BLKÖ:Singer, Franz Ignaz

Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
korrigiert
Band: 35 (1877), ab Seite: 6. (Quelle)
[[| bei Wikisource]]
in der Wikipedia
Franz Ignaz von Singer in Wikidata
GND-Eintrag: 1034541293, SeeAlso
Dieser Text wurde anhand der angegebenen Quelle einmal Korrektur gelesen. Die Schreibweise sollte dem Originaltext folgen. Es ist noch ein weiterer Korrekturdurchgang nötig.
Linkvorlage für Wikipedia 
* {{BLKÖ|Singer, Franz Ignaz|35|6|}}

Singer, Franz Ignaz (Humanist, geb. zu Raab in Ungarn im Jahre 1828). S. widmete sich in seiner ersten Jugend der Goldschmiedekunst, entsagte aber diesem Berufe, um sich in dem bewegten Jahre 1848 dem Zeitungswesen zuzuwenden und seinen bleibenden Aufenthalt in Wien zu nehmen. Er richtete sein Augenmerk auf die Volksliteratur, der er durch sein ganz außergewöhnliches Administrationstalent eine bislang nicht gekannte Bedeutung zu verschaffen verstand. Insbesondere wußte er den vernichtenden Schlag, welchen die Reactions-Periode gegen die Volksblätter zu führen beabsichtigte, indem sie die freie Colportage beseitigte, dadurch zu pariren, daß er den Zeitungsverschleiß, wie derselbe noch heute besteht, einführte. In dieser Stabilisirung der Zeitungsausgabe lag das Gedeihen der Volksblätter, das sich bis auf die heutigen Tage vererbt. Das erste Engagement nahm S. bei der von Böhringer im Revolutionsjahre 1848 herausgegebenen „Geißel“, im Jahre 1850 finden wir ihn als thätigen Mitbegründer der „Friedenszeitung“, der er zu ungewöhnlichem Aufschwunge verhalf. 1851 sehen wir S. als Mitbegründer bei der „Morgenpost“ des Dr. L. Landsteiner, welche er als Chefadministrator bis zum J. 1858 in täglichen 20.000 Exemplaren unter das Publikum brachte. Hierauf gründete S. die „Stadtpost“, verstand auch dieses Blatt auf eine Auflage von 17.000 Exemplaren emporzuschnellen, doch gab er das Unternehmen wieder auf, weil die inzwischen eingetretene Stempelpflicht eine Fortführung des Blattes nicht rathsam erscheinen ließ. Darauf übernahm er wieder die Administration der arg herabgekommenen „Morgenpost“, die er bis 1872 führte. Im Jahre 1861 begründete er im Verein mit dem dramatischen Schriftsteller O. F. Berg den „Kikeriki“ in Wien, 1872 das „Illustrirte Wiener Extrablatt“, das in der kürzesten Zeit zu einem der gelesensten Journale der Residenz wurde. Ferner hat S. eine große Zahl von Gelegenheitsschriften meistens zu wohlthätigen Zwecken herausgegeben. Wir nennen hier nur folgende: „Die Grundsteinlegung der Votivkirche“; [7] – „Erzherzog Karl-Monument“; – „Das neue Geld“; – „Der Komet“; – „Des Kaisers Jubiläum“ u. s. w. Die letzterschienene Broschüre feierte die glückliche Heimkehr der österreichischen Nordpol-Expedition und erreichte eine Auflage von 80.000 Exemplaren. Außer dieser mit der volksthümlichen Literatur innig verflochtenen Thätigkeit, widmete S. seine ganze Kraft humanitären Zwecken und dem communalen Leben seiner zweiten Vaterstadt. Seit 1853 veranstaltete er jährlich eine oder auch mehrere glänzende Wohlthätigkeitsvorstellungen, die unter der Bezeichnung „Holzakademie“ zur Berühmtheit gelangten und im Verlaufe der Jahre den Armen Wien’s und speciell dem IX. Wiener Stadtbezirke die Summe von 70.000 fl. einbrachten. Nebstbei gründete er für die Armen des IX. Bezirks einen Holzvertheilungsfond, welcher – in stetem Gedeihen begriffen – zur Zeit 16.000 fl. besitzt. Diese unausgesetzten Bestrebungen haben S. eine große Volksthümlichkeit verschafft und 1854 wurde er Gemeindeausschuß, 1861 Vorstand-Stellvertreter, 1870 Gemeinderath. S. wurde durch die Verleihung der großen goldenen Salvator-Medaille, des goldenen Verdienstkreuzes mit der Krone und um 1866 durch die Zuerkennung der Bronze-Medaille des Pariser Hilfsvereins ausgezeichnet.

Porträt. Unterschrift: F. I. Singer, Herausgeber des „Illustrirten Wiener Extrablatt“. Lithographie von Weir, im „Kaktus“ (Wiener Witzblatt) 1874, Nr. 32.