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Artikel „Rost, Alexander“ von Gustav Lämmerhirt in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 53 (1907), S. 522–524, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Rost,_Alexander&oldid=- (Version vom 25. November 2024, 14:16 Uhr UTC)
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Rost: Alexander, dramatischer Volksdichter, ist geboren am 22. März 1816 zu Weimar. Die Stadt, in der Schiller einst den Ideen der Vaterlandsliebe, [523] des Rechts und der Freiheit seine Worte geliehen, das Thüringerland und seine Waldluft, „die ich muß athmen, wenn ich leben soll“, sie haben ihn erzogen. Doch war es seine Absicht anfangs ganz und gar nicht, der Kunst allein zu leben. Der Vater war Staatsbeamter (Kammerrevisor), den gleichen Lebensberuf sollte der Sohn ergreifen. Deshalb ging er Ostern 1836 nach Jena, woher seine Mutter, eine geborene Trillhof, stammte, zum juristischen Studium und schloß dieses auch regelrecht mit dem Staatsexamen ab, das ihm die Befähigung gab, später, während der ersten Hälfte der vierziger Jahre, an mehreren Justizämtern und dem obersten weimarischen Landesjustizcollegium thätig zu sein. Freilich: das Brotstudium füllte seine Seele nicht aus. In Jena hörte er auch die geschichtlichen Vorlesungen des alten Heinrich Luden und genoß die Freundschaft und dichterische Unterweisung des bekannten Improvisators O. L. B. Wolff. Er hegte schon damals dramatische Pläne und entwarf drüben sein erstes Stück, das „romantische Volksbild“ „Kaiser Rudolf in Worms oder der deutsche König und die deutsche Maid“. Dem jungen, kaum nach Weimar zurückgekehrten Rechtscandidaten brachte dieses Schauspiel bei seiner ersten Aufführung auf der Hofbühne am 17. April 1841 einen guten Erfolg, der hauptsächlich allerdings von der Begeisterung der Commilitonen getragen wurde. Einen düsteren Stoff behandelt das sechs Jahre später vollendete Werk „Landgraf Friedrich mit der gebissenen Wange“ (zuerst aufgeführt in Leipzig am 17. September 1847, in Weimar am 2. Januar 1848), dessen Titelrolle seiner Zeit von Emil Devrient gern gespielt wurde. Der große Eindruck dieses Stückes auf das Publicum verleitete den Dichter, sich für sein ferneres Leben vom Zwange der Tagesarbeit frei zu machen. Er verließ den Staatsdienst und widmete sich nun ganz der Pflege seines großen Talents. Zweifellos war dies ein Fehler. Denn, wollen wir auch annehmen, daß Freund Träger Recht hat, wenn er von unserm R. sagt, „er zählt der Anlage nach unter unsere bedeutendsten dramatischen Dichter und wird an theatralischem Instinkt und Sicherheit der Bühnenwirkung von keinem der Heutigen (1874) übertroffen, so mußte doch die durch diesen Schritt unsicher werdende Lebenshaltung des Dichters Bethätigung gerade hemmen, statt sie zu fördern. Die Zahl seiner Werke ist darum auch, trotz der von Nahestehenden an ihm gerühmten Leichtigkeit des Schaffens, eine verhältnißmäßig kleine geblieben. Auf den Landgrafen Friedrich folgte „das Regiment Madlo“ (1857) aus der letzten Zeit des dreißigjährigen Krieges, mit dem die großen weimarischen Schauspielernamen Eduard Genast und Otto Lehfeld in der Erinnerung verbunden sind. Dann erschien 1860 „Ludwig der Eiserne oder das Wundermädchen aus der Ruhl“. Ueber den Gegenstand dieser Dichtung brauche ich nichts zu sagen: wer kennt nicht die Sage vom hartgeschmiedeten Landgrafen! Der Dichter kommt darin unstreitig seinem Volke am nächsten und hat zugleich Momente höchster Kunst. „Die erste Begegnung Ludwig’s mit Walpurgis in der mitternächtigen, mondbeleuchteten Waldschlucht braucht den Vergleich mit Shakespeare’s berühmtesten Liebesscenen nicht zu scheuen.“ Ende der fünfziger Jahrs schrieb R. auf Franz Dingelstedt’s Anregung das bayrische Volksstück „Die letzte Hexe“ von Martin Schleich in thüringischen Dialekt um und bürgerte es dadurch in Weimar ein. Weniger glücklich war er mit dem 1864 herausgekommenen „Berthold Schwarz oder die deutschen Erfinder.“ Es heißt denn doch der Geschichte zu sehr Gewalt anthun, wenn man, wie es da geschieht, Schwarz und Gutenberg, den Meister der Buchdruckerkunst, in Freundschaft verbunden gleichzeitig handelnd auf die Bühne bringt. Der Vollständigkeit wegen sei auch ein Operntext „Der Held des Nordens“ erwähnt, den Götze 1867 in Musik setzte. Rost’s letzte große Leistung war „Der ungläubige Thomas“, [524] ein Charaktergemälde, in dessen Mittelpunkt der berühmte, von der orthodoxen Theologie seiner Zeit angefeindete Leipziger Rechtslehrer und Reformer Christian Thomasius steht. Dies Drama wurde zuerst in Leipzig, dann in Weimar am 23. Juni 1872 aufgeführt. Zu der Zeit, als R. sich mit diesem Stoffe trug, war er dem Ende seines Lebens schon nahe. Seit langem lastete die Sorge um seine Familie, um einen kranken Bruder, um die alte Mutter allzuschwer auf dem gänzlich geschäftsunkundigen und niemals auf äußeren Vortheil bedachten Manne. Dazu hatte sich schon frühzeitig ein Gichtleiden gesellt und alte Weimaraner wollen wissen, der Dichter sei daran selbst nicht ganz ohne Schuld gewesen. Noch spät, nach dem Tode seiner Mutter, reichte ihm ein viel jüngeres Mädchen, Henriette Walther in Weimar, die Hand. Diese konnte aber nicht viel mehr noch für ihn thun, als ihm durch sorgliche Pflege seine Schmerzen erträglich machen. R. starb am 15. Mai 1875; ein einfaches Grabmal aus Sandstein in gothischem Stil bezeichnet seine Ruhestätte auf dem weimarischen Friedhofe. – Rost’s „Dramatische Dichtungen“ erschienen zu Weimar 1867–68 in sechs Theilen, „Der ungläubige Thomas“ zu Leipzig 1875, „Die letzte Hexe“ ist ungedruckt.

Vgl. Albert Träger, Ein Thüringer Dichter, „Gartenlaube“ 1874, S. 622–624, mit Bildniß. – Weimarische Tageszeitungen.