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Artikel „Hartung, Johann Ad.“ von Gustav Emil Lothholz in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 10 (1879), S. 715–716, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Hartung,_Johann_Adolf&oldid=- (Version vom 3. Dezember 2024, 18:49 Uhr UTC)
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Hartung: Johann Ad. H., ein tüchtiger Schulmann und kenntnißreicher Philolog, geboren am 25. Januar 1801 zu Berneck im Obermainkreise Baierns, † am 20. Septbr. 1867 als Gymnasialdirector in Erfurt. Auf dem Gymnasium in Bayreuth, das insbesondere durch die Lehrtüchtigkeit der Professoren Gabler und Held zu großem Ansehen gelangt war, wurde H., der sich auf autodidactischem Wege mit Hülfe der kleinen Bröder’schen Grammatik so viele Kenntnisse erworben hatte, daß er in dem Progymnasium Aufnahme finden konnte, für akademische Studien gründlich vorbereitet. Im October 1820 – sechs Jahre war er auf dem Gymnasium gewesen – bezog er die Universität Erlangen, wo er sich besonders unter der Leitung L. Döderlein’s dem Studium der Philologie widmete. In Erlangen weilte H. 1½ Jahr und siedelte dann nach München über, um unter dem maßgebenden Einflusse von Friedrich Thiersch seine Studien fortzusetzen. Seine beschränkte Lage nöthigte ihn zugleich eine Hauslehrerstelle anzunehmen. Bereits im Juni 1823 unterzog er sich der Staatsprüfung. Nachdem er auf 1 Jahr abermals eine Hauslehrerstelle übernommen hatte, wurde er 1824 zum Professor am Gymnasium in Erlangen ernannt, wo er mit seinem früheren Lehrer Döderlein, Nägelsbach, Fr. Rückert und anderen namhaften Persönlichkeiten der Universität in freundschaftliche Beziehungen trat. Im October 1837 folgte H., der sich durch seine wissenschaftliche und pädagogische Tüchtigkeit [716] nach allen Seiten hin empfohlen hatte, einem Rufe als Director des Hennebergischen Gymnasiums in Schleusingen. Hier wirkte er segensreich, bis er, nachdem Director Schöler sein Amt niedergelegt hatte, die Leitung des königl. Gymnasiums in Erfurt übernahm, wo er bis zu seinem Tode treu und gewissenhaft seines Amtes gewartet und bei dem Reichthum seines Wissens nach allen Seiten hin Anregung gegeben hat. Durch zahlreiche Schriften bekundete H. seine weit ausgebreitete gründliche Gelehrsamkeit. Der griechischen und lateinischen Grammatik hatte er intensive Studien zugewendet, sein Werk über die Casus, ihre Bildung und Bedeutung in der griechischen und lateinischen Sprache (1831), die „Lehre von den Partikeln der griechischen Sprache“, 2 Thle., 1832 u. 33, seine „griechische Schulgrammatik“, 1840, legen davon Zeugniß ab. Im J. 1843 erschien „Euripides restitutus“, 2 Bde. Das Ergebniß der stark übertriebenen Apologien sollte sein, daß Euripides ein objectiver Darsteller der politischen und sittlichen Ochlokratie war und an ihr zeigen wollte, „wie die Welt aus den Fugen sei, denn er negire nichts als die Vorurtheile und kämpfe gegen nichts als gegen die Leidenschaften“ (vgl. Bernhardy, Griech. L. Gesch., IIb S. 386). Außerdem hat H. von der philologischen Wissenschaft weniger günstig aufgenommene Ausgaben von Euripides, Aeschylus, Sophocles, Pindar, der griechischen Liederdichter, der griechischen Skolien-, Lohn- und Preisdichter, der Bukoliker Theocrit, Bion und Moschus griechisch mit metrischer Uebersetzung bei Engelmann in Leipzig von 1848–58 erscheinen lassen. Bereits 1836 gab er ein damals vielfach beachtetes Werk, „Die Religion der Römer nach den Quellen dargestellt“, 2 Bände, heraus. Man sieht aus dieser Thätigkeit des gelehrten Mannes, daß er eine genaue Bekanntschaft mit den Werken der griechischen und lateinischen Schriftsteller besessen haben muß. Neben den classischen Sprachen hatte auch die orientalische Litteratur seine Aufmerksamkeit auf sich gezogen. Der praktischen Pädagogik dienen insbesondere folgende von H. veröffentlichte Schriften: „Lehren der Alten über die Dichtkunst durch Zusammenstellung mit denen der besten Neueren erklärt“, 1845. „Ungelehrte Erklärung des Goethe’schen Faust“, 1845. Ferner: „Themata zu deutschen Ausarbeitungen für reifere Schüler, zugleich als Anleitung zum Eindringen in den Geist der besten deutschen Dichter“, 1863. Auch „Themata latine disserenda discipulis obtulit Hartungus“, 1864. Neben dieser reichen wissenschaftlichen Thätigkeit wird an ihm treue Amtsführung gerühmt.

Vgl. E. Buchholz, Rede zum Gedächtniß des verstorbenen Director H., Progr., Erfurt 1868.