Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Carove, Ladislaus von
Band: 2 (1857), ab Seite: 289. (Quelle)
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Carpani, Joseph (Dichter und Kunstschriftsteller, geb. zu Villalbese in der Brianza bei Mailand 28. Jänn. 1752, gest. zu Wien 22. Jänn. 1825). Erhielt den ersten Unterricht von den Jesuiten in Mailand und ging dann nach Pavia, um die Rechte zu studiren. Dort verweilte er mehrere Jahre, und obgleich er, so meldet sein Biograph, nie ein juridisches Buch angesehen, wurde er dennoch Doctor. In Mailand trat er in das Geschäft eines Advocaten, trieb aber vorzugsweise Poesie und Musik. Durch seine ersten Arbeiten im Mailänder Dialect und insbesondere durch seine Elegie auf den Tod der Kaiserin Maria Theresia wurde Parini auf den Dichter aufmerksam und ermunterte denselben. Seine erstere größere Arbeit war das Lustspiel: „I Conti di Agliate“, welches längere Zeit dem damals in Mailand beliebten P. Molina zugeschrieben wurde. Dieses Lustspiel wurde in Monza vor dem Erzherzog Ferdinand und seiner Gemalin Marie Beatrice d’Este gegeben. Als 1792 die französ. Revolution ausbrach, wurde C. Redacteur einer Mailänder Zeitung, in welcher er scharfe Artikel gegen die Revolution schrieb. Als 1796 die Franzosen in Italien eindrangen, folgte C. der Regierung nach Wien. Er wurde nun zum Censor und Director der Theater Venedigs ernannt, und blieb von 1800–1805 daselbst, dann aber, als dieses Gebiet an Frankreich abgetreten wurde, ging er nach Wien zurück, wo er nun als Dichter am kaiserl. Theater angestellt wurde. Um diese Zeit lernte er den berühmten Haydn kennen und machte seine Landsleute mit den Compositionen dieses Tonheros bekannt, indem er die deutschen Libretti der Haydn’schen Oratorien in einer der Composition entsprechenden Weise in seine Muttersprache übersetzte. Ein gleiches und mit großem Geschicke führte er auch mit mehreren französischen und deutschen Opern aus. Als im J. 1809 der Krieg von Neuem begann, begleitete C. den Erzherzog Johann während der ganzen Dauer dieses Feldzuges, von dem er Tag um Tag alles, was er sah und hörte, aufzeichnete. Aus unbekannter Ursache vernichtete er 1812 selbst dieses Tagebuch. In diesem letzteren Jahre erschien aber dem Andenken seines Freundes zu Ehren das vielbekannte Werk: „Le Haydine, ovvero lettere sulla vita e le opere del celebre maestro Giuseppe Haydn“ (Mailand 1812, 2. Aufl., Padua 1820); in’s Französische übersetzt von D. Mondo (Nivot 1836 und Paris 1838). Dieses Werk war Veranlassung eines literarischen Scandals, worin Beyle bekannt unter dem Pseudonym Stendhal eine zweideutige Rolle spielte. Beyle, der sich öfter auch Alex. Cesar Bombet nannte, hatte auf einer Reise in Italien C.’s Werk in’s Französische übersetzt und unter dem Titel: „Lettres écrites de Vienne en Autriche sur le célèbre compositeur J. Haydn; suivie d’une vie de Mozart et de considérations sur Metastasio et l’état présent de la musique en France et en Italie par A. C. Bombet“ (Paris 1815, Didot ainé, 8°.) herausgegeben. Im Texte waren einige Veränderungen angebracht. Der Plagiarius stellte sich, als wäre er 1808 selbst in Wien gewesen; die im Texte vorgenommenen Veränderungen verriethen aber, daß er nicht viel von Musik verstehe und enthielten große Irrthümer. C. trat nun gegen dieses Plagiat in einer Broschüre 1815 öffentlich auf, Salieri , Weigl, M. Kurzbeck u. A. bezeugten, nie einen gewissen Bombet gesehen, noch je ihm eine Mittheilung, wie er dies an mehreren Stellen seines Werkes behauptete, gemacht zu haben. Diese Erklärung wie das Original-Manuscript C.’s wurden bei dem Hofcapellmeister Salieri niedergelegt. Alle [290] italienischen und mehrere französische Journale hatten diese Erklärung C.’s abgedruckt und die von Bombet’s Bruder im Journal de France September 1816 abgedruckte Entgegnung ist nicht geeignet, C.’s Eigenthum in Frage zu stellen. C.’s Werk über Haydn hat aber einen bleibenden Werth, erstens durch die richtige, ja originelle Auffassung Haydns, dann aber durch die feinen Beobachtungen über die Tonkunst, durch deren Geschichte in der Haydn’schen Epoche und durch die vollständige Uebersicht der Werke Haydns. Von der Zeit an, als C. seinen bleibenden Wohnsitz in Wien aufgeschlagen, beschäftigte er sich mit literarischen Arbeiten und gerieth, als Andreas Majer in seiner Vertheidigung der venezianischen Malerschule Tizians allen Idealismus in der Kunst verurtheilte, mit diesem in eine Polemik, deren Ergebniß die Schrift war: „Le Majeriane ovvero lettere in confutazione delle opinooni del cav. Majer intorno alla imitazione pittorica e le opere di Tiziano“ (Mailand 1819, 8°.). In einen anderen Streit gerieth er später gleichfalls mit Majer wegen der Musik Rossini’s, und deren Ausgangspunkt war ein analoges Werk: „Le Rossiniane ossia lettere musico-teatrali principalmente sulla musica del Rossini“ (Padua 1824, 8°.). Trotz dieser Fehden, die auf beiden Seiten mit Schärfe geführt wurden, bewies C. ein sehr versöhnliches Gemüth, denn im Testamente hinterließ er Majer seine Büste, ein Meisterwerk Canova’s. Die Arbeiten C.’s sind so zahlreich und darunter eine so große Menge von Uebersetzungen, daß es überflüssig wäre, sie alle anzuführen, doch die wichtigen Originalschriften, namentlich jene über Kunst sollen vollständig folgen. Er schrieb: „Dramatische Erklärung des Grabmales der Erzherzogin Christine von Canova in drei Sprachen: deutsch, italienisch und französisch“ (Wien 1806, Degen, 4°.); – „Descrizione delle pitture della cupola di S. Celso in Milano“; – „Dissertazione intorno la maniera e lo stile manierato“; – „Piano generale di tutte le pitture del palazzo Serbelioni“; – „Lettere su i giardini di Monza“. – Außerdem viele Textbücher für Opern, Cantaten und Oratorien von Haydn, Weigl, Paër, Pavesi, und mehrere Originaldichtungen sowohl in italienischer Sprache als im Mailänder Dialecte, als: „L’indovinel“; – „La concia disturbada“, Gedicht in drei Gesängen; – „La bellezza“; – „Il ginoco delle reti“; – „I bagni di Baden ecc. ecc.“

Tipaldo, Biografia degli Italiani illustri. – Oestr. National-Encyklopädie (von Gräffer u. Czikann), (Wien 1835, 6 Bde.) I. Bd. S. 477 [nach diesem geb. 28. Juni 1752, gest. 22. Juni 1825]. – Fétis, Biographie générale des Musiciens. – Biographie des hommes vivants (Paris 1816, G. L. Michaud, 8°.) II. Bd. S. 56. – Louandre (Charles) et Bourquelot (Felix), La littérature française contemporaine 1827–1844 (Paris 1846, 8°.) II. Bd. S. 526. – Enciclopedia italiana (Venedig 1853 u. f., Tasso) fasc. 266, S. 343.