Empfohlene Zitierweise:

Artikel „Schlüsselburg, Konrad“ von Theodor Pyl in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 31 (1890), S. 606–607, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Schl%C3%BCsselburg,_Konrad&oldid=- (Version vom 25. April 2024, 13:32 Uhr UTC)
Allgemeine Deutsche Biographie
>>>enthalten in<<<
[[ADB:{{{VERWEIS}}}|{{{VERWEIS}}}]]
Band 31 (1890), S. 606–607 (Quelle).
[[| bei Wikisource]]
Konrad Schlüsselburg in der Wikipedia
Konrad Schlüsselburg in Wikidata
GND-Nummer 117330736
Datensatz, Rohdaten, Werke, Deutsche Biographie, weitere Angebote
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Kopiervorlage  
* {{ADB|31|606|607|Schlüsselburg, Konrad|Theodor Pyl|ADB:Schlüsselburg, Konrad}}    

{{Normdaten|TYP=p|GND=117330736}}    

Schlüsselburg: Konrad S., Superintendent in Stralsund und Anhänger der lutherischen Orthodoxie, am 8. April 1543 zu Oldendorf bei Rinteln als der Sohn des Amtmanns Heinrich S. geboren, besuchte die Schulen zu Paderborn und Braunschweig und gewann in letzterer Stadt schon damals (1563) durch den Einfluß der bekannten Theologen J. Mörlin und M. Chemnitz eine dauernde Begeisterung für die lutherische Orthodoxie. Infolge dessen nahm er bei seiner Uebersiedelung nach Wittenberg (1565–1567) großen Anstoß an der Lehre der dortigen Professoren, u. A. von Peucer, Cruciger und Pezel, welche die vermittelnden Ansichten Melanchthon’s vertraten, correspondirte darüber mit den Orthodoxen und sprach sich öffentlich tadelnd gegen andere Studirende aus. Da er auf diese Art bei den Wittenbergern übel angesehen war, versagte man ihm, sofern er seine Behauptungen nicht widerriefe, die Magisterpromotion, und verfügte, da er, statt sich zu unterwerfen, mit scharfen Worten opponirte (1568), gegen ihn und seinen Freund Albert Schirmer die Relegation, und bald darauf, da er sich in einer gedruckten Schrift in wenig gemäßigter Form vertheidigte, ein wirkliches Anathema. Die Vertriebenen begaben sich nach Jena, wo die lutherische Orthodoxie herrschte und wo er (1569) die Magisterwürde empfing. Als dann aber infolge von Peucer’s Beschwerde ein Theil der Jenaer Professoren wegen ihrer Streitigkeiten mit den Wittenbergern die Entlassung erhielt, begleitete S. den Professor Joh. Wigand nach Königsberg, wo man ihm (1574) ein Pfarramt übertrug, durch welches ihm möglich wurde, sich mit Wigand’s Schwägerin, Anna Dresser, einer Großnichte Luther’s, zu verheirathen. Sein Eifer für die Orthodoxie verleitete ihn jedoch auch hier, in so heftiger Weise gegen Heshusius, den Bischof von Samland, zu polemisiren, daß dieser (1577) nach Lübeck und von da zu einer Professur in Helmstedt übersiedelte, hatte aber zugleich die Folge, daß der preußische Regent, Markgraf Georg Friedrich (1579), ihn seines Amtes entsetzte, umsomehr, als S. auch mit der Universität in Zwist gerathen war. Obwol die Gemeinde und der Rath sich für ihn verwandten, blieb der Befehl in Kraft, so daß S. nach Mecklenburg ging, wo er in Rostock (1580) Vorlesungen in der philosophischen Facultät über Melanchthon’s Rhetorik hielt; dann folgte er, nach kurzer Verwaltung eines Pfarramtes (1581) in Antwerpen, 1582 einem Rufe des mecklenburger Herzogs Christoph als Hofprediger in Gadebusch, wirkte (1583) als Pastor an der Marienkirche in Wismar, und (1590) als Superintendent des Stiftes Ratzeburg. In dieser Zeit erlangte sein Freund Dav. Chyträus in Rostock (1586) für ihn auch die Zurücknahme des Anathemas der Universität Wittenberg. Der Tod des Herzogs, sowie manche andere Anfeindungen bewogen ihn dann endlich (1594) das Oberpfarramt der Nicolaikirche in Stralsund anzunehmen, während ihm die Universität Jena zugleich die theologische Doctorwürde verlieh. Auf diese Art wurde er in den Streit verwickelt, welcher zwischen Stralsund und den pommerschen Herzogen bestand, welche die Vocation, Ordination und Institution der oberen Pfarrämter für ihre pommerschen Generalsuperintendenten in Anspruch nahmen, während die Stadt ihre Rechte wahrte, aber Scheines halber S. nicht zum Superintendenten, sondern Pastor primarius ernannte, obwol factisch beide Würden als identisch galten. Auch sonst erlebte S. in Stralsund noch manche Unruhen, jedoch weniger dogmatischer, als amtlicher und persönlicher Art, u. a. bei dem Verfassungsstreit von 1595, über die Berufung von Tabbert (1596), bei Bm. Sastrow’s zweiter Heirath (1598) und endlich bei dem vieljährigen Zwist der Stadt mit Herzog Philipp Julius (1612–1616). Bei diesem vermittelte S. und die Geistlichkeit, auch wurde im Erbvertrag bestimmt, daß die Vocation der Prediger der Stadt verblieb, Ordination und Institution aber vom Generalsuperintendenten vollzogen werden sollten. Nachdem S. dann noch [607] die Kirchenvisitation gehalten und (1618) eine Consistorialordnung verfaßt hatte, starb er, allgemein geachtet und betrauert am 5. October 1619.

Mohnike, Kirch. u. Litt.-histor. Stud., 1825, H. 2. – Sastrows L. I, LXXXV. – Tamms, K. Schlüsselburg. Festschr. z. Schwings u. Brandenburgs Jubil. I, II, 1855–1858, wo S. 62 seine Schriften aufgezählt sind.