BLKÖ:Krombholz, Vincenz Julius Edler von

Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Band: 13 (1865), ab Seite: 247. (Quelle)
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Krombholz, Vincenz Julius Edler von (Arzt und Naturforscher, geb. zu Oberpolitz im Böhmisch-Leipaer Kreise in Böhmen 19. December 1782, gest. zu Prag 1. November 1843). Der Sohn eines Schullehrers zu Politz; der Knabe verlor – da er erst fünf Jahre alt war – seinen Vater, erhielt aber in dem Nachfolger seines Vaters in der Lehrerstelle Joseph Dominka einen Stiefvater, der Vaterstelle an K. vertrat. Die Schule besuchte K. in seinem Geburtsorte, zugleich zeigte er Vorliebe für die Botanik, Talent für Musik und das Zeichnen. Da es seinen Eltern an Mitteln fehlte, ihn studiren zu lassen, sollte er ein Handwerk, u. z. die Seifensiederei erlernen. Aber durch Vermittelung des Politzer Stiftscaplans Kaspar Götz wurde dieser Plan aufgegeben, K. durch diesen für den Gymnasialbesuch vorbereitet und bezog, unterstützt von seinem Lehrer Götz und dem P. Benno Benisch, Pfarrer in Dobern, die Schule in Böhmisch-Leipa, wo die dortigen Augustiner noch die Erlaubniß hatten, die Jugend in den Gymnasial-Gegenständen [248] zu unterrichten. Aber nicht lange blieb K. in Böhmisch-Leipa[WS 1]; als ihm eines Tages ein Professor befahl, einem Collegen, der seiner Nachlässigkeit wegen bestraft werden sollte, einige Hiebe mit dem Stocke zu geben, weigerte sich K. entschieden, diesen Auftrag auszuführen und verließ aus diesem Anlasse das Gymnasium, zugleich aber auch die Stadt. Er kam nun nach Prag und machte dort eine harte Schule der Entbehrungen durch. Nach vielen Bemühungen erhielt er endlich die Stelle eines Chorknaben an der Theinkirche in der Prager Altstadt, und dadurch Kost und Wohnung. Zugleich erhielt er eine Verwendung im Theater-Orchester, bei dem Praupner Musikdirector war. Nachdem er das Gymnasium beendet hatte, verzichtete er auf jegliche Unterstützung von Seite seiner Eltern und Verwandten, und beschloß sich selbst fortzubringen. Eine kurze Unterbrechung in seinen Studien veranlaßte im J. 1800 sein Eintritt in die böhmische Legion, welche im genannten Jahre errichtet worden. Nachdem die Legion aufgelöst worden, setzte K. seine Studien fort und trat 1803 in den niedern Curs der Chirurgie. Er beendete denselben und erhielt von dem berühmten Arzte Dr. Held [Bd. VIII, S. 243] die Erlaubniß, seinen Leichen-Eröffnungen beizuwohnen, welcher praktische Unterricht für ihn von großem Nutzen war. Nun begab sich K. nach Wien, um dort die Vorträge über Augenheilkunde und Staar-Operationen des berühmten Professors Beer [Bd. I, S. 222] zu hören. Nach seiner Rückkehr wurde er 1805 Magister der Chirurgie; begann aber auf den Rath mehrerer Aerzte, die ihn bereits kennen zu lernen Gelegenheit gehabt, das Studium der Medicin und trat 1808 in den ersten Jahrgang der höheren Arzeneikunde. Während seiner Studienzeit erhielt K. provisorisch die Prosectorsstelle. Zu gleicher Zeit unternahm er, wenn es ihm sein Amt gestattete, wissenschaftliche Reisen in’s Ausland und besuchte die für die Aerzte wichtigsten Städte Bamberg, Berlin, Erlangen, Erfurt, Halle, Jena und Würzburg. In Bamberg hielt er sich am längsten auf, und das dortige Krankenhaus und Irrenhaus und die medicinisch-chirurgische Schule unter des berühmten Dr. Markus Leitung nahmen seine ganze Aufmerksamkeit in Anspruch. Wie ernstlich es K. mit seinem Berufe und den dazu nöthigen Studien nahm, erhellet aus der Thatsache, daß er sich in Bamberg bei einem Irrsinnigen einsperren ließ und bei demselben, um ihn zu beobachten, so lange Zeit blieb, bis seine eigene Gesundheit im hohen Grade gefährdet war und er eine weitere Fortsetzung seines Beginnens einstellen mußte. An der Erfurter Hochschule erlangte er im Jahre 1811 die medicinische Doctorwürde und im nämlichen Jahre wurde K. Hausarzt im Prager Privat-Waisenhause zu St. Johann dem Täufer. Im J. 1813, nach Dr. Oechy’s Tode, wurde er zum supplirenden und bald darauf zum wirklichen Professor der theoretischen Chirurgie, Instrumenten- und Bandagenlehre ernannt, welche Stelle er bis zum Jahre 1820 versah, in welchem er, nachdem er in der Zwischenzeit mehrere und oft länger dauernde Supplirungen anderer medicinischer Fächer versehen hatte, zum Professor der Staatsarzeneikunde ernannt wurde. Eine noch in demselben Jahre erfolgte Ernennung zum Landesprotomedicus von Dalmatien lehnte K. ab. Indessen wuchs sein Ruf als Arzt und Lehrer immer mehr und mehr; trefflich die klinische Anstalt leitend, verstand er es, genial und nutzbringend zu lehren. Als Kliniker war er weit über [249] die Marken Böhmens, Oesterreichs, ja Deutschlands hinaus bekannt, und aus weiter Ferne nahmen Kranke und Fachgenossen in bedenklichen Fällen seinen berühmt gewordenen Scharfblick bald schriftlich, bald persönlich in Anspruch. Im Jahre 1824 vertauschte er sein bisheriges Lehramt mit jenem der speciellen Pathologie und Therapie, mit welchem zugleich die Primar-Arztenstelle im k. k. allgemeinen Krankenhause verbunden war. Neue Beweise seiner ärztlichen Geschicklichkeit, Umsicht und seines Todesmuthes gab er 1830 beim Ausbruche der Cholera in Prag, bei welcher Gelegenheit er zum Beisitzer der aus diesem Anlasse berufenen Provinzial-Sanitäts-Commission und zum Director sämmtlicher Cholera-Spitäler ernannt wurde. Nach Erlöschen der Seuche rief er die zur Stunde in so segensvoller Thätigkeit stehende Krankenbettenstiftung für hilflose Studirende [siehe in den Quellen] in das Leben. Im Jahre 1836 wurde er auf seinen Wunsch der Verwaltung des k. k. allgemeinen Krankenhauses wie der Lehrkanzel der Klinik enthoben und übernahm das Lehramt der Physiologie. Im Jahre 1838 erhielt er noch den Titel eines k. k. Gubernialrathes. Noch einige Jahre versah K. sein Lehramt, bis ihn wiederholte Schlaganfälle, zu denen sich noch andere Leiden gesellten, nöthigten, sich Ruhe zu gönnen und auf Reisen und in Bädern Erholung zu suchen. Bei dieser Gelegenheit besuchte er mit seiner Familie im Jahre 1842 Italien. Nach seiner Rückkehr suchte er in Karlsbad Hilfe. Aber sie wurde ihm nicht. Im nämlichen Jahre noch erlag er im Alter von erst 61 Jahren seinem Leiden. K. war als Arzt und Menschenfreund in Prag so beliebt und verehrt, daß sein Andenken noch heute nach zwei Decennien ungeschmälert sich erhalten hat. Als Fachschriftsteller thätig, hat er folgende Werke veröffentlicht: „Conspectus fungorum esculentorum qui per decursum anni 1820 Pragae vendebantur“ (Prag 1821, 8°.); – „Leben und Studien des Dr. J. B. Monteggia. Eine Gedächtnissrede“ (Prag 1821, 8°.), aus dem Italienischen übersetzt; – „Auswahl gerichtlicher medicinischer Untersuchungen und Gutachten“ (Prag 1821, gr. Fol.); – „Beschreibung und Prüfung der Tober’schen Maschinen für Chirurgie, Krankenpflege und Hypojatrie“ (ebd. 1824, 8°.); – „Abhandlungen aus dem Gebiete der Akologie“, 2 Bde. (Prag 1824 und 1834, gr. 4°., mit vielen Abbildungen); – „Anatomische Beschreibung eines sehr merkwürdigen Anencephalus“ (Prag 1830, mit 3 K. K.), früher in den Abhandlungen der k. böhm. Gesellschaft der Wissenschaften abgedruckt; – „Fragmente einer Geschichte der medicinisch-praktischen Schule an der Carl Ferdinandrischen Universität“ (Prag 1831, 4°.), als Programm zum feierlichen Rectoratswechsel für das Jahr 1831/32; – „Naturgetreue Abbildungen und Beschreibungen der essbaren schädlichen und verdächtigen Schwämme“, 8 Hefte (Prag 1831–1843, Fol.); – „Generalrapport über die asiatische Cholera in Prag in den Jahren 1831–1832. Mit vielen Tabellen“ (ebd. 1837, 4°.); – „Beobachtungen zweier Fälle von inneren Brüchen“ (Prag 1837, Fol., mit 3 lith. Tafeln); – „Topographisches Taschenbuch von Prag, zunächst für Naturforscher und Aerzte“ (Prag 1837, 8°.); – „Bericht über die Versammlung deutscher Naturforscher und Aerzte in Prag im Jahre 1837“ (ebd. 1838, 4°.), in Gemeinschaft mit Kaspar Grafen Sternberg herausgegeben. Von seinen übrigen Verdiensten als Arzt und Mann der Wissenschaft sei noch bemerkt, daß er das Prager anatomische Museum mit Präparaten, das astrologische Cabinet mit Instrumenten, Maschinen u. dgl. m. bereichert; [250] in der medicinischen Klinik aber eine Bibliothek gegründet hat, die er immer mit neuen, oft kostbaren Werken vermehrte. Krombholz’ Verdienste als Arzt um die leidende Menschheit, als Lehrer und Spitalsdirector um den Staat und die Wissenschaft sind vielseitig anerkannt und gewürdigt worden. Die Stadt Prag, in der er gewirkt, verlieh ihm das Ehrenbürgerrecht;. die Universität erwählte ihn zu ihrem Rector magnificus; die kön. böhmische Gesellschaft der Wissenschaften und das böhmische Museum zum Mitgliede, und außer vielen anderen gelehrten Vereinen des In- und Auslandes nahmen ihn die k. k. Gesellschaft der Aerzte in Wien, die medic. chirurgische Gesellschaft in Berlin, der Verein für Heilkunde in Paris, die medicinische Gesellschaft in Leipzig, die Gesellschaft für Natur- und Heilkunde in Dresden und die Gesellschaft der Naturforscher zu Erlangen, Heidelberg, Breslau und Charkow unter ihre Mitglieder auf. Von Sr. Majestät dem Kaiser aber wurde er im Jahre 1837 in den erbländischen Adelstand mit dem Ehrenworte „Edler von“ erhoben. Aus seiner Ehe mit Theresia, der Tochter seines einstigen Lehrers und väterlichen Freundes Dr. Oechy, mit der er seit 5. Februar 1820 verheirathet war, hinterließ er drei Töchter: Ottilie, Ernestine und Therese. K. wurde auf dem Wolschaner Friedhofe beigesetzt, wo ein schmuckloser Denkstein, der einfach nur seinen Namen, Charakter, Geburts- und Todesjahr und Tag anzeigt, seine Ruhestätte bezeichnet.

Cypressen. Nach Urkunden bearbeitete Biographien der im letzten Decennium zu Prag verstorbenen Persönlichkeiten. Von Jan z Prahy (Joh. Nep. Druchsa) (Prag 1852, C. Vetterl, kl. 8°.) Bd. I, Heft 1, S. 3–72: „Julius Vincenz Edler von Krombholz“. – Abhandlungen der königl. böhmischen Gesellschaft der Wissenschaften (Prag), V. Folge, Bd. 4, S. 4: „Krombholz, nach seinem Leben und Wirken geschildert“, von B. Bolzano. [Auch (Prag 1845) im Sonderabdrucke erschienen.] – Oesterreichische Blätter für Literatur und Kunst, herausg. von Dr. Ad. Schmidl (Wien, 4°.) I. Jahrg. (1844), Literaturblatt Nr. 6: Biographische Skizze von Dr. J. Löschner. – Libussa. Almanach, herausgegeben von Alois Klar, Jahrgang 1851, S. 463 [nach dieser geb. zu Politz 20. December 1783, gest. 2. November 1843]. – Meyer (J.), Das große Conversations-Lexikon für die gebildeten Stände (Hildburghausen, Bibliogr. Institut, gr. 8°.) Bd. XIX, Abthlg. 1, S. 262, und Suppl. Band IV, S. 344. – Oesterreichische National-Encyklopädie, herausgegeben von Gräffer und Czikann (Wien 1835, 8°.) Bd. VI, S. 522 [nach dieser geb. 20. December 1783]. – Bohemia (Prager Unterhaltungsblatt, 4°.) 1843, Nr. 138. – Prag (Localblatt) 1843, Nr. 184. – Vierteljahrsschrift für praktische Heilkunde. Jahrgang 1844, 1. Band. – Adelstands-Diplom vom 13. Mai 1837 [in diesem ist der 20. December 1783 als sein Geburtsdatum angegeben]. – Porträt-Büste und Porträt. Eine Porträt-Büste wurde auf Kosten der medicinischen Facultät der Prager Hochschule von dem Bildhauer Emanuel Max aus weißem carrarischem Marmor angefertigt und im großen Zimmer der Krombholz’schen Krankenbettstiftung des k. k. allgemeinen Krankenhauses aufgestellt. – Sein lithographirtes Porträt befindet sich aber in der (bei Friedrich Beck, 1838, in Wien, 4°, erschienenen) „Porträten-Gallerie berühmter Aerzte und Naturforscher des österreichischen Kaiserthums“. – Krombholz’sche Stiftungen. Bald nach dem Erlöschen der Cholera in Prag 1832 erließ Dr. Krombholz einen Aufruf zur Begründung einer Anstalt, in welcher erkrankte arme Studirende ihre Pflege und Heilung unentgeltlich erhalten sollen. Der Aufruf fand allgemein Anklang, und den rastlosen Bemühungen K.’s gelang es, den Fond so zu vergrößern, daß bei seinem Ableben im Jahre 1843 ein Capital von 26.918 fl. C. M. vorhanden war. Im Jahre 1852 war der Fond bereits auf 52.000 fl. C. M. angewachsen, und gewiß ist er im Momente noch bedeutend höher. Auch begründete Krombholz im Jahre 1836 ein besonderes Reisestipendium für mittellose Aerzte, welche sich nach beendeten Studien in [251] der Chirurgie, mit besonderer Berücksichtigung der Orthopädie und Heilgymnastik, weiter ausbilden sollen, und zu diesem Zwecke eine Reise, deren Hauptziel Berlin und Paris sein und die drei Monate dauern soll, zu unternehmen hätten. Nachdem der Fond so hoch angewachsen war, daß das im Stiftsbriefe zur Realisirung des Stipendiums verlangte Zinsenerträgniß auch für die Zukunft sichergestellt ist, wurde im Juli 1852 der erste Concurs für ein Stipendium von 400 fl. C. M. ausgeschrieben. – Wappen. Gevierteter Schild. 1: in Roth ein silberner Stern; 2: in Silber zieht sich auf grünem Rasen am unteren Ende des Feldes ein Basaltgebirge mit etwas schräge gestellten Säulen; 3: in Silber ein blankes Schwert mit goldenem Gefäße und der Aesculapstab mit seiner Schlange, diese mit ausgeschlagener rother Zunge, alles in natürlicher Farbe und in Form eines Andreaskreuzes gestellt; 4: in Roth eine geöffnete natürliche Papierrolle nebst einem in schrägrechter Richtung auf derselben liegenden, mit der Spitze abwärts gekehrten natürlichen Griffel, unter der Rolle liegt in schräglinker Stellung ein goldener Szepter. Auf dem Schilde ruht der gekrönte Turnierhelm, aus dessen Krone zwei mit den Sachsen nach innen gekehrte, von Silber und Roth quergetheilte Adlerflügel mit gewechselten Tincturen sich erheben, denen der in 3 bezeichnete Aesculapstab mit der Schlange eingestellt ist. Die Helmdecken sind zu beiden Seiten roth mit Silber belegt.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: Bömisch-Leipa.