ADB:Told, Franz Xaver
Gleich, Meisl u. a., eine unverkennbare Begabung tritt in der Masse der Ueberproduction nur in leisen Andeutungen zu Tage, das Meiste ist gänzlich werthlos. Das gilt vor allem von seinen zahllosen größeren und kleineren Novellen, die er in einer Reihe der gelesensten Zeitschriften, in größeren Sammlungen, sowie in dem von ihm 1824–1831, 1838–1840 herausgegebenen Taschenbuche „Fortuna“ ablagerte. „Armes Publicum“ muß man mit einem seiner Recensenten ausrufen, wenn man es nur versucht, diese historischen Erzählungen, rührseligen Familiengeschichten und gequälten Humoresken heute anzusehen. Clauren ist sichtlich Vorbild, auch in der Sprache, von dem unglaublichen Schwulststile haben schon Frankl’s Sonntagsblätter 1842 überzeugende Proben gegeben. Der Oesterreicher verleugnet sich nirgends. In der Erzählung „Von Sieben die Häßlichste“ (Fortuna 1829), die in Angely’s gleichnamigem Stücke wörtlich ausgeschrieben ist, heißt es: „Auf was denkst Du? – Auf Dich.“ Auch der populäre Kaiser Joseph greift helfend ein (Der Zweikampf). Ueber seine Gedichte – darunter Nachahmungen der Körner’schen Kriegslieder, ein Epos auf die Schlacht von Aspern etc. – ist kein Wort zu verlieren. Wichtiger ist T. als Dramatiker. Von seinen zahllosen Stücken, die Wurzbach nicht vollständig verzeichnet, sollen einige ihm unterschoben sein. Das Josephstädter Theater, speciell Director Pokorny, hat ihm durch Jahre die größten finanziellen Erfolge zu danken. Er begann mit einem schrecklichen Rührstücke: „Der Ritt um den Kynast“ (13. Januar 1818) nach Körner’s Ballade, in derselben Art folgten Dramen wie: „Die beiden Krieger“, nach dem Französischen (24. Juni 1824), mit Benutzung von Schiller’s Bürgschaft, die fürchterliche „Hand des Schicksals“ ist die Bearbeitung seiner Novelle: „Leichtsinn, Unglück und Strafe“. Sehr viel hat T. aus dem Französischen entlehnt, so einen Theil seiner unendlich beliebten großen Spektakelstücke: „Der Wald bei Senart“ (5. August 1820), „Der Schacht zu Aßhorn“ (7. August 1824). Eine crasse, ganz unwahrscheinliche Mordgeschichte ist „Der Gemsenjäger“ (Juli 1825). Für einen beliebten Affendarsteller schreibt er „Domi, der brasilianische Affe“ (Febr. 1831). Höchst ungeschickt wird dieselbe Situation, die Rettung eines Kindes durch den Affen, zweimal vorgeführt. Sein Hauptwirkungskreis liegt aber im Zauberstücke. Er beginnt in der Art Gleich’s, die unmöglichsten Abenteuer lose verbindend. „Es wird gesungen, gesprochen und gezaubert“, das ist thatsächlich der Inhalt einer ganzen Reihe dieser Producte. Der Barometermacher ist genau nachgeahmt in der „Capriciosa“ (8. März 1823), an Stelle Quecksilbers tritt der Musiker Polykarp Schnabel. Im „Zaubermund“ (16. December 1832) begegnet der alte Pizii, später Kolibri, als Genius Biribi. Die Statue, die anzeigt, ob ein Mädchen lüge, ist eine Abschwächung eines guten Motivs im „Geisterkönig“. Die Verwandlung der Person des Gutsherrn, die mit großem technischen Geschick auf der Bühne vollzogen wird, gemahnt an den „Rappelkopf“. Couplets, reich an localen Anspielungen, dürfen nirgends fehlen. Für Bäuerle’s: „’s giebt nur a Kaiserstadt“, heißt es hier: „Nemts mirs nit [414] krumm, ’s giebt nur a Weanerstadt, schauts enk nur um!“ Die Talismane fliegen nur so herum. In „Nicht küssen und nicht tanzen“ (April 1829) beschenkt der Gnomenfürst Rulf, der sich merkwürdiger Weise an eine reisende Schauspielergesellschaft als Primadonna angeschlossen, das Ehepaar Pilsling mit den drei Wünschen, die sie vergeuden, dann stellt er ihnen zur Bedingung ihres Reichthums, nicht zu küssen und nicht zu tanzen. Beide Theile vergehen sich, er verzeiht und beschenkt sie mit mäßigem Glücke: ein woleingerichtetes Haus zur Ausübung des früheren Schneiderberufs, in dem die Gesellen fleißig arbeiten. Von diesem Schlusse hat Nestroy’s Lumpacivagabundus sichtlich gelernt. Ein sonderbarer Talisman ist der „Magische Stockzahn“ (26. Mai 1838). In vielen Stücken macht T. nicht einmal den Versuch einen Zusammenhang zu geben, wie in „Betteleien in Linz, Foppereien in Nußdorf, Neckereien in Wien“ (11. November 1837), „Der Pfeilschuß in Lerchenfeld, die Hochzeit am Neubau und das Testament in der Josephstadt“ (27. October 1841). Viele Stücke sind nur um die Ausstattung herum geschrieben, und diese übten die größte Anziehungskraft. Ganz Wien lief zu den schlimmen „Frauen im Serail“ (Januar 1840) und ihrer Uebersetzung ins Böhmische: „Wastl oder die böhmischen Amazonen“ (23. März 1841), wo es ein großes Amazonenheer zu sehen gab. An guten einzelnen Situationen fehlt es nicht, die Rollen, besonders wenn sie gelegentlich in den Händen Nestroy’s und Scholz’ ruhten, erwiesen sich als sehr dankbar. Daß T., wenn er sich Mühe gab, Besseres leisten konnte, das bewies er durch seinen „Zauberschleier“ (11. Februar 1842). Neben Haffner’s verkauftem Schlaf, dessen Stoff auch T. in „Reich an Geld, arm an Schlaf“ 1845 behandelte, verdient dieses inhaltlich an eine Scribe’sche Oper angelehnte Werk genannt zu werden. Die Fee Zelia wird durch den Maler Albert Rose ihres Schleiers beraubt, sie muß sich von ihren Gefährtinnen trennen und dem Mann folgen. Nach vielen Wirrnissen, in denen ein shylockartiger Jude eine böse Rolle spielt, kehrt Zelia, welcher der Schleier durch eine Nebenbuhlerin ums Haupt geschlungen wurde, ins Feenreich zurück. Sie verzichtet aber und wendet sich zur Erde, in die Arme des verzweifelten Geliebten. Die komischen Episoden sind von wohlthuender Zurückhaltung, die man freilich damals tadelnswerth fand, die Verse klingen recht ansprechend, die Handlung ist mit einer bei T. seltenen Consequenz aufgebaut. Alle diese Vorgänge hätten aber nicht den beispiellosen Erfolg gemacht, der diesem Stücke zu Theil wurde. Die große Wandeldecoration zum Schlusse, welche den Flug Zelia’s vom Himmel zur Erde vorführte, wurde entscheidend für die 600 Aufführungen, die der „Zauberschleier“ im Laufe der Zeit erlebte. Diesen Triumph konnte T. nicht überbieten, wenn er auch im „Wolkenkind“ (1847) eine schwache Nachahmung versuchte. Die eigentliche Localposse spielt in seiner Production eine geringe Rolle: auch da liebt er bilderartige Vorführung, wie z. B. „Das Leben ein Rausch“ (9. März 1822) fünf verschiedene Räusche darstellt. Dagegen stammen zahlreiche Parodien von ihm: „Seppherl“ (24. October 1818), „Johanna Dalk oder die Jungfrau von Oberlans“ (3. März 1821), „Reserl, die Nachtwandlerin“ (15. April 1825), „Ein Glas Punsch“ (nach Scribe, 26. December 1841), „Die Tochter der Wildniß“ (nach Halm, September 1842). Neben dem in Wien unzählige Male vor ihm parodirten „Orpheus“ steht der „Jupiter in Wien“ (15. April 1825), wo Jupiter ein Wiener „Madel“ Semele liebt, die ihrem mythologischen Untergange nur dadurch entgeht, daß Venus sie in einen Anderen verliebt macht. Ganz vereinzelt bleibt der „Alpenkönig und Menschenfeind“ (1829), eine dialogisirte Pantomime, in Wort und Handlung ganz an Raimund angeschlossen. Gedruckt scheinen von den genannten Dramen nur der „Zauberschleier“ und das [415] „Wolkenkind“, sowie einige kleinere, in der Fortuna aufgenommene Stücke, darunter sogar eine Schicksalstragödie „Das Waidmesser“ (1824).
Told: Franz Xaver T., Schriftsteller und Dichter, ist in Wien am 13. December 1792 geboren. Er studirte zu Innsbruck, wurde 1809 Soldat, seine militärischen Dienstleistungen trugen ihm 1840 den Adel mit dem Prädicat „v. Doldenburg“ ein. Er trat als Hauptmann in den Ruhestand und lebte in Wien von seiner Feder, die ihn allerdings, besonders in den vierziger Jahren, niemals im Stiche ließ. Doch hielten seine Ausgaben nicht gleichen Schritt mit seinen Einnahmen, so daß er im Mangel, halb gelähmt, von allen Freunden verlassen, am 14. April 1849, 57 Jahre alt, im Invalidenhause starb. So liederlich wie seine Lebensführung war auch seine Schriftstellerei. T. gehört in eine Reihe mit den Vielschreibern des vormärzlichen Wiens:- Wurzbach 46, 5–11. – Goedeke, Grundriß III, 582, 835, 959. – Katalog der theatergeschichtlichen Ausstellung der Stadt Wien, S. 171 f. – Mehrere Stücke handschriftlich in der k. k. Hofbibliothek.