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Artikel „Theuderich III.“ von Felix Dahn in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 37 (1894), S. 734–735, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Theuderich_III.&oldid=- (Version vom 21. November 2024, 15:37 Uhr UTC)
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Theuderich III., merovingischer Frankenkönig (673–691), Sohn Chlodovech II. (638–656) und der heiligen Balthildis, folgte in Neustrien und Burgund seinem 673 ermordeten Bruder Childerich II. (s. A. D. B. IV, 123). Der ehrgeizige und ränkevolle Bischof Leudegar von Autun floh nun aus dem Kloster von Luxeuil, in das er nach seinem Sturze (nach 4. Juli 673) war gebannt worden, und erhob mit seinem Bruder Gairin Leudesius, den Sohn Erchinoald’s, zum Hausmeier von Neustrien und Burgund. Aber gleichzeitig verließ jenes Kloster Leudegar’s ebenfalls hier nach seinem Sturz (670) eingebannter gewaltiger und gewaltthätiger Gegner, der frühere Hausmeier Ebroin, der 670 bei dem Tode Chlothachar’s III. jenen Theuderich (III) bereits, dem Rechte gemäß, zum König von Neustrien und Burgund erhoben hatte: damals hatte Leudegar Theuderich’s Bruder Childerich II. von Austrasien zum Herrscher auch von Neustrien und Burgund erklärt und Theuderich, wie Ebroin in das Kloster Luxeuil, in das Kloster des heiligen Dionysius gesteckt, nachdem er zum Mönch geschoren war. Jetzt, nach Childerich’s Tod, bekämpften sich die Adelsparteien in Neustrien-Burgund um die Herrschaft, wie das ehedem die merovingischen Theilkönige gethan: das Hausmeieramt bedeutete nunmehr die Herrschgewalt: daher wurde um diese Würde gestritten: aber jeder Hausmeier mußte als Vorwand seiner Machtübung einen Scheinkönig in seiner Gewalt haben, und so jagen sich diese Parteiführer die merovingischen Königsknaben gegenseitig ab, beileibe nicht, um sie zu tödten, sondern um in deren Namen zu herrschen. Ebroin war nach Austrasien entwichen und hatte dort einen solchen Knaben unter dem Namen Chlodovech III. (angeblich einen Sohn Chlothachar’s III.) zum König erheben helfen: für diesen – so sollte es scheinen – ergriff er nun die Waffen, kehrte nach Neustrien zurück, indem er, Nachts, überraschend, den Uebergang über die Oise bei Pont St. Maxence zu Compiegne (Sancta Maxentia) erzwang und die hier aufgestellten Feinde schlug. Leudesius entkam mit König Theuderich: aber rastlos verfolgte beide Ebroin, erbeutete dabei die Schätze in der Villa Baizieux, jagte nah bis Crécy-en-Ponthieu, holte hier den Knaben ein, erkannte ihn, Chlodovech III. (den er offenbar nur aus Verlegenheit erhoben hatte und den nun niemand mehr nennt) fallen lassend, sofort als seinen König an, tödtete den unter listigen Friedensvorschlägen herangelockten Leudesius und herrschte nun, nachdem er Leudegar, dessen Bruder Gairin und deren Anhang in seine Gewalt gebracht (674) und nach langer Untersuchungshaft kraft Richterspruches wegen Hochverraths hingerichtete hatte (678), wieder unbeschränkt als Major domus von Neustrien und Burgund. Jene Jagd nach Th. gewährt ein seltsam Schauspiel: nimmt man etwa Troyes in der Champagne als Ausgangspunkt an, so ging der Stoß Ebroin’s pfeilgerad nordwestlich auf den Sitz des Knaben und von da ebenso gerad stets in der gleichen Richtung bis in die schon dem Meere nahe Landschaft Ponthieu: durch ganz Neustrien bis an die See jagt er dem Königsknaben nach, um an ihm einen bessern Vorwand der Herrschaft als an jenem offenbar nur von Wenigen und nicht zuerst von Ebroin anerkannten Chlodovech III. zu gewinnen. Nach Vernichtung Leodegar’s und der Seinen, sowie auch jener Mittelgruppe, die anfangs Chlodovech III. erhoben hatte, trachtete Ebroin folgerichtig danach, seinen Meroving, Th. III., d. h. in Wahrheit sich selbst, zum Herrn auch von Austrasien zu machen, dessen König, der junge [735] Dagobert II., und dessen Hausmeier Wulfoald, bald nachdem sie Ebroin angegriffen hatte, (678) ermordet wurden. Gleichwohl konnte Ebroin die Anerkennung Theuderich’s in Austrasien nicht ohne Widerstand durchsetzen: nun trat ihm entgegen Pippin der Mittlere, der Arnulfing, der nach dem tiefen Sturze seines Hauses nach dem verfrühten Versuche Grimoald’s, die Merovingen vom Throne zu verdrängen, doch allmählich wieder eine bedeutende Stellung in Austrasien (keinesfalls aber als Hausmeier, schwerlich als Herzog, vielmehr rein thatsächlich) gewonnen hatte, und nun den Versuch Ebroin’s, auch Austrasien unter dem Namen Theuderich III. zu beherrschen, verhinderte. Zwar ward er (678) bei Laon geschlagen, aber Ebroin ward, bevor er die Früchte seines Sieges völlig ernten konnte, ermordet (681): seinem Nachfolger Waratto gegenüber mußte sich Pippin allerdings bequemen, im Friedensschluß Th. als König von Austrasien anzuerkennen, ohne etwa austrasischer Hausmeier zu werden. Erst als nach wiederholten Schwankungen in dem neustrisch-burgundischen Majordomat (Waratto, dessen Sohn Gislemar, abermals Waratto, dann dessen Eidam Berthar) Pippin in der Schlacht bei Tertri (a. 687), bei St. Quentin, den neustrisch-burgundischen Hausmeier geschlagen hatte und dieser (688) ermordet war, wurde Pippin als alleiniger Major domus des ganzen Frankenreiches anerkannt. Drei Jahre darauf starb Th. Ein seltsamer König: fast wie ein Schachkönig: er selbst thut gar nichts: aber der Kampf unter den Herrschgewaltigen: Leudesius, Leudegar, Ebroin, Pippin dreht sich um den Besitz seiner Person! Darin liegt es begründet, daß eine Geschichte Theuderich’s fast nur die Geschichte seiner Hausmeier und Erjager ist: wir kennen ihn nur als Beutegegenstand. Doch bekundete er in zahlreichen Schenkungen an Kirchen und Klöster die zeitübliche Frömmigkeit: von seinen 12 uns erhaltenen Urkunden sind die meisten Zuwendungen an die Klöster St. Denis, Corbie, St. Calais, Stablo, Malmédy, St. Bertin, Moutier-en-Der; ihm folgte sein Knäblein Chlodovech III. (oder, rechnet man jenen Chlodovech von 674, Chlodovech IV.) unter Muntschaft der Königin-Wittwe Hrôtehildis.

Zur Uebersicht wird ein Stammbaum erwünscht sein.

 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
Chlotachar II. (584–628)
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
Charibert II. v. Aquitanien (628–630)
 
 
 
 
 
 
 
 
 
Dagobert I. (628–638)
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
Chilperich
 
Sigibert III. (638–656)
 
 
 
 
 
Chlodowech II. (638–656)
 
Balthildis (–664)
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
Dagobert II. (673–678)
 
Chlotachar III. (656–670)
 
Childerich II. (–673)
 
Theuderich III. (–691)
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
Chlodovech III.? (674)
 
Chilperich II. (715–720)
 
Chlodovech IV. (691–695)
 
Childibert III. (–711)
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
Childerich III. [?] (741–751)
 
 
 
 
 
Dagobert III. (711–715)
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
Theuderich IV. (720–737)
Quellen und Litteratur: s. die Angaben in Dahn, Urgeschichte der germanischen und romanischen Völker III, 1883–1887, S. 678–708. – Dahn, Deutsche Geschichte I b, 1888, S. 207–210. – Die Könige der Germanen VII. 1, 1894, p. I seq.
Außerdem von neu erschienenem: die Ausgaben des sogenannten Fredigar und seiner Fortsetzer, dann des liber historiae Francorum und der einschlägigen Heiligenleben durch Krusch, in den Monum. Germ. hist. Scriptor. rer. Merovingicar. II. 1889; ferner Krusch, die älteste vita St. Leudegarii, Neues Archiv XVI, 1892, S. 565. – Du Moulin-Eckart (Graf v.), Leudegar, Bischof von Autun. Breslau 1890. – Die Urkunden (unzuverlässig!) bei Karl Pertz, Monum. Germ. hist. Diplomata I, 1872, Nr. 46–57.