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Artikel „Torrentius, Laevinus“ von Friedrich Koldewey in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 38 (1894), S. 457–458, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Torrentius,_Laevinus&oldid=- (Version vom 2. November 2024, 20:13 Uhr UTC)
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Torrentius: Laevinus T., eigentlich Livin van der Beken oder van der Becke, wurde am 8. März 1525 zu Gent als der Sprößling einer angesehenen Patricierfamilie geboren. Die Grundlage für seine Gelehrsamkeit legte er in Löwen, wo er zuerst die philosophischen Wissenschaften, darauf Jurisprudenz studirte. Als während seines dortigen Aufenthalts der Versuch des geldernschen Generals Martin van Rossem, die Stadt zu erobern, vereitelt wurde, feierte T. die Zurückweisung des Feindes durch eine lateinische Elegie, die, allerdings ohne Nennung seines Namens, in Druck erschien und ihrem jugendlichen Verfasser in weiteren Kreisen Lob und Anerkennung eintrug. Später reiste er mit zwei Brüdern Namens de Jonghe aus Antwerpen nach Italien und hielt sich u. a. einige Zeit in Bologna auf, wo seine beiden Reisegefährten die juristische Doctorwürde erwarben. In Rom verweilte er mehrere Jahre und trat dort zu verschiedenen hervorragenden Gelehrten und Kirchenfürsten, so z. B. zu den Cardinälen Morone und Sirlet, in nähere Beziehungen. Nach seiner Rückkehr in die Niederlande zog ihn der Bischof von Lüttich, Erhard de la Marck, in seine Nähe, und auch die Nachfolger desselben wußten seine Talente zu schätzen. So kam es, daß er bald zum Domherrn an der Kathedrale zu Lüttich, dann zum Archidiakon von Brabant, schließlich zum Generalvicar des Bisthums in geistlichen und weltlichen Dingen ernannt und vielfach zu diplomatischen Sendungen verwendet wurde. Bei den religiösen Unruhen, die schließlich zu der Losreißung der nördlichen Staaten führten, stand T. auf der Seite der katholischen Partei, suchte jedoch einen Ausgleich der Gegensätze herbeizuführen. Seine Freunde nannten ihn deshalb den Engel des Friedens; aber die Protestanten trauten ihm nicht. In des ältern Petrus Burman Sylloge Epistol. I, 480 wird er beschuldigt, daß er ein Knecht (mancipium) der Jesuiten gewesen sei und Balthasar Gerard, den Mörder Wilhelm’s von Oranien, begünstigt habe. Am 10. Septbr. 1587 wurde T. zum Bischof von Antwerpen geweiht und bemühte sich in dieser Stellung nicht ohne Erfolg, die in seiner Diöcese wohnenden Protestanten in den Schoß der römischen Kirche zurückzuführen. Den aus England vertriebenen Katholiken gewährte er bereitwillig gastliche Aufnahme und dauernde Unterstützung. [458] Zum Lohne für diese Wirksamkeit ernannte ihn Philipp II. von Spanien zum Erzbischof von Mecheln und damit zugleich zum Vorsitzenden des Staatsraths von Flandern; aber bevor noch die päpstliche Bestätigung eingetroffen war, starb T. zu Brüssel am 26. April 1595. Seine Leiche wurde auf dem Chor der Kathedrale zu Antwerpen bestattet. Das ihm dort errichtete und noch heute vorhandene Marmordenkmal trägt seine Statue in liegender Stellung (abgebildet im Grand Théâtre sacré etc., Bd. II, T. 1, zu S. 14). Bilder von ihm finden sich vor seiner Horazausgabe, in dem angezogenen Grand Théâtre etc. vor S. 13, bei Foppens, Bibl. Belg. II, 793, sowie auf einer Münze bei Ger. van Loon, Num. Hist. I, 457 zum J. 1595. Seine werthvolle Bibliothek – sie wurde auf 30 000 Gulden abgeschätzt – hinterließ T. nebst seinen sonstigen Sammlungen dem von ihm gestifteten Jesuitencollegium zu Löwen.

T. besaß umfassende Kenntnisse in der Geschichte, der Rechtswissenschaft und besonders in der Alterthumskunde. Seine lateinischen Gedichte wurden von den Zeitgenossen sehr hoch geschätzt. Manche meinten, er sei auf dem Gebiete der lyrischen Poesie der erste nach Horaz. Die Nachwelt freilich hat die Erzeugnisse seiner Muse bald vergessen, während seine philologischen Arbeiten noch lange Zeit nach seinem Tode Beachtung fanden. Sein Kommentar zum Sueton wurde von Joh. Georg Grävius in die Ausgabe, die derselbe 1672 und 1691 von diesem Schriftsteller erscheinen ließ, vollständig herübergenommen. Auch sein Horaz, der erst mehr als zehn Jahre nach seinem Tode in die Oeffentlichkeit trat, wurde geschätzt, obwol manche meinten, er habe darin vielfach mit dem Kalbe des Lambinus gepflügt.

Vgl. Franc. Sweertius, Athenae Belg., S. 506–508. – Valerius Andreas, Bibliotheca Belg. (Ed. renov. Lovan. 1643, 4°), S. 609 f. – Thom. Pope Blount, Censura celebriorum authorum (Ed. nov. Genevae 1694, 4°), S. 817 f. – Ant. Teissier, Les Eloges des Hommes savans, tom IV (4me éd. Leyde 1715), S. 205–207. – Adr. Baillet, Jugemens des Savans (nouv. éd., Amsterd. 1725), Bd. 2, Abth. 2, S. 114 f., Nr. 412. – Le grand Théâtre sacré du Duché de Brabant, Bd. 2, Abth. 1 (1734, fol.), S. 13 f. – Jo. Franc. Foppens, Biblioth. Belg. II, 793–795. – Jöcher, Gel.-Lex. IV, 1261 f. – Saxii Onomast. liter. III, 506–508, 655. – A. J. van der Aa, Biogr. Woordenboek der Nederlanden, Bd. XVIII (Haarlem 1874), S. 195 f. – Weitere Quellen finden sich namentlich in dem letztgenannten Werke verzeichnet, desgl. ein Verzeichniß der von T. veröffentlichten Schriften.