ADB:Stadion, Johann Kaspar von
Maximilian von Oesterreich. S. begleitete diesen Prinzen, welcher im Juli 1594 von einer Schar von Ritterbrüdern gefolgt, nach Ungarn zog, wo Erzherzog Mathias gegen die Türken im Felde lag. Im J. 1596 commandirte er unter dem Deutschmeister, der den Oberbefehl, nach Erzherzog Mathias, über das kaiserliche Heer führte, 1000 Pferde [369] in Ungarn gegen die Türken, von welcher Expedition er erst im Spätherbst 1597 nach Wien zurückkehrte. Bis 1618, dem Todesjahre des Erzherzogs Maximilian, fungirte St., der die Comthurei Freiburg seit 1606 verwaltete, als dessen Oberstkämmerer und Obersthofmeister. Sodann weilte er beim Bruder des Kaisers, dem Erzherzog Leopold, in Innsbruck als kaiserlicher Kämmerer und diesem zugeordneter Assistenzrath. Ein Kriegsmann, in den Kämpfen des Ordens gegen die Osmanen erprobt, mit bedeutendem administrativen Talent und Geschick begabt, berief Kaiser Ferdinand II. ihn, nach Johann’s v. Molart Tode († 15. Juni 1619) in den sturmbewegten Tagen des beginnenden Krieges zum Präsidenten des Hofkriegsraths. Damals wird er auch als Geheimer Rath und Stadt-Guardia-Oberst zu Wien genannt. Ende des Jahres 1619 trat er die Präsidentschaft des Hofkriegsrathes an, Anfang Januar des nächsten Jahres jedoch erfolgte erst seine definitive Ernennung. Seine Thätigkeit als Soldat schloß diese Stellung jedoch nicht aus. Häufig erscheint er in den Feldlagern bei den Kriegsobersten, um ihnen mit Rath und That zur Seite zu stehen. So sendet ihn der Kaiser unmittelbar nach Bucquoy’s vor Neuhäusel erfolgtem Tode (10. Juli 1621) zum kaiserlichen Heere nach Ungarn, um dem nunmehrigen Commandanten desselben, dem Obersten und Feldzeugmeister Maximilian v. Liechtenstein, zur Seite zu stehen. Bei den Reformprojecten und Operationsentwürfen, welche im Herbste 1621 für den Feldzug des kommenden Jahres verfaßt wurden, ist Stadion’s Votum von entscheidendem Gewicht, und zu Ende des Jahres geht er wieder als kaiserlicher Commissär zur Armee behufs „Muster-, Zahl- und Reformirung des kaiserlichen Feldkriegsheeres“.
Stadion: Johann Kaspar v. St., Administrator des Hochmeisterthums in Preußen, Meister deutschen Ordens in deutschen und welschen Landen, Herr zu Freudenthal und Eulenburg, Röm. kais. Maj. Geheimer Rath, geboren am 21. December 1567, † am 21. November 1641, entstammt der elsässischen Linie dieses Geschlechts und war ein Sohn des Johann Ulrich v. Stadion und dessen Gemahlin Apollonia v. Nanckenreuth. Frühzeitig für den Waffendienst erzogen, kam er, in seinen Jünglingsjahren in den deutschen Ritterorden aufgenommen, an den Hof des Hoch- und Deutschmeisters ErzherzogsAm 16. Januar 1622 bestimmte ihn der Kaiser als Mitglied in den Geheimen Rath, in welchem Eggenberg, Trauttmansdorf, Liechtenstein, Ulm, Stralendorf außer ihm Sitz und Stimme hatten. Im J. 1623 führten ihn militärische Angelegenheiten nach Prag. Nur im folgenden Jahre noch fungirt er als Hofkriegsraths-Präsident, im J. 1626 finden wir ihn schon als Landcomthur im Elsaß, und am Ausgange des 1627er Jahres wählt das Generalcapitel des deutschen Ordens zu Mergentheim St. zum Hoch- und Deutschmeister. Auch in politischer Beziehung ruhte seine Thätigkeit nicht, werthvolle Berichte über die Stimmungen in den protestantischen Kreisen Deutschlands gingen durch Stadion’s Hand dem Kaiser zu. Sein Aufenthalt wechselte zu Mergentheim und Wien, auch in der Mainau hielt er sich oft auf. Ende März 1631 forderte ihn Kaiser Ferdinand II. auf, das Commando über die „Reichsmiliz“ zu übernehmen. Er lehnte dies jedoch mit Schreiben vom 15. April aus Mergentheim ab. Im September des Jahres 1631 weilt der Hoch- und Deutschmeister zu Frankfurt a/M. in seiner Eigenschaft als kaiserl. Geheimer Rath nebst zwei kaiserlichen Reichshofräthen als Mitglieder des dort stattfindenden Convents „zur Componirung der zwischen den katholischen und protestirenden Ständen wegen der geistlichen Güter entstandenen Streitigkeiten“. Auch Ende Juli 1632 ward ihm seitens des Kurfürsten von Baiern und Wallenstein’s, schriftlich und mündlich durch den Obersten Freiherrn v. Schönberg das Anerbieten gemacht, wieder ein Commando, vermuthlich eines in Schwaben zusammenzuziehenden Corps unter des Friedländers Oberbefehl zu übernehmen.
Als im Frühjahr 1634 der König von Ungarn und Böhmen, Ferdinand, das Commando über die Armee erhielt, wünschte der kaiserliche Vater, daß St. den Sohn ins Feld begleite. So wohnte er der Campagne dieses Jahres bei, ist auch im J. 1635 häufig im Hauptquartier Ferdinand’s anwesend, und wenn dies nicht der Fall, doch in reger Correspondenz mit demselben. Kaiser Ferdinand II. aber erkannte, daß Alles, was in der schweren Kriegszeit ihm der deutsche Orden [370] geleistet und was er infolge dessen an seinem Besitz für Schädigungen erfahren, daß Alles dies ein Opfer der alten, treubewährten Anhänglichkeit, der unerschütterlichen Hingebung sei, mit der ihm und seinem Hause der Deutschmeister überall, wo es Hilfe galt, immer bereitwillig zur Seite gestanden. Er betrachtete es daher als seine Pflicht, „den Teutschmeister für den beständigen, gutwilligen, getreuen Gehorsam und die Dienstwilligkeit, womit er sich um ihn und das römische Reich seit langen Jahren in den beschwerlichen Kriegsläuften die wichtigsten Verdienste erworben, selbst mit Hintansetzung seines eigenen Fürstenthums und seiner deshalb in den äußersten Ruin gerathenen Lande, in würdiger Weise zu belohnen.“ Infolge dessen ward die eingezogene Grafschaft Weikersheim im Jaxtkreis an der Tauber dem Deutschmeister mit allen ihren Regalien und hoheitlichen Rechten verliehen. Es war der letzte Beweis der hohen Gunst, dessen sich St. seitens Kaiser Ferdinand II. stets zu erfreuen gehabt, denn einen Monat später, am 15. Februar 1637, schied dieser Monarch aus dem Leben. Im Herbst des nämlichen Jahres befand sich der Deutschmeister in seiner Residenz zu Mergentheim, die Beschwerden des Alters legten ihm damals schon dringend körperliche Schonung auf. Der Bruder Kaiser Ferdinand’s III., Erzherzog Leopold Wilhelm, welcher im J. 1639 um seine Aufnahme in den Orden gebeten, legte am 22. August die Gelübde ab, zugleich ernannte ihn das Capitel zum Coadjutor des hochbetagten Deutschmeisters. Trotz seines hohen Alters machte St. 1640 die Campagne als Berather des Erzherzogs Leopold Wilhelm, auf Wunsch des Kaisers mit und erhielt, nachdem das Heer in die Winterquartiere verlegt worden, aus Regensburg vom 16. November 1640 ein kaiserliches Dankschreiben, daß er mit seinem „reifen Rathe und heilsamen consiliis“ zu den Erfolgen des Feldzuges wesentlich beigetragen, gleichzeitig mit dem Ersuchen, zur neuen Campagne „sich wiederum in Person bei des Erzherzogs Liebden einfinden, und Ihro mit Rath und That zu Dero unsterblichem Ruhm und heilsamer Beförderung des gemeinen Wesens noch weiter zu assistiren“. Am 24. April ersuchte Kaiser Ferdinand III. in einem ganz eigenhändigen Schreiben aus Regensburg St. abermals sehr dringend, den Bruder wieder in’s Feld zu begleiten: „E. Lbdn. Präsenz bei meiner Armada habe Ich sowohl zu der Zeit, als Ich mich vor Jahren in Person selbst zu Feld befunden, als auch E. L. meines Hrn. geliebten Bruders, des E.-H. Leopold Wilhelm, zu Oester. Lbdn. in der Campagne beigewohnt haben, also nützlich u. ersprießlich dem gemeinen Reichswesen u. meinem Erzhause befunden, daß Ich aus Deroselben weiteren Gegenwart bei jetzt angehendem Feldzug von Unserm Herr Gott nicht weniger Glück und Heil, als Seine göttliche Allmacht meinen Waffen vorhin gnädiglich erwiesen, vermittelst deroselben ferneren gnadenreichen Hülfe und Beistand verhoffen kann.“
Nachdem St. eine Badecur im Frühsommer des Jahres 1641 gemacht, meldete er dem Kaiser, daß er sich wieder wohl befände und sich getraue, die vorgenommene Reise zur kaiserlichen Hauptarmee zu machen. Dies that er denn auch. Allein die Kräfte des 74jährigen waren den Anstrengungen des Feldlebens nicht mehr gewachsen. In einem elenden Bauernhause im Dorfe Ammern nächst Mühlhausen in Thüringen erlitt er am 21. November 1641 um 10 Uhr Vormittags einen Schlaganfall, infolge dessen er am selben Tage um 7 Uhr Abends, nach Empfang der heiligen Oelung, die Augen schloß. Sein Beichtvater schreibt den Tod dem hohen Alter, den starken und vielfältigen Arbeiten, den schweren Reisen, „und sonstigen Ungelegenheiten, so sie lange Zeit her gehabt und ausgestanden“, zu. Die entseelte Hülle des Meisters wurde nach Mergentheim überführt und im Februar 1642 in der von ihm erbauten Kapuzinerkirche, nach Lotichius „operosa ac solenni cum pompa“ beigesetzt. Das Hinscheiden Stadion’s, welcher dem deutschen Orden als leuchtendes Vorbild echt ritterlicher Tugenden [371] vierzehn Jahre hindurch vorgestanden, der wegen seiner reichen Kriegserfahrung, Klugheit und Besonnenheit der allgemeinen Achtung sich erfreut hatte, bedeutete nicht nur für den Orden einen herben Verlust. Auch das Kaiserhaus betrauerte einen Mann, dessen treue Anhänglichkeit es in schweren Tagen oft zu erproben Gelegenheit gefunden.
- Acten des Deutsch-Ordens-Central-Archivs und des k. u. k. Kriegs-Archivs. – Voigt, Geschichte des Deutschen Ritter-Ordens, 2. Bd. Berlin 1859.