BLKÖ:Ebersberg, Ottocar Franz
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich | |||
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Band: 11 (1864), ab Seite: 396. (Quelle) | |||
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Joseph Sigmund Ebersberg [Bd. III, S. 412]. Beendete die Gymnasialclassen in Wien und trat dann bei der Lotto-Gefällsdirection in den Staatsdienst, in welchem er neun Jahre zubrachte. Seit dem Jahre 1854 beschäftigt er sich mit dramatischen Arbeiten für die Wiener Vorstadttheater. Als ihm 1860 die Theatercensur ein bereits[WS 1] erlaubtes und dreimal aufgeführtes Stück „Wiener und Franzose“ nachträglich verbot, verzichtete er auf seine k. k. Anstellung und übersiedelte nach Berlin, wo er sich mit journalistischen Arbeiten befaßte. Im Jahre 1861 kehrte er nach Wien zurück, wo er seine dramatischen Arbeiten fortsetzte und im November 1862 das Witzblatt „Kikeriki“ begründete, welches die verjährten, mannigfach [397] und tief in die socialen Verhältnisse eingreifenden Unfüge bestimmter niederer Ständeclassen, als Kirchendiener, Leichenansager, Vorbeter, Sargträger, Wallfahrer, Gemeindewächter u. dgl. m. erbarmungslos geißelnd, bis zu einer Auflage von 23.000 Exemplaren sich emporgehoben hat. Diese Tendenz seines Blattes verwickelte ihn in einen Strafproceß, der mit seiner Verurtheilung zu vier Wochen Arrest schloß, aus welchem er in Folge kaiserlicher Gnade nach 24 Tagen Haft entlassen wurde. Seine bisher zur Aufführung gelangten Stücke sind in chronologischer Folge: 1854: „Der Gang durch die Vorzeit“, im Theater an der Wien 3 Mal gegeben, sein erster Versuch, der nicht durchzudringen vermochte; 1855: „Nach Kalifornien“, ebenda 8 Mal gegeben– „Die Wahrheit auf Reisen“, im Sommertheater zu Fünfhaus bei Wien 15 Mal gegeben; 1856: „Die Wäschermädeln“, ebenda 22 Mal gegeben; – „Die Kreuzköpfeln“, in Gemeinschaft mit Joh. Grün gearbeitet, im Theater an der Wien 18 Mal gegeben; – „Im Circus“, gleichfalls in Gemeinschaft mit Joh. Grün gearbeitet und ebenda 18 Mal gegeben; 1857: „Ein Wiener Dienstbot“, im Josephstädter Theater 90 Mal gegeben; in der Bearbeitung von Kalisch unter dem Titel: „Das Volk, wie es weint und lacht“, in Berlin bei Wallner an 300 Mal gegeben; – „Eine Vorstadtgeschichte“, im Theater in der Josephstadt 13 Mal gegeben; 1858: „Der Waisenbub“, im Thalia-Theater 50 Mal gegeben; – „Bruder und Brüderln“, ebenda 5 Mal gegeben; – „Ein Commis aus der Stadt“, ebenda 10 Mal gegeben; 1859: „Ein Recrut von 1859“, ebenda 35 Mal gegeben; – „Einer von unsere Leut’“, im Carl-Theater in ununterbrochener Folge 60 Mal gegeben; in der Bearbeitung von Kalisch bei Wallner in Berlin 150 Mal aufgeführt; – „Vom Kriegsschauplatz“, im Thalia-Theater 35 Mal gegeben; – „Ein Findelkind“, im Josephstädter Theater 10 Mal geg.; 1860: „Die Wölfe im Schafpelz“, im Carl-Theater 8 Mal geg.; – „Der Modeteufel“, ebenda 6 Mal geg.; – „Wiener und Franzos“, im Theater an der Wien 3 Mal gegeben, dann verboten, zwei Jahre später und unt. d. Tit.: „Jäger und Zuave“, 20 Mal gegeben; 1861: „Zwei von Anno dazumal“, im Theater an der Wien 40 Mal gegeben; – „Der alte Marschall“, zuerst verboten, zwei Jahre später erlaubt und unter dem Titel: „Die Zehner-Jäger“, im Theater an der Wien 10 Mal gegeben; – „An der Donau“, im Theater an der Wien 15 Mal gegeben; – „Die Reise durch die Märchenwelt“, in Gemeinschaft mit Bittner gearbeitet und im Theater an der Wien 15 Mal gegeben; – „Die Franzosen in China“, gleichfalls mit Obgenanntem gearbeitet, im Thalia-Theater 50 Mal gegeben; – „Wegen plötzlicher Unpässlichkeit“, einactiger Prolog, im Theater an der Wien gegeben; – „Der politische Schuster“, im Sommer-Theater zu Fünfhaus 17 Mal geg.; 1862: „Wiens guter Geist“, in Gemeinschaft mit Bittner und Gärtner, im Theater in der Josephstadt 30 Mal gegeben; – „Fesche Geister von Anno dazumal“, im Thalia-Theater 50 Mal gegeben; – „Die Turner von Wien“, eben 35 Mal gegeben; 1863: „12 Uhr“, während der Haft geschrieben, im Josephstädter Theater 60 Mal gegeben; – „Wien bei Nacht“, im Thalia-Theater 28 Mal gegeben: – „5000 Gulden“, im Josephstädter Theater 25 Mal gegeben– „Eine leichte Person“, in Gemeinschaft mit Bittner, im Theater an der Wien bereits über 50 Mal gegeben; – „Der Armenvater“, im Josephstädter Theater [398] 20 Mal gegeben.[BN 1] Außer den angeführten Stücken, welche meist ungedruckt sind, schrieb E. eine ganze Reihe komischer und satyrischer Kalender, und zwar 1853 und 1854 den „Komischen Almanach für Lustige und Traurige zum Lachen“ (Wien, Pesth, Linz, bei Hartleben, 8°.); – für die Jahre 1855 und 1856: „Kein Tag ohne Witz“ (Wien, bei Dirnböck); – für 1857 den „Figaro-Kalender“ (ebd., bei Waldheim); – für dasselbe Jahr auch den „Charivari, komischer Volkskalender“ (ebd.); – für 1862 und 1863 den „Kikeriki-Kalender“, in welchem E. dieselbe Tendenz verfolgt, wie in seinem Journale „Kikeriki“ und welcher eine noch größere Auflage hat als jenes. Während seiner Haft schrieb er das Libell: „Kikeriki im Arrest“. In den Jahren 1858 und 1859 redigirte er gemeinschaftlich mit Wimmer das Spottblatt „Tritsch-Tratsch“ und betheiligte sich – aber nur kurze Zeit – an der Redaction des von Varry herausgegebenen Spottblattes: „Der Teufel in Wien“. Ueberdieß arbeitet er Feuilletons für die Wiener Journale Morgen-Post, Figaro und Telegraf. Berg’s Muse hat viele Gegner, aber auch viele Freunde. Indem er sich selbst unabhängig gemacht hat, geißelt er schonungslos, was ihm unterkommt. In diesem Flagellantengeschäfte unterstützen ihn unversiegbarer Witz, der mitunter an bitteren Sarkasmus streift, reiche Fantasie, lebendige Auffassungs- und leichte Gestaltungsgabe, und ein Gleichmuth, der ihn die nicht eben sanften Ausfälle seiner erbitterten Gegner mit stoischer Ruhe und dem Bewußtsein ertragen läßt, in diesen Angriffen neuen Stoff zu seinem Humor zu finden.
Ebersberg, Ottocar Franz (Schriftsteller, geb. zu Wien 10. October 1833). Schreibt unter dem Pseudonym O. F. Berg. Jüngerer Sohn des Redacteurs des „Oesterreichischen Zuschauers“- Verschiedene Wiener Blätter, als: Theater-Zeitung, Morgen-Post, Telegraf u. a. – Souffleurbücheln der Wiener Vorstadt-Theater.
Berichtigungen und Nachträge
- ↑ E Ebersberg, Otokar Franz [Bd. XI, S. 396], brachte seit 1864 eine große Menge, mitunter sehr beliebt gewordener Stücke zur Aufführung. Diese sind mit Nachtragung einiger aus den früheren Jahren, und zwar 1862: „An der Donau“ (15 Mal im Theater an der Wien); – 1863: „Narziss“. Parodie auf Brachvogel’s gleichnamiges Drama (14 Mal ebd.); – 1864: „Zwei Mann von Belgien“ (4 Mal im Josephstädter Theater); – 1865: „Der halbe Mensch“ (26 Mal im Th. a. d. W.); – „Er und sein Weib“ (14 Mal ebd.); – „Die Abbrandlerin“ (25 Mal im Josephst. Th.); – „Die Zwillingsbrüder“ (4 Mal im Th. a. d. W.); – „Der geheimnissvolle Dudelsack“. Opern-Parodie (10 Mal ebd.); – „Die gebildete Köchin“, Glanzrolle des Fräulein Gallmeyer (an 100 Mal im Carl-Theater); – „Die alte Schachtel“ (65 Mal ebd.); – „Diesseits und Jenseits“ (15 Mal im Josephst. Th.); – 1866: „Der letzte Gulden“ (13 Mal im Carl-Th.); – „Verlassene Kinder“ (25 Mal ebd.); – „Ein Stündchen auf dem Comptoir“, Bearbeitung einer Berliner Posse (30 Mal ebd.); – „Zwei von [397] unsere Leut“ (8 Mal ebd.); – „Ein feines Lustspiel“, Parodie (5 Mal ebd.); – „Coeur d’ange“ (3 Mal im Th. a. d. W.); – „Der erste Schuss“ (8 Mal im Carl-Th.); – „Nimrod“ (4 Mal ebd.); – „Die Weinprobe“, Bearbeitung einer Berliner Posse (8 Mal ebd.); – „Blinde Liebe“, Lustspiel (8 Mal im Carl-Th.); – „Die verrückte Person“ (28 Mal im Th. a. d. W.); – „Ein patriotischer Dienstbote“ (3 Mal im Carl-Th.); – „Alles mobil“ (5 Mal ebd.); – 1867: „Meine Memoiren“ (2 Mal im Carl-Th.); – „Facon“ (3 Mal ebd.); – „Das neue System“ (3 Mal ebd.); – „Die neue Einrichtung“ (6 Mal ebd.); – „Der Abgeordnete“ (8 Mal ebd.); – „Der kleine Beamte“ (4 Mal ebd.); – „Der Director von Langenlois“ (52 Mal ebd.); – 1868: „Die neue Aera“ (5 Mal ebd.); – „Die Pfarrerköchin“ (53 Mal ebd.); – „Nr. 28“ (65 Mal im Th. a. d. W.); – „Der Herr Landesgerichtsrath“ (5 Mal im Carl-Th.); – 1869: „Alte Bekannte“ (6 Mal im Th. a. d. W.); – „Strizzow in Wien“ (3 Mal im Carl-Th.); – „Die Probirmamsell“ (51 Mal im Th. a. d. W.); – „Die Frau Mama“ (15 Mal ebd.); – „An der blauen Donau“ (57 Mal ebd.); – „Nemesis“ (22 Mal ebd.); – „Nach Egypten“, gemeinschaftlich mit Bittner (28 Mal im Th. a. d. W.); – „Unter dem Siegel der Verschwiegenheit“ (9 Mal ebd. u. später auch im Carl-Th.); – 1870: „Das Mädel ohne Geld“ (33 Mal im Th. a. d. W.); – „Banditen“, Textbuch für Offenbach’s Operette (63 Mal ebd.); – „Die Steinbrüderln“; von Nikola neu bearbeitet (13 Mal ebd.); – „Der deutsche Bruder“ (31 Mal ebd.); – „Der Glöckelpolster“ (13 Mal ebd.); – 1871: „Der verlorne Sohn“ (15 Mal ebd.); – „1001 Nacht im Theater an der Wien“, Quodlibet (45 Mal ebd.); – „Der letzte Nationalgardist“ (27 Mal ebd.); – „Isak Stern“, Umarbeitung der Posse: „Einer von unsere Leut“ (18 Mal ebd.); – 1872: „Cyankali“. Fräulein Geistinger weigerte sich, die weibliche Hauptrolle darin zu spielen. Ebersberg, der ewigen Comödiantenlaunen überdrüssig, hat nun der Laufbahn des dramatischen Schriftstellers Lebewohl gesagt und im Vereine mit dem Buchhändler F. I. Singer ein politisch-satyrisches Tagesjournal, das „Wiener illustrirte Extrablatt“, begründet, welches schon nach der Dauer von wenigen Wochen 16.000 Auflage zählte. Von seinen anderen Arbeiten sind noch anzuführen die humoristische Halbmonatschrift „Brum-Brum“, von der nur zwei Jahrgänge erschienen sind, und die Monatschrift: „Tagebuch des Kikeriki“, das er nur ein Jahr hindurch herausgab, während das Witz- und Spottblatt „Kikeriki“[WS 2] noch fort, bereits im VIII. Jahrgange, erscheint. Im Jahre 1870 wurde er als Candidat des demokratischen Vereins im 9. Bezirke in den Wiener Gemeinderath gewählt und brachte unter manchen anderen fortschrittsfreundlichen den denkwürdigen Antrag ein, welcher den Minister-Präsidenten Potocki über die durch Berufung des Barons Widmann in das Ministerium hervorgerufene peinliche Stimmung in der Wiener Bevölkerung unterrichtete. Als der demokratische Verein im 9. Bezirke im Jahre 1871 in föderalistischen Tendenzen machte, legte Ebersberg sein Mandat als Gemeinderath nieder, weil er als Verfassungstreuer nicht mehr das Vertrauen seiner Wähler zu haben glaubte. Im Jahre 1869 hat E. von dem Herzoge von Coburg die Medaille für Kunst und Wissenschaft erhalten.
- Neues Wiener Tagblatt (demokratisches Organ) 1870, Nr. 68: „Eine Candidatenrede [398] O. F. Berg’s“; Nr. 70: „Gemeinderathswahlen“. [Band 24, S. 396 f.]