ADB:Schlüter, Christoph Bernhard
Friedrich Kohlrausch (s. d. A.) ihn bestimmte, sich als Docent der Philosophie an der neubegründeten Akademie in Münster niederzulassen. Am 30. November 1826 hielt er seine Antrittsrede und begann am 14. Mai 1827 seine Vorlesungen über Geschichte der Philosophie. Inzwischen hatte aber sein Augenleiden in bedrohlicher Weise zugenommen. Im nächsten Jahre steigerte es sich bis zur völligen Blindheit; nur der Unterschied zwischen Tag und Nacht blieb den kranken Augen noch bemerkbar. Schwere Stunden hat S. in dieser Zeit zwischen Furcht, Hoffnung und Hoffnungslosigkeit durchlebt und in schmerzvollen Gedichten den Bedrängnissen seiner Seele Ausdruck gegeben. Aber er bestand die Probe, und selten hat jemand aus solcher Leidensnacht zu einer so gleichmüthigen, heiteren Geistesklarheit sich erhoben. Was ihn dazu befähigte, war eine sein ganzes Wesen durchdringende, tief religiöse Gesinnung, vereinigt mit einer Willensstärke und Geduld, welche durch nichts sich abschrecken oder ermüden ließen. Unverdrossen widmete er sich seinem Amt; seine Vorlesungen erstreckten sich über das ganze Gebiet der Philosophie; 1843 wurde er von der Universität Würzburg zum Ehrendoctor, 1848 in Münster zum außerordentlichen Professor ernannt. Seine akademischen Studien hatten ihn zu den großen Philosophen des Alterthums geführt; auf der antiken Grundlage suchte er eine christliche Philosophie aufzubauen. Man begreift, daß ihn [608] besonders die Schriften Baader’s und Günther’s anzogen; später, bei der Bekämpfung materialistischer Ansichten ging sein Hauptaugenmerk dahin, die Entdeckungen der Naturwissenschaft mit der christlichen Schöpfungslehre zu vereinigen. In seinem Hörsaal sammelten sich vorzugsweise solche Schüler, welche durch eine reine Liebe zur Wissenschaft sich auszeichneten; nicht wenige waren dem verehrten Lehrer durch persönliche Anhänglichkeit verbunden, und selten hat eine so allgemeine Theilnahme freudiger sich kundgegeben als bei dem Jubiläum, das ihm nach fünfzigjährigem Wirken im Mai 1877 zu feiern vergönnt war. Aber neben der amtlichen übte S. eine andere Lehrthätigkeit, nicht weniger lohnend, ja noch mehr geeignet, seinen Namen in der Geschichte seiner Heimath zu verewigen. In seltenem Maße besaß er die Gabe, im Zwiegespräch und in kleinerem Kreise sich mitzutheilen und anzuregen, vor allem, wenn auf philosophische Fragen oder ein bedeutendes Erzeugniß der Poesie und Litteratur die Rede kam. Seit früher Jugend hatte er die großen Dichter des Alterthums in der Ursprache oder in den Uebersetzungen von Voß und Stolberg gelesen, auch Klopstock und Goethe verehren lernen. Für die Romantiker gab es auf dem Gymnasium freilich keine Stelle. „Tieck“, erzählt S. einmal (Briefe d. Dichterin Luise Hensel, S. VI), „galt als ein höchst unclassischer Phantast, Novalis als excentrisch, als Mystiker und Schwärmer; Cl. Brentano ward kaum einmal genannt. Die ganze romantische Schule galt nur als eine Verirrung und als ein unglückliches Ueberbein der schönen deutschen Litteratur“. Aber wir werden sehen, wie der Weg zur Ueberwindung solcher Vorurtheile ihm erleichtert wurde; zu den südländischen Dichtern zogen ihn schon die litterarischen Neigungen des Vaters, vielleicht auch die Ueberlieferungen der spanischen Großmutter. In unermüdlichem Wissensdrang erwarb er sich, man könnte sagen, eine Ahnung der Weltlitteratur, und bei einem glücklichen Gedächtniß, das er schon infolge seines Leidens unablässig zu üben und zu schärfen sich gewöhnt hatte, stand ihm in der Unterredung wie auch für seine Schriften ein unerschöpfliches Material zur Verfügung.
Schlüter: Christoph Bernhard S., Professor in Münster i. W., geboren am 27. März 1801, † am 4. Februar 1884. S. stammte aus einer westfälischen Juristenfamilie, welche sich bis in den Anfang des 17. Jahrhunderts zurückverfolgen läßt. Der Vater, Klemens August, – 14. December 1770 bis 11. März 1861 – war nicht allein ein vorzüglicher Jurist, der später in Bonn zum Ehrendoctor promovirt wurde, sondern auch ein warmer Verehrer der schönen Litteratur, der Musik und Kunst. Auch die Mutter, Katharina Josephine, – 3. November 1777 bis 9. Juni 1866 – war von nicht gewöhnlicher Bildung und einer alles gewinnenden Herzensgüte. Ihr Vater, der Stadtrichter Dr. Graever in Münster, – 13. August 1734 bis 24. November 1804, vermählt mit einer Spanierin, Johanna Crahea (1741 bis 1793) – hatte sich große Verdienste um die Stadt erworben, indem er als Specialgesandter in London für den Schaden, den Münster durch das Bombardement im siebenjährigen Kriege erlitten hatte, eine Entschädigung erwirkte. Als Christoph Bernhard S. am 27. März 1801, der zweite Sohn von 8 Geschwistern, zur Welt kam, war der Vater – seit 1795 – Stadtrichter zu Warendorf. Unter der französischen Herrschaft wurde er als Procurator an den Appellhof nach Düsseldorf und 1815 als Oberlandesgerichtsrath nach Münster versetzt, wo sein Haus den Mittelpunkt eines angeregten geistigen Lebens bildete. Die Ueberlieferungen der Familie, ihre zahlreichen Verbindungen blieben auf den lebhaften Knaben nicht ohne Einfluß. Leider hatte er schon im neunten Jahre das Unglück, sich bei unvorsichtigem Spiel durch die Explosion einer mit Kalk und Wasser gefüllten Flasche eine schwere Verletzung der Augen zuzuziehen, aus der ein unheilbares Uebel sich entwickelte. Doch konnte er das Gymnasium und die Akademie zu Münster besuchen, sodann von 1821–23 auf der Universität Göttingen philologische und philosophische Studien betreiben. Nach der Rückkehr wünschte er eine Anstellung an dem Münsterschen Gymnasium, aber die Prüfung (1824) fiel so günstig aus, daß der RegierungscommissarBlieb er in solcher Weise mit den edelsten Geistern aller Zeiten und Völker in steter Gedankenverbindung, so trat auch in der Gegenwart manche bedeutende Erscheinung persönlich in den Kreis seines Wissens und Wirkens. Wenn man die Geschichte litterarischer Bestrebungen in Münster bis zu den Quellen verfolgt, so wird man immer von neuem auf den Minister v. Fürstenberg geführt, nicht zum wenigsten, weil er die Fürstin Gallitzin und den Grafen Fr. L. v. Stolberg nach Münster zog. Die Familie Stolberg, besonders die zweite Frau des Grafen, Sophie, geborene Gräfin Redern, und eine Tochter erster Ehe, die Gräfin Henriette v. Hardenberg, hatten sich mit der Schlüter’schen Familie befreundet. Beide Damen wandten dem jungen Gelehrten, der schon durch sein Leiden und die Art, wie er es ertrug, erhöhte Theilnahme erregte, ein herzliches Wohlwollen zu. Die alte Gräfin las mit ihm französische Zeitschriften; die Gräfin Hardenberg, welche zuweilen einen längeren Aufenthalt in dem Schlüter’schen Hause nahm und mehrere ihrer anonym erschienenen Schriften dort verfaßte, fand in dem christlichen Philosophen bald einen feinsinnigen Berather. Durch Vermittlung der Gräfin Sophie wurde er auch mit der Dichterin Luise Hensel bekannt, der Freundin Brentano’s, welche, nachdem sie zur katholischen Kirche übergetreten war, in der Stolberg’schen Familie eine Stelle als Erzieherin angenommen hatte. Als S. eines Tages im J. 1821 durch das Zimmer seiner Mutter ging, sah er neben ihr das ihm noch unbekannte Fräulein auf dem Sopha sitzen und hörte, wie sie lebhaft über Tieck, Novalis und Brentano sprach. S., damals noch unter dem Eindruck des classischen Gymnasialunterrichts und der Kantischen Philosophie, brachte der jungen Dichterin keine sehr günstige Stimmung entgegen, aber ihr bescheidenes, stets sich gleich bleibendes Wesen, [609] ihre große Einfachheit bei ungewöhnlichen Kenntnissen erregten seine Bewunderung, und in dem Maße, wie Leben und Denken sie inniger verband, erhöhte sich für ihn der Genuß, die wichtigsten Fragen der Religion und Philosophie mit ihr zu besprechen. Noch 56 Jahre später, als er die Briefe der Freundin, kurz nach ihrem Tode herausgab, bewahrte er jene erste Begegnung in lebhafter Erinnerung. Von noch weit höherer Bedeutung war Schlüter’s Verhältniß zu der großen Dichterin seiner Heimath und seines Vaterlandes, Annette v. Droste. Es bildet den Lichtpunkt seines Lebens, und in den Tagebüchern, die er selbst und sein Vater führten, können wir die Entstehung in allen Einzelheiten verfolgen. Schon im J. 1829 suchte die Freifrau v. Droste den Rath des Professors für die poetischen Arbeiten ihrer Tochter zu gewinnen, aber damals ohne Erfolg, weil ein schlecht vorgelesenes Jugendwerk Annettens, der „Walther“, auf den Hörer keinen günstigen Eindruck machte; erst fünf Jahre später vermittelte Werner v. Haxthausen (s. d. A.), eine Annäherung. Im Februar 1834 und in den folgenden Monaten werden in den Tagebüchern öftere Besuche Annettens, Vorträge von Gedichten und Liedern in dem Schlüter’schen Hause erwähnt. Am 14. Juli machte der Professor, begleitet von seiner treuen Schwester Therese, den ersten Besuch in Rüschhaus, und bald hatte sich die Bekanntschaft zu einer Freundschaft gesteigert, die sich jederzeit bewährt und das Grab überdauert hat. Annette fand in dem vielseitigen Gelehrten einen Mann, der in den Grundansichten mit ihr einig, das, was sie wollte und fühlte, verstehen, der von ihren Fragen manche beantworten, und in ihrem Wissen manche Lücke ausfüllen konnte. Dagegen war sie ihm wieder an schöpferischer Kraft, und sogar an Geschmack und kritischem Sinn überlegen, auch in der Freundschaft, wie es scheint, um einen Schritt voraus. S. hat Aufzeichnungen hinterlassen, in denen er sich schuld gibt, den Werth der neuen Freundin nicht gleich erfaßt und in der ganzen Bedeutung geschätzt zu haben; ihr Grübeln, ihr Verharren bei den Einzelheiten sei ihm seltsam, ja komisch vorgekommen, bis er sich überzeugt habe, daß diese Eigenthümlichkeit zu ihrem Wesen gehöre und eine Vorbedingung ihrer Dichtungen sei. Vielleicht dachte er bei diesen Worten noch mehr an religiöse als an litterarische Erörterungen. Als christlicher Philosoph war er zu fest bestimmten Ueberzeugungen gelangt, während Annette, im ganzen gleicher Ansicht, im einzelnen doch fort und fort von Zweifeln und Ungewißheit bedrängt wurde, welche S. dann mit der Ueberlegenheit eines Mannes, der mit sich selber einig ist, zu beseitigen suchte. So mag er sich in diesem Verhältniß zuweilen als der Gebende vorgekommen sein, aber sicher nicht in dem Maße, daß er nicht das, was ihm zu theil wurde, dankbar und freudig empfunden hätte. Dem Umstande, daß die Beiden selten an demselben Ort zusammenwohnten, verdanken wir eine große Anzahl von Briefen, so anmuthig, wie sie nicht häufig aus einer deutschen Feder hervorgegangen sind. Wenn man Annette mit Recht die Dichterin der Freundschaft nennt, so war S. der Mann, dem gegenüber dies edle Gefühl den vollkommensten Ausdruck fand; in dem Briefe vom 22. October 1835, der ihren Aufenthalt in der Schweiz bei ihrem Schwager Laßberg in Eppishausen schildert, wird man für alle Zeiten ein Pracht- und Meisterstück deutscher Briefschreibekunst bewundern dürfen. S. war es auch, der für die erste Sammlung der Gedichte 1838 einen Verleger fand; ihm und dem gleichgesinnten, dichterisch begabten Freunde Wilhelm Junkmann wurde bei der Auswahl und Aufnahme eine fast unbedingte Entscheidung überlassen. Freilich wurde dabei nicht immer das Richtige gewählt, und man wird nicht wohl in Abrede stellen können, daß der bald sich entwickelnde litterarische Verkehr zwischen Annette und Schücking (s. d. A.) für [610] die Dichterin ersprießlicher wurde als die nicht immer glücklichen Anregungen von Seiten Schlüter’s. Aber für eines ihrer reifsten und edelsten Werke, für den zweiten Teil des geistlichen Jahres war Schlüter’s Einfluß und der Gedanke, für ihn zu schreiben, von wesentlicher Bedeutung; ihm wurde auch die Herausgabe übertragen, als Annette im Vorgefühl ihrer herannahenden Auflösung im September 1846 von der westfälischen Heimath Abschied nahm.
Man würde nicht enden, wollte man alle nennen, denen Förderung, Trost, Belehrung in Schlüter’s Nähe zu theil wurde. Wie viele namhafte Persönlichkeiten der Wissenschaft und Kunst hat das stille, zurückliegende Haus am alten Steinweg zu kürzerem Besuche oder längerem Aufenthalte in sich aufgenommen! Aber ein bekannter Name war durchaus nicht Bedingung des Eintritts. Wer für das Schöne und Gute in Kunst und Litteratur Neigung oder gar Talent zeigte, war willkommen; besonders die Jugend des einen wie des anderen Geschlechts fühlte sich angezogen. Selbst aus der Ferne baten zuweilen ganz Fremde um Schlüter’s Rath. Ein schönes Beispiel geben die in jüngster Zeit (Deutscher Hausschatz XVI, 15) veröffentlichten Briefe Hamerling’s, der bei den Vorstudien zu seinem Gedicht, der König von Sion, Auskunft, und später bei Uebersendung des Werkes ein unverholenes Urtheil zu erhalten wünschte. Schlüter’s Erwiderung vom 23. December 1868 ist milde, anerkennend, aber doch rückhaltlos und freimüthig den „katholischen und conservativen“ Standpunkt betonend. Sein Brief und nicht weniger die Art, wie der Dichter Lob und Einwendungen entgegennimmt, bezeugen in anmuthiger Weise, daß Menschen, welche in Grundansichten des Lebens weit von einander abweichen, gleichwohl förderlich und freundlich mit einander verkehren können. „Ich achte nicht bloß Ihren Standpunkt – ich achte ihn hoch“, antwortet Hamerling am 22. Februar 1869. „Wahrhaft religiöse Gesinnung, vereinigt mit einem milden und vorurtheilslosen Eingehen auf fremde Anschauung, erscheint mir, ich möchte sagen, als der Gipfel echtester Humanität.“
So vergingen Jahre und Jahrzehnte in eifriger, ununterbrochener Thätigkeit. S. hatte das seltene, in seiner Lage doppelt werthvolle Glück, daß ihm beide Eltern bis zu den äußersten Grenzen des menschlichen Lebens, der Vater bis zum 91., die Mutter bis zum 89. Jahre erhalten blieben. Die größte Lücke entstand in dem häuslichen Kreise, als die einzige Schwester Therese, bis dahin die unzertrennliche Lebensgefährtin des Bruders, am 24. April 1855 dem langjährigen Freunde des Hauses, nunmehr Professor der Geschichte, W. Junkmann nach Breslau folgte. Auch die weite Entfernung konnte aber regen Verkehr und jährlich wiederholte Besuche nicht verhindern; als Vorleserin und treue Helferin stand dem allmählich ins Greisenalter tretenden Gelehrten Emilie Dehne zur Seite. Bis in die höchsten Jahre bewahrte S. frische Geisteskraft. Am 21. Januar 1884 hielt er seinen letzten akademischen Vortrag; drei Tage später befiel ihn ein Unwohlsein, und nach einem kurzen, nicht ganz schmerzlosen Todeskampfe verschied er am Nachmittag des 4. Februar.
S. war ein fruchtbarer Autor. Ein vollständiges Verzeichniß seiner Schriften würde den hier gestatteten Raum weit überschreiten. Seine Arbeiten auf philosophischem Gebiete: über Spinoza 1836, über Baader, Aristoteles, seine zahlreichen Aufsätze in der von ihm gegründeten Zeitschrift „Natur und Offenbarung“ sind von geistesverwandten Fachgenossen jederzeit hochgeschätzt worden. Nur die Ausgabe des „Scotus Erigena“ 1838 war ein verfehlter Versuch. Philologische Schärfe bildete für den des Augenlichts Beraubten eine unerfüllbare, nicht einmal gewürdigte Forderung. Er war eben Philosoph, gewohnt, die Dinge von oben und im ganzen zu betrachten; für historische Entwicklung und Auffassung fehlte ihm der rechte Sinn. Zu den philosophischen Schriften ließen auch die [611] Sonetten-Sammlungen: „Welt und Glauben“ 1844, „Schwert und Palme, ein Sonettenkranz, herausgegeben von J. Hertkens und Emilie Dehne“, 1886, sich rechnen. Man hat tiefe und geistvolle Gedanken darin hervorgehoben; aber die Form, deren Schwierigkeiten der Verfasser selten ganz überwindet, beeinträchtigt den Genuß für weitere Kreise. Bei seinen zahlreichen Uebersetzungen des Marcus Antonius Flaminius 1847, Angelinus Gazäus 1849, Luis Ponce de Leon 1853, Jacob Balde 1857, Jacopone da Todi 1864 kann schon die Hinweisung auf fernliegende, wenig beachtete Schätze der Poesie als Verdienst gelten. Ein weiterer Vortheil war, daß von seinen Mitarbeitern mehrere – es sei hier nur Professor Dr. Wilhelm Storck, der Uebersetzer des Camoens, genannt – zu selbständigen Arbeiten angeregt wurden. Die größte Wirkung hatten wohl die Veröffentlichungen, welche mit Schlüter’s eigenen Erlebnissen in Verbindung standen: Die Briefe, welche Luise Hensel an ihn gerichtet hatte, 1877, und weit vor allem die Sammlung der Briefe Annettens v. Droste an S. und Junkmann 1877 und 1880. Die beiden Freunde veröffentlichten auch 1851 zum ersten Male das „Geistliche Jahr“, S. zudem 1877 eine Sammlung von 24 Liedern der Dichterin, die zum Theil nach seiner Erinnerung – er war eifriger Musikfreund und spielte Harfe und Flöte – aufgezeichnet waren. Auch die Tagebücher der Fürstin Gallitzin gehören hierher, da die merkwürdige Frau in den Erinnerungen der Schlüter’schen Familie fortlebte. Fragt man aber, was ist geblieben aus diesem langen, arbeitsvollen Dasein? so darf man nicht die ins Auge fallenden Ergebnisse allein in Betracht ziehen. Auf tausend unscheinbaren, nicht zu verfolgenden Wegen, hat S. fruchtbare Keime ringsum verbreitet, und für nicht Wenige ist sein Beispiel Antrieb und Ermuthigung geworden. Das Beiwort „der Blinde“, das man noch jetzt seinem Namen vorzusetzen pflegt, hat er zu einem Ehrennamen gemacht, denn er zeigte, wie man das schwerste körperliche Gebrechen, wenn nicht überwinden, doch wenigstens ausgleichen, ja für die moralische Schätzung beinahe in einen Vorzug verwandeln kann.
- Quellen: Eigene Erinnerungen und Nachrichten von Seiten der Familie. – Schlüter’s Schriften. – Raßmann, Münsterländische Schriftsteller, 1866, S. 295. – Meine Biogr. Annettens v. Droste. Gotha 1890. – Histor.- polit. Blätter (J. Hertkens) XCV, 598 – Stimmen aus Maria Laach (Langhorst, Baumstark) XXII, 239; XXV, 492.