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Artikel „Nitzsch, Karl Wilhelm“ von Ignaz Jastrow in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 23 (1886), S. 730–742, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Nitzsch,_Karl_Wilhelm&oldid=- (Version vom 22. Dezember 2024, 11:14 Uhr UTC)
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Nitzsch: Karl Wilhelm N., Historiker, Sohn des Philologen Gregor Wilhelm N. (s. o. S. 718), geb. am 22. December 1818 zu Zerbst, † am 20. Juni 1880 zu Berlin. N. erhielt seine erste Vorbildung an den Orten, an denen sein Vater selbst theils als Lehrer, theils als Aufsichtsbeamter im Schuldienste thätig war: in Zerbst, Wittenberg, Kiel.

In der letztgenannten Stadt hatte er den Schulcursus im Alter von noch nicht 17 Jahren absolvirt; der Vater bestand aber darauf, daß er die Prima noch einmal auf einem preußischen Gymnasium durchmache. So kehrte er denn auf zwei Jahre nach Wittenberg zurück. Dem Schulunterricht eigentlich bereits entwachsen, verwendete er seine ganze Zeit auf Privatlectüre in griechischen und römischen Classikern; und so kam es, daß er die Hochschule bereits mit einem festen Ueberblick über die litterarischen Quellen einer Periode, des classischen Alterthums, bezog. Die Provinzialuniversität Kiel vertauschte er sehr bald mit der Berliner Hochschule, an welcher Ranke damals die neuere historische Schule begründete. Hier begann er denn neben dem Alterthum auch Mittelalter und Neuzeit zu studiren. Hatte er bisher in engem Anschluß an Niebuhr’s Schriften nur die Geschichte der staatlichen Institutionen verfolgt, so wurde ihm nunmehr klar, daß dieser Geschichtschreibung die anschauliche Charakteristik der handelnden Personen, wie sie Ranke für die Neuzeit geschildert hat, vollständig fehlt. Diese suchte er zunächst in einer Epoche durchzuführen, die sich damals fast gar keiner Beachtung zu erfreuen hatte: der hellenistisch-römischen. Aus diesen Studien ging seine Kieler Doctordissertation und in Erweiterung derselben seine Erstlingsschrift hervor: „Polybius. Zur Geschichte antiker Politik und Historiographie“. Kiel 1842. Im Mittelpunkt der Darstellung steht derjenige Mann, der aus dem Staatswesen Philopoemen’s hervorgegangen und nachher im Hause der Scipionen eine hervorragende Rolle spielend, als der eigentliche Träger der hellenistischen Cultur in Rom erscheinen mußte. Diese Art biographischer Darstellung ist heute, nachdem die beiden Culturen durch Droysen, [731] Mommsen, Ranke eine Darstellung in ihrer selbständigen Eigenart sowol wie in ihren gegenseitigen Beziehungen gefunden haben, etwas Alltägliches geworden. Damals aber (in einer Zeit, in der Drumann sein Buch für ein Geschichtswerk ausgeben konnte!), fehlte es vollkommen an weltgeschichtlicher Auffassung dieser Charaktere; es war eine nicht unbedeutende Leistung, daß ein junger Mann von noch nicht 24 Jahren auf diesen Mangel überhaupt aufmerksam wurde und bewußterweise daran ging, ihm abzuhelfen. In dem Bestreben, Haupt- und Nebenpersonen der Erzählung einerseits ihrem individuellen Charakter nach, andererseits aber auch unter dem Einfluß ihrer weltgeschichtlichen Stellung vorzuführen, zeigt sich durchaus der Schüler Ranke’s, während die Verbindung historiographischer und politischer Entwickelung an Niebuhr erinnert. Das eine wie das andere ist im Titel ausgedrückt.

Die Erstlingsarbeit brachte ihrem Verfasser ein Staatsstipendium zur Fortsetzung seiner römischen Studien auf römischem Boden. Ein längerer Aufenthalt in Italien (1842/43) brachte ihn sozusagen in persönlichen Verkehr mit den Schauplätzen der römischen Geschichte. Hier, wo er in dem italienischen Acker die Wirkungsstätte des römischen Bauern, in den Städten und Höfen die Handelsplätze des römischen Kaufmanns erblickte, scheint er zuerst sich die Lebensfragen des römischen Volkes in der concreten Form vorgelegt zu haben, in der er sie wenige Jahre später in seinen „Gracchen“ beantwortet hat („Die Gracchen und ihre nächsten Vorgänger.“ Berlin 1846). Es ist für dieses Buch charakteristisch, daß es mit einer Notiz über die römischen Kornpreise beginnt. Das Werk ist überall bestrebt, die politische Revolution auf wirthschaftliche Ursachen zurückzuführen; ein Verfahren, das zwar nicht gerade neu, aber doch damals ebenso selten war, wie es heute anfängt häufig und allgemein zu werden. Die Natur der Sache und mehr noch Nitzsch’s Auffassung von derselben nöthigte zu einem Zurückgehen bis in die früheren Jahrhunderte der Republik; was man schon dem Titel des Buches anmerkt, tritt in der Ausführung Schritt für Schritt immer deutlicher hervor, daß es hervorgegangen ist aus einer eigenartigen Auffassung von der Gesammtentwickelung der römischen Republik. Mit dieser Totalansicht fand er sich in scharfem Widerspruche zu derjenigen, mit welcher im nächsten Jahrzehnt sein Jugendfreund Mommsen in ebenso gewandter wie gelehrter Darstellung hervortrat. N. fühlte die Verpflichtung, diesem Werke gegenüber Stellung zu nehmen, und dieser Verpflichtung hat er sich als Recensent in einer Art erledigt, die heute umsomehr hervorgehoben zu werden verdient, je mehr diese Art der Kritik großen Stils außer Mode zu kommen droht. Die Recension (Neue Jahrbücher für Philologie und Pädagogik 73 (1856), 716 bis 745; 77 (1858), 409–438, 593–627) ist, was man wol als das Ideal einer wissenschaftlichen Kritik betrachten darf, eine Durcharbeitung nicht blos des Werkes, sondern des Quellenstoffes selbst; N. controllirt seinen Autor nicht anders, als indem er die ganze Rechnung selbst noch einmal anstellt. Darum ist diese Recension von den allgemein gehaltenen Redensarten, welche den Leser mehr über die subjective Ansicht des Recensenten als über die objective Berechtigung des Recensirten aufklären, ebenso frei, wie andererseits von jenem Fehleraufklauben im einzelnen, welches vor lauter Detailkritik die großen Fragen der Wissenschaft ganz aus den Augen verliert. N. ist völlig concret in den einzelnen Ausstellungen, die er macht, aber er ist ebenso concret in den allgemeinen grundsätzlichen Unterschieden, auf die er dieselben zurückführt. Die Meinungsverschiedenheiten zwischen ihm und Mommsen erscheinen nur als Symptome dreier großer grundsätzlicher Differenzen. Erstens habe Mommsen es unterlassen, die Entstehung der Tradition über die älteste Zeit festzustellen; diese würde zu einer methodischen Scheidung zwischen zuverlässigen und unzuverlässigen Quellengruppen geführt haben, während Mommsen’s Art, sich über jede einzelne Nachricht schlüssig zu [732] machen, eine „eklektische“ sei. Zweitens ist das Bild der römischen Verfassungsinstitute, wie es Mommsen sich gestaltet hat, im wesentlichen das des varronisch-ciceronianischen Zeitalters; die Züge, die zu diesem Bilde nicht stimmen, werden verworfen. Aber abgesehen davon, daß einige dieser Züge vermöge jener methodischen Quellenkritik sich gerade als die sicheren Reste einer alten und eben darum später unverständlich gewordenen Ueberlieferung erweisen ließen, sei auch zu bedenken, daß zwischen der ersten und der letzten Periode der Republik eine mittlere liege, die sich vor jener durch den Reichthum gleichzeitiger Quellen, vor dieser durch die reinere Erhaltung der Verfassungsinstitute (die später im Bürgerkriege stark getrübt wurde) auszeichne: es ist dies der polybianische Quellenkreis und die Zeit der Vorläufer der Gracchen, die N. in seinen beiden Werken behandelt hatte. Daß diese Periode trotzdem bei Mommsen nicht zu selbständiger Geltung gelangt, habe mit seinen Grund in der dritten Eigenthümlichkeit des Werkes, daß dasselbe vollständig auf die cäsarische Monarchie zugespitzt sei und daher schon die ganze vorhergehende Entwickelung in der Beleuchtung erscheinen lasse, welche für diese den günstigsten Hintergrund gewähre. Daß N. durch diese Ausstellungen sich nicht abhalten läßt, den Vorzügen des Werkes gerecht zu werden, bedarf kaum der Erwähnung. Wol aber verdient die neidlose Freude hervorgehoben zu werden, mit der er hier, wie später so oft, diese Anerkennung des litterarischen Gegners nicht als ein Zugeständniß sich mühsam abringen läßt, sondern als den Ausdruck der Genugthuung über den Fortschritt der gemeinsamen Wissenschaft mit vollen Händen spendet. Und wenn man ferner bedenkt, daß er dem gegnerischen Werke nachrühmt, man habe es in ihm zu thun „mit einem Manne im besten Sinne des Wortes“, daß er die Erforschung der italienischen Dialekte bezeichnet als „Mommsen’s eigenstes und unbestrittenes Verdienst, nicht nur das Verdienst seiner Gelehrsamkeit und seines Scharfsinns, sondern zugleich das einer edlen unermüdlichen Energie und rücksichtsloser Arbeitslust“, wenn man sieht, wie gern und willig er auch der Persönlichkeit des litterarischen Gegners gerecht wird: so wird man auch diejenigen Stellen richtig verstehen, an denen er in der That ein moralisch mißbilligendes Urtheil ausspricht, an denen er gegen den gesetzlosen Cultus des Genies „aus sittlichen Gründen“ protestirt; wir werden dann in diesen und ähnlichen Ausdrücken nicht einen Angriff auf die moralische Integrität des Gegners, sondern die Aeußerung jenes tief wissenschaftlichen Ernstes erblicken, dem die wissenschaftliche Ueberzeugung nichts Aeußerliches, dem sie ein Theil der moralischen Weltanschauung ist und die darum in dem Widerstreit zweier Geschichtsauffassungen mit vollem Recht den Kampf zweier verschiedener sittlicher Principien sieht.

Neben diesen Arbeiten zur alten Geschichte war nun aber N. durch seine neue Lebensstellung auch auf andere Bahnen gelenkt worden. Kurz nach Rückkehr von der italienischen Reise hatte er sich an der Universität Kiel habilitirt (1844); an dieser Hochschule hat er, zuerst als Privatdocent, sodann (seit 1848) als außerordentlicher und (seit 1858) ordentlicher Professor, 18 Jahre hindurch ununterbrochen gewirkt, und diese Wirksamkeit fiel in die schwierigste Zeit, welche die Universität durchzumachen hatte, in die Zeit des Kampfes gegen die Danisirung.

Wie tief die nationalen Gegensätze in das Schicksal der ganzen Familie eingriffen, zeigen schon die schweren Schläge, welche Nitzsch’s Vater für die treue und kräftige Bewahrung seines Deutschthums zu erdulden hatte (s. o. S. 722); aber auch in das innere Leben der Familie sind diese Gegensätze eingetreten. Seit dem Jahre 1847 war N. mit Sophie Paulsen vermählt, deren Vater, Professor der Rechte in Kiel, sich mit Leib und Seele zu den Dänen zählte. Während des Krieges wanderte die Familie nach Dänemark aus, und nur eine äußere Veranlassung war es, durch die N. daran gehindert wurde, dem Lande, [733] das sie als ihr Vaterland betrachteten, mit den Waffen in der Hand entgegenzutreten: ein Augenleiden nöthigte ihn, sich auf den Dienst in der Kieler Bürgergarde zu beschränken. Die ganze menschenfreundliche Art, welche der Nitzsch’schen Familie eigen war, gehörte dazu, um unter diesem nationalen Gegensatz das Glück des Familienlebens nicht leiden zu lassen. Im April 1849 führte N. die Braut heim, aber schon im folgenden Jahre wurde ihm die Gattin entrissen. Im J. 1855 ist N. eine zweite Ehe eingegangen mit Marie Patzig aus Greifswald, die ihm bis an sein Lebensende zur Seite gestanden hat.

Mehr noch als auf das Familienleben mußten die schleswigschen Wirren auf die wissenschaftliche Thätigkeit Einfluß üben. Denn in dem Kampfe gegen die Danisirung standen damals die wissenschaftlichen Kreise an der Spitze; und vor allem waren es die Historiker, die aus der Vergangenheit der Herzogthümer das Rüstzeug zu dem Kampfe gegen die Doctrinen der dänischen Juristen lieferten. In der „Gesellschaft für vaterländische Geschichte“ spielte N. bald eine hervorragende Rolle. Im J. 1850 an Waitz’ Stelle zum Secretär gewählt, hatte er an der bald darauf erfolgenden Reorganisation der Gesellschaft einen hervorragenden Antheil. Im J. 1854 gelang es, das Vereinsorgan, die „Nordalbingischen Studien“, in eine Zeitschrift größeren Maßstabes, die noch heute bestehenden „Jahrbücher“ umzuwandeln. An beiden hat N. sich als ständiger Mitarbeiter betheiligt. Als die Gesellschaft im J. 1856 beschloß, ihre wissenschaftlichen Vorträge wieder aufzunehmen, eröffnete N. die Reihe derselben mit einem Gegenstande, welcher sofort hervortreten ließ, wie er die provinzialgeschichtliche Forschung aufgefaßt wissen wollte: als liebevolle Versenkung in die Elemente des provinziellen Lebens, aber zugleich als bewußte Mitarbeiterschaft an dem höheren Ganzen der allgemeinen Volksgeschichte. Er sprach „über das Verhältniß der holsteinischen Ethelinge des 12. Jahrhunderts zu der Stellung des sächsischen Adels in der lex Saxonum und im Sachsenspiegel“. Ganz dieselben Vorzüge zeigte der Vortrag („Schleswig, Soest und Lübeck“), welchen er fünf Jahre später auf der Generalversammlung der Gesellschaft hielt; er wies nach, wie die entlegenen nordischen Pflanzstätten des Soester Rechts, wenn man sie mit den westfälischen in sachgemäße Vergleichung bringe, ein ganz neues Licht auf die älteste Entwickelung dieses für die deutsche Rechtsgeschichte so bedeutsamen Rechtssystems werfen. Eine Reihe weiterer und zum Theil ziemlich umfangreicher Beiträge war in demselben Geist gehalten. Die Ergebnisse seiner Ditmarsischen Forschungen hat er in einem Heftchen populär zusammengestellt („Das alte Ditmarschen. Ein Vortrag etc.“ Kiel 1862). Wie sehr er heimisch geworden war auf dem Boden seiner Wirksamkeit, zeigte sein Interesse auch für die künstlerische Darstellung desselben, wie es in den Gedenkworten auf den Landschaftsmaler Karl Roß hervortritt. Zeit seines Lebens hat N. Schleswig-Holstein als seine Heimath betrachtet.

Indem N. so von der Strömung erfaßt, die in der geistigen Atmosphäre seiner Umgebung herrschte, sich an der Forschung betheiligte, welche das Volksleben der nordischen Grenzmark bis in das Geäder seiner ständischen Gliederung hinein als echt-deutsch erwies, konnte es nicht fehlen, daß er in diesen Studien selbst immer von neuem auf Probleme der allgemeinen deutschen Volksgeschichte geführt wurde. Dabei kam die Beschränkung auf ein räumlich enges Gebiet der sachlichen Ausdehnung nur zu gute. So ist es die schleswig-holsteinische Geschichte gewesen, in welcher N. zuerst die historische und die juristische Litteratur nebeneinander zu halten sich gewöhnte. Mehr noch als heute gingen damals die Forscher der beiden Disciplinen ihre eigenen Wege. Was das Mittelalter betraf, so war schon das Quellenmaterial, aus dem sie arbeiteten, ein verschiedenes. Die Historiker suchten an der Hand der Scriptores, wie sie die Monumenta Germaniae [734] brachten, von der Blüthezeit unter Karl dem Großen und unter Otto dem Großen weiter abwärts in das 11. Jahrhundert und darüber hinaus zu gelangen. Hier stießen sie mit den Juristen zusammen, welche (die Zeit nach dem Aufhören der Volksrechte und der Capitularien gänzlich vernachlässigend) in die ergiebigen localen Rechtsquellen des späteren Mittelalters sich versenkt hatten und von hier aus ihr Material rückwärts verfolgend, bereits im 13. Jahrhundert angelangt, das 12. in Angriff nahmen. Nach Ausgangspunkt und Material verschieden, mußten die beiden Gruppen der Forschung mit gänzlich verschiedenen Ansichten den gemeinsamen Boden betreten: darin erblickte N. den Hauptgrund der Meinungsverschiedenheiten über die Hohenstaufenzeit. Die Historiker, von der verfallenden kaiserlichen Geschichtsschreibung geführt, sahen in ihr die Zeit des Verfalles, während die Juristen dieselbe Periode als die Wiege ihrer Rechtsquellen begrüßten. In diesem Dilemma betrachtete N. es als den schlimmsten aller Auswege, die beiden Ansichten nebeneinander bestehen zu lassen; um so schlimmer, da die beiden Quellengruppen, denen sie entstammten, zwei verschiedenen Gruppen der mittelalterlichen Gesellschaft entsprungen, die eine wie die andere gleich einseitig waren. Die Scriptores spiegelten nur die Anschauung der geistlichen Kreise wieder, die Rechtslitteratur nur diejenige des Bürgerthums und des Freienstandes, einer durch und durch weltlichen Bildung. Dies trete cumulativ zu dem Gegensatze hinzu, daß jene über Ereignisse berichten, diese über Verhältnisse. Eben darum aber sei es gerade in dieser Periode doppelt die Pflicht des Historikers, diesen Gegensatz zu überwinden. „Es käme darauf an, mitten in die Ereignisse hinein die Gewalt und den Einfluß der Verhältnisse wirkend zu zeigen und jenen großen Zusammenhang zwischen den Absichten des staatsmännischen Genies und der langsamen Entwickelung der allgemeinen Interessen und der steigenden Cultur.“ Von der Voraussetzung ausgehend, daß eine solche Geschichtsdarstellung nur „das Werk eines vollendeten Meisters“ sein könne, wollte er selbst sich bescheiden, die Vorarbeiten zu diesem Werke zu liefern; und zwar sollte die Sammlung dieser Vorarbeiten in drei Theile zerfallen. Die eine sollte Institute, die andere Persönlichkeiten behandeln; die dritte endlich sollte es sich zur Aufgabe machen, den obenerwähnten Zusammenhang zwischen den Plänen des einzelnen und den allgemeinen Verhältnissen darzulegen.

Von diesem groß angelegten Plane ist aber nur der erste Theil in Angriff genommen worden. („Vorarbeiten zur Geschichte der staufischen Periode. I. Ministerialität und Bürgerthum im 11. und 12. Jahrhundert. Ein Beitrag zur deutschen Städtegeschichte.“ Leipzig 1859.) Von den „Instituten“ der Hohenstaufenzeit wählte N. dasjenige, das für eine wirkliche Volksgeschichte immer das bezeichnendste sein wird: die ständische Gliederung des Volkes selbst; und zwar wählte er diejenigen Stände, die recht eigentlich in dem Kernpunkt jenes Gegensatzes von kirchlicher und weltlicher Bildung stehen: die Dienstmannen und die Bürger, beide an den Sitzen der großen Kirchen besonders zahlreich vertreten und beide in entschiedenem Gegensatze zu der herrschaftlichen Gewalt. N. glaubte nun den springenden Punkt der Entwickelung gefunden zu haben, indem er die Hypothese aufstellte, daß das freie Bürgerthum sich im wesentlichen aus der unfreien Ministerialität entwickelt habe. Es ist bekannt, daß N. so weit ging, die Stadtverfassung geradezu aus dem Hofrecht herzuleiten. Es ist ferner bekannt, daß er hierin fast gar keine Zustimmung gefunden hat. Jedoch weniger bekannt, als dieses beides ist ein drittes: N. ist in der festen Ueberzeugung gestorben, daß der Grundgedanke seines Buches trotz allen anfänglichen Widerspruchs schließlich in allem Wesentlichen so gut wie allgemeine Annahme gefunden habe. Zur Lösung dieses Zwiespaltes gibt es nur eine einzige logische Möglichkeit: das Wesentliche seines Buches erblickte N. eben wo anders als die Mehrzahl seiner [735] Mitforscher. Für ihn war die Hauptfrage nicht: woher stammt die äußere Form der Rathsverfassung, in welcher sich die einzelnen Acte des städtischen Lebens vollziehen, sondern: woher stammen die lebendigen Kräfte, denen dieses Leben Ursprung, Antrieb und Nahrung verdankt? woher die Traditionen des Handwerks, welches das städtische Gewerbe ebenbürtig neben den ländlichen Ackerbau gestellt hat? woher die Beziehungen eines Handels, welcher späterhin dem deutschen Kaufmann die erste Stelle im Weltverkehr gesichert hat? woher endlich das Material an Menschen, mit denen jene Verfassung durchgeführt wurde? Wenn man sich diese Fragen vorlegt, so mag man immerhin dabei bleiben, die Rathsverfassung aus dem freien Schöffenthum oder sonst wie abzuleiten; – aber das wird man nicht bestreiten können: von den lebendigen Kräften des Städtelebens stammt aus den hofrechtlichen Kreisen ein weit größerer Theil, als sich irgend ein Forscher vor N. hatte träumen lassen; und das ist es, was N. zu seiner großen Genugthuung beinahe allgemein zugestanden sah. Daß aber diese Seite des Werkes den Lesern nicht alsbald in die Augen sprang, sondern erst nach jahrelanger Debatte in den Vordergrund trat, dies hatte allerdings nicht ausschließlich und vielleicht nicht einmal vornehmlich seinen Grund darin, daß Nitzsch’s Buch (wie jedes andere) zunächst mehr in Bezug auf diejenige Frage angesehen wurde, von welcher das Interesse der Leser beherrscht war, als in Bezug auf die Richtung, welche für den Verfasser die bestimmende war; es hatte vielmehr seine Ursache zum Theil auch in dem Aufbau des Werkes selbst. Ohne einen von vornherein fixirten Zielpunkt, ja auch nur ohne einen festen Mittelpunkt den Leser von einer Untersuchung zur anderen führend, placirte es die werthvollsten Forschungsergebnisse oft genug gerade so, daß man sie zunächst nur als Mittel zum Zweck betrachtete, ohne sie auf ihren selbständigen Werth zu betrachten, ohne zu bemerken, daß hier ein durchaus eigenartiger Geist den Anlauf dazu nahm, die Ergründung unserer Volksgeschichte von den glänzenden, aber auch luftigen Höhen des Kaiserthums mehr in das concrete Volksleben hinabzuziehen, durch Ritterthum und Bürgerthum hinab bis in die tiefsten Schichten und die breitesten Unterlagen seines gesellschaftlichen Aufbaues. Wie sich N. aber eine Verflechtung dieser Elemente in die Geschichte der Ereignisse dachte und wie er gerade von der Beleuchtung des Volkslebens aus auch ein neues Licht auf die vielgeschmähte kaiserliche Politik sich versprach, das hat er unmittelbar darauf in einer Besprechung der neueren Publicationen über Friedrich II. (Huillard-Bréholles, Schirrmacher, Winkelmann) so eingehend gezeigt, daß dieselbe Umfang und Gestalt eines selbständigen Aufsatzes angenommen hat. („Staufische Studien“: Historische Zeitschrift 3 [1860].)

Die Lehrthätigkeit, welche diesen wissenschaftlichen Arbeiten zur Seite ging, kann in Kiel keine bedeutende gewesen sein. Zählte doch damals die philososophische Facultät selten mehr als 20–30 Zuhörer, die juristische und die theologische Facultät (aus welcher letzteren sich namentlich die historischen Auditorien rekrutirten) hielten sich innerhalb eines ähnlichen bescheidenen Umfangs. Von Seiten der vorgesetzten Behörde konnte N. als eifrig deutsch Gesinnter keine Förderung erwarten: er ist 10 Jahre lang außerordentlicher Professor gewesen. Nachdem er aber im J. 1858 endlich ein Ordinariat erhalten hatte, bot sich ihm durch einen Ruf an die Universität Königsberg die Aussicht auf eine größere akademische Wirksamkeit dar. Er trat sein neues Amt im J. 1862 an. Und wiederum trat er in dieser neuen Umgebung in kritische politische Verhältnisse, wiewol gänzlich verschiedener Art. Gerade damals begann im preußischen Staat die Verstimmung zwischen Regierung und Volksvertretung, die unter dem Ministerium Bismarck-Roon in schnellen Schritten zum offenen „Conflict“ gesteigert wurde. Nun war gerade Ostpreußen die Geburtsstätte der schärfsten Oppositionspartei, [736] der Fortschrittspartei („Jung-Litthauens“). In diesen Kämpfen, in der Entscheidung des Jahres 1866 und der durch sie herbeigeführten Neugründung des Reichs muß es gewesen sein, daß Nitzsch’s politische Anschauungen einer allmählichen Umbildung entgegengingen. Den Gegensatz politischer Parteien hat er eigentlich hier in Preußen zuerst aus eigener Anschauung kennen gelernt; denn in Schleswig-Holstein war das Maßgebende der nationale Gegensatz gewesen, der sich in die Parteigegensätze als die einmal herrschenden Formen des politischen Glaubensbekenntnisses gewissermaßen hineinschob. Für einen deutschen Patrioten gab es da keine Wahl: er gehörte von Geburt dem Liberalismus an. In Preußen aber war es gerade das Princip dieses Liberalismus selbst, zu welchem es Stellung zu nehmen galt. Die hier mit der Armeereorganisation gemachten Erfahrungen, diese befestigte Ueberzeugung von der Nothwendigkeit einer starken Regierungsgewalt und vor allem die im neuen Reiche erwachende Freude am politischen Schaffen haben N. dazu bewogen, sich derjenigen Partei anzuschließen, welche am entschiedensten die Unterstützung der preußischen Regierung auf ihre Fahne geschrieben hatte. Aber auch in den Zeiten, in denen er mit seinem Stimmrecht die conservative Partei unterstützte, konnte da wol der Schleswig-Holsteiner es vergessen, daß er einst im Kampfe für sein Deutschthum an dem Liberalismus allein einen Bundesgenossen gefunden hatte? Konnte die Erinnerung daran verlöscht werden, wie beim Sturze des Liberalismus die Gegenpartei es gewesen war, die sein Heimathland der Fremdherrschaft überlassen hatte? Man geht wol nicht fehl, wenn man gerade diesen Empfindungen einen Antheil daran zuschreibt, daß N. bei entschiedener Parteinahme doch davor bewahrt blieb, einseitiger Parteimann zu werden. Es bildete sich in ihm vielmehr die Ueberzeugung aus, daß man von zwei großen Parteien zwar die eine wählen, aber darum nicht der anderen die Existenzberechtigung absprechen müsse. Ein tieferes Nachdenken über Werden und Wesen der Parteigegensätze führte ihn zu der Anschauung, daß sie gewissermaßen Gruppirungen der vorhandenen staatlichen Kräfte bilden, aber erst in ihrer Gesammtheit und in ihrer Wechselwirkung das volle staatliche Leben darstellen. Die großen gesellschaftlichen Gegensätze von Stadt und Land schienen ihm in Deutschland namentlich deswegen mit so besonderer Schärfe sich ausgebildet zu haben, weil es hier an einem Organ fehlte, welches den Landadel und das städtische Bürgerthum zu gemeinsamer politischer Thätigkeit vereinigt hätte, wie es im englischen Unterhause der Fall war. Die beiden Stände entwickelten sich mit gegenseitiger Verachtung, weil einer die Tugenden des anderen nicht kannte, ja sie kennen zu lernen kaum Gelegenheit hatte. Auch als im preußischen Staat sich ihnen, wenn auch nicht eine gemeinschaftliche Thätigkeit, so doch ein gemeinsames Feld politischen Wirkens bot, standen sie unvermittelt einander gegenüber. Welche Bedeutung der Waffenadel für die preußische Monarchie hatte, war in den Kreisen des litterarisch hochgebildeten Bürgerthums völlig unbekannt; und die Litteratur, die belletristische wie die politische, hatte in diesem Bürgerstande ihren eigentlichen Träger gefunden, während die militärisch-aristokratischen Kreise ihr fremd gegenüberstanden. In der Armee konnte der conservative preußische Waffenadel als der festeste Träger der militärischen Tradition gelten; in der Welt der politischen Ideen war das liberale deutsche Bürgerthum Träger der litterarisch-politisch-nationalen Entwickelung. Das neue Reich war das gemeinsame Werk beider. Diese Gedanken waren es, denen N. in einem Aufsatze zur Begrüßung des ersten deutschen Reichstages Ausdruck gab („Deutsche Stände und deutsche Parteien einst und jetzt“: Preußische Jahrbücher Bd. 27 (1871). Wenn man diese Richtung von Nitzsch’s politischer Entwickelung kennt, so wird man sie auch schon in der Festrede entdecken können, die N. noch vor dem Kriege, am Krönungstage 1870, in [737] der „Deutschen Gesellschaft“ zu Königsberg gehalten hatte. Einige Wochen früher war in ganz Deutschland Arndt’s 100jähriger Geburtstag gefeiert worden. Mit Arndt war N. persönlich bekannt und durch seinen Bruder Ernst, der Arndt’s Tochter Nanna geheirathet hatte, auch verwandtschaftlich verbunden gewesen. Auf liberaler Seite hatte dieser Mann den Gedanken politischer Toleranz ganz in der Art hochgehalten, wie auf conservativer Seite ihn hochzuhalten N. sich vornahm. Und so konnte N. denn für seine Festrede keinen geeigneteren Gegenstand finden, als ein Lebensbild dieses „Lieblings der deutschen Nation“.

In allen seinen Arbeiten sehen wir N. um diese Zeit von denselben Gedanken beherrscht; immer wieder empfängt er für die Betrachtung der Vergangenheit die Anregungen aus den Ereignissen und den Fragen der Gegenwart. Das wiedergewonnene Elsaß lenkte seine Blicke auf die Zeit, wo das Thal von Straßburg bis Mainz zu beiden Seiten des Oberrheins als die Gegend bezeichnet wurde, da „die Kraft des Reiches“ liege. Er zeigte („Die oberrheinische Tiefebene und das deutsche Reich im Mittelalter“: Preußische Jahrbücher 30 [1872]), wie von jeher Lebensbedingungen und Schicksale den beiden nun endlich wieder vereinigten Flußufern gemeinsam gewesen sind: es ist derselbe Boden, dessen landwirthschaftliche Ausnutzung die Geschichte am linken wie am rechten Ufer der Tiefebene in der ersten Zeit des Mittelalters bestimmt hat; es ist dieselbe Wasserstraße zwischen beiden, deren plötzlich eröffneter Verkehr im 12. Jahrhundert mitten in die fest und sicher verwalteten Naturalwirthschaften der Königspfalzen und der Bischofssitze das neue Leben der Geldwirthschaft und des Zusammenhanges mit dem Welthandel hineinführt. Als festester Sitz der staufischen Macht und späterhin als die traurigste Stätte des Reichszerfalls haben die beiden Ufer der Tiefebene gemeinsam geblüht und gemeinsam gelitten. In der Art, wie N. diesen Grundgedanken durchführt, wie er die wirthschaftlichen Zustände aus den geographischen ableitet und zur Erklärung der politischen verwendet, wie er im Spiegel der örtlichen Ereignisse uns die großen Vorfälle der Volksgeschichte zu zeigen versteht und durch diese wiederum uns einen Blick in den Zusammenhang der welthistorischen Beziehungen thun läßt, wie er endlich alle seine Betrachtungen über die Vergangenheit zu einer lehrreichen Analyse der Gegenwart verwerthet, ohne dabei doch jemals seinen eng begrenzten Gegenstand aus den Augen zu verlieren, – in alledem ist dieser kleine Aufsatz geradezu das Muster einer provinzialgeschichtlichen Darstellung. Auch ist wol darüber kein Zweifel, daß er unter allem, was N. geschrieben, in Stoff und Form die vollendetste und ganz gewiß diejenige Arbeit ist, in welcher jedem Fernstehenden die geistige Eigenart des Verfassers am vollständigsten und am liebenswürdigsten entgegentritt.

Für dieses wissenschaftliche Streben, das aus dem neuen Reichsleben für die Betrachtung des alten immer neue Anregungen sog, konnte es nun keine glücklichere Stätte geben als diejenige, an die N. eben damals (1872) berufen wurde: die Hochschule der Reichshauptstadt. Allerdings ist ihm auf diesem Boden nur eine kurze Wirksamkeit beschieden gewesen: aber was er in diesen acht Jahren geschaffen hat, zeigt uns, daß er daran ging, das Facit seiner Studien zu ziehen. Ein Werk, mit welchem er von seinen Königsberger Freunden Abschied nahm, die „Römische Annalistik“ (Berlin 1873, Vorrede vom August 1872), gewann nun gleichzeitig die Bedeutung eines Programms, nach welchem er nunmehr neben seinem Collegen Mommsen und allerdings auch gegen denselben zu lehren entschlossen war. Wie sehr er freilich die befestigte Stellung seines großen Gegners anzuerkennen entschlossen war, zeigt sich darin, daß er schon in der Vorrede ihn kurzweg „Niebuhr’s ebenbürtigen Nachfolger“ nennt. Dabei war Niebuhr für [738] N. noch immer der Heros der römischen Geschichtsforschung, dessen Ideen weiter fortzubilden er für die Hauptaufgabe der gegenwärtigen Forschergeneration hielt. Was Niebuhr über die Entwickelung historischer Tradition im allgemeinen gesagt hatte, das sah N. auf das großartigste bestätigt in der Analyse mittelalterlicher Annalistik, wie sie in den Monumenta Germaniae vorlag. Auf allen Gebieten der modernen Geschichtsforschung war der Niebuhr’sche Grundsatz anerkannt, daß man nicht früher eine Geschichte der Thatsachen schreiben dürfe, als bis man eine Geschichte der Ueberlieferung geschrieben habe. Aber eben darum legte N. desto größeres Gewicht darauf, daß gerade für die römische Geschichte selbst diese Maxime Niebuhr’s verlassen worden und an die Stelle der grundsätzlichen und systematischen die rein gelegentliche und, wie er es früher einmal ausgedrückt hatte, „eklektische“ Quellenkritik gesetzt worden war. Darin nun, daß die „Annalistik“ den Versuch wagte, diese Lücke auszufüllen, liegt ihre eigentliche Bedeutung; daß sie nur darin liegt, ist dem Verfasser selbst nicht entgangen. – Mommsen war nicht der einzige der schleswig-holstein’schen Genossen, mit denen N. in Berlin zusammentraf; mit seinem Jugendfreunde Müllenhoff hat er Haus an Haus gewohnt; mit Harms unterhielt er den innigsten freundschaftlichen Verkehr; unter Waitz war er Mitglied der Centraldirection für die Monumenta Germaniae. Man geht wol nicht fehl, wenn man den so geweckten Heimathserinnerungen einen Antheil an den Aufsätzen zuschreibt, die N., gewiß im Andenken an jene Zeitschrift, in welcher einst die schleswig-holsteinischen Streitgenossen im harmlos wissenschaftlichen Gewande vereinigt waren, „Nordalbingische Studien“ (Preußische Jahrbücher 30 [1872]) genannt hat. Sie entwerfen ein anschauliches Bild von der Verfassungsentwickelung der nordelbischen Gaue und ihrem Zusammenhang mit der Hansa, den Schaumburgern und anderen norddeutschen Mächten einerseits, den skandinavischen Königreichen andererseits bis ins 14. Jahrhundert. Diese und die früher genannten populären Aufsätze zur deutschen Geschichte hat er später gesammelt herausgegeben („Deutsche Studien. Gesammelte Aufsätze und Vorträge zur deutschen Geschichte.“ Berlin 1879).

Mitten in diesen Arbeiten erfuhr N. eine Auszeichnung, die vielleicht einzig in ihrer Art dasteht: als ein Mann, der Zeit seines Lebens immer nur kleinere Arbeiten veröffentlicht hatte, immer nur Anfänge und Vorboten größerer Leistungen, wurde er in die höchste gelehrte Corporation berufen, welche auf dem Boden des deutschen Reiches bestand, in eine Gesellschaft von Männern, von denen jeder in einem standard work seiner Wissenschaft eine Art Meisterwerk aufweisen konnte. Es macht einen fast rührenden Eindruck, wenn man sieht, wie er in seiner Antrittsrede (Sitzungsberichte der Berliner Akademie vom 3. Juli 1879) für die Berufung dankt, als für ein Zeichen der Anerkennung seiner „zum Theil abgelegenen, zum Theil scheinbar wenigstens zusammenhanglosen Studien“; zugleich aber thut die Antrittsrede das ihrige, um dieses „scheinbar“ zu widerlegen. Sie ist ein Denkmal jener echt wissenschaftlichen Bescheidenheit, welche von Unterschätzung der eigenen Leistung sich nicht minder fern zu halten sucht wie von ihrer Ueberschätzung; es wird einem Gelehrten immer zur Ehre gereichen, wenn man ihm nachrühmen kann, daß die treffendste Charakterisirung seiner Schöpfungen von ihm selbst herrührt. Schon vor der feierlichen Einführung hatte N. einen Vortrag in der Akademie gehalten, welcher in den Formenreichthum des deutschen Genossenschaftslebens durch die Auseinanderhaltung der verschiedenen Begriffe Gilde, Amt, Bruderschaft, Innung größere Klarheit zu bringen suchte (Monatsberichte der Berliner Akademie 1879, S. 4–44; dazu später 1880 S. 370–403). Hiermit knüpfte er wieder an die „Ministerialität“ an und berührte ein Institut, das nach seiner Auffassung das lebenskräftigste Fundament der deutschen Geschichte von den Hohenstaufen bis zur Reformation gewesen ist. Man wußte, daß er [739] an der Verarbeitung dieser Ideen in einem großen umfassenden Geschichtswerke arbeitete, gewissermaßen als Legitimation für das ihm von der Akademie entgegengebrachte Vertrauen: da wurde seiner Schaffensfreude ein jähes Ende bereitet. Kurze Zeit, nachdem er seinen Freund Harms unter die Erde gebettet, wurde er plötzlich von einem Schlaganfall getroffen: nach kurzem Leiden ist er am 20. Juni 1880 aus dem Leben geschieden. Seine Ruhestätte ist auf dem Zwölfapostel-Kirchhofe in Schöneberg bei Berlin. –

Von den mannigfachen Arbeiten, welche N. unvollendet hinterlassen hatte, sind nur einige wenige publicirt worden. Zwei derselben behandeln Heinrich IV. Die eine (Historische Zeitschrift N. F. 1) ist allerdings stark beeinflußt durch die gewiß nicht haltbare Hypothese, daß Heinrich Goslar habe zur Residenz erheben wollen; aber in dem anschaulich gezeichneten Verfassungsbilde, das sie uns bietet, enthält sie eigentlich gleichzeitig das Material zur Widerlegung dieser Hypothese. Die andere (Forschungen zur deutschen Geschichte 21) weist in Heinrichs Friedensthätigkeit namentlich auf die bedeutsame Stellung hin, welche die Gottesfrieden in der Geschichte des deutschen Strafrechts einnehmen. Daß mit Rücksicht hierauf auch die kleine Abhandlung vom Soester Recht in Lübeck (Hansische Geschichtsblätter 10) zu ergänzen ist und daß dieselbe geradezu mißverstanden werden muß, wenn man sie nicht als Fragment auffaßt, glaubt der Unterzeichnete an anderer Stelle gezeigt zu haben (Jahresberichte der Geschichtswissenschaft 5 [1882], II, 95). Ueberhaupt würde man den ganzen Reichthum von Nitzsch’s Forschungen erst richtig verstehen lernen, wenn jemand sich der Mühe unterzöge, alle die zerstreuten kleinen Untersuchungen (allerdings mit zeitgemäßen Anmerkungen) gesammelt herauszugeben: gewiß ein passendes gelehrtes Seitenstück zu den populären „Deutschen Studien“. Das Werthvollste, was N. hinterlassen hatte, waren zweifellos die Vorlesungen, in denen allein er ein vollständiges zusammenhängendes Bild der Volksentwickelung gegeben hatte. Der mannigfachen Wünsche nach Publicirung derselben hat sich zunächst Müllenhoff angenommen, während die Ausführung den Schülern des Verewigten anheimfiel. Für die deutsche Geschichte hat Matthäi diese Aufgabe mit Ausdauer und Gelehrsamkeit, vor allem aber mit einer pietätvollen Hingabe gelöst, die das Buch zu dem kostbarsten Andenken macht, welches wir von dem Dahingeschiedenen besitzen („Geschichte des deutschen Volkes bis zum Augsburger Religionsfrieden. Von K. W. Nitzsch. Nach dessen hinterlassenen Papieren und Vorlesungen herausgegeben von Dr. G. Matthäi.“ 3 Bde. Leipzig 1883–85). Was die Herausgabe der römischen Geschichte so lange verzögert hat und auch jetzt – fünf Jahre nach Nitzsch’s Tode! – die Fortsetzung noch immer verzögert, ist nicht bekannt geworden; sollte dieselbe Fragment bleiben, so wäre dies trotz aller Mängel, die der Herausgeber selbst hervorhebt, dennoch höchst bedauernswerth. An dem vorliegenden ersten Heft ist besonders werthvoll die Einleitung, welche N. allen seinen Vorlesungen voranzuschicken pflegte: über die Entwickelung der Geschichtschreibung im allgemeinen („Geschichte der römischen Republik von K. W. Nitzsch. Nach dessen hinterlassenen Papieren und Vorlesungen herausgegeben von Dr. G. Thouret.“ Bd. I. Bis zum Ende des hannibalischen Krieges. Mit einer Einleitung „Ueberblick über die Geschichte der Geschichtschreibung bis auf Niebuhr“ und einem Anhang „Zur römischen Annalistik“, Leipzig 1884). – – –

Wenn man eine litterarische Thätigkeit wie die Nitzsch’s flüchtig durchwandert hat, so fühlt man das Bedürfniß, sich auch darüber klar zu werden, in welcher bestimmten Leistung das eigenartige Verdienst dieser Thätigkeit zu suchen ist. Aber hierauf ist schwer mit einem Worte zu antworten. Man kann kein Gebiet nennen, auf welchem N. wirklich der erste gewesen wäre. Daß auf dem Gebiet [740] der römischen Geschichte Mommsen den ersten Platz einnimmt, ist auch von dessen Gegnern einstimmig anerkannt; und für das deutsche Mittelalter wird N. selbst und werden auch alle seine Verehrer niemals bestritten haben, daß an Sammlung und Beherrschung des Materials außer Waitz auch noch mancher andere ihm voranging. Allein daß N. unter allen großen Historikern unserer Zeit der einzige ist, von dem man eine solche Leistung nicht aufweisen kann, ist keineswegs Zufall. Der Vorzug, auf engem Gebiete der erste zu sein, fehlte ihm, weil der gegentheilige sein eigen war: in jedem Gebiete sich heimisch zu machen. Will man in der That das Wirken dieser durchaus eigenartigen Natur, die ebenso unabhängig in ihren Zielen war, wie selbständig in ihren Wegen, mit einem Worte charakterisiren, so kann man auch hier eine Fähigkeit nennen, welche für den Charakter des Mannes wie für den seiner Leistungen in gleichem Maße bezeichnend ist, welche uns seine Stellung als Mensch unter Menschen, als Lehrer unter seinen Schülern, als Gelehrter unter seinen Fachgenossen in ihrer ganzen Eigenart und doch wieder in ihren reichen Beziehungen zu den andern erkennen läßt; eine Eigenschaft, welche in der Wissenschaft wie im Leben hervortritt, welche im verstandesmäßigen Denken nicht blos, sondern auch im gemüthvollen Empfinden sich zeigte: es war die Fähigkeit eines universellen Interesses. Diese Natur konnte nicht allein sein, und sie war niemals allein. Dasselbe Interesse für seine Mitmenschen, welches sich als Mitgefühl in seiner still und edel geübten Wohlthätigkeit, als schmucklose Liebenswürdigkeit in tausend Gefälligkeiten des täglichen Lebens zeigte, ganz dasselbe Interesse war es schließlich auch, welches ihn auf seinen vielen Fußreisen durchs liebe deutsche Vaterland an jeder bewohnten Stätte den Bewohnern persönlich nahe brachte und ihm die Fähigkeit verlieh, in der Gegenwart eines Ortes seine Vergangenheit zu studiren. Es ist wunderbar, wie N. sich bei solchen Neigungen auch von dem leisesten Anfluge von Pedanterie fern hielt. Zwanglos und harmlos in der Unterhaltung, zeigte er niemals etwas von jenem gelehrtenhaften Uebereifer, der jeden Salon in eine Studirstube verwandeln möchte, für den seine Gesellschaft nur ein Beobachtungsobject ist. Wie das herzliche und rein menschliche Interesse bei ihm mit dem wissenschaftlichen zusammenfiel, das zeigt sich in der reichen Fülle persönlicher Erfahrungen, welche in so viele der obengenannten Aufsätze hineinverwoben sind. Dieselbe Eigenschaft aber ist es auch, die N. zum Lehrer von Gottes Gnaden machte. Das sah man nicht nur in dem stets gefüllten Hörsaal, nicht nur in den zahlreich besuchten „Uebungen“, sondern vor allem in dem Einfluß, den N. auf seine Schüler auch außerhalb des Auditoriums desto wirkungsvoller übte, je weniger er beiden Theilen zum Bewußtsein kam. Diese Art seiner Einwirkung erklärt es auch, daß, obgleich die Anzahl seiner Schüler so groß ist, wie die irgend eines anderen Historikers, es doch keine Nitzsch’sche Schule in der Geschichtsforschung gibt, wie man eine Waitz’sche, eine Sickel’sche u. a. kennt. Nicht als ob er solche schärfer ausgeprägte Richtungen grundsätzlich verworfen hätte. Diese Art von Schulen ist in unserem wissenschaftlichen Leben nicht nur ein berechtigtes, sondern ein geradezu unentbehrliches Element; und die von ihm selbst so hochgeschätzte Detailforschung der neuesten Zeit ist ohne den Bestand dieser Schulen, die sich an ihren Begründer anschließen, um ihn in seinen Arbeiten zu unterstützen und dereinst fortzusetzen, gar nicht denkbar. Aber, wie er es einmal bei festlicher Veranlassung in seiner selbstlosen Art ausgedrückt hat, er wollte dies solchen Naturen überlassen, welche die Kraft dazu in sich fühlten; er habe immer nur das Bedürfniß empfunden, „mit jüngeren Fachgenossen gemeinsam zu arbeiten“. Und daß seine akademische Thätigkeit in Vorlesungen, Uebungen und persönlichem Verkehr wirklich eher den Eindruck gemeinsamer Unterhaltung als absichtlicher Belehrung machte, daß er es niemals als seine Aufgabe ansah, auch nur dem geringsten seiner Schüler die Bahn für seinen Studiengang vorzuzeichnen, [741] aber jederzeit bereit war, ihm auf dem selbstgewählten Wege fortzuhelfen, daß er die wunderbare Fähigkeit besaß, die Individualität jedes Einzelnen nicht sowol zu beeinflussen, als vielmehr mit richtigem Tact in ihrer Eigenart zu fördern und doch gewissermaßen zu erziehen – das erklärt es, daß dieser Meister zwar zahlreiche Schüler, aber keine Schule hinterlassen hat. Wenn so Nitzsch’s Lehrerfolge wesentlich darauf beruhten, worauf jede echte Lehrthätigkeit beruhen soll, auf der feinen Kenntniß der menschlichen Seele und der liebevollen Hingabe an die Individualität des Schülers, so wurzeln ganz ähnlich seine wissenschaftlichen Leistungen in der Fähigkeit, sich in jeden Ideenkreis mit vollem Verständniß zu versenken. In hohem Grade bezeichnend ist das Verhältniß, in welches er sich zu seinen Vorgängern und Mitarbeitern auf litterarischem Gebiete stellte. Wenn er im allgemeinen dazu neigte, lieber über die guten Seiten eines Buches zu sprechen, als über die schlechten, wenn er seinen Blick eher auf das richtete, was in dem Werk geboten wurde, als auf das, was man in ihm vermissen konnte: so war dies nicht etwa in einem Mangel an kritischem Gesammturtheil begründet. Wir haben gesehen, wie er diese Urtheilsfähigkeit überall da, wo ihre Ausübung ihm zur Pflicht gemacht wurde, in gelehrten Recensionen, in vollem Maße bewiesen hat. Allein für die Zwecke seiner eigenen Studien hatte er gar nicht das Bedürfniß, überall dieses kritische Messer anzulegen; viel mehr als die negative Seite hervorzukehren, war sein Bestreben darauf gerichtet, nach der Lectüre eines Werkes sich und anderen positiv klar zu machen, wie viel wir diesem Werke verdanken. Und da hat nun jene liebevolle Art der Anerkennung wissenschaftlicher Leistungen, die er seinen litterarischen Gegnern gegenüber wahrhaftig nicht am wenigsten geübt hat, für ihn selbst die schönsten Früchte getragen. Eben weil er von jedem Forscher zu lernen geneigt war, erweiterte sich nicht nur die Menge der Kenntnisse, sondern auch der Umfang des Gesichtskreises.

Daß in einer Zeit, wo die Geschichtswissenschaft als solche insofern fast zu verschwinden scheint, als sie sich auflöst in die einzelnen Forschungsgebiete, wie die Völkerkreise und die Epochen sie bezeichnen, daß in einer solchen Zeit N. zu den wenigen Männern gehört hat, „welche die Geschichtswissenschaft noch in Niebuhr’s Sinn als ein Ganzes betrachten“, das hat kein Geringerer als Mommsen in seiner Erwiderung auf Nitzsch’s Antrittsrede in der Akademie feierlich hervorgehoben. Aber nicht nur äußerlich zeigte sich diese Verbindung mehrerer Volksgeschichten; ihm waren sie innerlich ein Ganzes. Er fand gewisse Stadien der Volksentwickelung typisch wiederkehrend in jedem Volke, eine Auffassung, die am großartigsten in seinen (leider nicht herausgegebenen) Vorlesungen über allgemeine Verfassungsgeschichte durchgeführt war. Er faßte ferner jeden Moment der Volksgeschichte vom Standpunkt der Weltgeschichte auf. Wie die anderen Kieler Historiker, wie Dahlmann, Waitz und Hanssen, so hatte auch N. an jenem Grenzpunkt der Nord- und Südgermanen gelernt, die deutsche Geschichte als einen Theil der germanischen zu erfassen, wie denn alle seine Ausführungen über die Entwickelung Niederdeutschlands hierin fußen. Auch das hatte er in den Kämpfen der Herzogthümer „up ewig ungedeelt“ gelernt, wie man eine Landschaft historisch als ein Ganzes zu behandeln hat: eine Fähigkeit, die er nachher in der „Oberrheinischen Tiefebene“ so glänzend mit jener anderen von seinem Lehrer Ranke ererbten Gabe verbunden hat, auch dem kleinsten Fleckchen Erde seine Geschichte im Spiegel der Weltgeschichte zu zeigen. Wenn N. aber ferner in jedem Gegenstande, den er behandelte, alle Quellen heranzuziehen wußte, nicht nur Widukind und die Immunitätsurkunden, sondern auch die Hildesheimer Säule und die weiblichen Handarbeiten der Theophano, wenn er es verstand eine Figur, wie Otto v. Nordheim am grimmen Hagen des Nibelungenliedes sich klar zu machen, [742] so hatte diese Vielseitigkeit eben nur ihren Grund in jener warmen und wohlwollenden Art, mit der er jede fremde Leistung auf sich wirken ließ. Er haderte nicht mit Giesebrecht über die allzu geringe Berücksichtigung der allgemeinen Verhältnisse, sondern hatte seine Freude daran, in der „Kaiserzeit“ den vollen Reflex einer glanzvollen gleichzeitigen Ueberlieferung über die Thätigkeit der Personen zu erblicken; er mochte ebenso wenig mit Waitz darüber rechten, daß vielleicht den Quellenschriftstellern auch für die inneren Verhältnisse mehr Vertrauen zu schenken sei, sondern trotz vielfacher Differenz im einzelnen erfüllte ihn dennoch die „Verfassungsgeschichte“ und ihre Darstellung der stillen allmählichen Entwickelung mit aufrichtiger Bewunderung. Und so sicher es ist, daß er für seine Person den Angelpunkt der historischen Betrachtung in der wirthschaftsgeschichtlichen Entwickelung suchte, so sicher auch, daß in der Art, wie er politische und wirthschaftliche Entwickelung in ihrem organischen Zusammenhang darzustellen wußte, seine weit über das Fach der Geschichte hinausreichende Bedeutung beruht, so ließ er selbst doch diesen Standpunkt möglichst wenig hervortreten. Mit den Rechtshistorikern betrachtete er die rechtsgeschichtliche, mit den Kunsthistorikern die kunstgeschichtliche Entwickelung, selbst dann, wenn die Autoren vergaßen, daß es im Völkerleben noch ganz andere treibende Kräfte gibt, als den Streit um Rechtsfragen und um ästhetische Urtheile. Auch den Wissenschaften, in denen von irgend welchem fachgemäßen Verständniß doch nicht die Rede sein konnte, Astronomie, Naturforschung u. a. m., wandte er insofern sein Interesse zu, als er den Zusammenhang ihrer Ausbildung mit dem jeweiligen Culturzustand niemals aus den Augen verlor. Insbesondere verfolgte er den Kampf, den die verschiedenen Disciplinen um den maßgebenden Einfluß auf ihrer aller Königin, die Philosophie, von jeher geführt haben, und erblickte in den schwankenden Entscheidungen dieses Kampfes nicht selten ein weit deutlicheres „Zeichen der Zeit“, als in so mancher Feldschlacht. Kurz, soweit historisches Leben reichte, soweit reichte auch sein historisches Interesse; und wenn es irgend einen Geschichtschreiber gibt, vor dessen Werke man das „humani nil a me alienum puto“ als Motto setzen darf, so war es N.

So darf man sagen, daß N. das beste, was er geleistet hat, seinen rein menschlichen Eigenschaften verdankt; sie waren es, die ihn zum gottbegnadeten Lehrer machten, sie ebenfalls, die ihm die harmonische Ausnutzung seines gelehrten Forschens ermöglichten; sie sind es, die uns als ein unwillkürliches Selbstporträt entgegentreten, wenn er an Ernst Moritz Arndt rühmte: den Geist humaner Klugheit, sein mildes, bescheidenes und unbefangenes Urtheil über Menschen und Dinge. Wir alle, die wir den Gelehrten hoch schätzen, die wir unseres Lehrers nicht anders als mit herzlicher Verehrung gedenken können, wir rufen uns doch am liebsten ins Gedächtniß zurück, was er uns als Mensch gewesen: ein treuer Rather und Helfer. Wenn gute Bekannte sich wiedersehen und dessen gedenken, bei dem sie sich zuerst zusammengefunden, so geht das Gespräch gar schnell hinweg über die Werke des Meisters, und nur flüchtig gedenkt man der Stunden, da man zu den Füßen des Lehrers gesessen; was immer am meisten fesselt, das ist die Rückerinnerung an die traulichen Abende in dem gastlichen Hause am Lützower Ufer. Das macht, daß hier keine Erinnerung uns so ans Herz geht, wie die an den väterlichen Freund.

Vgl. R. Rosenmund, K. W. Nitzsch: Preuß. Jahrb. 48, 49. – G. Waitz im Biogr. Jahrb. f. Alterthumswiss., 1880. – J. Jastrow, K. W. Nitzsch u. die deutsche Wirthschaftsgeschichte: Jahrbuch f. Gesetzgebung etc., N. F. VIII. – Nachzutragen ist, daß die Röm. Gesch. (s. o. S. 739) inzwischen komplet geworden: Bd. II, Leipz. 1885.