ADB:Wüstemann, Karl Christian

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Artikel „Wüstemann, Karl Christian“ von Max Berbig in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 44 (1898), S. 369–371, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:W%C3%BCstemann,_Karl_Christian&oldid=- (Version vom 26. Dezember 2024, 04:28 Uhr UTC)
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Wüstemann: Karl Christian v. W., altenburgischer Staatsminister, wurde geboren am 27. October 1795 zu Gotha, wo sein Vater Hofadvocat und Regierungsfiscal war. Er verlebte in den angenehmsten Familienverhältnissen eine glückliche Jugend, von welcher sein jüngerer Bruder, der bekannte Latinist E. Fr. Wüstemann (s. o.) eine fesselnde Schilderung in der Vorrede zu einer 1856 bei Scheube in Gotha erschienenen Schrift: „Promptuarium sententiarum“ [370] entwirft. Frühzeitig trat der Knabe in das Gymnasium seiner Vaterstadt ein, an welchem damals Döring, Galletti, Lenz, Regel, Kries, Schulze, Ukert und besonders Friedrich Jacobs unterrichteten. Durch die kriegerischen Ereignisse der Jahre 1806 bis 13 ward zwar sein Bildungsgang vielfach unterbrochen, doch bot jene Zeit ihm auch des Anregenden und Interessanten gar viel. Ostern 1813 bezog W. die Universität Jena, um die Rechte zu studieren, vertauschte aber diese Hochschule bereits Michaelis desselben Jahres mit Göttingen, wo er bei Meister, A. Heise, Bergmann, besonders aber bei Hugo hörte. Mit letzterem verbanden ihn bald freundschaftliche Beziehungen und in seinem Civilistischen Magazin veröffentlichte Hugo Wüstemann’s litterarische Erstlingsarbeit über den Ulpianus de edendo. Nach vollendeten Studien nach Gotha zurückgekehrt, erhielt W. eine Anstellung als Registrator bei der Geheimen Kanzlei des Ministeriums und verheirathete sich 1818 mit Wilhelmine Christiane Kühner. Seine unmittelbaren Vorgesetzten in seiner Stellung waren E. A. v. Hoff und B. v. Lindenau. Beide lernten W. bald schätzen und Hoff beschäftigte ihn seit 1819 bei der Redaction des Gothaischen Hofkalenders, ja überließ ihm dieselbe von 1823–26 ganz. W. war es nun, der jenem Buche hauptsächlich zu seiner noch jetzt bestehenden Blüthe verhalf, denn 1819 nahm er den statistischen Theil und 1824 das diplomatische Jahrbuch in dasselbe auf. Aber außer dieser redactionellen, entwickelte W. auch sonst noch eine rege litterarische Thätigkeit. Auf Veranlassung des Herzogs August von Sachsen-Gotha-Altenburg gab er 1820 mit dem bereits genannten Bruder eine mit vielen antiquarischen Bemerkungen versehene Uebersetzung der Schrift des Franzosen Mazois „Der Palast des Scaurus oder Beschreibung eines römischen Stadthauses“ heraus, 1823 veröffentlichte er eine neue Bearbeitung und deutsche Uebersetzung der „Institutionen, Paraphrase des Theophilus“ (Berlin 2 Bde.) und 1826 erschien die Uebersetzung des französischen Werkes: „Betrachtungen über die letzten Revolutionen in Europa von Hr. v. S.“

Als 1825 der letzte Herzog von Gotha-Altenburg starb, fanden die Auseinandersetzungen über die Erbschaft in Hildburghausen statt und bei dieser Gelegenheit kam auch W. dorthin. Herzog Friedrich von Hildburghausen fand so viel Gefallen an ihm, daß er ihn als Legationsrath in sein Geheimrathscollegium berief und ihm schon im folgenden Jahre mit dem Titel Geheimer Legationsrath Sitz und Stimme bei genannter Behörde verlieh. Bei der endlichen Regelungsconferenz der Erbschaftsangelegenheit vertrat W. in Gemeinschaft mit dem ebenfalls aus gothaischem in hildburghäuser Dienst getretenen Geheimrath v. Braun die Interessen des hildburghäuser Hofes, mit welchem er sodann auch im November 1826 nach Altenburg übersiedelte. Hier wurde er mit dem Titel Geheimer Assistenzrath das dritte Mitglied der Landesregierung. Sehr schnell eignete er sich eine eingehende Kenntniß des Landes an, und diese befähigte ihn, eine rasche Ordnung der neuen Verhältnisse herbeizuführen. Als infolge unruhiger Auftritte im J. 1830 auch für Altenburg eine neue Regelung der Verfassungsverhältnisse herbeigeführt wurde, besorgte er die Redaction des auf die Finanzen bezüglichen Theiles des noch jetzt geltenden Staatsgrundgesetzes. Dasselbe Jahr brachte seine Ernennung zum Vicepräsidenten des herzoglichen Consistoriums und seine Erhebung in den Adelstand. In seiner neuen Stellung bewirkte er eine wesentliche Verbesserung der kirchlichen und Schulverhältnisse des Landes und wurde deshalb 1835 zum Consistorialpräsidenten ernannt. Reibungen mit der Geistlichkeit veranlaßten ihn jedoch schon 1840, wieder um Enthebung von diesem Amte zu bitten, worauf seine amtliche Thätigkeit auf die Stellung eines Ministers beschränkt wurde, in welcher er fortan namentlich das Finanzdepartement zu leiten hatte. Eine große Freude war es ihm, als ihn die deutschen Land- und Forstwirthe, welche 1842 in Altenburg tagten, zu ihrem ersten Vorsitzenden [371] wählten. Seit jener Versammlung begann er jedoch zu kränkeln und verschiedene Badecuren wollten seine Gesundheit nicht wieder herstellen. So kam das Jahr 1848 und W. merkte, daß eine neue Aera beginne, mit welcher seine conservative Anschauung nicht in Einklang zu bringen sei, daher bat er um seine Entlassung. Sein Landesfürst, der ihn nicht missen mochte, gab ihm jedoch nur ein Jahr Urlaub und W. begab sich zu seiner Erholung in das gastliche Haus seines Bruders nach Gotha. Bereits im Juni 1848 bat er aber von dort aus um seine gänzliche Pensionirung, um namentlich der Aussicht enthoben zu sein, bei den inzwischen in Altenburg bis zur äußersten Spitze der Bewegung vorgerückten Zuständen in einer ihm unliebsamen Weise verwendet zu werden. Seine Verabschiedung erfolgte hierauf in ehrenvollster Weise. Mit der herzoglichen Familie, welche auf seinen Rath viel gab, blieb er jedoch auch jetzt noch in beständiger Beziehung und auf Wunsch des Herzogs Georg kehrte er 1852 wieder nach Altenburg zurück. Behufs Aenderung der Verfassung von 1848 sandte er W. nach Berlin und als letzterem hier König Friedrich Wilhelm IV. preußisches Militär und preußische Beamte zur Verfügung stellte, that er die bezeichnende Aeußerung: „Mehrere würden mir zu viel sein, nur einen Beamten erbitte ich mir“. Anfang Februar 1853 übernahm W. interimistisch noch einmal das Departement der Finanzen, jedoch mit der Bedingung, daß seine Thätigkeit höchstens ein Vierteljahr dauere. Nach seiner nochmaligen huldvollen Entlassung lebte er nun in Altenburg im Ruhestande, sich litterarisch damit beschäftigend, unter der Bezeichnung „Aus Thüringen“ wöchentlich 1–2 Artikel für die „Leipziger Zeitung“ zu liefern. Eine besondere Ehrung ward ihm im J. 1858 noch dadurch zutheil, daß ihn die Universität Jena bei Gelegenheit ihres dreihundertjährigen Jubiläums zum Ehrendoctor der Rechte ernannte. W. verstarb nach kurzer Krankheit am 28. October 1863, seinem 68. Geburtstage. Er hinterließ einen einzigen Sohn, Leopold v. W., (geboren am 20. April 1819, gestorben am 10. Juli 1894), welcher herzogl. sachsen-altenburgischer Kammerherr und Geheimer Kanzleirath war.

Mittheilungen von Seite der Familie. – Wissenschaftliche Beilage der Leipziger Zeitung, Jahrgang 1864 Nr. 10. – Augsb. Allgemeine Zeitung, Jahrg. 1863 Nr. 305, S. 5047. – Altenburger Geschichts- und Hauskalender, Jahrg. 1864. – Meusel, Biographisches Lexikon u. s. f., XXI, 718.