist es, daß in Kunstangelegenheiten der Sinn des Fürsten mehr auf das Praktische die allgemeine Wohlfahrt und den Staatszweck zunächst Fördernde gerichtet war, und daß er selbst seine Prachtbauten oft nur deßhalb anordnete, um seinen armen Unterthanen in Eisgrub Beschäftigung und Erwerb zu verschaffen. „Der Fürst – wer kannte ihn nicht? heißt es in einem der zahlreichen Erinnerungsblätter, die von den Organen aller Parteien in stiller Trauer um den Verewigten auf seinen Sarg gelegt wurden – der Fürst war keiner jener großen Herren, die mit altspanischen Formen vor jeder Berührung mit dem Volke sich absperren. Wie er unter dem hohen Adel des Reichs eine der ersten Stellen (als souveräner deutscher Fürst und Mitglied des deutschen Bundes sogar die erste) einnahm, an Glanz und Geschmack seines Haushaltes, in der Bewirthschaftung seiner ungeheuren Güter und Forste tonangebend war, so war er auch in den Bürger- und Volksclassen durch die Einfachheit seines Wesens, durch Wohlwollen und Theilnahme an allen Orten, wo er erschien, die sympathischste[WS 1] Persönlichkeit. Wir erwähnen nicht die Tugenden, die einem großen Herrn überhaupt zukommen, wenn er seinen Stand nicht verläugnen soll; wir skizziren hier bloß dasjenige, was den Fürsten Alois persönlich charakterisirt, seine hohe Treue gegen Alle, zu denen er in Beziehungen stand. Ein Musterbild als Fürst wie als Bürger, als Gatte wie als Vater, als öffentlicher Charakter wie als Privatmann, legt die öffentliche Meinung in ganz Oesterreich einen grünen unverwelklichen Kranz der Verehrung und Erinnerung auf seinen Sarg.“ Und ein Wiener Bürger bemerkte bei der Nachricht von des Fürsten Tode treffend: „Kein Kreuzzeitungsmann, sondern ein österreichischer Cavalier ist gestorben; da ziemt es uns Wiener Bürgern wohl auch zu trauern“. Der Fürst war seit 8. August 1831 mit Franziska de Paula geborne Gräfin Kinsky vermält, und sind aus dieser Ehe eilf Kinder entsprossen, von denen zehn am Leben. Der Familienstand ist aus der genealogischen Tabelle II. ersichtlich. Am 8. August 1856 beging noch der Fürst auf das festlichste die Feier der silbernen Hochzeit auf seinem prächtigen Schlosse zu Eisgrub. Zwei Jahre später, im Alter von 62 Jahren, wurde sein Hingang von Allen, die ihn kannten, tief beklagt.

Lowy (A. M. D.), Alois Fürst von und zu Liechtenstein. Ein Todtengedächtniß (Wien 1859, literar. artistische Anstalt, gr. 8°.). – Illustrirte Zeitung (Leipzig, J. J. Weber, kl. Fol.) 1857, Beilage zu Nr. 731 [daselbst sein vortrefflich im Holzschnitt ausgeführtes Bildniß, als Büste]. – Oesterreichische Zeitung (Wien, Fol.) 1858, Nr. 266. – Nordböhmischer Gebirgsbote 1858, Nr. 44 [nach diesem ist der Fürst im Jahre 1790 geboren da es aber gleich darauf heißt: „er war, als er starb (1858), 62 Jahre alt“, so ergibt sich diese Angabe, die 1796 lauten [143] sollte, als ein Druckfehler]. – Temesvárer Zeitung 1858, Nr. 265. – Siebenbürger Bote 1858, Nr. 234. – Neuigkeiten [Brünner polit. Blatt) 1858, Nr. 267 u. 268. – Grenzboten. Herausgegeben von Kuranda (Leipzig, Herbig, gr. 8°.) Jahrg. 1847, Bd. I, S. 255 [im „Brief aus Wien“]. – Wiener Kirchenzeitung, herausg. von Dr. Sebastian Brunner (4°.) 1856, Nr. 86, S. 687: „Bericht aus Lundenburg“. – Gratzer Telegraph 1856, Nr. 188. – Unterhaltungsblatt zur Bürger- und Volkszeitung (Bruneck, 8°.) Jahrgang 1864, Nr. 47, S. 192: „Das mikroskopische Fürstenthum“ [als der Fürst einer Schulprüfung in Eisgrub, einer seiner Besitzungen, beiwohnte, stellte er an einen der Schüler die Frage über die Grenzen Deutschlands. Der Schüler antwortete gut und schloß die Antwort folgenderweise: Und hier unten südwestlich bildet den äußersten Punct das unabhängige, aber mit freien Augen kaum sichtbare Fürstenthum Liechtenstein“. Während den Lehrer und die Zuhörer ein Entsetzen ohne Gleichen erfaßte, brach der Fürst in lautes Lachen über sein mikroskopisches Fürstenthum aus]. – Das Pfennig-Magazin 1837, Nr. 238: „Gallerie deutscher Bundesfürsten. XXVIII“ [mit Porträt]. – Porträt. Außer obigen Holzschnitt-Bildnissen besteht eine schöne Lithographie in gr. Fol, von Kriehuber, den Fürsten in ganzer Figur und im Toison-Ornate vorstellend; – ferner eine Lithographie im Medaillon-Format mit der Unterschrift: Alois Fürst von und zu Liechtenstein. Druck der typ. lit. artist. Anst. von Zamarski u. Dittmarsch. Wien, ohne Angabe des Zeichners und Lithographen (4°. u. 8°., auch bei Lowy’s Schrift über den Fürsten).

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: sympatischste.