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Artikel „Thadden-Trieglaff, Adolf von“ von Berner. in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 37 (1894), S. 634–635, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Thadden,_Adolf_von&oldid=- (Version vom 24. November 2024, 07:50 Uhr UTC)
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Thadden-Trieglaff: Adolf v. Th.-T. (Triglaw) ist geboren im Januar 1796 zu Berlin als Sohn eines königlichen Obersten und Flügeladjutanten. Erzogen im Berliner Cadettencorps, wo in ihm durch den späteren General v. Hüser die, ihm für seine Lebenszeit gebliebene, Neigung für Litteratur geweckt wurde, machte er in sehr jungen Jahren die Befreiungskriege mit, wurde bei Bautzen verwundet, zeichnete sich beim Elb-Uebergang und bei Möckern aus und erreichte, wie er selbst später sich rühmte, bei Belle-Alliance als erster Preuße den Anschluß an die englische Armee. Nach dem Frieden trat er jedoch bald aus dem Heere und erwarb – nach einem kurzen landwirthschaftlichen Cursus bei Thaer in Möglin wie in Schlesien – aus dem Nachlaß seines Schwiegervaters v. Oertzen das Gut Trieglaff im Kreise Greifenhagen i. Pomm. Hier und die letzten Jahre seines Lebens auf einem benachbarten Gut Bretzwitz hat er länger als ein halbes Jahrhundert für alle Interessen seines Gutes, seiner „Unterthanen“, wie des Kreises und der Stadt Greifenhagen erfolgreich gewirkt. Vor allem aber kam es ihm darauf an, das ernste christliche und durchweg ehrliche Glaubensleben, das seine Seele erfüllte und ihn schon in Berlin in die engste Gemeinschaft mit den Gebrüdern v. Gerlach, v. Senfft, später in Pommern v. Below geführt hatte, ebensowohl in sich zu vertiefen wie auf andere auszubreiten. War einst es Schleiermacher gewesen, der ihn, wie er selbst sich ausdrückt, aus dem Thierreich in das Menschenreich versetzt hatte, so erschienen ihm bald dessen Ansichten als irreführende, als gefährliche Ketzerei, und sowohl dem nüchternen, in Pommern um das Jahr 1820 bei der Geistlichkeit vielfach noch herrschenden Rationalismus wie auch gegenüber dem alsbald frisch aufblühenden kirchlichen Leben ging seine Frömmigkeit eigene Wege. Conventikel und zahlreich besuchte Predigerversammlungen hielt er in dem überaus gastlichen Trieglaff zum Theil im Gegensatz zur Landeskirche ab, und der Kreis der Erweckten, die sich aus dem Adel – (auch Bismarck wurde durch Thadden-Trieglaff’s Schwiegersohn Moritz v. Blankenburg eingeführt) – aus der Geistlichkeit und der Bauernschaft um ihn schaarte, wurde immer größer. Die Einführung der Union und der Agende schärfte die schon vorhandenen kirchlichen Gegensätze, und Th. glaubte sich berechtigt, die Union in Anlehnung an die Zumpt’sche Grundregel unio, curculio, endlich vespertilio – als die Fledermaus verspotten zu dürfen, welche in der Dämmerung um die festen Mauern der Kirche herumflattere. Im September 1848 trat er aus der Landeskirche aus, schloß sich den Altlutheranern an und wurde mit Professor Huschke in Breslau eines ihrer angesehensten Mitglieder, dessen Vorträge auf den Synoden vielen Beifall fanden, auf der anderen Seite aber auch wie sein ganzes Gebahren mannigfach Anstoß erregten und schwere Bedenken hervorriefen. In noch weiteren Kreisen bekannt wurde Thadden-Trieglaff’s Name durch seine [635] namentlich 1847 und 1848 entfaltete parlamentarische Thätigkeit, in der er, ohne eigentlich ein Politiker zu sein, seine Königstreue und zugleich conservative Gesinnung von strengster Observanz bewährte. Seine Vortragsweise war, wie sein intimster Freund Ludwig von Gerlach einmal schrieb, entweder grob oder bizarr, doch gerade die drastische, mit Citaten aus den Classikern überreich durchsetzte, oft mit schlagendem Humor gewürzte Form fesselte Freunde wie Gegner. Großes Aufsehen erregte namentlich seine am 5. April 1847 gegen das Wahlgesetz gehaltene Rede, in welcher er ein Princip nicht annehmen zu können erklärte, nach welchem auf 10 000 Pfund Menschenfleisch inclusive Menschenknochen ein Wähler komme oder vielleicht 40 000 Centner eben dergleichen einen Abgeordneten stellten – worauf ihm Vincke antwortete, daß der Gesetzentwurf nicht auf Menschenfleisch und Menschenknochen, sondern auf Seelen Rücksicht nähme. Eifrig wirkte er für den Zusammenschluß der Conservativen gegen die Revolution, verfocht auch wohl in Zeitungen seine Ansichten und veröffentlichte Reden, die er nicht halten konnte, durch den Druck, so die berühmt gewordene gegen das Preßgesetz, in welchem er wohl Preßfreiheit, zugleich aber auch die Aufrichtung eines Galgens für alle die verlangte, welche durch die Presse sich versündigten. – An der späteren politischen Entwickelung Preußens wie Deutschlands hat er wenigstens öffentlich sich nicht mehr betheiligt. Hochbetagt, verehrt von den Seinigen, zu denen auch infolge der Heirath einer seiner Enkelinnen die Familie des Feldmarschalls Grafen v. Roon gehörte, und gefeiert von seinen zahlreichen Anhängern starb „Vater Thadden“ am 25. November 1882.

Eleonore Fürstin Reuß, Adolf v. Thadden-Trieglaff. Ein Lebensbild. 2. Auflage. Berlin 1894. – H. Berghaus, Landbuch des Herzogthums Pommern. II. Theil VI. Bd. S. 996 ff. u. passim. Anklam-Berlin 1870. – Verhandlungen des Vereinigten Landtages. – Einiges bieten die Denkwürdigkeiten des Grafen v. Roon, sehr wenig diejenigen Leopold’s v. Gerlach.
Berner.