Empfohlene Zitierweise:

Artikel „Hartung, Johann Heinrich“ von Ernst Kelchner in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 10 (1879), S. 713–715, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Hartung,_Johann_Heinrich&oldid=- (Version vom 25. Dezember 2024, 16:52 Uhr UTC)
Allgemeine Deutsche Biographie
>>>enthalten in<<<
[[ADB:{{{VERWEIS}}}|{{{VERWEIS}}}]]
<<<Vorheriger
Hartung, Johann
Band 10 (1879), S. 713–715 (Quelle).
[[| bei Wikisource]]
Johann Heinrich Hartung in der Wikipedia
Johann Heinrich Hartung in Wikidata
GND-Nummer 137434499
Rohdaten, Werke, Deutsche Biographie, weitere Angebote
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Kopiervorlage  
* {{ADB|10|713|715|Hartung, Johann Heinrich|Ernst Kelchner|ADB:Hartung, Johann Heinrich}}    

{{Normdaten|TYP=p|GND=137434499}}    

Hartung: Johann Heinrich H., Buchdrucker in Königsberg in Preußen, geboren am 17. August 1699 zu Erfurt, wo sein Vater, Heinrich H., Orgelbauer und Instrumentenmacher war. Seine Lehre hatte er bei dem Buchdrucker David Limprecht in seiner Vaterstadt bestanden und arbeitete dann seit 1718 als Gehülfe in Leipzig, wo er 1719 zum Mitgliede der dortigen Buchdruckergesellschaft aufgenommen wurde. Er besuchte noch mehrere Buchdruckereien in Obersachsen, ging nach Hamburg und kam darauf nach Königsberg, wo er am 7. Mai 1727 in der Stelter’schen Officin zu arbeiten begann. Die dort bestehende Buchdruckerei von Owassowsky hatte er erst die Absicht zu kaufen, allein man legte ihm so viele Schwierigkeiten in den Weg, daß er von dem Kaufe abstand. Um den Plan der Niederlassung rascher zur Ausführung zu bringen, wandte er sich, auf Veranlassung seiner Gönner und seines Principal Stelter an den König von Preußen, um von demselben ein Privilegium zur Anlage einer neuen Buchdruckerei zu erbitten. Er war so sicher, daß sein Gesuch nicht abgeschlagen würde, daß er schon in dieser Voraussicht sich Lettern von Leipzig kommen ließ und tüchtige Gehülfen aus Sachsen und Schweden berief, aber der Bescheid blieb aus. Um nun das angelegte Kapital nicht unfruchtbar liegen zu lassen, kaufte Stelter das Nachbarhaus und H. unterstützte mit seinen Gehülfen jenen bei seinen vielen Arbeiten. Hierdurch trat er mit Stelter in ein näheres Verhältniß, was noch enger und inniger wurde, da er am 2. Februar 1731 dessen Tochter Christine heirathete. Zu Ende desselben Jahres erhielt H. endlich die Antwort auf sein Gesuch an den König, es lautete abschläglich. Es hatte der damalige Buchdrucker Reußner Alles aufgeboten, damit das Gesuch abgeschlagen [714] würde, indem er sich auf das ihm von dem Kurfürsten Georg Wilhelm ertheilte Privileg berief, wonach außer ihm niemand eine Buchdruckerei in Preußen anlegen dürfe. Außerdem klagte er, daß er zu Grunde gehen würde, wenn noch eine vierte Druckerei in Königsberg angelegt würde und wie viel er schon seit Anlage der drei dort bestehenden Buchdruckereien verloren habe. H. trat nun, um allen Anfeindungen von Seiten Reußner’s aus dem Wege zu gehen, seine Buchdruckerei im J. 1732 an seinen Schwiegervater ab, wogegen jener ihn als Factor in sein Geschäft aufnahm und seinen Erben die Verpflichtung auferlegte, nach seinem und seiner Frau Tode die Buchdruckerei an niemand, als an H. gegen einen angemessenen Kaufpreis zu überlassen. Im April 1734 starb Stelter, nachdem er seine Frau schon ein Jahr vorher durch den Tod verloren hatte. Nachdem sich nun H. mit den Erben geeinigt hatte, wurde das Stelter’sche Privilegium auf seine Bitte am 30. August 1734 auf ihn übertragen. Durch seine Umsicht und große Thätigkeit machte er sich sehr bald einen Namen in Preußen und im Auslande. Die Stände von Liefland und Curland übertrugen ihm den Druck der lettischen Bibel und curischen Postille. Er war fortwährend bemüht, seine Buchdruckerei im besten Zustande zu erhalten. Alle Schulbücher für das Collegium Fridericianum wurden von ihm gedruckt; seit 1735 mit der ausdrücklichen Bezeichnung in usum Collegii Fridericiani. Für den Druck und ausschließlichen Verlag der polnischen Bibel, des neuen Testamentes und Gesangbuches in derselben Sprache, sowie des Rogall’schen Gesangbuches wurde ihm auf sein Ansuchen unterm 17. Mai 1738 ein besonderes Privilegium ertheilt. Nun trat er auch dem Buchhandel näher, indem er das Geschäft des Buchhändlers Eckarts dorten kaufte und dessen Geschäft, anfangs mit dessen Unterstützung, fortsetzte. In demselben Jahre gab er auch seinen ersten Verlagskatalog heraus, welcher über 400 Seiten zählte. Auch in Leipzig errichtete er nun eine Niederlage und hatte dortselbst während der Messe ein offenes Gewölbe. Im J. 1750 hatte bereits H. unter den Königsbergern Druckereien die meisten Verlagswerke aufzuweisen. Am 23. Juli 1751 kaufte er die Hof- und Akademische Buchdruckerei in Königsberg für den nicht unerheblichen Preis von 16333 Thlr. 10 Sgr., wodurch sein Geschäft bedeutend an Umfang gewann. Der König bestätigte am 30. August 1751 diesen Ankauf und ein Jahr später schloß die Universität mit dem neuen Besitzer einen Vergleich über die Besorgung von Drucksachen für dieselbe ab. H. starb während der Messe in Leipzig am 5. Mai 1756.

Nach dem Tode des Vaters übernahm sein ältester Sohn Michael Christian H., geboren den 20. Januar 1738, die Buchdruckerei. Er starb aber schon am 17. April 1759; dadurch sah sich seine Mutter veranlaßt, die Leitung der umfangreichen Buchdruckerei selbst zu übernehmen und zwar zu einer Zeit, als das Land von feindlichen Truppen besetzt war. Sie heirathete den Buchhändler Woltersdorf und nach dessen Tode den Buchhändler Zeyse, welche sich Beide aber wenig um das Geschäft kümmerten und bald starben. Um den mit der Führung eines solchen Geschäftes verbundenen Schwierigkeiten und Sorgen aus dem Wege zu gehen, übergab sie die Buchdruckerei ihrem Sohne Gottlieb Leberecht schon am 26. Juli 1763. Dieser war am 12. August 1747 geboren, wurde am 29. April 1759 unter die Zahl der Lehrlinge aufgenommen und schon 1763 freigesprochen. Das Privilegium seines Vaters wurde auf Bitte seiner Mutter unterm 2. September 1771 vom Könige auf ihn übertragen. Als Friedrich der Große nach der ersten Theilung Polens Westpreußen erhielt, mußte H. augenblicklich Pressen und Lettern nebst dem nöthigen Personal nach Marienwerder senden, um für die westpreußische Krieges- und Domänenkammer die nöthigen Drucksachen anzufertigen. Er versuchte das Privilegium [715] für die neuerrichtete Hofbuchdruckerei in Marienwerder für sich zu erhalten, allein vergeblich, sie wurde dem Buchdrucker Kanter übertragen. Als das neue Berliner Gesangbuch eingeführt wurde, hatte H. die Exemplare davon in lang Duodez-Format mit Corpusschrift zu drucken. 1789 verlegte er sein Geschäft aus der Heiligen-Geist-Straße nach dem ehemaligen Rathhause des Löbenichts, in welchem sie noch heutigen Tages sich befindet. Gottlieb Leberecht starb am 2. November 1797. Bei seinem Tode befand sich die Buchdruckerei nicht im besten Zustande, dennoch entschloß sich seine Wittwe, Sophie Charlotte H., mit Hülfe eines tüchtigen Factors dieselbe fortzusetzen. Sie hatte mit vielen Schwierigkeiten aller Art zu kämpfen, die ihr theils durch die traurigen Zeitverhältnisse und theils von anderer Seite her bereitet wurden, dennoch hielt sie wacker aus und wurde dafür mit manchem glücklichen Erfolge belohnt. 1804 erhielt sie unter Anderem die Concession zur Anlage einer Buchdruckerei in Gumbinnen. Doch da das herannahende Alter ihr die fernere Führung des Geschäftes unmöglich machte, übergab sie dasselbe 1817 ihrem Sohne.

George Friedrich H. hatte schon seit 1801 als Disponent seine Mutter unterstützt; er erlernte die Buchdruckerei von 1797–1799 im Geschäfte seines Vaters und bezog am 11. September 1799 die Universität, um philosophische und juristische Collegien zu hören. Unterm 5. Februar 1818 wurde der alte Vertrag zwischen der Universität und seinem Geschäfte, den neuen Verhältnissen angemessen, für die nächsten zehn Jahre verlängert und seit jener Zeit wurde er im Laufe der Jahre mehrmals erneuert und zeitgemäß verändert. 1830 hatte H. das Glück, das hundertjährige Jubiläum der Gründung der von seinem Großvater angelegten Buchdruckerei feiern zu können; er machte bei dieser Gelegenheit zur Unterstützung seiner Gehülfen, sowie für deren Wittwen und Waisen eine Stiftung. Im J. 1834 wurde ihm das Patent eines königlichen Hofbuchdruckers ertheilt. Auch ist er der Gründer der Hartung’schen Zeitung, welche heute noch besteht. Er starb am 19. April 1849, nachdem er das Geschäft schon 1848 seinem später nach Leipzig gezogenen Sohn Georg Friedrich H. übergeben hatte. Die Firma des noch stets blühenden Geschäftes lautet jetzt: Königsberger Hartung’sche Zeitung und Verlagsdruckerei-Gesellschaft auf Actien.

Vgl. Geschichte der Buchdruckereien in Königsberg, Königsberg 1840, S. 36 u. ff. Königsberger Zeitung, 1830, Beilage Nr. 108, etc.