BLKÖ:Gebler, Tobias Philipp Freiherr von

Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Gazzaniga, Peter
Band: 5 (1859), ab Seite: 118. (Quelle)
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Gebler, Tobias Philipp Freiherr von (Schriftsteller, geb. zu Zeulenroda im Reuß’schen 2. Nov. 1726, gest. zu Wien 9. October 1786). Sein Vater, adeliger Abkunft, bekleidete in Zeulenroda die Stelle eines Kanzlei-Directors. Der Sohn erhielt im Elternhause eine sorgfältige Erziehung und studirte dann auf den Hochschulen in Jena, Göttingen und Halle die Rechte; dann unternahm er Reisen, wurde 1748 holländischer Legations-Secretär am preußischen Hofe in Berlin, trat aber schon 1753 in österr. Dienste über u. z. als Hof-Secretär bei dem Obercommerz-Collegium in Wien und erstieg von da die höchsten Stufen des Staatsdienstes, nachdem er zuvor die protestantische mit der katholischen Religion vertauscht hatte. 1759 wurde er Rath und wirkl. Referent in Münz- und Bergwerkssachen; 1762 Hofrath bei der böhmischen und österreichischen Hofkanzlei, 1768 Mitglied des Staatsrathes für die innere Verwaltung der Monarchie, 1782 unter Kaiser Joseph wirkl. geh. Rath und Vicekanzler der böhmisch-österreichischen Hofkanzlei. Früher schon u. z. 1763 hatte er den Ritterstand erhalten und 1765 das böhmische, mährische, schlesische Indigenat, wurde im nämlichen Jahre den tyrolischen, 1766 den niederösterreichischen, kärntnerischen und krainerischen Ständen einverleibt, 1768 durch den Freiherrnstand und den St. Stephansorden ausgezeichnet. Als Staatsmann hat sich G. um das Polizeiwesen, Cameralfach und Verbesserung des Schulwesens mannigfache Verdienste erworben; in Allem, was er that, bezweckte er das Wohl und die Förderung der Interessen Oesterreichs. Zu Gunsten der österreichischen Dominicalsteuer ließ er anonym zwei Schriften gegen die schwäbischen Reichsstände erscheinen (siehe unten G.’s Schriften). In den Mußestunden beschäftigte er sich mit Poesie, ließ sich die Verbesserung der damals sehr gesunkenen Nationalbühne im Kaiserstaate vor Allem angelegen sein, schrieb und übersetzte selbst für die Bühne, welche Arbeiten, jetzt freilich veraltet und längst von den Brettern verschwunden, als Anfänge eines beginnenden besseren Geschmackes immerhin einige Würdigung verdienen, umsomehr, als er in der Charakterschilderung nicht ganz unglücklich war und er die Sitten der Hauptstadt, in welcher er lebte, namentlich der vornehmen und mittleren Stände mit Geist und Treue zu zeichnen verstand. Mit dem Auslande stand G. in ununterbrochener Verbindung, und fremde Gelehrte, bedeutende Männer des Auslandes, welche Wien besuchten, fanden an ihm den theilnahmvollen, gastfreien Mäcen, der ihnen den Aufenthalt in Wien zu einer ihrer liebsten Erinnerungen zu machen verstand, was freilich später von der Kritik in gehässiger Weise ausgelegt ward. G. war mit Maria Anna von Werth vermält und hat den Mannsstamm durch 2 Söhne fortgepflanzt. Er starb im Alter von 60 Jahren.

I. Geblers Schriften. Anonym gab G. folgende zwei Schriften heraus: „Anmerkungen über eine Schrift, betitelt: Kurze Beobachtung, auf was Art von verschiedenen in den vorderösterreichischen Erblanden begüterten Reichsständen Steuern anverlangt werden wollen“ (Wien 1768, Fol.); – „Beantwortung einer bei der schwäbischen Kreisversammlung neuerlich zum Vorschein gekommenen Schrift, betitelt: Gründe, warum das durchl. Haus Oesterreich des löbl. schwäb. Kreises Stände und Angehörigen über ihr in Vorderösterreich besitzendes Dominal steuerfrei anzusehen haben“ (Ebd. 1768, Fol.). Beide Schriften stehen in unmittelbarer Verbindung mit seiner amtlichen Stellung und sind gediegene Gutachten des tüchtigen Fachmannes. – Zahlreicher sind G.’s dramatische Arbeiten, welche sämmtlich [119] in Wien und auf mehreren deutschen Bühnen in den 70ger Jahren des vorigen Jahrhunderts aufgeführt und anfänglich einzeln ausgegeben worden sind. Gesammelt erschienen sie unter dem Titel: „Des Freiherrn von Gebler theatralische Werke“, 3 Bde. (Prag und Dresden 1772 u. 1773, 8°.); sie enthalten folgende Stücke im I. Bande: „Das Prädicat oder der Adelsbrief“, Lustsp. in 3 Act., zuerst 1775; – „Die abgenöthigte Einwilligung“, Lustsp. in 1 Act, nach dem Französischen des Guyot des Marville, zuerst 1771; – „Der Minister“, in 5 Act., wird als G.’s bestes Stück bezeichnet und enthält Wahrheiten, die selten so laut und so öffentlich gesagt werden können; es erschien zuerst 1771, dann 1774 und 1775. Baron de Todeschi übersetzte es in’s Italienische (Roveredo 1774), Junker in’s Französische, welche Uebersetzung im IV. Bde. des „Nouveau théâtre allemand“ sich befindet; – „Das Bindband oder die fünf Theresen“, Lustspiel in 1 Act, später unter dem Titel: „Der Namenstag“ (Frankfurt 1775); – „Die Freunde des Alten oder ehedem waren gute Zeiten“, Lustspiel in 3 Acten, erschien 1775 unter verändertem Titel: „Gertrud von Ohlden oder die Tante und die Nichte“; – „Die Uebereilung“, frei nach Fagans „Etourderie“; – im II. Bande: „Darf man seine Frau lieben?“ Lustsp. in 5 Acten, frei nach dem Französ. des Nivelle de la Chaussée; – „Die Kabala oder das Lottoglück“, Lustsp. in 1 Act, später unter dem Titel: „Die Terne“ (Wien 1775); – „Clementine oder das Testament“, Drama in 5 Act., neue veränderte Auflage (Dresden 1774); Mr. de Juvigny übersetzte es in’s Französische (Wien 1774); – „Die Witwe“, Lustspiel in 2 Acten: eine Madame F. übersetzte es in’s Französische (Wien 1773); – „Der Stammbaum“, Lustsp. in 5 Acten, später unter dem Titel: „Der Familienstreit“ (Frankfurt a/M. 1775); – im III. Bande: „Leichtsinn und gutes Herz“, Lustsp. in 5 Acten; – „Die Osmonde oder die beiden Statthalter“, Drama in 5 Acten; eine ungarische Uebersetzung von Kazinczy erschien in Kaschau 1790; – „Die Versöhnung“, Lustsp. in 5 Acten – und „Thamos, König von Aegypten“, heroisches Drama in 5 Acten, neue Ausgabe (Frankf. a. M. 1775); französisch übersetzt in Junkers „Théâtre allemand“ und von Mr. de Juvigny (Wien 1774). In die obige Sammlung von G.’s „Theatralischen Werken“ ist nicht aufgenommen: „Adelheid von Siegmar“, ein Trauerspiel in fünf Aufzügen (Wien und Dresden 1774, neue verbesserte Aufl. Frankfurt a/M. 1775), eine zu früh vergessene dramatische Arbeit G.’s.
II. Zur Kritik von Geblers Schriften. Pütter, Literatur des deutschen Staatsrechtes. II. Thl. S. 161. – Hirschings Histor.-literarisches Handbuch. II. Bd. 1. Abtheilg. S. 389. – (Küttner) Charaktere deutscher Dichter und Prosaisten. S. 449. – Schirach. Magazin der deutschen Kritik. I. Bd. 2. Thl. S. 159; II. Bd. 1. Thl. S. 184; II. Bd. 2. Thl. S. 285; III. Bd. 2. Thl. S. 281. – Eichhorns Geschichte der Literatur von ihrem Anfange bis auf die neuesten Zeiten. IV. Bd. 2. Abth. S. 973 [urtheilt über G.: „G.’s Schauspiele zeigen blos Spuren von dramatischen Gaben, die vielleicht bei Fleiß und Feile etwas Vorzügliches hätten leisten können. Bei seiner Sorglosigkeit um genaue Bearbeitung ist weder Sprache, noch Plan, noch Charakterzeichnung in irgend einem seiner Stücke hervorstechend geworden“]. – Gervinus (G. G.), Geschichte der deutschen Dichtung (Leipzig 1853, Engelmann, gr. 8°.) IV. Bd. S. 349, 355 [daselbst heißt es von Gebler: „neben Sonnenfels ...... stand der Herr von Gebler, dessen Stücke sich über ganz Deutschland verbreiteten und mit Beifall gegeben wurden. Gebler machte /damals allen Literaten in Deutschland den Hof und brauchte alle Mittel seiner Stellung und in seinen Stücken alle Fügsamkeit bald in den antiken Geschmack, bald in den Diderot’schen im bürgerlichen Trauerspiel und immer in die moralische Delicatesse jener Zeiten, um seine Schreibereien zu empfehlen, deren er von 1770–1773 alle Jahre drei bis vier lieferte. Eine ganze Reihe Wiener Adeliger folgte seinem Beispiele, die Herren von Gugler, v. Otternwolf, v. Pauersbach, v. Pufendorf, v. Brahm, v. Sternschütz, Alles schrieb Schauspiele aller Art. und entfaltete eine Fruchtbarkeit, die des ganzen Deutschland spottete“].
III. Biographien und zur Biographie Geblers. Jördens (Karl Heinrich), Lexikon deutscher Dichter und Prosaisten (Leipzig, Weidmann, 8°.) II. Bd. S. 32. – VI. Bd. S. 135. – (Gaheis) Biographien österreichischer Dichter. II. Bd. 1. Hft. S. 25. – Weidlichs Biographische Nachrichten von deutschen Rechtsgelehrten. III. Thl. S. 82, – Büschings Wöchentliche Nachrichten. 1786. S. 363. – [De Luca] Das gelehrte Oesterreich. Ein Versuch (Wien 1776, Trattner, 8°.) I. Bdes. 1. St. S. 136. – Döring (H.), Gallerie deutscher Dichter u. Prosaisten. I. Bd. S. 318. – Meusel (J. G.), Lexikon der vom Jahre 1750–1800 verstorb. deutschen Schriftsteller. [120] IV. Bd. S. 54–64. – Ersch (J. S.) und Gruber (J. G.), Allgem. Encyklopädie der Wissenschaften u. Künste (Leipzig 1822, Gleditsch, 4°.) I. Sect. 55. Thl. S. 284. – (Brockhaus) Conversations-Lexikon (10. Auflage) VI. Bd. S. 541. – Nouvelle Biographie générale ... publiée sous la direction de M. le Dr. Hoefer (Paris 1853) XIX. Bd. Sp. 794. – Stahr (Adolph), G. E. Lessing. Sein Leben und seine Werke (Berlin 1859, Guttentag, gr. 8°.) II. Thl. S. 66 [eine interessante Charakteristik Geblers aus einem Briefe der Eva König, nachmaligen Frau Lessings, die sich damals in Familienangelegenheiten in Wien aufhielt]. – Gräffer (Franz), Kleine Wiener Memoiren (Wien 1845, Beck) II. Bd. S. 107: „Ein Lever“ [Gebler führt Nikolai dem Staatskanzler Kaunitz vor.].
IV. Porträt. Unterschrift: Tobias Philipp Freyherr von Gebler, kais. königl. Staatsrath und Ritter des königl. St. Stephanordens. J. E. Mansfeld fec. 8°. (auch vor dem XXV. Bande der „Allg. deutsch. Bibliothek“ (1775)].
V. Wappen. Freiherrnstands-Diplom vom 8. Dec. 1768. Wappen: Gevierteter Schild mit Herzschild. Herzschild quergetheilt, oben in Gold ein aufwachsender schwarzer Doppeladler mit goldenen Schnäbeln, unten von Roth und Silber schrägrechts getheilt. Hauptschild: 1 u. 4. in Blau drei (1 u. 2) sechsstrahlige goldene Sterne; 2 u. 3 in Gold zwei in das Andreaskreuz gelegte, die Spitzen nach außen und oben kehrende gefiederte silberne Pfeile. Den Schild deckt die Freiherrnkrone mit drei gekrönten Helmen. Der mittlere trägt den golden bewehrten schwarzen Adler, der rechte drei Straußenfedern, silbern, roth, silbern, der linke zwei von Gold und blau mit gewechselten Farben quer getheilte Büffelhörner, zwischen welchen die gekreuzten Pfeile des 2. u. 3. Feldes schweben. Schildhalter: Zwei auswärtssehende goldene Löwen. – Nach Kneschke stammt G. aus einer oberrheinischen Adelsfamilie und schon G.’s Vater: Tobias Georg, wie der Großvater, der herzogl. sachsen-naumburg.-zeitzsche Hofrath, Tobias Wilhelm waren von Adel gewesen [vergl.: (Kneschke, Ernst Heinrich Dr.) Die Wappen der deutschen freiherrl. und adeligen Familien (Leipzig 1855, Weigel, 8°.) II. Bd. S. 174], was auch durch die wörtlich lautende Stelle des Freiherrn-Diploms: „von einem ansehnlichen, durch einige Hundert Jahre bey verschiedenen Khurfürsten und Fürsten des heil. Römischen Reichs wie auch bey den auswärtigen Kronen Schweden und Dänemark in vornehmen Civil- und Militär-Aemtern sich berühmt gemachten adeligen Geschlechte abstammend“ beweist. H. Döring hingegen in Geblers Biographie in Ersch u. Grubers „Allgem. Encyklopädie“ bezeichnet G.’s Vater ausdrücklich als von bürgerlicher Abkunft, was somit widerlegt wird.