ADB:Nicolai, Friedrich Bernhard Gottfried

Empfohlene Zitierweise:

Artikel „Nicolai, Friedrich Bernhard Gottfried“ von Siegmund Günther in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 23 (1886), S. 590–591, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Nicolai,_Friedrich_Bernhard_Gottfried&oldid=- (Version vom 2. November 2024, 15:23 Uhr UTC)
Allgemeine Deutsche Biographie
>>>enthalten in<<<
[[ADB:{{{VERWEIS}}}|{{{VERWEIS}}}]]
<<<Vorheriger
Nicolai, Friedrich
Nächster>>>
Nicolai, Heinrich
Band 23 (1886), S. 590–591 (Quelle).
[[| bei Wikisource]]
Friedrich Bernhard Gottfried Nicolai in der Wikipedia
Friedrich Bernhard Gottfried Nicolai in Wikidata
GND-Nummer 116995629
Datensatz, Rohdaten, Werke, Deutsche Biographie, weitere Angebote
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Kopiervorlage  
* {{ADB|23|590|591|Nicolai, Friedrich Bernhard Gottfried|Siegmund Günther|ADB:Nicolai, Friedrich Bernhard Gottfried}}    

{{Normdaten|TYP=p|GND=116995629}}    

Nicolai: Friedrich Bernhard Gottfried N., Astronom, geb. am 25. October 1793 zu Braunschweig, † am 4. Juli 1846 zu Mannheim. Ueber das sehr gleichmäßig verlaufene Leben Nicolais’s ist wenig zu berichten; er studierte in Göttingen und übernahm dann 1813 eine Adjunctenstelle an der Sternwarte auf dem Seeberg, die er drei Jahre lang bekleidete, ging aber dann als Director an die großherzoglich badische Sternwarte in Mannheim über und verwaltete dieses Amt durch volle dreißig Jahre bis zu seinem Tode. Er war als Beobachter und Rechner unter seinen Zeitgenossen sehr geschätzt, selbst sein strenger Lehrer Gauß, dessen Unnahbarkeit viel beklagt ward, bewahrte seinem ehemaligen Schüler eine aufrichtige Zuneigung. Zeuge deß ist eine interessante Serie von Briefen, die Gauß an N. gerichtet und die unlängst ein Nachfolger des letzteren mit Zustimmung seiner beiden noch lebenden Söhne herausgegeben hat. Leider ist der Briefwechsel kein vollständiger, auch hält er sich an ein sehr enge begrenztes Gebiet, indem darin fast nur von jenen Mondbeobachtungen die Rede ist, die seit 1819 auf Nicolai’s Anregung hin auf vielen deutschen Observatorien planmäßig angestellt wurden. Allein Jedermann wird einräumen, daß die Sprache, welche Gauß in diesen Briefen führt, eine ganz andere ist als diejenige, welche wir aus seiner Correspondenz mit Schumacher kennen. Was Nicolai’s selbständige Arbeiten anlangt, so sind dieselben zum kleineren Theile in der von Bohnenberger und v. Lindenau herausgegebenen Zeitschrift, zum weitaus größeren aber in Schumachers „Astronomischen Nachrichten“ zu finden. Zumal deren 3., 4., 5., 10. und 12. Band kommen in Betracht. Großentheils sind es Planeten- und Kometenbeobachtungen, von welchen die Rede ist, doch findet sich auch manches in theoretischer Hinsicht Bedeutsame vor. N. beschäftigte sich mit Vorliebe mit der Berechnung der Bedeckungen, welche ein Stern durch den vor ihm vorüberziehenden Mond erleidet, und wies wohl als der Erste auf die Fehler hin, welche für den bezüglichen Calcul aus dem Umstande sich ergeben, daß der Rand des Mondes keine glatte, sondern eine vielfach ausgezackte Linie ist. Er entwickelte auch eine Formel zu dem Zwecke, um aus correspondirenden Beobachtungen des Mondes an zwei verschiedenen Punkten der Erdoberfläche die Längendifferenz dieser Orte zu erhalten, und wies nach, daß diese seine eigene Formel mit einer bereits bekannten aber weit verwickelteren von Baily dem Sinne nach identisch sei. Hatte sich N. schon bei dieser Gelegenheit als einen sehr gewandten und scharfsinnigen Rechner bethätigt, so legte er auch noch sonst mehrfach sein Interesse für Untersuchungen auf dem Gebiete der reinen Mathematik an den Tag. Er schrieb über Reihenentwicklungen, lehrte mit Hülfe derselben die Auswerthung gewisser sehr complicirter rational-gebrochener Integralfunctionen, und bemühte sich darum, dem sogenannten Integrallogarithmus durch Berechnung von Tafeln u. s. w. zur Anerkennung als selbständige analytische Transcendente zu verhelfen. Obwohl mit dieser Function und insbesondere mit der Ermittelung der sogenannten „Konstante des Integrallogarithmus“ bereits mehrere hervorragende Mathematiker, wie L. Euler, Mascheroni, Soldner u. a. sich beschäftigt hatten, so erhielt deren Theorie doch eben erst durch die Arbeiten unseres N. den richtigen Abschluß.

[591] Neuer Nekrolog der Deutschen, 24. Jahrgang, 1. Theil. – Astronomische Nachrichten, 25. Band. – Valentiner, Briefe von C. F. Gauß an B. N., Karlsruhe 1877.