BLKÖ:Kerens, Heinrich Johann

Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Band: 11 (1864), ab Seite: 175. (Quelle)
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Kerens, Heinrich Johann (Bischof von St. Pölten, geb. zu Mastricht 22. Mai 1725, gest. zu Wien 26. November 1792). Entstammt einem niederländischen Patriziergeschlechte und trat jung in den Orden der Gesellschaft Jesu. In diesem setzte er seine Studien zu Mecheln fort, kam aber dann nach Brüssel, wo er beim Unterrichte der Jugend verwendet wurde. Fünf Jahre als Lehrer thätig, sollte er nunmehr das Studium der Theologie beginnen, da aber die flandrische Jesuitenprovinz durch die damaligen Kriege an ihren Gütern große Verluste erlitten hatte, so halfen ihr andere Jesuitenprovinzen und zwar die österreichische und böhmische aus, unter anderem auch damit, daß junge flandrische Religiosen von genannten Provinzen unentgeltlich übernommen und zum Studium auf ihren Universitäten zugelassen wurden, worauf sie in ihr Vaterland zurückkehrten. Einer von denen, den das Loos traf, den Studien fern vom Vaterlande obzuliegen, war Kerens. Er kam auf die Universität Olmütz nach Mähren. Dort befreundete er sich mit dem Domherrn Franz Gregor Grafen von Giannini, der eine reiche Bibliothek besaß und K. bald so lieb gewann, daß er ihm den unumschränkten Gebrauch derselben gestattete. K. benützte diese, um sein Wissen zu bereichern und studirte neben seinen theologischen Fächern noch Geschichte, Natur- und Völkerkunde, Moral und Politik. Um diese Zeit begab sich der gelehrte Jesuit Joseph Franz [Bd. IV, S. 342] nach Böhmen zur Berichtigung des dortigen Maßes und Gewichtes und lernte auf seiner Durchreise durch Olmütz den jungen Religiosen Kerens kennen. Der Eindruck, den er auf Franz gemacht, war ein nachhaltiger und bei seiner Rückkehr nach Wien empfahl Franz den jungen Priester dem damaligen Director des Theresianums Mathias Pock, der bald von seinen Ordensobern die Erlaubniß erwirkte, Kerens in dem seiner Leitung anvertrauten Institute zu verwenden. Im Jahre 1754 betrat der junge Priester diese Anstalt und wirkte in derselben bis zum Jahre 1759, anfänglich als Lehrer und seit 1760 als Nachfolger Pock’s in der Leitung derselben. Ueber diese Näheres zu sagen, ist die Aufgabe eines künftigen Geschichtschreibers dieser damals in ihrem Aufblühen begriffenen Anstalt. Aber von welchem Geiste K. beseelt war, dafür liefert einen sprechenden Beweis die Liste jener Männer, die er als Lehrer in das Institut gezogen und unter denen wir nur beispielsweise nennen einen Denis [Bd. III, S. 238], der schöne Wissenschaften, Hohenwarth [Bd. IX, S. 208], der Geschichte, Izzo [Bd. X, S. 340], der Baukunst, Khell von Khellburg, Joseph|Khell]], der Alterthumskunde, Mako, der Philosophie und Mathematik, Mitterbacher, der Landwirthschaft lehrte, vieler anderer in ihren Fächern [176] nicht minder tüchtigen Männer nicht zu gedenken. Das Institut galt in anderen Ländern bald als Musteranstalt und sein Leiter erfreute sich allgemeiner Anerkennung. Auch die Kaiserin wollte nicht länger zurückbleiben und dem verdienten Meister einen Beweis ihres Wohlwollens geben. 1769 erhielt K. das erledigte Bisthum Ruremunde in Oesterreichisch-Geldern. Nur 4 Jahre blieb K. dort; die Kaiserin, die den bewährten Diener näher um sich haben wollte, berief ihn im Jahre 1773 als Bischof von Neustadt nach Oesterreich zurück. Mit diesem Bisthum war das apostolische Vicariat der kais. Armee verbunden; K. versah also auch dieses und erhielt von der Kaiserin die geheime Rathswürde. Als nach dem Tode Maria Theresiens Kaiser Joseph seine Erblande von dem Passauer Kirchensprengel zu trennen beschlossen hatte und mit eigenen Bischöfen besetzte, wurde für Oberösterreich Linz, für Niederösterreich an die Stelle Neustadts St. Pölten ausersehen, wohin nun K. 1784 mit seinem Capitel übersiedelte. Nachdem er dreiundzwanzig Jahre die bischöfliche Würde bekleidet, starb K. im Alter von 68 Jahren in Wien, wo er als Armeebischof den Winter zuzubringen pflegte. In seinem letzten Willen vermachte er seinen Kirchenornat und seine treffliche Bibliothek dem Bisthume, stiftete mit 5000 Gulden einen Jahrtag zu seinem Andenken, bestimmte 40.000 Gulden für das geistliche Seminarium, das er gegründet, eingerichtet und sonst ausgestattet hatte, 5000 Gulden zu jährlichen Preisen für einen Knaben und ein Mädchen, die sich in den Volksschulen zu St. Pölten auszeichnen würden, und bedachte auch die Armen freigebig. Gelehrt in des Wortes bester Bedeutung, hätte K. als Schriftsteller gewiß eine ersprießliche Thätigkeit entfaltet, jedoch schien sein angestrengter Beruf zuerst als Leiter der Anstalt, später als Kirchenfürst ihm nicht die gehörige Muße gestattet zu haben, daher von ihm nur folgendes im Drucke erschienen ist: „Discours historique sur ce qui s’est passé en Europe depuis 1450 jusque’à 1500“ (Vienne 1762, 8°.), wovon Joseph von Retzer eine deutsche Uebersetzung (ebd. 1776, 8°.) veranstaltet hat, und „Instruction oder Vorschrift für seine Mitarbeiter nebst der Tagesordnung des Hauses“ (Tyrnau, 4°.). Denis feierte Kerens’ Andenken in seinen Liedern und in einem lateinischen Epigramm. In einem der ersteren singt der Barde:

Ha, sind auch deiner Liebe, mein Vaterland,
Die Lieder würdig, welche dir Sined singt;
     O so vergiß es nie: die Lieder
     Bist du dem Oberdruiden schuldig.

Unter dem „Oberdruiden“ ist Kerens gemeint; letzteres lautet:

Henrico debes, si quid tibi protulit unquam
Te non indignum, Patria Denisius
.

Kerens’ Taufname war Heinrich. Stoeger erwähnt eine von Denis verfaßte Biographie Kerens’:„Vita ejus, schreibt er wörtlich, a Denisio edita“. Ich konnte diese Biographie leider nicht auffinden.

Schlichtegroll (Friedrich), Nekrolog auf das Jahr 1792 (Gotha, Justus Perthes, kl. 8°.) III. Jahrgang, Bd. I, S. 19. – Kunitsch (Michael), Biographien merkwürdiger Männer der österreichischen Monarchie (Gratz 1805, Gebrüder Tanzer, 8°.) Bdchn. II, S. 31 [wörtlicher Abdruck aus Schlichtegroll ohne Angabe der Quelle]. – (De Luca) Das gelehrte Oesterreich. Ein Versuch (Wien 1776, Ghelen’sche Schriften, 8°.) I. Bds. 1. Stück, S. 249. – Meusel (Joh. Georg), Lexikon der vom Jahre 1750 bis 1800 verstorbenen teutschen Schriftsteller (Leipzig 1806, Fleischer, 8°.) Bd. VI, S. 467. – Stoeger (Joh. Nep.), Scriptores Provinciae Austriacae Societatis Jesu (Viennae 1855, Lex. 8°.) p. 179. – Vehse (Eduard Dr.), Geschichte [177] des österreichischen Hofs und Adels und der österreichischen Diplomatie (Hamburg, Campe, 8°.) Theil VIII, S. 12 [bemerkt von Kerens, „daß er der Hauptcompagnon Franz I. Stephan in der Goldküche“ war. Vehse’s Cynismus verleidet es Einem oft, ihn als Quelle zu citiren und muß es schon geschehen, so nur deßhalb, weil er eine Unzahl bereits höchst seltener Memoirenwerke oft wörtlich compilirt, deren Kenntniß dem Geschichtschreiber wünschenswerth, ja oft wichtig ist. Ueberall aber, wo V. selbstständig auftritt, wird seine haarsträubende Gemeinheit widrig, und dieß um so mehr, als er ohne Grund, ohne weitere Nachforschung, wie dieß eben bei Kerens der Fall ist, Alles verunglimpft und besudelt]. – Porträt. Welckert p., N. Rhein sc. (Fol., Schwarzk.).