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Artikel „Wolfers, Jakob Philipp“ von Siegmund Günther in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 44 (1898), S. 6–7, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Wolfers,_Jakob_Philipp&oldid=- (Version vom 19. April 2024, 22:42 Uhr UTC)
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Wolfers: Jakob Philipp W., Mathematiker und Astronom, geboren am 31. Mai 1803 zu Minden, † am 22. April 1878 zu Berlin. Mit achtzehn Jahren das Gymnasium seiner Vaterstadt verlassend, betrieb W. von da ab in Berlin mathematische Studien, zu welchen er sich mehr als zu dem ursprünglich gewählten Baufache hingezogen fühlte. Sein Lehrer Encke veranlaßte ihn dazu, sich an den Rechnungen für das von ihm herausgegebene Astronomische Jahrbuch zu betheiligen, und dieser mühevollen Arbeit blieb er volle vierzig Jahre (1824–1864) treu. Erst seit 1852 wurde dieses Verhältniß aber auch äußerlich anerkannt, indem auf dem Titelblatte von da an die Worte erschienen: „herausgegeben unter Mitwirkung des Herrn Dr. Wolfers“. Die Doctorwürde hatte er sich 1836 in Greifswald erworben, und den Professortitel erhielt er 1852. Seit 1864 gab er die regelmäßige Miturheberschaft am Jahrbuche auf, verblieb aber immer noch mit demselben in reger Fühlung und konnte 1872 das Jubelfest der Begründung jenes Werkes in guter Gesundheit mitfeiern. Allmählich aber trübte ein Gehirn- und Augenleiden mehr und mehr den Lebensabend des trefflichen Mannes, über dessen Charakter nur eine Stimme herrschte. Die Treue, welche er seiner Heimath gegenüber bewies, sprach sich in einer für das Mindener Gymnasium gemachten Stiftung aus; die Zinsen derselben wurden zu Preisgeschenken für die Schüler verwendet, welche sich im Laufe des Schuljahres in Mathematik, Geschichte und Naturwissenschaften besonders hervorgethan hatten.

Als astronomischer Rechner hatte W. in der wissenschaftlichen Welt einen sehr geachteten Namen, hauptsächlich auch wegen seiner „Reduktionstafeln“, welche in Fortführung von Bessel’s „Tabulae Regiomontanae“ 1858 in Berlin erschienen. An dem Unternehmen der Berliner Sternkarten, durch welche die Entdeckung neuer Planeten wesentlich gefördert wurde, nahm auch er lebhaften Antheil. Im J. 1851 beobachtete er in Ostpreußen die totale Sonnenfinsterniß, und auch für das große Werk einer chronometrischen Bestimmung der Längendifferenz Pulkawa-Greenwich lieferte er Beiträge. „Die „Astron. Nachrichten“ enthalten zahlreiche Aufsätze aus seiner Feder, namentlich über Kometen- und Planetoidenbahnen, aber auch über die Aufgabe, den Ort eines Sternes aus Distanzmessungen zu ermitteln. Im „Archiv für reine und angewandte Mathematik“ behandelte W. mit Vorliebe Probleme der höheren Mathematik (Krümmung der Curven. Reihensummirung, Kepler’s Aufgabe, Zone des Ellipsoides u. s. w.). Insonderheit jedoch ist Wolfers’ rühmenswerthes Bestreben zu nennen, mathematische Klassiker in fremdsprachlichem Gewande in Deutschland einzubürgern. [7] Wir haben von ihm: L. Euler’s Mechanik, mit Anmerkungen und Erläuterungen deutsch herausgegeben (Greifswald 1848–53); Sir Isaac Newton’s Mathematische Prinzipien der Naturlehre, mit Bemerkungen und Erläuterungen herausgegeben (Berlin 1872). An diese sehr tüchtige Bearbeitung eines Fundamentalwerkes hatte W. mehrere seiner späteren Mannesjahre gesetzt.

Auch Geographie und Meteorologie wurden von W. nicht außer acht gelassen. Dies bezeugen seine Berichte in der Zeitschrift der Berliner Gesellschaft für Erdkunde, zu deren thätigsten Mitgliedern er sich zählen durfte, wie er denn auch zu den Begründern der Astronomischen Gesellschaft gehörte. Eifrig bemühte er sich um das Studium der Temperaturverhältnisse von Berlin, während allerdings die ihn leitende Hoffnung, in der Wiederkehr besonders strenger Winter eine gewisse Gesetzmäßigkeit ausfindig machen zu können, sich zunächst noch nicht verwirklichen sollte.

Poggendorff, Biogr.-litt. Handwörterb. z. Gesch. d. exakten Wissenschaften, 2. Bd., Leipzig 1863, Sp. 1358 ff. – Vierteljahrsschrift d. Astron. Gesellsch., 13. Jahrg., Leipzig 1878, S. 290 ff.