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Artikel „Knoblauch, Hermann“ von Robert Knott in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 51 (1906), S. 256–258, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Knoblauch,_Hermann&oldid=- (Version vom 21. November 2024, 17:54 Uhr UTC)
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Knoblauch: Karl Hermann K. wurde am 11. April 1820 zu Berlin geboren. Sein Vater, Karl Friedrich Wilhelm K., war der angesehene Besitzer einer Seiden- und Ordensbandfabrik in Berlin. Gleichzeitig bekleidete er das Amt eines Stadtrathes, und als königlicher Geheimer Finanzrath nahm er eine stimmberechtigte Stellung in der Verwaltung der Staatsschulden ein. Da sein Sohn Hermann der einzige männliche Sproß seiner mit Henriette Keibel geschlossenen Ehe war, und nach dem Tode der im 16. Lebensjahre dahingeschiedenen Schwester Marie Henriette als einziges Kind zurückblieb, so war es der Wunsch des Vaters, daß der junge K. sich dem Kaufmannsstande widme; bestimmend war für diesen Beschluß auch der Umstand, daß der junge K. kränkelte und der Vater glaubte, er sei den geistigen Anstrengungen auf dem Gymnasium nicht gewachsen. Er nahm daher den Sohn von dem Cöllnischen Realgymnasium und schickte ihn, um seine Gesundheit zu kräftigen, zunächst aufs Land nach Züllichau. Nachdem Hermann confirmirt war, wurde er zu Verwandten nach Frankfurt a. M. gebracht, um dort in die Lehre zu gehen. Da ihm die Beschäftigung eines Kaufmanns nicht zusagte, arbeitete er im geheimen an dem Gymnasialpensum weiter; er nahm ohne Wissen des Vaters Privatstunden und bereitete sich – hauptsächlich in den Nächten – zum Abiturientenexamen vor. Als er sich fest genug glaubte, machte er seinem Vater Mittheilung von seinem Vorhaben, daß er die Thätigkeit eines Kaufmanns verlassen wolle, um sich nach bestandener Maturitätsprüfung dem Studium zu widmen. Der Vater willigte ein und so bestand der junge K. auf dem Berliner Werder’schen Gymnasium die Maturitätsprüfung. Er blieb dann die Studienjahre im Elternhause und hörte Vorlesungen über Physik und Technologie an der Universität und königlichen Gewerbeakademie. Philosophie hörte er bei Steffens, Trendelenburg und Werder, Mineralogie bei Rose, Astronomie bei Encke, Mathematik bei Dirksen und Ohm, Physik bei Dove und Poggendorff; in die Mathematik führte ihn noch privatim Schellbach ein. Sein einflußreichster Lehrer aber war Magnus, der ihn in Experimentalphysik und Technologie unterrichtete. Magnus gestattete ihm in seinem Privatlaboratorium physikalische Untersuchungen zu verfolgen. Damals gab es noch keine Staatslaboratorien, wie denn überhaupt die Fächer der Naturwissenschaft nur sehr gering angesehen wurden. Magnus, ein glänzender Vertreter der experimentellen Richtung, hat durch seine hervorragenden Arbeiten nicht zum geringsten dazu beigetragen, den auf den naturwissenschaftlichen Fächern ruhenden Bann zu brechen, indem er durch seine Arbeiten zeigte, was die experimentelle Methode leisten konnte. Den Mangel eines öffentlichen Laboratoriums [257] ersetzte Magnus, indem er in seiner Privatwohnung eine Arbeitsstätte schuf, wo er eine Reihe der tüchtigsten Physiker ausbildete. Helmholtz, Du Bois-Reymond, der Physiologe, Werner Siemens, Clausius, Kundt, Brücke, G. Wiedemann, sie alle sind aus dem Laboratorium von Magnus hervorgegangen. In seinem Studiengange begünstigte nun K. das Glück in ausgezeichneter Weise dadurch, daß er erstens den Unterricht namhafter Gelehrter genoß und es ihm zweitens beschieden war zu seinen Studiengenossen Männer zu zählen, die bald zu den hervorragendsten Vertretern ihrer Disciplin gehörten. Mit den bekanntesten Forschern, u. a. Helmholtz, Du Bois-Reymond, Karsten, Werner Siemens, zählt K. zu den Begründern der bekannten Physikalischen Gesellschaft zu Berlin. Unter Magnus’ Leitung stellte K. Versuche über strahlende Wärme an, welche er in seiner Inauguraldissertation – „De calore radiante disquisitiones experimentis quibusdam novis illustratae“, Berolini 1846 – zusammenfaßte, worauf er am 16. Januar 1847 an der Berliner Universität zum Doctor philosophiae promovirt wurde. Im Anschluß an diese Untersuchung fertigte K. im Magnus’schen Laboratorium noch eine Reihe anderer Arbeiten aus dem Gebiete der Wärmelehre an; gleichzeitig bereitete er sich zum Staatsexamen vor und erwarb am 20. Juni 1847 die facultas docendi. Am 21. Juni 1848 habilitirte er sich für Physik an der Berliner Hochschule. Noch als Privatdocent siedelte er im folgenden Jahre nach Bonn über, von wo er nach halbjährigem Aufenthalte als Professor extraordinarius nach Marburg berufen wurde. Hier wurde er am 7. Mai 1852 zum Professor ordinarius für Experimentalphysik befördert. In Marburg war der bekannte englische Physiker John Tyndall längere Zeit als Assistent bei K. thätig. Am 13. Mai 1853 wurde K. als Docent für Experimentalphysik an die Stelle Schweigger’s nach Halle berufen. Hier hat er die übrige Zeit seines Lebens gewirkt als Docent und Mitglied der delegirten medicinischen, bergmännischen, landwirthschaftlichen und pharmaceutischen Prüfungsscommission; 1881 wurde er Vorsitzender der letzteren. In seiner Stellung als ordentlicher Professor wurde ihm drei Jahre hinter einander, vom 12. Juli 1868 bis zum 12. Juli 1871, die Ehre zu Theil, die Universität als Rector magnificus nach Außen zu vertreten. Die äußere Veranlassung, daß K. am 12. Juli 1870 zum dritten Mal als Rector gewählt wurde, verdient besonders hervorgehoben zu werden. Zu Anfang des Jahres 1870 war der damalige Curator der Universität Beuermann gestorben. Die Curatorialgeschäfte wurden zunächst dem Rector und Universitätsrichter übertragen. Als nun der 12. Juli herankam, äußerte man im Ministerium den Wunsch, wegen der politischen Unruhen von der Wahl eines anderen Rectors abzusehen und K. wiederzuwählen, damit er in der bewegten Zeit die gewonnenen Kenntnisse auf dem Gebiete der Universitätsverwaltung weiter zum Nutzen der Hochschule verwerthe. In dem ersten Jahre seines Rectorats stiftete K. sechs Stipendien im Betrage von je 150 Mark für Studirende sämmtlicher Facultäten. Im J. 1870 schenkte er die an der Südseite der Aula befindlichen Gemälde der Stifter und Gründer der Universität Halle: das Bildniß des Kurfürsten Friedrich des Weisen, des Begründers der Universität Wittenberg, und des Gründers der vereinigten Friedrichs-Universität zu Halle, des Königs Friedrich Wilhelm III., welche dann am 22. März 1870 bei der Feier von Königs Geburtstag feierlich enthüllt und der Universität übergeben wurden. Im folgenden Jahre wurde auf seine Veranlassung und mit seinen Mitteln die Aula renovirt und mit Wandgemälden ausgestattet. An dieser großartigen Schenkung betheiligte sich übrigens auch Frau Geheimerath [258] Krukenberg. Den im Kriege gefallenen Söhnen der Hochschule widmete K. eine Gedächtnißtafel in der Aula. 1871 wurde er zum Geheimen Regierungsrath ernannt und 1873 als Mitglied des Herrenhauses auf Lebenszeit als Vertreter der Universität Halle-Wittenberg berufen. Unter der studirenden Jugend war K. allgemein wegen seiner Liebenswürdigkeit und Milde beliebt. Der studentische Gesangverein Friedericiana machte ihn zum Ehrenmitgliede und 1875 folgte der pharmaceutische Verein Marchia diesem Beispiele. Eine große Anzahl von Ordensauszeichnungen wurde ihm zu Theil; von vielen gelehrten Gesellschaften war er Mitglied bezw. Ehrenmitglied. Unter diesen hat er sein besonderes Interesse der Leopoldinischen Akademie der Naturforscher zugewendet, deren Bibliothek er u. a. umgestaltete und deren Finanzen er ordnete.

Knoblauch’s wissenschaftliche Arbeiten betreffen fast ausschließlich das Gebiet der strahlenden Wärme; mit unendlichem Fleiß und peinlichster Sorgfalt hat er hier eine große Reihe interessanter Versuche durchgeführt und schöne Resultate aus seinen Beobachtungsreihen abgeleitet. Knoblauch’s Arbeiten waren bahnbrechend für die neuere Auffassung in der Naturwissenschaft von der Constanz der Energie. Zu seiner Zeit wurde noch von manchen Forschern die Wärme für einen Stoff gehalten; es ist das unsterbliche Verdienst Knoblauch’s diese Anschauung durch Versuche als falsch erwiesen, vielmehr den Nachweis erbracht zu haben, daß zwischen Licht- und Wärmestrahlen völlige Identität besteht. Er wies bei den Wärmestrahlen Beugung, Doppelbrechung in Krystallen, Interferenz, Polarisation (auch elliptische) nach. In seiner großen Arbeit vom Jahre 1887 – „Ueber die elliptische Polarisation der Wärmestrahlen bei der Reflexion von Metallen“, Festschrift zur Erinnerung an das zweihundertjährige Bestehen der Leopoldinisch-Carolinischen Akademie als Kaiserlich Deutsche Reichsakademie. Nova Acta der Kais. Leop.-Carol. Deutschen Akademie der Naturforscher Bd. L, Nr. 6, S. 485 – legte er die Lage der Axen der Ellipsen fest und bestimmte ihr Verhältniß. Als Spiegel benutzte er diathermane und absorbirende Substanzen. Auch über die ungleichartige Natur der Wärmequellen stellte er zahllose Versuche an, die in der Verbindung mit der von ihm entdeckten selectiven Absorption der Substanzen von hohem Interesse sind. An diesen Untersuchungen hat er unermüdlich bis in sein höchstes Alter gearbeitet. 1893 hatte er eine schwere Rippenfellentzündung durchzumachen, von der er sich nie mehr erholte. Am 30. Juni 1895 verschied er in Baden-Baden, wohin er auf ärztliche Weisung zur Kräftigung seines Körpers gegangen war.

Die Litteratur über die Arbeiten Knoblauch’s findet sich in Poggendorff’s Biographisch-literarischem Handwörterbuch.

Karl Schmidt-Halle: Carl Hermann Knoblauch. – Leopoldina, 31. Heft, Jahrg. 1895, S. 116 ff.