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Artikel „Dagobert I.“ von Albrecht in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 4 (1876), S. 689–691, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Dagobert_I.&oldid=- (Version vom 16. Oktober 2024, 07:32 Uhr UTC)
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Dagobert I., Sohn des Königs Chlothar II. und der Bertetrude, ward im J. 622 von seinem Vater zum Mitregenten erhoben, so zwar, daß er mit der Regierung der Länder östlich von Vogesen und Ardennen betraut wurde. Es geschah dies im Einvernehmen mit den Großen des Landes, unter denen Arnulf von Metz (bis 627) und der Majordomus Pippin der ältere des jungen Königs besondere Rathgeber wurden. Sie beseitigten den Herzog Chrodoald aus agilolfingischem Geschlechte (624), obwol Chlothar selbst bei seinem Sohne für den Bedrängten bat und auch ein Versprechen erhielt, das jedoch nicht gehalten wurde: Chrodoald wurde zu Trier hingerichtet. Arnulf von Metz war auch unter den Schiedsrichtern zwischen Vater und Sohn, als (625) D. und die Austrasier die austrasischen Gebiete bis an die Loire und bis an die Provence von Chlothar [690] begehrten. Austrasien wurde durch den Schiedsspruch ganz unter D. gestellt und das Einvernehmen mit dem Vater befestigt durch die Heirath Dagoberts mit Gomatrude, der Schwester seiner Stiefmutter Sichilde (Vertrag von Clichy 625). Doch fehlte es nicht an Reibungen. D. gewährte dem flüchtigen Godinus, Sohn des Majordomus Warnachar, Schutz vor Chlothar, aber Godinus ward trotz Dagoberts Fürbitte von Chlothar getödtet: das Seitenstück zur Geschichte des Chrodoald. Chlothar starb im J. 628 und D. wahrte die Reichseinheit, indem er Neustrien und Burgund in Besitz nahm und seinem Bruder Charibert nur das Land zwischen Loire und der spanischen Grenze mit Toulouse als Residenz überließ. Die eigene Residenz verlegte D. nach Paris und entzog sich schon dadurch in etwas dem Einflusse des austrasischen Pippin. Die Gerechtigkeit seiner Regierung (die Vervollständigung der lex Alamannorum etc. zeugt von seinem Sinn für Rechtspflege) verschaffte ihm anfangs auch in Neustrien und Burgund willigen Gehorsam und Liebe der Unterthanen. Aber das änderte sich, als er 628 die Gomatrude verstieß und Nantechilde zur Königin erhob, zu der er 629, nach einer Rundreise in Austrasien, noch die Ragnetrude gesellte. An anderem Ort werden uns gar die Namen dreier Königinnen: Nantechilde, Wulfgunde und Berthilde genannt, neben ihnen mehrere Kebsweiber. Die Bedürfnisse des königl. Hofes führten zu einer habgierigen Fiscalpolitik und demgemäß entfremdeten sich dem Könige die Gemüther der Seinen. Pippin wich den neuen Einflüssen und wandte sich zu Charibert nach Toulouse; mit sich nahm er Sigibert, Dagoberts Sohn von der Ragnetrude. Schon 631 starb indeß Charibert und durch Einverleibung seiner Provinzen ward die Reichseinheit auch äußerlich hergestellt. – Nach außen hin erscheint D. im ehrenvollen Bunde mit dem byzantinischen Kaiser Heraclius; in Uebereinstimmung mit diesem zwang er die Juden seines Königreiches zur Taufe, eine Maßregel, die wol auch mit seiner Finanzpolitik zusammenhängt. Unglücklich waren seine Kämpfe mit den Slaven, bei denen um jene Zeit Samo ein Königreich errichtet hatte und die an der thüringischen Grenze ebenso wie die Avaren in Pannonien als gefährliche Nachbarn auftraten. Fränkische Kaufleute waren in Samo’s Reiche getödtet, dem Gesandten Dagoberts, Sichar, die Genugthuung hierfür verweigert worden, so begann der Krieg, den der Alamannenherzog Chrodobert mit seinem Heerbann wol in der Mitte des Böhmerwaldes auf der Taußer Straße, von Süden her ein verbündetes Langobardenheer erfolgreich führten. König D. selber aber an der Spitze des austrasischen Heeres ward bei Wogastiburg (im Norden Böhmens; ob im Egerthale?) 630 geschlagen. Lauheit der Austrasier gegen den habgierigen König war hauptsächlich Schuld an dem Unglück. Wild war der Charakter dieser Kämpfe; 9000 bulgarische Familien, welche vor den Awaren nach Baiern geflüchtet waren, wurden auf Dagoberts Anstiften zum größten Theile niedergemetzelt. Auf die Niederlage folgte 631 ein Einbruch der Wenden in Thüringen und D. zog diesmal mit auserlesener neustrischer Mannschaft nach Austrasien, aber er zog es vor, den Sachsen die Führung des Wendenkrieges zu überlassen, wogegen er ihnen den bisher geleisteten Tribut von 500 Kühen erließ. Das Kriegsglück wurde jedoch nicht besser, die Einfälle der Wenden dauerten fort und erst als 632 D. in seinem Sohne Sigibert den Austrasiern einen eigenen König gab mit Kunibert von Köln und Ansegisilus, dem Sohne Arnulfs von Metz, als Rathgebern, erwachte dort größere Widerstandskraft und Radulf, des Thüringerherzogs Chamar Sohn, schlug die Wenden im J. 634. – Glücklicher war D. an der Westgrenze. Dem Sisenand, König der Westgothen, leistete er erfolgreiche Hülfe gegen seinen Nebenbuhler Sintela; einen Einfall der Basken im J. 635 wies er siegreich zurück und sah 636 in Clichy, seiner Lieblingsresidenz, eine baskische Gesandtschaft, die eine wenn auch wenig zuverlässige Unterwerfung [691] anbot. Auch die Briten in der Bretagne unterwarfen sich; ihr König Judacaile erschien 625 in Clichy. – Bereits 633 war dem Könige von der Nantechilde ein Sohn, Chlodwig, geboren worden und ein Theilungsvertrag hatte noch bei des Vaters Lebzeiten dem Sigibert ganz Austrasien bis auf das Herzogthum des Dentelin, Neustrien und Burgund dagegen dem Chlodwig zugesichert. Dieser Vertrag blieb auch in Geltung, als D. am 18. Jan. 638 zu Paris starb. In St. Denis ist er begraben. Sechs echte Urkunden neben einer Reihe gefälschter sind aus seiner Zeit erhalten.