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Artikel „Holste, Lucas“ von Conrad Bursian in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 12 (1880), S. 776–777, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Holste,_Lukas&oldid=- (Version vom 3. Dezember 2024, 19:07 Uhr UTC)
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Holste: Lucas H. (Holstenius, so schreibt er selbst seinen Namen), Philolog, war im Jahre 1596 in Hamburg als Sohn eines Färbers geboren. Vorgebildet auf der Stadtschule und dem Gymnasium seiner Vaterstadt, von dessen Lehrern er dem Conrector Johann Huswedel noch in späteren Jahren ein dankbares Andenken bewahrte, bezog er um das J. 1616 die damals von Norddeutschen vielbesuchte Universität Leyden, um sich dem Studium der Medicin zu widmen. Das lebhafte Interesse, welches er daneben den philologischen Studien zuwandte, brachte ihn bald in engere Beziehungen zu den bedeutenderen Vertretern derselben in Leyden, besonders zu J. Meursius, D. Heinsius und Ph. Cluverius; den letztgenannten begleitete er im J. 1618 auf seinen Wanderungen durch Italien und Sicilien. Von Leyden wandte er sich, nachdem sein Versuch, eine Lehrerstelle am Gymnasium seiner Vaterstadt zu erhalten, gescheitert war, im J. 1622 nach England, wo er einige Jahre hindurch die handschriftlichen Schätze der Bibliotheken von Oxford und London theils für sich, hauptsächlich für eine von ihm vorbereitete Sammlung der griechischen Geographen, theils im Interesse seiner holländischen Freunde ausbeutete. Um die Mitte des J. 1624 ging er nach Paris, wo er in einigen angesehenen Freunden und Förderern der philologisch-historischen Studien, wie dem Präsidenten des obersten Gerichtshofes, Henri des Mesmes (Memmius), den Bibliothekaren Pierre und Jacques du Puy (Puteani) und dem Parlamentsrathe Nicolas Claude Fabre de Peiresc (Peireccius), einflußreiche Gönner fand: durch den letztgenannten wurde er dem päpstlichen Legaten in Paris, dem Cardinal Francesco Barberini, empfohlen, der, ein Neffe des Papstes Urban VIII., die bedeutendste Privatbibliothek in Rom besaß. Auf dessen Aufforderung zog H., nachdem er in Paris zum Katholicismus übergetreten war, im J. 1627 nach Rom, wo er als Hausgenosse des Cardinals und seit 1636 als dessen Bibliothekar ganz seinen gelehrten Arbeiten leben konnte. Papst Urban VIII. verlieh ihm zum Ersatz für einige ihm in Aussicht gestellte geistliche Beneficien in Norddeutschland, deren Genuß ihm durch die Kriegsereignisse unmöglich gemacht wurde, ein Canonicat an der Peterskirche in Rom; Innocenz X. ernannte ihn zum Custos der vaticanischen Bibliothek; Alexander VII. sandte ihn im J. 1655 nach Innsbruck, um die Königin Christine von Schweden in den Schooß der katholischen Kirche aufzunehmen. H. starb zu Rom am 2. Febr. 1661, ohne die umfassenden wissenschaftlichen Aufgaben, die er sich gestellt hatte – außer der schon erwähnten Sammlung der griechischen Geographen hatte er Sammlungen der Werke der Neuplatoniker und der Homilien der griechischen Kirchenväter vorbereitet – zu Ende geführt zu haben. Von ihm selbst sind außer einigen lateinischen Gedichten und theologischen Dissertationen veröffentlicht worden eine griechisch-lateinische Ausgabe mehrerer Werke des Porphyrius mit einer Dissertation über dessen Leben und Schriften (Rom 1630), eine Sammlung der Sprüche der späteren Pythagoräer Demophilus, Demokrates und Secundus (Rom 1638), Anmerkungen zu des Neuplatonikers Sallustius Schriftchen von den Göttern und der Welt (in der Ausgabe von Gabr. Naudé, Rom 1638), sieben Homilien des Athanasius (in der [777] Gesammtausgabe der Werke dieses Kirchenvaters, Paris 1627), des Eusebius, Schrift gegen Hierokles griechisch und lateinisch mit Anmerkungen (in der von Franc. Vigerus besorgten Ausgabe des Eusebius, Paris 1628), und Arrian’s Schriftchen über die Jagd (Paris 1644). Unter den aus seinem sehr reichhaltigen handschriftlichen Nachlasse veröffentlichten Arbeiten sind besonders hervorzuheben die „Notae et castigationes in Stephani Byzantii Ethnica“ (ed. Th. Ryckius, Leyden 1684), die „Annotationes in Italiam antiquam Phil. Cluverii“ (Rom 1666) und die „Collectio Romana bipartita veterum aliquot historiae ecclesiasticae monumentorum“ (Rom 1666: der schon bei Holste’s Lebzeiten begonnene Druck wurde nach dessen Tode durch den Cardinal Fr. Barberini zu Ende geführt). Ein anschauliches Bild von der umfassenden Gelehrsamkeit und der unermüdlichen Thätigkeit Holste’s, besonders für die spätgriechische heidnische wie christliche Litteratur, geben seine zahlreichen Briefe an gelehrte Zeitgenossen, namentlich an seinen Neffen P. Lambeck, an Nic. Fabre de Peiresc, an Nic. Heinsius und an Giambattista Doni; s. Lucae Holstenii epistolae ad diversos, quas ex editis et ineditis codicibus collegit atque illustravit Jo. Franc. Boissonade, Paris 1817.

Leben des gelehrten Lucae Holstenii, Protonotarii Apostolici, S. Petri Basilicae Canonici und Bibliothecae Vaticanae Custodis, Hamburg, bei Theodor Christoph Felginer, 1723. Johann Moller’s Cimbria literata, Vol. III. p. 321 ss.