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Artikel „Ortelius, Abraham“ von Friedrich Ratzel in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 24 (1887), S. 428–433, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Ortelius,_Abraham&oldid=- (Version vom 21. November 2024, 19:40 Uhr UTC)
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Ortelius: Abraham O. (auch Oertel und Ortels), Kartograph, Geograph und Archäolog, geb. am 4. April 1527 zu Antwerpen, † ebendaselbst am 28. Juni 1598 an der Wassersucht. Ortelius’ Großvater war aus Augsburg eingewandert (in einer Widmung an Jacob Monarius nennt sich O. „Belgo-Germanus“), sein Vater Leonhard O. war ein wohlhabender Kaufmann und auch Abraham war trotz seiner wissenschaftlichen Neigungen gezwungen, sich einige Zeit dem Handelsstande zu widmen und besuchte in jungen Jahren häufig die Frankfurter Messen. Indessen war seine Erziehung von Anfang mehr eine gelehrte als für das Geschäft des Lebens bestimmte. Sein Vater, der selbst lateinisch und griechisch verstand, unterrichtete ihn hierin und außerdem scheint O. in der Mathematik rasche Fortschritte gemacht zu haben. Wir wissen nichts über seine weitere Ausbildung nach dem Tode des Vaters, der schon 1535 stattfand. Erst in vorgerückten Jahren begann O. seine für jene Zeit ausgedehnten [429] Reisen zu Zwecken des wissenschaftlichen Verkehres und des Studiums. Er bereiste in Gesellschaft des gleich ihm gelehrten Kaufmanms Vivian aus Valenciennes und eines gewissen Scoliers aus Antwerpen 1575 die Mosel- und Rheingegenden bis Mainz, 1577 besuchte er in Gesellschaft eines Verwandten, Emanuel Demetrius aus Antwerpen England und Irland. Italien, das er schon zweimal besucht, bereiste er 1578 zum dritten Mal in Begleitung des Antwerpener Malers Georg Hoffnagl (oder Houvnagl), welcher auch zu den Mitarbeitern am Ortelius’schen Atlas gehört. Nach Antwerpen zurückgekehrt, widmete sich O. mit vermehrtem Eifer seinen geographischen und archäologischen Arbeiten. 1579 und 80 veröffentlichte er Nachträge zum Atlas, die denselben über alle zeitgenössischen Arbeiten ähnlicher Art weit erhoben. Er schrieb den „Thesaurus geographicus“, gab einige Werke zur alten Geschichte und Münzkunde heraus und führte in stetem Verkehr mit den Gelehrten der Stadt und des Auslandes, inmitten seiner museenartigen Sammlungen das Leben eines Fürsten der Wissenschaft. „In seinem Hause besaß er, wie der Biograph von 1603 meldet, Bilder, Statuen, griechische und römische Münzen, Muscheln aus Indien und von den Antipoden, Marmor aller Farben. Seine Bücherei war mit Büchern aller Art trefflich ausgestattet, und nicht mit Unrecht würde man sie „omnis politioris litteraturae officinam“ genannt haben, nach der wie zu einem Lyceum peripateticum oder einer platonischen Akademie die Besucher von allen Seiten kamen“. Aus der Erwägung, daß die Geographie zum Verständniß der Geschichte („Historiae oculus“) unentbehrlich sei, ging der „Thesaurus Orbis Terrarum“, der erste große Atlas des 16. Jahrhunderts hervor. Bis dahin waren geographische Karten ein Luxus gewesen. In handlicher Form sie dem Gebrauche Vieler zugänglich zu machen, war einer der Zwecke dieser Unternehmung. O. sammelte Karten aller Länder und Zeiten und sein vorgedrucktes Quellenverzeichniß, welches allmählich bis auf 183 Autoren vermehrt, in den posthumen Ausgaben aber nicht über 1595 hinaus fortgeführt wurde, gehört zu den werthvollen Quellen der Geschichte der Kartographie im 16. Jahrhundert. Gute Karten ließ er ohne andere Aenderung, als diejenige, welche die Gleichartigkeit bedingte, nachstechen und gab getreulich ihre Autoren an. Mit minder gutem Material und namenlosen Karten verfuhr er summarischer. Sich selbst erkannte er nur die Rolle des Sammlers und Ordners zu. Unedirte Karten sind öfters benützt. Wo O. aus eigener Erfahrung die Unzuverlässigkeit einer Karte wahrgenommen, verbesserte er sie. Er fand z. B. daß die niederländische Karte das Zurücktreten des Meeres bei Waterfliet (Seeland) nicht verzeichnete und trug nach eigenen Erkundigungen dieses nach. Am meisten änderte er aber durch Einsetzung der alten, besonders der lateinischen Namen. Auf Lesbarkeit der Schrift legte er den größten Werth. Die Arbeit fand schon vor dem Erscheinen das Lob des besten Beurtheilers kartographischer Leistungen jener Zeit, G. Mercator’s, der in einem den späteren Ausgaben vorgedruckten Brief d. Duisburg 22. November 1570 die Vorzüge dieses Atlas treffend charakterisirt. Mit Sorgfalt ist der kurze Text behandelt, welcher der Vorderseite jeder Karte vorgedruckt ist und in welchem besonders die wichtigeren Quellen für jedes einzelne Land angegeben werden. O. ist darin so gewissenhaft, daß er z. B. bei Istrien angibt, es sei im allgemeinen nach einer Karte des Lazius bearbeitet, der untere Theil aber nach anderen Quellen. Jede Ausgabe erhält Verbesserungen. Aventins Karte von Baiern in der ersten Ausgabe wird bald durch ein Blatt nach Philipp Apian ersetzt. Aus der ersten Ausgabe ist z. B. die Hirsvogel’sche Karte des Drau- und Saugebietes in die späteren nur mit Entschuldigung wieder aufgenommen, da sie wenigstens theilweise durch eine bessere des Sambucus (Illyricum) ersetzt werden konnte. [430] Ebenso hat Sambucus eine neue Karte Ungarns zu der älteren hinzugefügt. Die neuesten Publicationen sind jederzeit berücksichtigt. Die Ausgabe von 1575 bringt z. B. bereits Würtemberg nach Gardner’s[WS 1] Karte von 1575. In der vermehrten Ausgabe von 1579 sind sehr viele Ortsnamen in den jeder Karte vorgedruckten Beschreibungen verbessert, wie besonders Blatt 25 (Germania inferior) deutlich zeigt. Aus den 70 Karten der verschiedenen Ausgaben die von 1570 bis 1576 erschienen, sind in der verbesserten Ausgake von 1579 93 geworden, von denen 2 speciell dem O. zuzuschreiben sind, nämlich die Reisen des hl. Paulus, das Römische Reich und Graecia vetus. Die übrigen stellen weitere Theile der neuen Welt, Deutschlands, Frankreichs, der Niederlande und Italiens dar. Unter dem gemeinsamen Titel „Additamentum Theatri Orbis Terrarum“ erschienen sie 1580 ohne Angabe des Verlegers mit einer auf den Titel gedruckten Vorbemerkung, welche ihre Herausgabe als eine Erleichterung des Erwerbs der ganzen Sammlung für die Besitzer des ursprünglichen Atlas hervorhebt. Schon 1584 erschien ein weiteres Additamentum mit ähnlicher Vorbemerkung ebenfalls ohne Nennung des Verlegers, aber mit einem Lobgedicht des Nathan Chythräus „In Abrahami Ortelii diligentiam invictam“. Die Titelblätter beider Supplemente enthalten auffallende Versehen in den Kartenverzeichnissen (Hispania Peruviana statt H. nova, Cyprus statt Candia). Auch diese Sammlung enthält 23 neue Karten, darunter Erhard Reich’s Karte der Oberpfalz, Caspar Henneberg’s Preußen, und von des Ortelius Hand historische Karten des alten Aegypten, Belgium, Italia, das heilige Land u. a. Die letzteren zeigen, wie O. sich immer mehr der historischen Geographie zuwandte und noch mehr erkennt man dies aus den Commentaren der Karten, die bei den historischen mit viel Gelehrsamkeit verfaßt sind. Doch enthalten spätere Ausgaben, u. a. eine Karte von America mit dem Beisatz Ab O. del. et excud. 1587, eine Karte des stillen Oceans von 1589, einem Antwerpener Patricier gewidmet, auf welcher u. a. Jesuitenmaterial verarbeitet und Neuguinea besser als früher gezeichnet ist, eine Karte von Lothringen, mit A. O. excud., Verkleinerungen der Karte des Artois von Surhon und derjenigen Flanderns von Mercator, dann eine Karte Fessae et Marocchi Regnum. In der posthumen Ausgabe von 1603 befinden sich 38 historische Karten und historische Landschaften, von welchen 29 die Signatur des O. und zwar mit Jahreszahlen von 1584–98 tragen. Die aus dem Todesjahre stammende Karte ist „Argonautica“, für welche Justus Lipsius in einem noch erhaltenen Briefe vom März 1598 dem O. dankt, in dem er aber zugleich dessen Krankheit beklagt. Einige Blätter hat O. überarbeitet, wenige, unter denen Tileman Stella’s Palästina zu nennen, sind ganz von fremder Hand. Es ist schwer, die Anfänge und das Fortschreiten dieser bis zu ihrer Zeit unerreichten Sammlung ganz genau der Zeit nach zu bestimmen. Wahrscheinlich sind einzelne Karten für sich in den Handel gebracht und dem Atlas erst später einverleibt worden. Das Privileg des Königs von Spanien ist 1569 und 1579, das des Kaisers Maximilian II. 1575, des K. Rudolf 1576, die Vorrede Ortelius’ 1570, Mercator’s vorgedruckter Brief 1570 (derselbe durch Druckfehler in der frühesten Ausgabe 1560) datirt. Humfred Lhuyd’s Karte von Anglia ist mit 1573 bezeichnet und im Quellenverzeichniß heißt es von dessen Karten: „Hoc nostro Theatro hoc anno 1573 publicata“. Um das Verdienst dieses großen Werkes des O. zu würdigen, muß man sich erinnern, daß dem Bedarfe nach Kartensammlungen bisher nur kleine Atlanten mit wenigen, nach spärlichen Quellen vielfach irrthümlich gezeichneten Karten entgegengekommen waren. Die verbreiteten venetianischen Pergamentatlanten in kl. 4°, Werke wie die des Schweizer und ähnliche oder die Holzschnittkarten in Seb. Münster’s Kosmographey dienen nur dem raschen Ueberblick, die Karten der modernen Geographie in den Ptolemäusausgaben stellen nur ein Anhängsel der [431] immer nach altem Muster wiederholten angeblichen Ptolemäuskarten dar. Werke wie Apian’s Baiern und Mercator’s Flandern endlich waren zu kostspielig und zu schwer zu erlangen. So schuf denn O. zum ersten Male einen möglichst guten, großen Atlas, der beim Aufsuchen auch kleinerer Orte und bei Wegschätzungen zu benützen war, besonders aber dem historischen Studium dienen sollte. Wir wissen aus Nachrichten der Zeitgenossen, wie die einzelnen Karten sich gerade dafür nützlich zeigten. Guicciardini’s Lob des neuen Gedankens, die ganze Welt in einziges Buch zu fassen, war sehr begründet und wurde von Vielen wiederholt. In einem Briefe von Non. Jul. 1587 ermahnt Justus Lipsius seinen gelehrten Freund, indem er ihm für Hispania vetus dankt, nun auch Gallia so auszuführen, wie er Germania schon gegeben, denn er könne diese Karten bei seinen Vorlesungen über Livius und den punischen Krieg so gut brauchen. In den späteren Ausgaben tritt gerade der gelehrte Zweck immer deutlicher hervor, während im Anfang die praktischen Ziele überwogen und auch das geschäftliche Interesse an dem Auflage um Auflage erlebenden kostbaren Werk allem Anschein nach bestimmender gewesen war, als später. In der ersten Ausgabe sind von 70 Karten 57 den einzelnen Ländern des modernen Europa gewidmet, nur 3 sind historische Blätter, in der letzten ist die Zahl der letztern auf 38 gestiegen. Die Gelehrsamkeit hatte früher O. nicht abgehalten, dem praktischen Bedürfniß gerecht zu werden. Indem er als Abtheilungen der Picardie Vermandois, Retelois, Tartenois und Tirascha anführt (auf der Karte von 1579) sagt er: malo his incolarum vernaculis vocabulis uti, quam nova latina facere. Häufig sind Privatmittheilungen aus dem ausgedehnten Verkehre eingestreut, den O. mit Gelehrten seiner Zeit unterhielt. So in der Erläuterung der Karte von Braunschweig und Lüneburg ein Brief des R. Trethag d. 1580 aus Halberstadt über den Rattenfänger von Hameln. Dieser Verkehr war ein lebhafter und O. scheint nicht nur seine humanistischen sondern auch die geistlichen Freunde für die geographischen Zwecke herangezogen zu haben. Zu diesen Freunden gehörte auch der Beschreiber Congo’s, Pigafetta, dessen Karte von Congo verkleinert reproducirt ward (1595?). Einzelne Karten sind vorzügliche Arbeiten, welche nicht nur den historischen Werth des Werkes theilen, sondern die noch lange nach ihrem Erscheinen die Worte d’Anville’s rechtfertigten: „Dieser Atlas umschließt einige Karten, welche bis heute die Kartographen mit Vortheil hätten benützen können und deren Vernachlässigung das Material, dessen man sich bedienen konnte, lückenhaft bleiben ließ“. Daß indessen das Werk nicht ohne Schwächen, ergibt sich schon daraus, daß O. nicht in dem Sinne wie sein Zeitgenosse Mercator selbst Kartograph war. Diese Schwächen liegen zunächst in der Unzulänglichkeit des Materials, dessen Qualität O. nicht in allen Fällen sicher zu beurtheilen vermochte. Besonders wo die Karten sich decken, wie Baiern nach Apian und Tirol nach Lazius, tritt die compilatorische Natur des Werkes unangenehm hervor, denn hier sind die Voralpenregionen um Vieles schlechter gegeben als dort, selbst große Objecte wie die Seen, differiren außerordentlich. Um indessen die Stellung des Ortelius’schen „Theatrum“ in der Geschichte der Erdkunde mit Gerechtigkeit zu bestimmen, muß man sich erinnern, daß O. und Mercator zwei verschiedene Seiten der Geographie im 16. Jahrhundert vertreten. Beide schreiten fort, schaffen Neues, Gutes, aber in verschiedener Richtungen. O. bildet die alte Geographie fort, Mercator hilft den Boden der neuen sichern, der gewonnen werden mußte, nachdem der alte beschränkte Raum der alten Welt und die Welt der Alten verlassen worden war. Ortelius’ Atlanten sind die dem modernen Bedürfnisse angepaßten wesentlich bereicherten ptolemäischen Kartensammlungen, die des Mercator sind Neuschöpfungen, wie das erweiterte Wissen auf neuer Grundlage sie verlangte. Die Bedeutung, welche Mercator für die Kartenentwurfslehre [432] hat, darf O. für die Ausbildung der historischen Kartographie und Geographie beanspruchen. Aber wie jeder Fortschritt in der Methode wirksamer und dauerhafter als der Fortschritt in der Anwendung, so ist auch des O. Werk früher veraltet als das des Mercator. Des W. Blaeuw zu beiden Atlanten 1631 herausgegebene Zusätze folgen schon viel mehr den Wegen des Mercator als des O., wiewohl dieser Kartograph beide auf Eine Linie stellt. Bezeichnend für des Ortelius Stellung ist auch, daß er auf das Weltbild und die Karten der neuen Welt viel weniger Aufmerksamkeit verwandte als Mercator. Er gehörte eben geistig mehr als dieser der alten Welt an. Während sein „Novus Orbis“ unverändert durch die Auflagen durchging, brachten die letzten von den 38 historischen Karten, die im „Parergon“ des „Theatrum Orbis Terrarum“ enthalten sind, das Thal Tempe, die antiochische Vorstadt Daphne und den Escurial gleichsam als historische Landschaften, letzteren zugleich als Weltwunder der neuen Zeit. Den Atlanten des O. sind entweder „Synonymia locorum Geographicorum“ oder „Nomenclator Ptolemaicus“, ferner ein Brief von Ortelius’ wallisischem Freund Humfred Lhuyd aus Denbigh „De Mona Druidum Insula“ d. 1568 angehängt. Der „Nomenclator“ scheint 1579 zuerst erschienen zu sein und die „Synonymia“ später verdrängt zu haben. Die „Synonymia“ führen auf eine Zusammenstellung zurück, welche Arnold Mylius im Auftrag des O. für die erste Ausgabe des Atlas machte. O. arbeitete sie 1573 um und gab sie 1579 als besonderes Werk heraus. Nach erneuerter Umarbeitung erschien es 1587 als „Thesaurus geographicus“ und ist in dieser Form 1596 noch einmal und in verkleinertem Nachdruck 1611 zu Hanau erschienen. Als „Parergon sive Veteris Geographiae aliquot Tabulae“ erschienen auf Bitten der Freunde dem Theatrum angeschlossen, in dessen letzter Ausgabe die 38 historischen Karten, welche dann später vielfach als besonderes Werk veröffentlicht wurden. Von allen Werken des O. haben diese lexikalischen wohl am längsten der Wissenschaft gedient, auch wenn sie keine Erneuerung erfuhren, wie Joh. Moretus sie dem „Parergon“ in der Ausgabe von 1624 angedeihen ließ. Ein Lexikon der alten Geographie, wie der „Thesaurus“ es bot, wurde im ganzen 17. Jahrhundert nicht herausgegeben. Die „Annotationes des Holstenius“, welche 1666 erschienen, behandeln es als ein vollkommen actuelles Werk, während die Atlanten der neueren Geographie, welche Mercator, Hondius, die Blaeul, Janson u. A. herausgaben, das „Theatrum“ rascher zurückdrängten, welches denn dem Anschein nach sogar ein gelehrter Geograph des 17. Jahrhunderts, wie Becmanus nicht mehr aus Autopsie kannte, da er von ihm sagt: circa finem seculi edidit O. „Theatrum“, librum valde doctum. – 1584 veröffentlichte O. seine mit Johannes Vivianus aus Valenciennes durch einen Theil Belgiens und der Rheinlande bis Frankfurt unternommene antiquarische Reise in Form eines von 1575 datirten Briefes an Gerhard Mercator unter dem Namen „Itinerarium per nonnullas Galliae Belgicae partes“. Zahlreiche Inschriften sind in diesem Werkchen, das u. a. eine Abbildung des Igelsteins und manche Notizen zur alten Geographie Galliens bietet, mitgetheilt. Dasselbe ist eines der charakteristischsten jener Itinerarien, welche in diesem und dem folgenden Jahrhundert in größerer Zahl veröffentlicht wurden und meist mehr der philologisch-archäologischen als geographischen Litteratur angehören. Es wurde zusammen mit Pirkheimer’s Descriptio Germaniae 1585 und mit des Hegenitius Itinerarium Frisio-Hollandicum mehrmals im folgenden Jahrhundert neu herausgegeben. – Unter den rein archäologischen und philologischen Arbeiten des O. nennen wir „Deorum, Dearum Capita e veteribus numismatibus“ (1573), eine dem Sambucus gewidmete Auswahl antiker Münzen aus seinen eigenen berühmten nach Guicciardini’s Zeugniß von den Zeitgenossen bewunderten Sammlungen und nach Mittheilungen [433] der gelehrten Freunde; „Aurei seculi Imago, sive Germanorum veterum Vita, Mores, Ritus et Religio, Iconibus del. et Commentariis ex utriusque linguae auctoribus descripta“ (1590), ein mit 10 Stichen nach Galläus geschmückter kurzer Commentar zu den alten Schriftstellern über Deutschland. Die „Antiquitates Gallo-Belgicae“, welche 1684 zu Jena erschienen, kann ich blos nach Jöcher anführen. Mit Unrecht ist dem O. auch seines Enkels Jacob Colius Syntagma Herbarum Encomiasticum (1606) als posthumes Werk zugeschrieben worden. Es ist eine kleine, unter dem Beifall und vielleicht der Hilfe des O. entstandene Schrift. Um die Verwirrung zu vermehren hat Rotermund dieses Werkchen einem Augsburger Abraham Oertel zugeschrieben. O. soll die niederländische Ausgabe des „Theatrum oft Toonneel des aerdbodens“, die 1571 bei Van Diest in Antwerpen erschien, selbst besorgt haben. Im folgenden Jahr erschien im gleichen Verlag auf Befehl und Kosten des Autors eine hochdeutsche Ausgabe, welche ähnlich wie die anderen fremdsprachigen Ausgaben bis auf 137 Karten (1593) vermehrt wurde in dem Maße wie die lateinische Originalausgabe sich bereicherte. Zahlreich sind die verkleinerter Ausgaben und die Auszüge. Mit Bewilligung des O. veröffentlichte noch zu dessen Lebzeiten sein Freund Philipp Galläus ein Epitome Theatri Orbis, d. h. eine Taschenausgabe, der dann bis tief in das 17. Jahrhundert noch viele folgten, unter denen wir hier nur diejenige des Levin Hulsius (Frankfurt 1604) nennen wollen. Noch 1697 erschien zu Venedig ein Teatro del Mondo di Abram O. – O. wurde von vielen Zeitgenossen hoch verehrt. Sein Charakter wird als wohlwollend, über kleinen Zank, der so häufig die Gelehrtenkreise stürmisch bewegt, erhaben, sein Benehmen als fein und gewinnend bezeichnet. Seine Bescheidenheit war so groß, daß er sich selbst seinem Freunde Sambucus gegenüber als „ingenium exile“ bezeichnet. Auch religiösen Streitigkeiten war er abgeneigt. Bis an sein Ende war er gut katholisch und besaß besonders unter den Jesuiten nahe Freunde. Aus dem schönen Brustbilde, nach Gallaeus treff1ich gestochen, das den späteren Ausgaben des „Theatrum“, zuerst der von 1579 vorgedruckt ist, schaut uns ein ernstes hageres Gesicht von edeln Zügen an, zu dem der Wahlspruch: „Contemno et orno, mente, manu“ trefflich paßt. O. wird als hochgewachsen, schlank, helläugig geschildert. Er war nicht vermählt und seine gleichfalls unvermählte Schwester starb zwei Jahre nach ihm. „Quietis cultor, sine lite, uxore, prole“ sagt die Grabschrift, die Justus Lipsius für sein Grab in der Prämonstratenserabtei verfaßte. 1575 wurde O. von Philipp II., dem das „Theatrum“ gewidmet ist, zum Geographus Regius ernannt, seine Zeitgenossen aber gaben ihm den noch höher klingenden Beinamen des Ptolemäus seines Jahrhunderts. Justus Lipsius widmete ihm seine Schrift De Amphiteatris. – Eine Silbermünze von 1578 mit des O. Brustbild bewahrt das Cabinet zu Gotha.

Einleitung der ersten posthumen Ausgabe. – Justi Lipsi Epistolarum Centuriae. - Macedo, Sur les travaux géographiques d'Ortelius in Annales des Voyages II, 1808. - J. C. Becmanus, Historia Orbis Terrarum. Sec. Ed. 1680. – Guicciardini, Descrittione di tutti i paesi bassi. Ed. Plantin, 1581. – Lorenzo Crasso, Elogii, 1666.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. gemeint ist Georg Gadner