ADB:Arnulf (Bischof von Metz)

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Artikel „Arnulf“ von Ludwig Oelsner in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 1 (1875), S. 607–608, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Arnulf_(Bischof_von_Metz)&oldid=- (Version vom 16. Oktober 2024, 08:34 Uhr UTC)
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Arnulf, Bischof von Metz, Stammvater des arnulfingischen oder karolingischen Herrschergeschlechts. Von vornehmen und reichbegüterten fränkischen Eltern um das J. 582 geboren, wurde A. in seinen Jünglingsjahren an den Hof Theodeberts II. von Austrasien (596–612) geschickt, um sich hier unter der Leitung des Majordomus Gundulf für den Staatsdienst vorzubereiten. Durch tapfere Waffenthaten erwarb er sich des Königs Vertrauen bald in so hohem Grade, daß ihm [608] ein Provincialgebiet von dem sechsfachen Umfange eines gewöhnlichen Domesticats zur Verwaltung übergeben wurde. In jenen Jahren verheirathete er sich auch, und es gingen aus dieser Ehe zwei Söhne, Chlodulf und Ansegisil, hervor. Schon damals regte sich in A., man vergleiche die offenbar an seinem Ring im Metzer Domschatz sich knüpfende, dem „Ring des Polykrates“ nachgebildete Legende bei Paulus Diaconus, die Neigung zu religiöser Beschaulichkeit. Zunächst folgte er jedoch 612 der Berufung auf den bischöflichen Stuhl von Metz und behielt denselben 15 Jahre lang, bis 627, inne. A. gehört zu jener ersten Bischofsgeneration germanischer Herkunft, welche im 7. Jahrhundert statt des bisher vorherrschenden römisch-gallischen Klerus die fränkischen Bisthümer zu besetzen anfingen. Auch ist er der Ersten einer, die mit ihrem hohen geistlichen Range einen hervorragenden Einfluß auf die Staatsregierung verbanden; für ihn mußte es von besonderem Vortheil sein, daß Metz die Residenzstadt der austrasischen Könige war. Gleich im ersten Amtsjahre freilich mochte seine Stellung eine schwere Erschütterung erfahren, als es der Königin Brunhilde mit Hülfe ihres jüngeren Enkels Theoderich von Burgund gelang, den älteren, Theodebert, vom Throne zu stoßen und die Herrschaft in Austrasien wiederzuergreifen. Doch bald darauf rief die austrasische Aristokratie, unter der Führung Arnulf’s und Pippin’s des Aelteren, den neustrischen König Chlothar gegen die verhaßte Königin herbei; und wie hier, bei Erneuerung des fränkischen Gesammtreichs unter Chlothar II., so war Arnulf’s Einfluß gewiß auch im J. 622 thätig, als dieser König sich entschloß, Austrasien der gesonderten Regierung seines Sohnes Dagobert zu überlassen. Wenigstens erschienen A. und Pippin als die vornehmsten Rathgeber des jungen Königs; sie betrieben die Niederwerfung des unruhigen Agilolfingers Chrodoald, A. vor Allen schlichtete eine Gebietsstreitigkeit zwischen Vater und Sohn. Daß ihm schon das große Ziel der karolingischen Politik, wie es von Pippin dem Mittleren und seinen Nachfolgern mit Festigkeit verfolgt worden ist, die Regeneration des fränkischen Gesammtreichs von Austrasien aus, als Aufgabe vorgeschwebt habe, läßt sich nicht behaupten. Seine und seines Freundes Pippin Bedeutung beruht darauf, daß sie sich an die Spitze des austrasischen Adels, und damit auch, bei der damaligen Schwäche des merovingischen Königthums, an die Spitze des austrasischen Staats emporgeschwungen hatten. Sie begründeten nicht die Politik, aber die Macht des karolingischen Geschlechts, das, aus der ehelichen Verbindung ihrer Kinder Ansegisil und Begga erwachsend, in ihnen gleichermaßen seine Stammväter ehrte. Arnulf’s Rücktritt vom bischöflichen Amte, seine Niederlassung in Horenberg, einer einsamen Stätte in den Vogesen, nicht fern von der Clause seines asketischen Freundes Romarich, sein 14jähriges Leben in frommer Abgeschiedenheit, dies Alles hat ihm bei den Nachkommen den Ruf der Heiligkeit erworben, und noch zu Karls des Großen Zeiten war diese Heiligkeit des Ahnherrn der Stolz des neuen Königshauses. Erst später legte man größeren Werth auf den verwandtschaftlichen Zusammenhang mit der merovingischen Dynastie, und so wurde seit der Regierung Karls des Kahlen, dem Zeitalter der Fälschungen, an den Namen Arnulf’s ein genealogisches Gewebe geknüpft, das aller geschichtlichen Wahrheit entbehrt. A. starb in seiner Zurückgezogenheit am 16. Aug. 641 und wurde zuerst von Romarich im Kloster Habendum an der Mosel, Remiremont gegenüber, beigesetzt; nach Jahresfrist aber erfolgte durch Görich die Translation der Leiche nach der Apostelkirche bei Metz, welche seitdem die S. Arnulf’s Kirche genannt wurde.

Vita Arnulfi bei Mabillon Acta SS. II. 150. Bonnell, die Anfänge des karolingischen Hauses. Berlin 1866.