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Artikel „Kobell, Ferdinand“ von Johann August Ritter von Eisenhart in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 16 (1882), S. 350–355, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Kobell,_Ferdinand&oldid=- (Version vom 16. Oktober 2024, 08:32 Uhr UTC)
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Kobell: Ferdinand K., kurfürstlicher Cabinetsmaler und Galleriedirector; geb. am 7. Juni 1740 in Mannheim, † am 1. Febr. 1799 in München. In der 2. Hälfte des vorigen Jahrhunderts sind aus der Familie Kobell (früher auch Köbel) acht Künstler hervorgegangen; drei derselben (Ferdinand, Franz, Wilhelm) gehören der deutschen, fünf (Hendrik, Anna und drei Jan) der holländischen Malerschule an, und behaupten sämmtliche vermöge ihrer namhaften Leistungen einen geachteten Platz in der neueren Kunstgeschichte. Der Ahnherr dieser Kobell ist Ferdinands Großvater, Johann Heinrich Kobell, der gleich seinen Vorfahren aus Oberhessen stammend im Juni 1716 zu Frankfurt a. M. den Bürgereid schwur und im Sommer 1720 (vielleicht aus Anlaß des verheerenden Brandes vom Juni 1719) nach Mannheim übersiedelte, wohin Kurfürst Karl Philipp III. vor kurzem von Heidelberg die Residenz verlegt hatte. Joh. Heinrichs ältester Sohn, Balthasar ging in kurfürstlichen Finanzdienst, wurde „Collector (d. i. [351] Einnehmer, Pfleger) der Heidelberger geistlichen Administration“ in Mannheim, zuletzt Rath bei der kurfürstlichen Finanzkammer daselbst und starb in dieser Eigenschaft mit Hinterlassung zweier Söhne: Ferdinand und Franz (s. d.). Johann Heinrichs jüngerer gleichnamiger Sohn wanderte nach dem Niederrheine, nach Rotterdam. Dort leistete er am 9. Decbr. 1755 den Eid als städtischer Vollbürger, gründete ein Geschäft mit englischen Fayencen (engelsch Aardewerk) und wurde Stifter des holländischen Zweiges der Familie, auf den wir am Schlusse des Artikels kurz zurückkommen werden. – K. besuchte nach erlangte Reife die benachbarte Universität Heidelberg und hörte daselbst nach dem Wunsche seines Vaters rechtswissenschaftliche Collegien. Allein es wirkten damals an der Carolina-Ruperta keine namhaften Kräfte; Vortrag und Methode waren trocken und der junge Candidat konnte dem Corpus juris und dessen Glossatoren keinen Geschmack abgewinnen; noch in späteren Jahren sprach er mit einer gewissen Abneigung von dem „starren, nüchternen Formenwesen, von der Herzenshärte“ der Juristen. Dagegen fühlte er sich von der lieblichen Landschaft um Heidelberg mächtig angezogen. An manchem dies academicus, vielleicht auch an manchem Collegientage durchstreifte er das anmuthige Neckarthal, die Bergstraße, die Höhenzüge der Hardt. Dort zeichnete er eifrig nach der Natur, und die Skizzenbücher gaben Zeugniß von seinem angeborenen Talente wie von seinen wachsenden Fortschritten. So war er am Schlusse seines akademischen Lebens mit dem Zeichnen und Malen wol besser vertraut als mit den Institutionen und Pandekten; doch bestand er das juristische Examen befriedigend und wurde alsbald (1760) Secretär an der kurfürstlichen Hofkammer. Allein das einförmige Bureauleben war nicht nach Kobell’s Geschmack; er benutzte deshalb jede freie Stunde, um im Verkehre mit befreundeten Künstlern sich im Zeichnen und Malen zu vervollkommnen. Er fertigte bereits ganz tüchtige Arbeiten, von denen Kurfürst Karl Theodor 1762 mehrere zu Gesicht bekam. Karl Theodor liebte die Kunst und förderte deren Pflege auch deshalb, weil es ihm gefiel, als Mäcenas gefeiert zu werden, wie denn selbst Lessing Mannheim eine Vorhalle der Kunst und Kunstbildung pries. Nach den vorhandenen Rechnungen verwendete Karl Theodor für Kunstzwecke während seiner 22jährigen Regierung 35 Millionen Gulden, eine Summe, welche allerdings nicht mit dem im Einklange steht, was durch sie erreicht wurde. – Der Kurfürst erkannte das Talent des jungen Mannes, gestattete ihm den Austritt aus dem Staatsdienste und wies ihm zugleich ein Kunststipendium an. Wol kein Staatsdiener hat seiner Laufbahn mit ihren Ehren und Auszeichnungen freudiger Lebewohl gesagt, als K., der nun mit dem Feuereifer der Jugend unter der Leitung des kürzlich aus Gent als Akademiedirector nach Mannheim berufenen Peter Verschaffelt seinem neuen Berufe oblag. Auf Unterweisung in seinem speciellen Fache, der Landschaft, mußte er allerdings verzichten, da kein Lehrstuhl für Landschaftsmalerei bestand; und dieselbe überhaupt seit Brinkmann’s Ableben (1761) ohne Vertretung war. K. verblieb somit auf die Natur – allerdings die beste Lehrmeisterin – und auf die Vorbilder der älteren Maler angewiesen; doch gab ihm der feinfühlige Gallerieinspector Franz Pichler manch’ werthvolle Winke über die Maltechnik der älteren Meister und über deren Compositionsweise sowie über deren Behandlung des Stoffes, welche Winke der strebsame Künstler nicht unbeachtet ließ. 1768 ging Graf Sickingen als a. o. kurbaierischer Gesandter an den Versailler Hof. K. begleitete ihn mit Genehmigung des Kurfürsten, hielt sich 18 Monate in Paris auf und studirte von Graf Sickingen eingeführt in den Künstlerwerkstätten und Staatsammlungen, so daß Kobell’s Pariser Aufenthalt als Abschluß der Studienzeit angesehen werden kann. Nach seiner Rückkunft (1769) wurde er kurfürstlicher Cabinetsmaler, bald darauf Secretär und Professor der Akademie [352] zu Mannheim, in den letzten Jahren seines Lebens (Januar 1798) nach J. F. Schlichter’s Abgang Director der dortigen Gallerie. K. führte in seinem „kleinen Hause“ im Kreise der Familie mit einigen gleichgesinnten Freunden ein stilles behagliches Künstlerleben. Frau v. La Roche, Wieland’s Jugendfreundin, welche während ihres Mannheimer Aufenthaltes häufig mit K. verkehrte, giebt im zehnten ihrer Mannheimer Briefe eine anziehende Schilderung von Kobell’s Wesen und Hause, „in dem es jedem gutgesinnten Menschenkinde so wohl ist!“ Die Natur selbst (fährt sie fort) mußte K. zu ihrem Maler bestimmen. Er zeigt sich wie eine offene, fruchtbare Landschaft voll schöner Anhöhen und Felder, bei jedem Schritte, den man vorwärts geht, vermehren sich Anmuth und Reichthum. Ebenso ist’s mit Kobell’s Unterredung; je weiter sie geht, je mehr Kenntnisse seines Geistes, je mehr Güte seines Herzens wird sichtbar. Einen verwandten Eindruck gewinnt man aus den Briefen an dessen Söhne; wir lernen ihn hier als sorgsamen Familienvater, als edlen Menschenfreund, als warmen Patrioten kennen. Mit reger Theilnahme folgt er den politischen und kriegerischen Vorgängen; der Zerfall des Reiches, dessen Ohnmacht und Zerrissenheit bewegen ihn schmerzlich. Mehrere Briefe aus den letzten Jahren seines Lebens tragen deshalb eine trübe Färbung. „Mein gutes, deutsches Vaterland“ (schreibt er im Januar 1798) „was bist du geworden, und was werden die Menschen wol aus dir machen? Welch’ grausames Spiel treibt man mit Dir? Es ist meiner Vernunft nicht möglich zu glauben, daß Alles jenseits des Rheins französisch werde und bleibe.“ 1793 sah sich K. durch die drohenden Kriegsgefahren veranlaßt mit seiner Familie nach München zu übersiedeln, wohin der Hof bereits 1778 gezogen war. Dort fand er neue, ungewohnte Verhältnisse, und es beschlich ihn Sehnsucht nach der heimathlichen Pfalz und den Pfälzer Freunden. „Bacchus kennt diese Gegend (d. i. Altbaierns) nicht; – (klagt er brieflich wenige Monate nach seinem Umzuge) – seit der Schöpfung ward hier kein Thyrsusstab geschwungen, kein Bacchanal gefeiert; nie röthet da die Octobersonne eine Rubintraube und von den Hügeln strömt nie der göttliche Stoff, der süße Wein in den goldenen Becher.“ Allein alsbald fand sich der liebenswürdige, anspruchslose Mann auch an seinem neuen Wohnorte zurecht, wo er nach kaum sechsjährigem Aufenthalte am 1. Febr. 1799 starb. K. war nach dem Zeugnisse Meusel’s, Füßli’s, Lipowsky’s und anderer Kunstschriftsteller ein von seinen Zeitgenossen hochgeachteter Künstler, der seine Stoffe mit künstlerischem Verständnisse und treuer Wiedergabe der Natur ausführte. Namentlich wird die Darstellung seiner Bäume und die glückliche Vertheilung von Licht und Schatten gerühmt, wodurch die Bilder trotz ihrer Einfachheit auf den Beschauer effectvoll wirken. Nach Manlich’s Catalog befanden sich in der Münchner Gemäldesammlung zwei Bilder. Vier sind in Schleißheim untergebracht. Neben zwei kleinen Landschaftsbildchen (Nr. 455 und 456) befindet sich dort ein Thalgrund mit Aussicht auf die Ebene, im Vordergrunde eine Hirtenfamilie mit Heerde; das 4. Bild „Am Rhein“ zeigt eine mit Figuren belebte Straße zwischen hohen Bäumen und einem Hause am Ufer, auf dem Flusse ziehen Kähne und Schiffe. Ein großer und wol der hervorragendste Theil seiner Kunstleistung besteht in seinen Radirungen; man zählt 242 Blätter, welche neben einigen figürlichen Darstellungen fast sämmtlich Landschaften enthalten. K. besorgte selbst mit großer Sorgfalt den Druck der Platten, welche er in der Periode von 1769 bis 1796 fertigte. Sein langjähriger Freund Stephan Freiherr v. Stengel, hat unter dem Titel: Catalogue raisonné des estampes de Ferd. Kobell, Nuremb. 1822 eine sorgfältige Beschreibung jedes einzelnen Blattes geliefert und in der Vorrede einige biographische Notizen mitgetheilt. Kobell’s Blätter sind für die deutsche Aetzkunst deshalb von hohem Belange, weil er der erste deutsche Meister [353] ist, welcher die landschaftliche Radirung bezüglich der äußeren Elemente der Darstellung zu einer vollendeten Durchbildung gebracht hat. K. suchte absichtlich die einfachsten landschaftlichen Situationen, den schlichtesten menschlichen Verkehr; indem er das stille Wirken der Natur in ihrer Reinheit und Einfalt wiedergab, leitete er den Aufschwung unserer Kunst ein, welche sich auf diesem Wege allmählich von den Fesseln des französischen Geschmackes befreite. In den Arbeiten kann man drei Perioden unterscheiden. Nach der Rückkehr aus Paris folgte er den Holländern, dann wandte er sich mehr der idealen Richtung eines Poussin zu, bis er endlich in voller künstlerischer Selbständigkeit auftritt, wobei ihm die heimische Natur als Vorbild diente. In dieser dritten Periode ist namentlich die Luft in so meisterhafter Art behandelt, wie man es auf Radirungen selten wieder findet. Nach der Pariser Reise hat unser Künstler wenig Naturstudien mehr gemacht; nur Einzelheiten, etwa Vordergründe zu seinen Gemälden, Felspartien, Pflanzengruppen u. Aehnl. pflegte er nach der Natur zu zeichnen, im Uebrigen faßte er die Erscheinungen nur mit dem Auge auf, und prägte sie dem Gedächtniß ein, indem er bemerkte: man komme mit jenen Studien der Wirklichkeit doch nicht nahe, und erschienen sie wie ein Spott auf das Vermögen der Kunst. Hierdurch gelangte er zu einer stilistischen Behandlung der Landschaft ohne einer einseitigen naturalistischen Richtung zu verfallen. 1809 erschien bei Frauenholz in Nürnberg unter dem Titel Oeuvre complet de Ferd. K. etc. eine Sammlung von 179 Kobell’schen Radirungen, welche auf 79 Bogen in Fol. gedruckt sind. 1842 veranstaltete Cotta in Tübingen eine neue Auflage in 178 Platten, wozu Kugler ein einleitendes Vorwort verfaßte. Aus Kobell’s Ehe mit Anna Lederer, einer Beamtenstochter aus Düsseldorf, gingen 7 Kinder hervor, darunter 4 Söhne. Der Aelteste, Innocenz (geb. 1765) wandte sich der juristischen Laufbahn zu und starb 1838 als Oberappellationsgerichtsrath zu München, der zweite, Wilhelm (1766–1853 s. u. S. 357), trat in die Fußstapfen seines Vaters; der dritte Sohn Aegid (1772–1847 s. o. S. 349) war Generalsecretär des baierischen Staatsrathes, Mitglied der Regentschaft in Griechenland, baierischer Gesandter in Athen und starb zu München als Staatsrath i. ord. Dienste; der vierte, Franz (geb. am 29. Decbr. 1779, † am 13. Octbr. 1850), ein wegen seiner reichen Geschäftserfahrungen sehr geschätzter Beamter, bekleidete zuletzt mit dem Titel eines geheimen Rathes lange Jahre die[WS 1] Stelle eines Referenten und Generalsecretärs im Staatsministerium des Innern; sein ältester Sohn ist der auch als Dialektdichter und Jagdschriftsteller wohlbekannte Münchner Universitätsprofessor, geheimer Rath Dr. Franz v. K. – Kobells Porträt nach J. Hauber’s Oelbild von Schlotterbeck 1806 gestochen ist der Frauenholz’schen Ausgabe seines Werkes als Titelkupfer beigegeben. Ein zweites Porträt Kobell’s aus dessen späterer Lebenszeit, von dessen Freund Dorner auf Leinwand gemalt, ist im Besitze der Familie. Auch auf einem Wandgemälde des baierischen Nationalmuseums von Palmer, welches Mannheims Künstlerkreis zur Zeit Karl Theodors vorführt, ist K. neben der Pianistin Fanny Danzi sitzend mit großer Porträtähnlichkeit abgebildet. – Bei dem nahen Zusammenhange des holländischen Zweiges der Familie mit dem baierischen (der Stifter des ersteren war ein Oheim Kobell’s und ist in Deutschland geboren und erzogen) soll der hervorragenderen Mitglieder dieses holländischen Zweiges hier kurz Erwähnung geschehen. Kobell’s Onkel Heinrich K. zog, wie oben schon erwähnt, nach Rotterdam und hinterließ 2 Söhne: Hendrik (Heinrich) und Jan (Johann), welche beide sich der Kunst widmeten.

Hendrik K. jun., Maler und Radirer, geb. am 13. Septbr. 1751 zu Rotterdam (nicht zu Mannheim, wie Füßli, Meusel u. A. behaupten), † am 3. August 1799 daselbst. Von seinem Vater für den Kaufmannsstand bestimmt [354] und deshalb zu weiterer Ausbildung nach England, besonders London gesandt, kehrte er von dort 1770 mit dem Entschlusse zurück, sich als Künstler auszubilden; er arbeitete in Amsterdam 2 Jahre bei Jakob de Vos und Cornelius Ploos van Amstel mit überraschendem Erfolge und wählte nach einem Ausfluge nach Paris (bei welcher Gelegenheit er auch seine pfälzischen Verwandten besuchte), 1774 Rotterdam zu seinem ständigen Aufenthalte. In einem Fieberanfalle sprang er aus einem Fenster auf die Straße und starb in Folge dieses Sturzes, frühzeitig eine mit Ruhm betretene Laufbahn endend. Er malte Landschaften, Nacht- und besonders Seestücke, welche durch Präcision der Zeichnung, Feuer der Composition und Kraft der Ausführung hervorragen. Fokke, Brookshaw, de Sallicth u. A. haben nach ihm in Kupfer gestochen. Auch K. selbst hat einige kleine Blätter geistreich geätzt; das Vorzüglichste aber was er geleistet, besteht in seinen Aquarellen und getuschten Zeichnungen. Er nennt sich auf seinen Werken: „K. junior“ vielleicht im Gegensatze zu seinem älteren Vetter Ferdinand. 1771 wurde er Mitglied der Akademie „Pax artium nutrix“, am 30. Octbr. 1774 verehelichte er sich mit Anna Deter v. Delfshaven. Von seinen beiden Söhnen wurde Jan ein berühmter Maler.

Jan K., Kupferstecher, geb. 1756 zu Rotterdam, † am 15. Juli 1833 dortselbst. Ein jüngerer Bruder des Hendrik K. (s. o.) Er bildete sich als Zeichner und Kupferstecher aus. Sein Hauptwerk sind Stiche anatomischer Tafeln des Prof. Bleuland, die er in Verbindung mit van der Jegt colorirt herausgab. 1787 fertigte er eine Reihe historischer Porträts. Er trieb nebenbei einen Kunsthandel, der nur in knapper Weise die Bedürfnisse seiner Familie zu decken vermochte.

Jan K., geb. um das J. 1779 zu Delfshagen (nicht 1782 wie Meusel, Füßli u. A. anführen) † am 23. Septbr. 1814 zu Amsterdam. Jan, ein Sohn des Hendrik und Neffe des Stechers Jan K., verlor schon im zarten Kindesalter beide Eltern und wurde daher im Waisenhause der Jansenisten zu Utrecht erzogen. Da er ein überraschendes Zeichentalent an den Tag legte, kam er zu Willem Rütger van der Wall in die Lehre, bei dem er so auffallende Fortschritte machte, daß seine Leistungen die Aufmerksamkeit der Kunstkenner auf sich zogen und die 4. Classe des königlichen niederländischen Institutes ihn zum Mitglied erkor. 1812 reiste er nach Paris, und brachte zur dortigen Ausstellung „eine Weide mit 3 Thieren am Ufer“. Der Künstler erhielt hierfür die goldene Medaille und Landon bezeichnete im 2. Theile seines Salon de 1812 K. als einen Meister, „welcher sich durch Neuheit der Composition und Ursprünglichkeit des Pinsels auseichnet“. Nun war das Glück des Künstlers gemacht; von allen Seiten liefen Bestellungen ein und seine Bilder wurden theuer bezahlt. Solch überraschender Erfolg scheint ihn geblendet und allmählig seine Gehirnnerven angegriffen zu haben; es litten seine geistigen Kräfte und hierdurch auch seine Leistungsfähigkeit. Er starb erst 34 Jahre alt am 23. Septbr. 1814 im Vorstadtspital (Builtengasthuis) zu Amsterdam ohne Nachkommen und wurde in der dortigen Neuenkirche unter großem Geleite der Künstlergenossenschaft, welche ihn als ihren ersten Thiermaler verehrte, zur Ruhe bestattet. Ums J. 1813 hatte er die Kapitänstochter Getruida Maria Stöte geheirathet; allein die Ehe fiel unglücklich aus; K. trennte sich bald von seiner jungen Gattin und ging nach London, wo er bis kurz vor seinem Tode lebte. – K. nimmt in der künstlerischen Darstellung von Landschaften mit Thierstaffage (Pferden, Kühen, Schafen und Ziegen) durch seine vorzügliche Technik und richtige Zeichnung unter den holländischen Malern den ersten Rang ein. Seine Arbeiten erinnern ganz an den Stil und das Colorit Paul Potters, den er sich zum Vorbilde genommen, ohne jedoch zum bloßen Copisten herabzusinken. Kobell’s Gemälde blieben auch nach seinem Tode sehr gesucht und wurden hiefür [355] hohe Preise bezahlt. Bei dem Verkaufe von Bleuland’s Nachlasse (1830) wurden für Kobell’sche Oelbilder 1200, 1430 und 2835 fl. gezahlt. Man besitzt von ihm auch einige vorzügliche Stiche, von denen einzelne, namentlich im Abdrucke auf farbigem Papier eine große Seltenheit sind – über dessen Porträte ist das Nähere in Kramm’s holländ. Künstlerlexikon zu finden.

Jan K., Landschaftsmaler, geb. am 18. April 1800 zu Rotterdam, † am 8. Novbr. 1838 dortselbst, Sohn des Kupferstechers und Kunsthändlers Jan K. und Vetter des eben besprochenen Thiermalers Jan K. Auf der Akademie seiner Vaterstadt gebildet, malte er schon im 17. Jahre einen kleinen Kuhstall, welches Bild im königlichen Museum zu Haag aufgestellt ist; 1830 vollendete er sein Hauptwerk mit lebensgroßen Thieren ganz nach der Natur, das er nach Paris verkaufte. Im Kunstblatt von 1836 wird eine Landschaft mit Kühen gerühmt, welche bei größter Einfachheit und markiger Behandlung sehr eigenthümlich wirkt. K. studirte mit großem Eifer nach der Natur und malte ausschließend Landschaften mit Thierstaffage. Auch ihm war ein kurzes Lebensziel gesteckt, da er im Alter von nur 38 Jahren unvermählt starb. – Seine Schwester Anna K., geb. 1795 in Gouda, war gleichfalls eine geschätzte Künstlerin und befinden sich einige ihrer Arbeiten in holländischen Privatsammlungen. Sie blieb gleich ihrem Bruder unverheirathet, und starb zu Rotterdam 7. Septbr. 1847, 52 Jahre alt.

(Ferd. Kobell) Catalogue raisonné de Ferd. Kobell p. Et. Bar. de Stengel – Huber und Rost, Handbuch f. Kunstliebhaber etc. Bd. I. S. 252. – Mannlich, Beschreib. der churpfälz. Gemäldesamml. I, S. 238. II, Nr. 233 u. 287. – Kugler’s kleine Schriften etc. 3. Th. S. 363–70. (Ueber Ferd. K. und seine Radirungen). – Deutsches Kunstblatt 1858 S. 280. – Lipowsky, S. 155. – Nagler’s Allgem. Künstlerlexikon, Bd. 7 S. 91 (enthält ein ausführliches Verzeichn. von dessen Stichen).– Meusel, Museum für Künstler etc. St. 15. S. 120. – Ders., Neues Mus. St. 2. S. 211. – (Holländischer Zweig) Geschiedenis der vaderlandsche Schilderkunst door R. van Eyden en A. van der Willigen. 3 tom. – Nagler a. a. O. 102 – 104. – J. Immerzeel, de levens en werke d. holl. en vlam. Kunstschilders T. 2. p. 120–122. – Kramm, de levens en werke etc. 884. – Genealog. Mittheilungen des Bürgermeister-Amtes zu Rotterdam.


Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: des