ADB:Himmel, Friedrich Heinrich

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Artikel „Himmel, Friedrich Heinrich“ von Robert Eitner in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 12 (1880), S. 435–436, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Himmel,_Friedrich_Heinrich&oldid=- (Version vom 19. April 2024, 04:52 Uhr UTC)
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Himmel: Friedrich Heinrich H., königl. preußischer Kapellmeister; ein talentvoller Musiker, der sich die Gunst des Hofes, wie des Publicums in so hohem Maße zu erwerben wußte, daß er während fast zweier Jahrzehnte den Berliner Geschmack völlig beherrschte. In Treuenbriezen als Sohn unbemittelter Eltern am 20. Nov. 1765 geboren, studirte er in Halle Theologie (er liebte es später, diesen ersten Theil seines Lebens in Dunkel zu hüllen). Bei einer gelegentlichen Anwesenheit in Potsdam hatte er aber das Glück, durch sein Clavierspiel die Aufmerksamkeit des Königspaares zu erregen. Er erhielt nun die Mittel zur Ausbildung seines Talentes beim Kapellmeister Naumann, der ihn später gelegentlich als seinen „besten Schüler“ bezeichnete (Zelter an Goethe d. d. 7. Juli 1831). Nachdem er sich 1792 in Berlin durch das Oratorium Isacco (Text von Metastasio) bei Hofe eingeführt und durch sein Clavierspiel und seinen Gesang auch die Gunst des Publicums erobert hatte, ward er vom König zum Kammercomponisten mit einem ansehnlichen Gehalte ernannt und erhielt die Mittel zu einer Studienreise nach Italien. Hier wurde 1794 zu Venedig seine erste Oper „Il primo navigatore“ und 1795 in Neapel die „Semiramide“ aufgeführt. Im selben Jahre ward er vom Könige zurückberufen, um den abgesetzten Reichardt, mit dem er später noch manche musikalische, litterarische und persönliche Fehde auszufechten hatte, als Kapellmeister zu ersetzen. Damit betrat er das Feld seiner Hauptwirksamkeit. In Berlin, wie in Potsdam, bei Hofe, wie [436] im Publicum ward er alsbald der Leiter des musikalischen Treibens, der durch seine Compositionen den Geschmack des Tages bestimmte. Daß soeben Mozart sein Leben und Schaffen abgeschlossen hatte, daß Haydn noch auf der Mittagshöhe seines Ruhmes stand, daß Beethoven neue Bahnen der Kunst betreten hatte, davon merkt man in dem damaligen Musikleben der norddeutschen Hauptstadt gar wenig. Hier ward H., der sich mit jenen Heroen nicht entfernt messen kann und nur Alltagsmusik, wenn auch recht gefällige, machte, mit höchstem Lobe gefeiert und während die Throne Europa’s zusammenbrachen und die Völker niedergetreten wurden, ergötzte man sich in Berlin an Himmel’s tändelnder „Fanchon“. Unter dem Aufmarsch der Armeen vor der Katastrophe von Jena war H. in Tiefurt bei der Herzogin Amalie zum Besuche (vgl. Henriette Knebel an ihren Bruder d. d. 27. Septbr. 1806), man musicirte dort „mit schwerem Herzen“, wie Goethe schreibt. Während der folgenden Unglücksjahre lebte H. in Begleitung des Hofes in Königsberg, von wo die Berichte der Leipziger Allgemeinen musikalischen Zeitung (1809 und 10) begeisterte Berichte über seine musikalische Thätigkeit, sein Clavierspiel, seine Direction bringen. Seine wol durch zu großes Wohlleben angegriffene Gesundheit (Zelter, der sein Talent sehr hoch schätzt, schildert ihn als einen jovialen, dem Wein- und Lebensgenuß ergebenen Künstler) nöthigte mehrfach zu Reisen. 1808 kam aus Rom die irrige Nachricht seines Todes (Zelter an Goethe (d. d. Anf. April 1808) und ebenso 1811 aus Karlsbad, wo Goethe sich seines Umgangs erfreute, wenn er gleich „wegen seiner lustigen Lebensart nicht viel mit ihm zusammen kam“; obgleich leidend, sei er doch immer der alte, lustig, mittheilend und durch sein Spiel auch die rohsten Instrumente verbessernd (Goethe an Zelter d. d. 26. Juni 1811). Die Wassersucht führte denn auch mitten im Genuß seines sonnigen Lebens zu Berlin am 8. Juni 1814 seinen Tod herbei.

Als sich auch in Berlin der deutsche Geist zu regen anfing und man eifrig bemüht war, der italienischen Oper eine deutsche entgegenzustellen, lieh auch H. bereitwillig der neuen Richtung seine schlagfertige Feder. Unter Bernh. Anselm Weber’s Leitung wurde am Nationaltheater neben kleineren Sachen, wie „Frohsinn und Schwärmerei“ (1802), „Der Kobolt“ (1804), auch Himmel’s „Fanchon oder das Leiermädchen“, Text nach Bouilly von Kotzebue, komische Oper mit Schäfermusik (1804) und seine größere Zauberoper „Die Sylphen“ (1806, Text von Robert, d. i. Levin) gegeben. Ueber die letztere äußert sich Zelter (an Goethe d. d. 21. April 1806) auf interessante Weise mit großem Lobe; doch schien ihm die Musik „bis zur Unausführbarkeit schwer“. – H. schrieb übrigens eine große Menge anderer, auch ernsterer Musiken, doch auch letztere nicht, ohne daß daraus sein leichter Sinn und sein mehr gefälliges als tiefes Talent hervorlächelte: Cantaten, darunter die Cantate auf den Tod Friedrich Wilhelms II., Psalmen, Vespern, das Vaterunser in Mahlmann’s poetischer Umschreibung, Concerte, große Claviersonaten und andere Kammermusik. Am glücklichsten aber ist er in seinen Liedern, deren er zahllose schrieb, darunter die Gesänge zu Tiedge’s Urania. Im Liede wußte er oft den naiven Ton des Volksliedes glücklich zu treffen, darum wurden denn auch seine Lieder sehr viel gesungen und manche derselben haben sich, z. B. unter den Schulliedern, bis heute erhalten.