Aus dem Stammbuche der „Grille“

Textdaten
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Autor: Balduin Groller
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Titel: Aus dem Stammbuche der „Grille“
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 27, S. 452–454
Herausgeber: Ernst Keil
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Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1875
Verlag: Verlag von Ernst Keil
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung:
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[452]
Aus dem Stammbuche der „Grille“.

„Grillen sind oft böse Gäste,
Böse Gäste sind oft ‚Grillen‘.“

Ja, das muß wahr sein. Sehr böse Gäste sind oft „Grillen“. Alle Theaterbesucher wissen es, und die Meisten von ihnen wissen auch, daß es nur eine „Grille“ giebt – Friederike Goßmann. Das Verschen, das diesen Zeilen vorangestellt wurde, ist eine Liebenswürdigkeit, die ich dem Stammbuche der Künstlerin entnommen habe, aus dem hier noch Mehreres mitgetheilt werden soll. Stammbücher pflegen freilich im Allgemeinen keine sehr anregende Lectüre zu bilden, wenigstens für einen Zweiten und Dritten nicht. Der Besitzer eines solchen mag sich allerdings durch dasselbe leicht in angenehme Träume, in selige Erinnerungen einspinnen lassen, was aber fängt ein bei Seite Stehender an mit den zarten, lyrischen, immer höchst persönlichen Gefühlsergüssen eines „ewig getreuen Freundes“ oder einer auf noch längere Zeit hinaus getreuen Freundin? Die intimen Beziehungen, welchen der Stammbuchbesitzer mit liebevollster Hingebung im Geiste wieder nachgehen kann, sind ihm fremd, kurz ihm fehlt der feste, greifbare Grund, an welchen, und sei er noch so klein, sich die schimmernden Krystalle einer wehmüthigen oder freudigen Erinnerung ansetzen könnten. Das gilt von den Stammbüchern gewöhnlicher Sterblicher. Anders stellt sich die Sache, wenn ein nicht gewöhnliches Menschenkind sich von nicht gewöhnlichen Menschen Dinge in’s Album schreiben läßt, die ebenfalls nicht gewöhnlich sind. Dann wird man ein solches Büchlein gern in die Hand nehmen, um sich durch die auf die verschiedenen Blätter hingeworfenen Züge das Charakterbild des interessanten Eigenthümers, sowie das seiner interessanten Freunde zu vervollständigen. Darnm glaube ich, daß die Leser der „Gartenlaube“ eine kleine Blumenlese aus dem Stammbuche von Friederike Goßmann freundlich aufnehmen werden. Das Buch zeigt uns die liebenswürdige Künstlerin in einer neuen reizvollen Beleuchtung, im intimen Verhältnisse zu ihren Freunden und Kunstgenossen, die wieder, zum großen Theile ebenfalls von aller Welt gekannt und verehrt, sich durch ihre Poesien in harm- und absichtsloser Weise selbst charakterisiren. Daß wir in diesen Blättern auch eine Reihe von bisher ungedruckten Gedichten von Manchem unserer namhaftesten Poeten finden, wird uns ihr Interesse sicher nicht schmälern.

Friedrich Bodenstedt hat der Künstlerin folgende Zeilen gewidmet:

„Gern seh’ ich Dich, nicht ganz so gern die Stücke,
Worin Du spielst mit wohlverdientem Glücke,
Trotz Schwesterneid und Recensententücke.

Wohl ist es, schön, auch Nied’res zu verklären,
Doch Deine Kunst weist Dich in höhere Sphären,
Soll, der Dich schmückt, der Ruhm sich lang bewähren.“

Heinrich Kruse, damals „nur“ Chef-Redacteur der „Kölnischen Zeitung“ und noch nicht dramatischer Dichter, kann als eifriger Verehrer seiner Freundin kein „Aber“ und kein „Doch“ gelten lassen, wenn es auch nur entfernt dazu dienen sollte, ein ihr gespendetes Lob einzuschränken. Er polemisirt auf der nächsten Seite in einem Gedichte „An meinen Freund Friedrich Bodenstedt“ gegen die citirten Verse, wie folgt:

„O Freund, so wolle doch nicht schelten!
Nein, laß’ uns unser Grillchen gelten!
Ist’ ihre Schuld, daß Classiker noch nicht
Ein Wesen, das ihr gleicht, verherrlicht im Gedicht?
Und siehst Du duftige Maiglöckchen stehn,
Verlangst Du Rosen d’ran zu seh’n?“

Als wahrer Freund muß aber Heinrich Kruse auch ein selbstständiges Verschen liefern;

„Bei Dir ist Ein’s, Friederike, streitig nur:
Verdankst Du mehr der Kunst, mehr der Natur?
Doch sei es Marmor oder Meißelschlag,
Anmuthig strahlst Du, wie der junge Tag,
Und stehest Du als Grillchen kauend da,
Speisest Du Brod, doch wir Ambrosia.“

Ueber das Eine, was bei Friederiken nur streitig ist, hilft sich O. Banck durch folgenden Spruch hinweg:

„Ein einzig Kunstsystem bleibt ewig neu:
Natürlichkeit und auch Genie dabei.“

[453] Dr. Julius Pabst schreibt ihr in Dresden in’s Buch:

„Bleib’, was Du bist, ein Spiegel der Natur!“

Dasselbe verlangt auf der nächsten Seite eine Freundin, vielleicht etwas mehr noch, indem sie beschwörend sagt:

„Ich bitte Dich, bleibe ledig, denn nur dann kannst Du bleiben, was Du bist.“

Ich fühle, daß sich in mir ein kleiner Bosheitsteufel regt auf diese vielleicht empirisch begründete Bitte der Freundin; ich heiße ihn schweigen und denke, daß es am besten sein wird, wenn ich überhaupt nicht viel mitrede in so berühmter Gesellschaft. Uebrigens sei nebenbei bemerkt, daß Friederike auch als Gräfin Prokesch-Osten geblieben ist, was sie war.

Ein sehr ernstes Gesicht muß Emanuel Geibel gemacht haben, als er folgende Strophe schrieb:

„Bleib’ Deinem Stern getreu, so wirst Du stets
Unüberwindlich sein! Doch hüte Dich,
Des Blutes Wallung, die im Auge Dir
Wie Strahlen schwirrt, für Deinen Stern zu halten.“

Da apostrophirt der alte Bauernfeld, der trotz seiner zahllosen Lustspiele doch von Zeit zu Zeit recht ingrimmig und mürrisch sein kann, seine kleine Freundin doch etwas munterer:

„Der neckische Kobold, das Nixlein fein
Sollen, heißt’s, ohne Herze, fühllos sein;
Ganz anders sich’s an Dir erweist:
Kobold mit Seele, Gemüth und Geist.“

Recht sinnige und herzliche Worte finden wir auch von dem nunmehr zur Ruhe gegangenen Wiener Dichter und Recensenten Arnold Hirsch:

„Selbst staub’ge Pergamente kann ich lieben,
Die einst ein Dichtergenius vollgeschrieben.
Denn aus dem Staube sind oft helle Funken
Mir zündend in die eig’ne Brust gesunken.
Und fühl’ ich so – wie liebt’ ich Dich dann nicht?
Du funkensprühend – lebendes Gedicht!“

Friedrich Halm schreibt:

„Ich will! Das Wort ist mächtig!
Ich soll! Das Wort wiegt schwer!
Das zweite spricht der Diener,
Das erste sprach der Herr!

Laß beide Eins Dir werden
Im Herzen ohne Groll;
Es giebt kein Glück auf Erden,
Als wollen, was man soll.“

Nach soviel Versen erklärt Hackländer: „Was vermag ich in schlichter Prosa gegen all diese wohlgereimten Schmeichelworte? Ihnen einmal tüchtig die Wahrheit sagen: daß ich die liebenswürdige Künstlerin, wie es alle Welt thut, liebe und verehre und daß sie mir unvergeßlich sein wird.“

Gar lustig tummelt sich in dem Buche das muntere Theatervölkchen. „Ach! hätte ich doch auch, gleich Dir, Dein einnehmendes Wesen!“ seufzt da ein Komiker, indem er auf ausverkaufte Häuser und geräumtes Orchester hinweist. Ein anderer liebenswürdiger College, Victor Moritz, schreibt: „‚Mit hunderttausend solchen Straßenjungen erobere ich die Welt.‘ (General Morin im ‚Taugenichts‘). Nein! gefehlt! hier muß es heißen: ‚Ein Straßenjunge eroberte sich die ganze Welt,‘ und der heißt: Friederike Goßmann. –

Leider muß ich sehen – gehst Du!
Lieber wäre mir es – bliebst Du!
Darum, wenn die Wahrheit ich soll schreiben,
So dächt’ ich: Du ließest das Gehen – bleiben!“

Das Ideal aller „Taugenichtse“, die hochbetagte Déjazet, schrieb eine Coupletstrophe in’s Buch:

„Venez un jour, venez chez nous,
Boire avec moi l’vin à quatre sous.
Nous sommes frères! il faut chez nous
Boire ensemble l’vin à quatre sous!“

Auf dieses „Nous sommes frères“ ist Friederike nicht wenig stolz, nicht weniger, aber auf das folgende von ihrer berühmten Lehrmeisterin beschriebene Blättchen: „Wenn die Götter dem Menschen Reichthum schenken, bedarf es des unechten Flitters nicht, womit die Armuth sich gern schmückt, um ihren Mangel zu verbergen. Du hast den Reichthum; Talent und Genie sind wie echtes Gold und reine Perlen. Verschmähe den Tand, den falschen Schmuck, zeige stets Deinen Werth und verwende ihn für das Edle! – Deine treue Mutter Constanze Dahn. – Felix Dahn schreibt kurz und bündig dazu: „Wahre Schönheit ist nur schöne Wahrheit.“

Die dritte Mutter Friederikens, Charlotte Birchpfeiffer, hat ein längeres Citat aus „Rubens in Madrid“ in’s Buch eingetragen; dazu fügt sie noch die kurzen innigen Worte: „Gott erhalte Dein Glück und Deine Liebe Deiner treuen ‚Mammi‘.“

Die „alte treue Haizinger“, die herzliebste Veteranin des Wiener Burgtheaters, hat einen Vers auf das „Kind“ gemacht:

„Talent! Talent! Du oft verbrauchtes Wort,
Was hörte Alles ich Talent schon nennen!
So wird es heißen fort und fort,
Als Menschen in’s Theater rennen.
Ich nenn’ Talent, was packt, erfreut und zündet,
Nur Eig’nes giebt, durch Eig’nes sich verkündet,
Du hast Talent! Du wardst dazu geboren,
Von Tausenden zur Mimin auserkoren.“

Und die Haizinger des Berliner königlichen Schauspielhauses versteigt sich gar zu folgendem

          „Recept.

Gieb’ dem pfiffigsten der Köpfchen
     Ein halb düst’res Augenpaar,
     Das auch lächeln kann und schmollen,
Ohne g’rad’ coquett zu sein.

Setze dann ein keckes Näschen
     In’s Gesichtchen so pikant,
     Die Figur, halb Kind, halb Mädchen, –
Sehr gracieuse, zierlich, fein. –

Mische dann dem Ganzen wieder
     Anmuth bei, Naivetät –
     Nimm ein Quentchen Knabensinn auch
Noch dazu und rasches Blut –
     Und Du hast dann das Persönchen,
     Grille, Kobold, Räthsel, Schalk,
     Das besiegt sogar die Starken,
     Glättet manche ernste Stirn,
     Selbst die Frauen sich gewinnet –,
     Wenn sie nicht zu neidisch sind. –
               Probatum est!

M. Frieb-Blumauer,
praktische Aerztin.“

Amalie Haizinger’s Tochter, die vielgefeierte Gräfin Louise Schönfeld-Neumann, hat Nachstehendes in’s Buch hineingeschwäbelt:

„E guter Humor is a Medicament,
Un’ könnt’ mer’n wie en Syrup verschreibe,
Die Doctor thäte viel mit vertreibe
Un’ ’s Wasserkurire hätt’ en End’.     (Kobell.)

Drum is mir for Dich, Du klee Weibche, net bang’,
Bei Dir hot er wahrlich zu G’vatter gestande,
Er führt Jung’ un’ Alte in Deine Bande
Un’ bleibt Dir aach treu Dein Lebelang.

Du hascht in der Jugend viel Glück schon erfahre,
Was soll mer Dir wünsche, die Jedermann liebt? –
Halt! Eens: Gott mög’ Dich vor Sorge bewahre,
Damit Dein Humor sich net e’mol trübt!

Wo auch Friederike Goßmann hinkam, wußte sie nicht nur durch ihre Kunst ihre Umgebung zu bezaubern, sie verstand es auch überall, Sympathien für ihre Person zu erwecken. Es sind gar oft überschwängliche Worte der Zuneigung, die ihre Kunstgenossen und -Genossinnen in das Buch niedergelegt haben. Die sonst reproducirenden Künstler werden hier zu producirenden, indem sie Gesänge auf das Glückskind dichten, dem sogar – unglaublich zu sagen – alle Collegen von Herzen gut sind. Die glänzendsten Namen des Burg-Theaters stehen hier unter schwärmerischen Huldigungen für die kleine Grille. Karl La Roche singt:

„Der Frühling naht und bringt uns Sonnenschein
Und grüne Waldespracht. Die warme Luft
Durchziehet würzig süßer Blumenduft,
Und Freude zieht in alle Herzen ein.
Nur nicht in uns’re, denn in dieser Zeit,
Wo jeder Vogel sonst sein Nestchen sucht,
Begiebt sich uns’re Schwalbe auf die Flucht
Und ziehet fort von uns, weit! ach wie weit! –
Und ohne Vogelsang kein Frühlingsglück,
D’rum zwingst Du uns, die an der Scholle kleben,
Den Vorzug vor dem Lenz dem Herbst zu geben,
Denn Du kehrst ja im Herbst zu uns zurück!“

A. Sonnenthal läßt sich nicht spotten; er beginnt als Hamlet, um zuletzt doch als rechter Liebhaber loszulegen:

„Ideale – oder Wahrheit?
Giebst sie beide zart vereint!
Ideal ist Dir Geliebter,
Die Natur Dein treuer Freund.
Glückliche! die den Geliebten
und den Freund im Leben fand;
Hochgepriesen – wer als Künstler
Mit der Kunst Natur verband!“
„O Natur, Natur, wie unwiderstehlich bist Du!“

[454] Ruhigere Spruchweisheit entwickelt Christine Hebbel:

„Stelle Dich, wie Du auch willst, nicht wirst Du die Feinde vermeiden,
     Aber wie Thetis den Sohn, kannst Du Dich fei’n für den Streit:
Mache so ganz Dich zum Träger des Guten, des Wahren und Schönen,
     Daß man die Götter verletzt, wenn man Dich selber bekämpft.“

Hebbel, der nun folgt, ist längst verstummt – auch sein Nachbar im Buche, der edle Anschütz, hat sich schon in ewiges Schweigen gehüllt. Mit zitternder Hand schrieb er seiner Freundin noch folgende Zeilen:

„Nicht steuernd nach der Mod’ unstetem Winde,
Verfolgt der echte Künstler seine Bahn.
Nicht was der laute Markt bewirft mit Kränzen,
Ihn lockt ein Höheres zu schön’rem Ziel;
Der Gaukler mag durch grelle Täuschung glänzen,
Die wahre Kunst bleibt Wahrheit auch im Spiel.“

Fritz Beckmann ist der gemüthvolle, humorreiche Schalk bis an sein Lebensende geblieben. Sein nachstehender Abschied von seinem Nesthäkchen ist wahrscheinlich sein poetischer Schwanensang:

„Wie oft ich Dir ein Vater war,
Ist hundertfach zu lesen,
Auch bin ich, weiß es Gott, ’s ist wahr,
Oft Onkel, Vormund Dir gewesen,
Und richtig, ja, da fällt mir ein,
Sogar Dein Mann schon könnt’ ich sein.
Einfalt vom Lande heißt das Stück;
Der Autor bracht’ mich um das Glück.
Bin treu an Deiner Seit’ geblieben,
Als sie uns auf den Spielberg trieben,
Auch oft vereint wir Angst empfanden,
Wenn wir im Schloß vorm Kaiser standen.
Wir haben Vieles durchgemacht,
Vereint gezittert und gelacht,
Hab’s immer gut mit Dir gemeint
Als Reisemarschall und als Freund. –
Jetzt ziehst Du fort, verläßt den Vater.
Den Onkel, Vormund, Freund und Rather,
Glaubst Du denn, Kind, daß das nicht packt?
Doch aufgelöst ist Dein Contract,
Du gehst, besiehst Dir nun die Welt,
Verdienst dabei viel Ruhm und Geld. –
Wenn ich nicht irre, spricht ein Weiser:
‚Des Vaters Segen baut den Kindern Häuser.‘
So will als Vater ich für’s Leben
Dir meinen besten Segen geben,
Der auf Dich wirkt mit solcher Kraft,
Daß er Dir eine ganze Stadt verschafft.
Und sollt’ Dich einst damit der Himmel lohnen,
So laß mich stets in Goßmannshausen wohnen.
Erwirb ’ne Million Dir, und sonst nix,
Behalt’ die Grille, bleib’ ein Kind des Glücks!“

Das „Kind“ hat auch recht ausgelassen lustig sein können, wie aus einem Poem Mizel Kierschner’s (jetzt Frau Hofschauspielerin Liedtke in Berlin) zu entnehmen ist:

„Wie ich jetzt so vor diesem Buche sitze,
Da zieht durch mein Gedächtniß jene Zeit,
Die ich verlebt mit meiner süßen Fritze –
Ich gäb’ sie nicht – selbst um die Seligkeit!!

Durch Deinen Geist gewann Gestalt und Leben
Der Unsinn selbst, den oft wir ausgeheckt –“

Doch weiter! Es wollen noch so manche zu Wort kommen – hören wir E. Th. L’Arronge:

„Daß man mit allen Göttern dich vergleicht,
Hat Alt und Jung schon oft gelesen,
Und daß Du fabelhaft und unerreicht,
Ein überirdisch, himmlisch Wesen,
Ein Engel, Phänomen, auf Taille und auf Ehr’!
Schwört täglich tausendmal Civil und Militär.

Doch sieh, wenn ein Theaterdirector
Besingt, wie ich, die schönen gold’nen Zeiten,
Wo Du berauscht ihm Herz und Aug’ und Ohr,
So zählt das zu den größten Seltenheiten!
Ich sprach bei Gästen wohl: ‚das Geld, es floß man so,‘
Bei Dir reicht das nicht aus, ich ruf’: ‚es Goß man so?‘“

In Lapidarschrift hat Theodor Döring das Shakespeare’sche Wort hingesetzt: „Was sind Schwüre gegen das Feuer unseres Blutes!“ – George Hiltl feiert die Gefeierte in einem sehr stimmungsvollen Gedichte. Irene Hiltl braucht ein treffendes Wort aus den „Journalisten“: „Sie ist eine Art Irrwisch; sie ist ein klein wenig Teufel, und vom Kopfe bis zur Zehe ist sie eine kleine Schelmin.“ Alexander Köckert läßt den Landry sprechen: „Du bist nicht nur, wie die Andern, von außen – Du bist von innen heraus schön, Du, so klug, so brav und tapfer.“

In Citaten sprechen sich weiter aus Holtei, Laube, Karl Koberstein, Julie Rettich, Marie Seebach, ferner Karl Treumann, das Ehepaar Gubillon, Otto Lehfeld, Anton Ascher. Aus einigen schlichten Zeilen Karl Rettich’s erfahren wir, daß er Friederikens Beistand war, als sie gegen die Bitte der oben citirten Freundin sich doch vermählte.

Zu allerletzt hat sich die „fesche Pepi“ von Wien, Josephine Gallmeyer, eingeschrieben. Ihre „G’stanzeln“ sind zu hübsch, als daß sie nicht auch noch ihren Platz hier finden sollten:

„I wollt i könnt’ schreiben so zierli und fein,
Wie’s die Andern hab’n ’than in das Büchel hinein;
Do’ will ich’s vermeiden die Classiker z’berauben,
Und mir selbst will’s net g’lingen, auf Ehr’! kannst mir’s glauben,
D’rum sei mir net bös, wann’s so einfach da steht,
Wie i Di so lieb hab’ und förmli anbet’.
Du herzlieber Schatz, mit die Aeugerln die lieb’n,
Bleib’ wieder beim Theater, thu’ uns net mehr betrüb’n;
A Gräfin sein, i glaub’s wohl, is ja recht schön,
Aber schau’ nur, dem Theater thust gar so abgeh’n.
Gräfinnen, mein Gott, wie viele sein da –
Aber a Goßmann, a zweite – giebt’s ö no? Oh na!“

Eine für beide Theile gleich charakteristische Nachschrift ist den ehrlichen, schmucklosen und ungeschminkten Worten beigefügt; sie lautet: „Sehen Sie, hochverehrte Collegin, so haben Sie mich bezaubert, daß ich Sie in Versen besinge, ich, die Vertreterin der prosaischesten Prosa. Sie sind mir doch nicht böse? Hochdeutsch kann ich nicht, aber mein Österreichisch kommt vom Herzen.“

Friederike Goßmann besitzt an ihrem Stammbuche eine beneidenswerthe Autographensammlung; wie kommt ein Anderer zu einer solchen? Er sei für die deutsche Kunst ein Himmelsgestirn mit einem Hofe, der ihm gemacht wird von seiner ganzen Zeitgenossenschaft; – dann geht’s ganz leicht.

Balduin Groller.