ADB:Berthold (Erfinder des Schießpulvers)

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Artikel „Schwarz, Berthold“ von Franz Maria Feldhaus in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 55 (1910), S. 617–619, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Berthold_(Erfinder_des_Schie%C3%9Fpulvers)&oldid=- (Version vom 24. November 2024, 22:15 Uhr UTC)
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Schwarz **): Berthold Sch. – Dieser Berthold Schwarz oder der „schwarze Berthold“, der immer noch als Erfinder des Schießpulvers in der Litteratur vorkommt, hat im J. 1853 ein Standbild in Freiburg i. B. erhalten und wurde von Hansjakob (Der schwarze Berthold, Freiburg 1891) neuerdings wieder zu retten versucht. Da man unter den vielen deutschen Erfindern diesen Mönch noch lange nennen wird, so mag das wenige Bekannte hier zur Vermeidung weiterer Irrthümer über seine Person zusammengestellt werden.

[618] Das Handbuch der Büchsenmeister war eine von einem Unbekannten um 1410 oder kurz hernach verfaßte Schrift, die, ohne Titelüberschrift beginnend, als „Fürwerkbuch“ bezeichnet wird. Was der Feuerwerker wissen muß, wird in zwölf Fragen abgehandelt. Die davon noch vorhandenen Handschriften sind zahlreich. Zu den ältesten Exemplaren dürfte die Handschrift Nr. 1481 a des Germanischen Museums in Nürnberg zählen. Dort heißt es auf Blatt 33 r:

„Dise kunst hat ein Maister gefunden. Der hieß maister perchtold vnd ist gebesen ain maister in artibus vnd ist gebesen ein meister vnd ist auch mit großer alchymy vmbgegangen sunder als di selben maister mitt großen kunstleichen hoffleichen sachen vmbgeen mit silber mit gold nitt [lies: mit] den siben metallen also das die selben maister gold vnd silber von den andern geschmeyden geschaident kunnent vnd von kostlichen varben so sie machent // Also woltt der selb maister perchtold ein gold varb brennen zw [lies: zu] derselben varb gehörtt salpeter sbeuel bley vnd Oell vnd weiln er die stukch in Einen dickchen kupfferen haffen prachtt / vnd er den hafen woll vermachtt als man auch tun muß / In vber das fewr tett / vnd so er begundt erbarmem / so zerbrach der hafen albeg zu gar klainen stückchlein …“

Also ein Magister der freien Künste, Namens Berthold, der Alchemie trieb, fand eine explosible Salpetermischung und that sie in einen kupfernen Mörser, der zersprang. Zeit und Ort werden nicht genannt. Man scheint damals – meines Wissens bin ich der erste, der darauf hinwies – von diesem Meister Berthold noch eine hinterlassene Schrift gekannt zu haben, denn es heißt in einem Manuscript der Berliner kgl. Bibliothek (anhängend an Incunabel 10 177 a) auf Blatt 5 v:

„Es schribet maister berchtold
Das salpeter sy mit gewalt …“

Daß er lange daran probirt hat, sagt eine Handschrift von etwa 1435 (Kunstsammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses in Wien, alte Signatur: „cod. 52“, neue Signatur „cod. 5135“; Blatt 4 v). Nachdem der Vorgang, wie bekannt, geschildert, heißt es:

„Daraus wolt er eysnen chugel schießen
Zu dem zweg nam er saliter vnd swebl vil
Er west nicht recht des endes zil
also pessert er die chunst von tag zu tag
mit der mensur vnd mit der wag …“

Noch aus vielen Handschriften könnte man Stellen anführen, die die Bereitung der Goldfarbe, daraus die Entdeckung der Explosionskraft der salpeterhaltigen Mischung und im weiteren die Erfindung der Büchsenkunst durch den Alchemisten „Meister Berthold“ erzählen, doch nirgends etwas Genaueres, nichts von seiner Heimath, seiner Stadt, kein Wort, daß er im Orden gewesen, am wenigsten, wann er gelebt.

Hier setzt eine Handschrift des Berliner Zeughauses ein (cod. 4). Nach einer Notiz auf der zweiten Seite scheint sie auf ein 1444 verfaßtes Vorbild zurückzugehen. Nach der Schlußschrift auf dem 49. Blatt ist ihr Verfasser „Frantz Helm vonn Kolnn am Rrinn Schlosser puchsenmaister vnnd feur werckher“ … Von Helm kennen wir noch andere Werke, besonders ein interessantes Buch über Lustfeuerwerkerei. Helm schrieb um 1527 bis 1535 in Landshut. Seine Berliner Zeughaushandschrift beginnt: „Item hir ist zu wissen wer dz puluer vnd dz geschitz erdacht vnd erfunden hat, der ist gewessen ain Bernhardinerminch mit namen Bartoldus nigersten“, nun folgt der Goldfarbversuch: [619] „Da man zelt 1380 Jar.“ In der 17. Zeile heißt es dann: „… Der bartoldus nigger ist vonn wegen der kunst die er erfunden vnd erdacht hat gerichtet worden vom leben zum todt Im 1388. Jar.“

Wir können also den Meister Berthold, den am Anfang des 15. Jahrhunderts so viele Pulvermacher kennen, schwerlich wegleugnen. Da frühere Datirungen (1250, 1313, 1353, 1354) sich als fasch erwiesen haben, schlage ich vor, wir halten uns vorerst an die Worte jener Fachleute, der Büchsenmacher und Pulvermacher, also auch an Helm. Dann bekämen wir einen Alchemisten Berthold, genannt der schwarze, vom Orden des hl. Bernhard, der um 1380 ein wirksames Schießpulver entdeckte und über seine Entdeckung und deren Verwendung zum Büchsenwerk eine Schrift abfaßte, den endlich aber das Schicksal so manches gelehrten Ordensbruders, die Todesstrafe wegen Zauberei, ereilte. Berthold war eben, wie Watt nach Papin für die Dampfmaschine, Liebig nach Pettenkofer für den Fleischextract, Mège-Mourriez nach Anderen für die Kunstbutter, der Reformator, der Mann der Verwirklichung in brauchbarer Form. Der Ausgleich, den ich hier schaffe, ist doch wohl annehmbarer, wie all die Versuche ohne Beweise, den Meister vor die ersten Daten von Geschützen zu schieben.

Nun zu meiner Annahme einer Wiedererfindung auch noch ein Pergament, beschrieben und beprägt. In einer Berliner Handschrift von 1540 fand ich die merkwürdige Stelle zuerst, dann zeigte sich, daß sie in dem Frankfurter „rust vnd fuerwerck-buych“ von 1490 wörtlich so steht (Blatt 23): „… de konst hait fonden eyn meister gnt [lies: genannt] nyger bertoldus vnd ist gewest eyn nygramaticus …“, nun wird erzählt, wie er ein „golt fuer brennen wollte“, die Explosion erlebte und Büchsen machte, „vnd so ist de kunst nüsint ganz ernuwett gesucht vnd fonden worden“. Also „neu“ ist die Kunst, ist „ganz erneut gesucht und gefunden worden“, und sie hat gefunden Meister Berthold der Schwarze.

Als Quellen benutzte ich die verschiedenen Handschriften des 15. und 16. Jahrhunderts und habe das gesammte Material veröffentlicht in: Zeitschrift für historische Waffenkunde, 1906, S. 65–69, 113–118.

[617] **) Zu Bd. LIV, S. 278.