Empfohlene Zitierweise:

Artikel „Encke, Johann Franz“ von Karl Christian Bruhns in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 6 (1877), S. 99–103, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Encke,_Franz&oldid=- (Version vom 2. November 2024, 19:23 Uhr UTC)
Allgemeine Deutsche Biographie
>>>enthalten in<<<
[[ADB:{{{VERWEIS}}}|{{{VERWEIS}}}]]
<<<Vorheriger
Emser, Hieronymus
Band 6 (1877), S. 99–103 (Quelle).
[[| bei Wikisource]]
Johann Franz Encke in der Wikipedia
Johann Franz Encke in Wikidata
GND-Nummer 116471727
Datensatz, Rohdaten, Werke, Deutsche Biographie, weitere Angebote
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Kopiervorlage  
* {{ADB|6|99|103|Encke, Johann Franz|Karl Christian Bruhns|ADB:Encke, Franz}}    

{{Normdaten|TYP=p|GND=116471727}}    

Encke: Johann Franz E., geb. 23. Sept. 1791 in Hamburg, † 26. Aug. 1865 in Spandau bei Berlin. Er war der Sohn des Predigers Johann Michael E. (an der St. Jacobikirche in Hamburg), der im J. 1795 Archidiakonus wurde und bald darauf starb. Die Familie E. stammt aus dem sächsischen Voigtlande, der Großvater war jedoch schon Prediger in Altluneberg bei Bremen, wo Johann Michael E. geboren wurde. Die Mutter, eine geborene Misler, war die Tochter eines Oberalten-Secretärs in Hamburg und sie leitete die Erziehung ihrer neun Kinder (drei Töchter und sechs Söhne, wovon ein Sohn jedoch bald nach der Geburt starb). Johann Franz E. war das nächstjüngste Kind, und ein edeldenkender Lehrer, Hipp, nahm sich, da E. große Lust zum Rechnen zeigte, des vaterlosen Kindes besonders an und bereitete ihn unentgeltlich nebst seinen anderen ausgezeichneten Schülern Gerling, Plath[WS 1] etc. in Privatstunden für das Johanneum (eine Art Gymnasium) in Hamburg vor, in welches E. 1808 als Primaner eintrat. Die kriegerischen Zeiten bereiteten der Familie manche sorgenvolle Stunde, doch wurde der Unterricht dadurch nicht gestört und es gelang E. als Primus des Johanneums 1810 entlassen zu werden. Er besuchte dann noch bis Michaelis 1811 das eigentliche Gymnasium, an welchem Vorträge wie auf der Universität gehalten wurden. Die Krankheit der Mutter brachte E. auf den Gedanken, Medicin zu studiren, und obwol Hipp ihm rieth sich der Mathematik zuzuwenden, auch dieses Studium seiner Neigung mehr zusagte, hätte er doch, da damals für das Studium dieser Wissenschaft wenige Hülfsmittel vorhanden waren und die Zukunft als Mathematiker ihm unsicher erschien, sich dem Studium der Medicin gewidmet, wenn nicht 1811 die Mutter gestorben wäre, wodurch das Motiv, der Arzt derselben werden zu wollen, fortfiel. Die Neigung zur Mathematik siegte, Gerling (der ebenfalls Mathematik studirte) rieth eifrig dazu. E. ging daher Michaelis 1811 nach Göttingen, wurde am 16. October daselbst inscribirt und der Schüler von Gauß. Schon im J. 1812 führte er kleine astronomische Rechnungen aus, welche Gauß, da er mit denselben zufrieden war, publicirte. Ende 1812 schlug Gauß dem Director der Sternwarte in Ofen, Pasquich, der sich deshalb an ihn gewandt, E. als Assistenten vor, doch wurde die Anstellung hinausgeschoben. Unterdeß erging am 17. März 1813 der Ruf des Königs Friedrich Wilhelm III. „An mein Volk“, auf den auch E. freiwillig unter die Fahnen trat. Im Mai 1813 verließ er Göttingen, trat im Juni als Kanonier in die hanseatische Legion und machte am 16. Sept. die Schlacht an der Göhrde mit. Nach verschiedenen Hin- und Hermärschen als Wachtmeister bei seiner Compagnie erklärte er sich bereit, im Juli 1814 auf Aufforderung von Gauß die Adjunctenstelle in Ofen anzunehmen, erhielt als Wachtmeister-Major den Abschied, ging wieder nach Göttingen, um sich auf die in Aussicht gestellte Stelle vorzubereiten und vervollkommnete sich unter Gauß’ Anleitung fleißig im Beobachten und Rechnen. Die definitive Anstellung in Ofen war aber noch immer nicht erfolgt, als plötzlich, da am 1. März 1815 Napoleon von Elba aus in Frankreich gelandet war, die ganze Jugend wieder in die Armee eintreten mußte. E. verließ daher am 23. April 1815 Göttingen, wurde nach Berlin zum Officiersexamen commandirt, lernte dort Bode kennen, kam als Lieutenant zur Artillerie nach Graudenz und im Herbst 1815 nach Thorn. Nach dem Friedensschluß erhielt er auf Ansuchen am 18. März 1816 seinen Abschied als Secondlieutenant und begab sich von Thorn nach Göttingen. Es war ihm der Posten eines Assistenten an der Sternwarte auf dem Seeberg als Nicolai’s Nachfolger angeboten und er nahm nun [100] diese Stelle anstatt der Ofener an. Er hatte die Bekanntschaft des damaligen Directors der Seeberger Sternwarte, des Herrn v. Lindenau, bereits im September 1813 gemacht, trat seine Stelle am 1. Juli 1816 an und genoß bis Februar 1817 auf dem Seeberge in Gesellschaft Lindenau’s ein astronomisches Stillleben. Doch schon 1817 mußte Lindenau in die altenburgische Kammer eintreten, und konnte 1818 immer nur auf kurze Zeiten zurückkehren; E. besorgte inzwischen die Arbeiten auf der Sternwarte allein. Im J. 1818 wurde ihm die erledigte Professur der Mathematik in Greifswald angetragen, er lehnte ab, um auf dem Seeberge zu bleiben, und erhielt dafür den Titel eines Professors. Auch nach Jena und Marli (wo Zach 1819 eine Sternwarte durch die Liberalität der regierenden Herzogin von Lucca, der Kaiserin Marie Louise, errichtete) wollte man ihn berufen; er lehnte beides ab. Nach Jena kam damals Posselt. Außer mit Beobachtungen beschäftigte E. sich hauptsächlich[WS 2] mit Kometenrechnungen und diese waren seine liebste Arbeit. Als Bahn des Kometen, welcher 1812 am 20. Juli im Luchs entdeckt wurde, rechnete er eine Ellipse mit einer Umlaufszeit von nahe 71 Jahren; 1817 fing er die Arbeit über den Kometen vom J. 1680 an, welche ihm den Cotta’schen Preis einbrachte; das schönste Bewußtsein war aber für ihn die Anerkennung von Gauß und Bessel. Nebenher führte er auf Gauß’ Veranlassung Rechnungen über die Planeten Pallas und Vesta aus und wollte zu Zach’s „Monatlicher Correspondenz für Erd- und Himmelskunde“ ein Register anfertigen, wozu er zwar nicht kam, das aber auf seine Veranlassung später Galle ausführte. Am 26. Nov. 1818 entdeckte Pons in Marseille einen Kometen und aus Beobachtungen vom 22. Dec. 1818 bis 12. Jan. 1819, worunter die Mehrzahl von E. selbst waren, rechnete dieser eine parabolische Bahn, bei welcher die Abweichung der mittleren Beobachtungen 3 Minuten blieb. Diese Differenz war ihm zu groß, er rechnete eine Ellipse, fand eine Umlaufszeit von 3,6 Jahren und nachdem dies gefunden, zeigte sich, daß derselbe Komet schon 1805, 1795 und 1786 beobachtet war. E. entdeckte dadurch, daß Kometen von bisher nie geahnter kurzer Umlaufszeit existirten, und der Komet, welchen er selbst aus Bescheidenheit stets den Pons’schen nannte, trägt seitdem auf Bode’s und Olbers’ Vorschlag seinen Namen. Rümker in Paramatta fand nach Encke’s Vorausberechnung den Kometen 1822 wieder auf und seitdem ist selbiger fast jedesmal zu der Zeit seiner Wiederkehr zur Sonnennähe wieder gesehen. E. schenkte diesem Kometen zeitlebens die größte Aufmerksamkeit; theils von ihm selbst, theils durch seine Schüler wurden die Störungen genau untersucht und die Vorausberechnungen zur Wiederauffindung gemacht. E. fand bei seinen Untersuchungen, daß durch die gewöhnlichen Anziehungskräfte die Bewegung dieses Kometen sich nicht vollständig darstellen ließ, sondern daß eine Verkürzung der Umlaufszeit von nahe 3 Stunden für jeden Umlauf stattfand, was er auf Olbers’ Vorschlag einem widerstehenden Mittel zuschreibt. Spätere Rechner haben die Verkürzung nicht für alle Erscheinungen bestätigt gefunden und es scheint, als ob die Hypothese des widerstehenden Mittels noch einer Modification bedürfe, daß möglicherweise, wie Bessel glaubte, besondere Kräfte in dem Kometen thätig sind. Die Untersuchungen über diesen Kometen führten E. auch zur Ermittlung der Masse des Mercur, welche früher von Laplace auf hypothetischem Wege gefunden war. Aber nicht allein mit dem Kometen von kurzer Umlaufszeit beschäftigte sich E., sondern auch von zwei anderen Kometen des Jahres 1819 bestimmte er die Bahnen: dem einen gab er eine Umlaufszeit von 5,5 Jahren, dem andern von 4,8 Jahren, ersterer ist im J. 1858 von Winnecke wieder entdeckt und seitdem mehrmals beobachtet, der letztere ist seit dem J. 1819 nicht wieder gefunden. Auch die Bahnen der Kometen aus den Jahren 1822, 23, 24 sind alle von E. berechnet. Als er die Bahn eines angeblich von dem Ritter d’Angor im J. 1784 entdeckten Kometen näher untersuchte, [101] fand er, daß die Beobachtungen von d’Angor höchst wahrscheinlich fingirt und interpolirt sind und daß der Komet wol nie existirt hat. Gleichzeitig mit der schon erwähnten Preisaufgabe über die Bahnbestimmung des Kometen von 1680 war noch eine andere gestellt und wenn auch die Frist der Preisertheilung verflossen, übernahm E. doch die Ausarbeitung der Aufgabe im J. 1822. Das Endresultat der Arbeit war die Herausgabe der Schriften „Die Entfernung der Sonne von der Erde aus dem Venusdurchgang von 1761“ und „Der Venusdurchgang von 1769“. Durch eine Anzahl von Bedingungsgleichungen bestimmte er mit Anwendung der nöthigen Kritik der zahlreichen Beobachtungen von 1761 und 1769 nach der Methode der kleinsten Quadrate den Werth der Sonnenparallaxe zu 8". 57116, woraus die mittlere Entfernung der Erde von der Sonne zu 20682329 geographischen Meilen sich ergibt. Das von E. gefundene Resultat ist nahe 50 Jahre in Gebrauch gewesen, und wenn der Werth der Sonnenparallaxe gegenwärtig auch etwas größer angenommen wird, so hat E. doch aus allen Beobachtungen von 1761 und 1769 diejenigen Resultate abgeleitet, welche nach den damaligen Kenntnissen als die wahrscheinlichsten bezeichnet werden müssen.

Es konnte nicht fehlen, daß Encke’s emsige Thätigkeit allseitig anerkannt wurde. Er erhielt 1820 den Titel eines Vicedirectors, wurde 1822 wirklicher Director der Sternwarte auf dem Seeberge, und als Bode im J. 1825 seine Stelle in Berlin niedergelegt und es nicht möglich war, Bessel oder Gauß als Nachfolger zu erhalten, wurde E. die Stelle angetragen. Er nahm sie an, verließ am 31. August 1825 nach neunjähriger Thätigkeit den Seeberg und traf nach einem längeren Aufenthalt in Hamburg am 11. Oct. 1825 in Berlin ein. Er kam nach Berlin als Akademiker, erwählt am 21. Juni 1825, wurde zum Director der k. Sternwarte am 27. Sept. 1825 ernannt; wurde am 16. März 1838 Mitglied der Studiendirection der allgemeinen Kriegsschule, am 13. Mai 1844 ordentlicher Professor der Astronomie und am 20. Oct. 1846 Vorstand der Kalenderdeputation. Die Berliner Universität ernannte ihn 1825 zum Doctor philosophiae honoris causa; er wurde nach und nach Mitglied der meisten auswärtigen Akademien und gelehrten Gesellschaften. In der Akademie zu Berlin war er an Tralles’ Stelle zum Secretär gewählt, ein Amt, welches ihn verpflichtete, von Zeit zu Zeit die Geschäfte zu führen. Als Akademiker wurde er gleich Mitglied der Commission für das Unternehmen zur Herstellung der akademischen Sternkarten, deren Anfertigung und Herausgabe Bessel veranlaßt hatte, und E. fiel, da das Geschäftliche in Berlin besorgt wurde, der größte Theil der Arbeit zu. Die erste Karte wurde im Mai 1830 versandt, die letzte erschien erst im J. 1859. Als vorsitzender Secretär der Akademie hatte er die nöthigen Einleitungsreden zu halten; sechs hielt er zur Leibnizfeier, sieben zur Begrüßung des Geburtstages des Königs etc. Er hielt Gedächtnißreden auf Tralles, Bode, Bessel, Eytelwein, sprach in aller Kürze über Leopold v. Buch und Alexander v. Humboldt. Seine akademischen Vorträge betrafen die Bahn der Vesta, das Berliner astronomische Jahrbuch, die Lage der Berliner Sternwarte, die Instrumente der Sternwarte, den Kometen von kurzer Umlaufszeit, worüber er acht größere Abhandlungen schrieb. Ein Gegenstand, über den er ferner als Akademiker schrieb, waren die speciellen Störungen, und eine neue Methode zur Berechnung der speciellen Störungen fand er unabhängig, obwol der amerikanische Astronom Bond sie schon vor ihm entdeckt hatte. Er wandte die neue Methode, die Störungen in rechtwinkligen Coordinaten zu berechnen, auch auf allgemeine Störungen an und rechnete dieselben von dem Planeten Flora. Mit Hansen gerieth er über dieses Thema in einen heftigen Streit, der von beiden Seiten schließlich zu persönlich geführt wurde. Nach der Entdeckung der großen Anzahl von [102] kleinen Planeten beschäftigte ihn die Methode, eine Bahn aus drei vollständigen Beobachtungen zu bestimmen. Seine Umformung der Gauß’schen Methode, die Zusätze zu derselben und die sonstigen Beobachtungen dienen noch gegenwärtig vielfach zur Berechnung von Planetenbahnen. Kleinere Aufsätze über eine große Anzahl von Gegenständen aus der Astronomie etc. sind in den Monatsberichten der Berliner Akademie enthalten, u. a. auch mehrere Mittheilungen über die unter seinen Augen ausgeführte Auffindung des Planeten Neptun durch Galle. – E. war auch als fleißiger Docent ein gewissenhafter Lehrer und hat eine große Anzahl von Schülern herangebildet. Seine Vorträge erstreckten sich auf verschiedene Theile der Astronomie; was er in der sphärischen Astronomie, der praktischen Astronomie, der Theorie der Instrumente gab, ist von Brünnow in dessen bekanntem Lehrbuch der sphärischen Astronomie größtentheils benützt. Seine übrigen Vorlesungen über die Methode der kleinsten Quadrate, über Interpolationsrechnung und mechanische Quadratur etc. hat er in besonderen Abhandlungen, meistens in den Berliner astronomischen Jahrbüchern, veröffentlicht. Seine theorische Astronomie (Bahnbestimmung der Kometen und Planeten) ist ebenfalls in den genannten Jahrbüchern für 1833 und 1854 niedergelegt, ebenso seine Vorlesungen über Störungen in den Jahrbüchern für 1837, 38, 55, 58. Unter seinen Schülern sind eine große Anzahl Directoren von deutschen und anderen europäischen, ja sogar einige von amerikanischen Sternwarten geworden; viele andere seiner Schüler sind in andere Zweige der Wissenschaft übergegangen. – Als E. die Direction der Sternwarte in Berlin antrat, befand sich die Sternwarte auf einem hohen zur Akademie gehörigen Gebäude und genügte durchaus nicht den bescheidensten Anforderungen der Wissenschaft. Er selbst hätte wol längere Zeit noch nicht die Anträge zur Bewilligung einer neuen gestellt, aber auf A. v. Humboldt’s Veranlassung wurde im J. 1828 ein großer Refractor von Fraunhofer in München angeschafft, auch ein neuer Meridiankreis bestellt, und als erst die Instrumente bestellt waren, wurde auch, besonders wieder auf A. v. Humboldt’s Betrieb, eine Sternwarte gebaut, zu der der Grundstein 1832 gelegt, die aber erst 1835 fertig wurde. Sie entspricht vollständig den Anforderungen der Jetztzeit; ihr großer Vorzug besteht in der geschickten Raumverwendung und in der äußerst angemessenen Benutzung sämmtlicher Localitäten. Sie hat durch ihre zweckmäßige Einrichtung den meisten der neuern deutschen Sternwarten als Muster gedient. In vier Bänden „Beobachtungen auf der Berliner Sternwarte“ hat E. die Arbeiten der Sternwarte niedergelegt und aus ihnen geht hervor, daß er viel am Meridiankreis, aber 1839–1842 auch am großen Refractor Sternbedeckungen, Sonnen- und Mondfinsternisse, Jupiterstrabantenverfinsterungen und Kometen beobachtete. Mit einem Universal-Instrumente bestimmte er selbst 1844 die Polhöhe, 1843–46 sind 16 Kometen und der neu entdeckte Planet Asträa beobachtet, jedoch nicht von ihm allein. Ebenso hat er eine Anzahl Doppelsterne und Planetendurchmesser gemessen, und als die Zahl der kleinen Planeten so sehr zunahm, erstreckten sich seine Meridianbeobachtungen außer den Zeitbestimmungen nicht nur auf dieselben, sondern auch auf die Bestimmung benutzter Vergleichsterne.

Als E. das Berliner astronomische Jahrbuch übernahm, war selbiges von Bode 50 Jahre hinter einander herausgegeben und genügte durchaus nicht mehr den Bedürfnissen. Es entstanden daher neben dem Jahrbuche „Astronomische Hilfstafeln“ von Schumacher und für die Publication von Beobachtungen und astronomischen Abhandlungen im J. 1823 die „Astronomischen Nachrichten“. E. faßte daher den Plan, die Publicationen der Beobachtungen und Entdeckungen, welche von Bode vielfach im Jahrbuch gegeben waren, dem Herausgeber der Astronomischen Nachrichten allein zu überlassen, während er sich hauptsächlich auf die Herausgabe genauerer Ephemeriden der Himmelskörper beschränken wollte. [103] Die Bode’schen Ephemeriden dienten ihm nur als Gerippe und nach den Schumacher’schen reformirte er das Jahrbuch. Sein Princip war, das Eingehen in die Tafeln durch die Ephemeriden unnöthig zu machen, er veränderte daher die frühere Form ganz und fügte kleinere Aufsätze hinzu, welche entweder die Benutzung der Ephemeriden erleichterten oder über bestimmte Disciplinen der Astronomie weitere Aufklärung gaben. Durch seine Aenderungen kam das Berliner Jahrbuch wieder empor; es übertraf durch seine Genauigkeit und Einfachheit ähnliche Ephemeriden und der Nautical Almanac nahm das Berliner Jahrbuch später zum Muster. Eine Aenderung trat mit dem Jahrbuch vorübergehend im J. 1844 ein, indem es auch für Seefahrer eingerichtet wurde und nautische Daten gab, jedoch hörte dies mit dem J. 1851 wieder auf. Als die kleineren Planeten entdeckt wurden, gab E. von diesen neuen Körpern unseres Sonnensystems Ephemeriden, und durch die Fortführung derselben, durch die Aufmerksamkeit, welche er darauf verwendete, ist für diesen Zweig der Astronomie das Berliner Jahrbuch die einzige Quelle und ganz unentbehrlich geworden. Die Abhandlungen, welche E. dem Jahrbuche einverleibte, umfassen, wie schon angedeutet, verschiedene Theile der Astronomie und sind meistens hervorgegangen aus den Vorlesungen, welche E. bei Gauß gehört hat. Sie erstrecken sich auf die sphärische Astronomie, auf Beobachtungsarten, auf die theorische Astronomie, Bahnbestimmungen von Planeten und Kometen, auch von Doppelsternen, sie behandeln das widerstehende Mittel; aus der rechnenden Astronomie die Methode der kleinsten Quadrate und die mechanische Quadratur; aus der physischen Astronomie die speciellen und allgemeinen Störungen. Außerdem war E. nach vielen anderen Seiten hin thätig; er bekleidete das Amt eines Rectors der Universität, war Decan, hielt mehrfach populäre astronomische Vorträge etc. In seinem Hause führte er ein glückliches Familienleben; seit seinem 31. Jahre verheirathet, hatte er drei Söhne und drei Töchter, von welchen ein Sohn 1856 starb. Am 17. Nov. 1859 fiel er von plötzlichem Schwindel ergriffen auf dem Wege nach der Akademie auf der Straße nieder, so daß seine Rede über Alexander v. Humboldt’s Verdienste um die Geographie Amerika’s in der Akademie vorgelesen werden mußte. Er erholte sich zwar wieder, wurde jedoch am 5. Febr. 1863 von einem zweiten Schlaganfall heimgesucht, seine Kräfte nahmen ab und seine Nerven waren zerrüttet. Er beantragte am 13. November 1863 seine Entlassung, welche er am 11. December erhielt, und wurde auch am 18. Febr. 1864 als Mitglied der Studiencommission der Kriegsakademie pensionirt. Er zog sich mit Frau und einer Tochter nach Spandau zurück und lebte in Ruhe und Zurückgezogenheit. Ein neuer Schlaganfall traf ihn Mitte Juli 1865 und am 26. August dess. J. starb er. Wie zahlreich seine Arbeiten gewesen, geht daraus hervor, daß er herausgab: 37 Bände astronomischer Jahrbücher mit 39 Aufsätzen, 4 Bände astronomische Beobachtungen auf der Berliner Sternwarte, über 150 größere und kleinere Abhandlungen in den Schriften der Berliner Akademie, über 200 theils größere, theils kleinere Abhandlungen und Mittheilungen in Zach’s Monatlicher Correspondenz für Erd- und Himmelskunde, in Lindenau’s und Bohnenberger’s Zeitschrift für Astronomie, in den Astronomischen Nachrichten und etwa 10 kleinere selbständige Schriften.

Bruhns, Johann Franz Encke, sein Leben und Wirken, Leipzig 1869.


Anmerkungen (Wikisource)

  1. Johann Christian Plath (1790–1852), Lehrer und Diakon in Hamburg.
  2. Vorlage: haupsächlich