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Artikel „Hartig, Georg Ludwig“ von Richard Heß in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 10 (1879), S. 659–665, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Hartig,_Georg_Ludwig&oldid=- (Version vom 7. Oktober 2024, 05:16 Uhr UTC)
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Hartig: Georg Ludwig H., Sohn Friedrich Christians, also Bruder Ernst Friedrichs und Friedrich Karls, geb. am 2. Septbr. 1764 zu Gladenbach, gest. am 2. Febr. 1837 zu Berlin, einer der bedeutendsten Koryphäen der Forstwissenschaft. Er entstammte einer uralten Forstfamilie und empfing im elterlichen Hause sowohl den ersten Unterricht, als auch die Anregung zur Wahl seines Berufes. Schon als Knabe übte er sich fleißig im Schießen, studirte in seinen Mußestunden eifrig die Werke eines Döbel, Flemming, Gleditsch, Zanthier etc. und schätzte sich – nach seinem eigenen Geständniß – überglücklich, als er am 1. Aug. 1778 die meisten Quellen geben 1779 an) nach Harzburg zu seinem Onkel Karl Ludwig H. geschickt wurde, um die Jägerei zu erlernen. Zwei Jahre lang beschäftigte er sich hier unter der Leitung dieses erfahrenen Waidmanns fast ausschließlich mit der Jagd, wozu der dortige ausgezeichnete Wildstand reichliche Gelegenheit bot. Dann kehrte er ausgestattet mit einem Jagdlehrbrief (Allgem. Forst- und Jagdzeitung 1842, S. 32) wieder in das Elternhaus zurück, wo er seinen Vater eine Zeit lang in den Forstgeschäften unterstützte. Die blos praktische Ausbildung des Sohnes war aber dem alten Hartig nicht genügend. Selbst ohne wissenschaftliche Grundlage, wußte er deren Mangel aus Erfahrung am besten zu würdigen. Er brachte daher seinen Sohn 1781 auf die Universität Gießen. Vielleicht wirkte auch die Ahnung der künftigen Größe des jungen Mannes mit bedingend auf diesen Schritt, der seine Früchte trug. Es ist doch gewiß kein Zufall, daß die meisten bedeutenden Forstmänner Universitätsstudien absolvirt haben! Daß ein Jäger damals die Hochschule bezog, erregte in Gießen großes Aufsehen. H. hörte hier Mathematik, Geodäsie, Physik, Staatwirthschaftslehre etc. bei den Professoren Böhm, Werner, Müller, Schlettwein u. A. und kehrte 1783 zum zweitenmale ins Vaterhaus nach Gladenbach zurück. Abermals leistete er hier seinem Vater bei der Verwaltung des Forstes und bei vielen forstlichen Commissionen, wie Forsttaxationen, Waldtheilungen, Waldwerthberechnungen u. dgl. ersprießliche Dienste, wodurch er sich schon einige Erfahrung und praktischen Blick aneignete. Dem Wunsche des Vaters nach sollte der junge H. aber auch den Geschäftsgang bei einem höheren Collegium kennen lernen. Der alte H. bewarb sich daher beim Oberforstamt zu Darmstadt um den Acceß für seinen Sohn. Am 9. Mai 1785 trat Georg Ludwig als Accessist – natürlich ohne Gehalt – in Darmstadt ein. [660] Hier gelang es dem jungen Manne bald, sich die Gunst des mit der Familie bereits befreundeten Staatsministers Klipstein, seines nachmaligen Schwiegervaters, zu erwerben, in dessen Haus er viel verkehrte. In Darmstadt lernte H. nebenbei auch die in großem Flor stehenden Zeug- und Parforcejagden der damaligen Zeit kennen. Da ihn aber sein Vater, welcher auch für die anderen Kinder zu sorgen hatte, auf die Dauer nicht in Darmstadt erhalten konnte und sich, nach Klipstein’s Tod, keine Aussicht für H. zeigte, mit Gehalt in landgräflichen Diensten placirt zu werden, mußte er sich anderweit nach einer Stelle umsehen. Da trat erfreulicher Weise ein Ruf als Forstmeister in fürstlich solms-braunfels’sche Dienste nach Hungen (in der Wetterau) an ihn heran. Er folgte demselben gegen Ende des J. 1786 und begründete sich um Jacobi 1787, einem schon lange gefühlten Herzensbedürfniß folgend, durch Verheirathung mit Theodore Klipstein einen häuslichen Heerd. – Von dem Drange zum Lehren und Lernen erfüllt, begann er nach einiger Zeit (1789), junge Leute, welche sich dem Forstfache widmen wollten, in die Lehre zu nehmen. Sein erster Eleve war sein Bruder Ernst Friedrich (der nachmalige kurfürstlich hessische Oberlandforstmeister), der zweite sein Schwager Philipp Engel Klipstein (der spätere großherzoglich hessische Oberforstpräsident). Bald aber wuchs die Zahl so, daß sich seit 1791 eine förmliche „Meisterschule“ um ihn bildete. Diese Schulen waren die ersten Stätten, von denen aus sich der forstliche Unterricht Bahn brach. Allen Unterricht ertheilte H. allein. Seine vielfachen Amtsgeschäfte im Forste, wohin ihn seine Eleven begleiteten, gaben ihm Gelegenheit zu praktischen Demonstrationen. Noch jetzt zeigen die dortigen Wälder Spuren von Hartig’s Thätigkeit; so baute er u. a. dort das erste Nadelholz an.

Ein neuer Abschnitt seines an Arbeit, aber auch an Erfolgen, so reichen Lebens wird durch seine Uebersiedelung nach Dillenburg in die Dienste des Fürsten von Nassau-Oranien eingeleitet. 1797 trat er hier, nach dem Ausscheiden von Witzeleben’s, als Landforstmeister und zugleich Mitglied der Berg- und Hüttencommission ein. Es eröffnete sich ihm nun ein weiterer Wirkungskreis. Sein inzwischen sehr angewachsenes Forstinstitut führte er – unter Hinzuziehung besonderer Lehrkräfte für die Grund- und Hülfswissenschaften aus der nahen Universität Herborn – auch in Dillenburg fort und brachte es zu hoher Blüthe. Aus der früheren Meisterschule hatte sich eine förmliche Privatforstlehranstalt entwickelt, welche zu Zeiten von 50 Eleven besucht wurde, darunter auch der großherzoglich badische Oberforstrath Chr. Peter Laurop). Hartig’s Wirksamkeit als Lehrer, Praktiker und Schriftsteller steigerte sich immer mehr und verschaffte ihm nicht nur Anerkennung in der nächsten Umgebung, die er durch parkähnliche Anlagen zu verschönern sich bestrebte, sondern auch nach auswärts großen Ruf. Er richtete die oranischen Wälder ein und war nach allen Richtungen hin auf Verbesserungen des Forstwesens bedacht. Bei allen seinen Unternehmungen beglückte ihn überdies die Huld seines Landesherrn und die Gunst der ganzen fürstlichen Familie, welcher er sich fast unentbehrlich zu machen wußte.

Da brach eine dieses Glück mit einem Schlage zerschmetternde Katastrophe herein. Der Landesfürst, zugleich Erbstatthalter von Holland, aus welchem Lande er vor den Heerschaaren Napoleon’s in seine angestammten Lande hatte flüchten müssen, starb. Der Erbprinz stand als General in preußischen Diensten. Diese willkommene Gelegenheit benutzte Napoleon, um das Ländchen Nassau-Oranien in Besitz zu nehmen und dem soeben durch Raub anderer Länder neu geschaffenen Großherzogthum Berg einzuverleiben. Man trug zwar H. die Stelle als Chef des ganzen Forstwesens in dem neu gegründeten Staate unter sehr günstigen pecuniären Bedingungen an. Als ächt deutscher Mann verschmähte [661] er es aber, dem Usurpator, welcher seinem geliebten Fürsten das Land geraubt hatte, den Eid der Treue zu leisten. Er wußte zwar nicht, wohin mit seiner starken Familie (9 Kinder waren ihm bis damals geboren) und war ohne Vermögen, aber er blieb ungeachtet allen Zuredens seiner Freunde seinem Vorsatz treu und stark im Gottvertrauen. Die Hülfe war nahe. Gleich nachdem seine Dienstlosigkeit bekannt geworden war, wurde ihm ein Ruf als Oberforstrath mit Sitz und Stimme bei der Forstdirection in Stuttgart zu Theil. Noch einmal versuchte man von französischer Seite, ihn zu halten. Der Großherzog von Berg (Murat) entbot ihn nach Düsseldorf, redete ihm persönlich zu, in seine Dienste zu gehen, und machte ihm die glänzendsten Anerbietungen. Er konnte aber nichts weiter erreichen, als daß H. einen Organisationsplan über die Forste des neuen Staates zu entwerfen versprach. Nachdem diese Arbeit vollendet war, siedelte H. noch im Herbst 1806 nach Stuttgart über. Sein Institut begleitete ihn auch dorthin und wurde 1807 neu eröffnet. Der verdiente Mann vermochte sich aber in den schwäbischen Verhältnissen nicht wohl zu befinden. Die Jagdinteressen standen hier zu sehr im Vordergrund und verursachten mancherlei dienstliche Widerwärtigkeiten. Auch seine Anstalt wollte nicht recht gedeihen, namentlich fehlte es an Gelegenheit zu forstpraktischen Uebungen, auf welche H. von jeher ein großes Gewicht gelegt hatte. Diese und andere Umstände verleideten ihm seine dortige Wirksamkeit, und gerne ergriff er daher die sich ihm 1811 bietende, in pecuniärer Beziehung höchst vortheilhafte und im Uebrigen sehr ehrenvolle Gelegenheit, in preußische Dienste einzutreten. Als Oberlandforstmeister über das ganze preußische Forstwesen und Staatsrath wurde er auf Veranlassung des Kronprinzen, nachmaligen Königs Friedrich Wilhelm IV., im Mai des genannten Jahres nach Berlin berufen, und hiermit beginnt der dritte und letzte Abschnitt in dem reich bewegten Leben dieses Mannes. H. fand in Preußen höchst reformbedürftige Verhältnisse und Einrichtungen im Forstwesen vor. Wie in fast allen Zweigen der Staatsverwaltung, fehlte es auch in diesem an fester Gestaltung und Ordnung; man stand eben an der Schwelle der modernen Zeit. Der Uebergang hierzu brachte allerlei Umformungen des Bestehenden mit sich. Es fehlte vor allem an einer forstlichen Unterrichtsanstalt, denn das 1770 durch Friedrich den Großen unter Mitwirkung des Ministers von Hagen ins Leben gerufene Forstinstitut, an welchem zuerst Gleditsch gelehrt hatte, existirte seit dem Tode von Burgsdorfs nicht mehr. Das Forstpersonal war unwissend und durch ein haarsträubendes Accidentienwesen, zum Theil wenigstens, verwöhnt und corrumpirt. Es fehlte an Instructionen für Ausführung der hauptsächlichsten forstwirthschaftlichen Geschäfte u. dgl. m. Unter solchen Umständen hieß es, mit Energie eingreifen. H. war hierzu der rechte Mann. Eins seiner ersten Verdienste in der neuen verantwortlichen Stellung bestand darin, daß er den unter Hardenberg in größerem Umfang geplanten Verkauf der preußischen Staatsforsten, durch welchen sich der durch den Krieg mit Frankreich ausgesogene und creditlose Staat neue Subsidien eröffnen wollte, verhinderte, indem er anderweitige, weniger radicale Mittel zur Erhöhung der Staatseinnahmen nachwies. Dieser Plan, dem sich der Kronprinz widersetzte, war eigentlich die hauptsächlichste Veranlassung zu Hartig’s Berufung gewesen. Der schlechte Ausfall der ersten forstlichen Staatsprüfungen (von 13 Examinanden mußten 11 als unbrauchbar zurückgewiesen werden) und der Mangel einer forstlichen Unterrichtsanstalt veranlaßten ihn weiter, in Berlin, neben seinen zahlreichen Amtsgeschäften noch öffentliche Vorlesungen über Forstwissenschaft zu halten, welche so zahlreich besucht wurden, daß oft 150 Zuhörer das Auditorium füllten. Später (1821) wurde, da H. nur im Wintersemester lesen konnte, und zwar auf seinen ursprünglichen Vorschlag, [662] Wilhelm Leopold Pfeil, Forstmeister in fürstlich Carolath’schen Diensten, als Oberforstrath und Professor nach Berlin berufen. Leider brachen in der Folge zwischen H. und Pfeil, zwei in ihren Grundanschauungen total verschiedenen Männern, ernste Zwistigkeiten aus, welche sogar noch über Hartig’s Tod fortdauerten. Der forstliche Unterricht in Preußen selbst wurde bekanntlich später (im April 1830), auf Pfeil’s Veranlassung und Betreiben, nach Neustadt-Eberswalde (jetzt blos Eberswalde) verlegt. Auf Hartig’s sonstige Thätigkeit wird später eingegangen werden. Im J. 1815 wurde er zum Mitdirector im Finanzministerium (mit Gehaltszulage) ernannt. Mit Ordensauszeichnungen spärlich bedacht (nur der rothe Adlerorden III. Classe schmückte, als man ihn zu Grabe trug, den Sarg) hatte er wenigstens die Ehre der Mitgliedschaft an zahlreichen gelehrten Vereinen. Hierzu gesellte sich in seinem Greisenalter noch eine ganz besondere Auszeichnung, indem ihn die philosophische Facultät der Universität Berlin 1831 zum Dr. phil. honoris causa promovirte.

In seiner langen und glücklichen Ehe wurden ihm im Ganzen 13 Kinder geboren, 9 Knaben und 4 Mädchen. 2 Knaben starben bereits in früher Kindheit, 3 Töchter erwachsen. 2 Söhne verlor er im Kampfe gegen die Franzosen. Der bedeutendste unter seinen Söhnen ist Theodor H., Dr. phil., geb. am 21. Febr. 1805 zu Dillenburg, zumal als Naturforscher (Pflanzenphysiologe) rühmlichst bekannt, lange Zeit verdienter Leiter der Forstschule am Collegium Carolinum zu Braunschweig, gegenwärtig als Oberforstrath a. D. nur noch mit wissenschaftlichen Forschungen und Schriftstellerei beschäftigt. – H. vollendete seine irdische Laufbahn wenige Tage nach dem Ableben seiner Gattin.

Das vielseitige Wirken eines so hervorragenden Mannes kann nicht mit einigen Federstrichen geschildert werden. H. war zunächst ein eminent praktischer Kopf und ein organisatorisches Talent ersten Ranges. Er wußte sich rasch in jeden Wirkungskreis einzufinden und sogleich das Richtige im Forste zu treffen. Ueberall wo er auftrat, wurde er zum Reformator der Wirthschaft, namentlich im Cultur- und Forsttaxationswesen. Dem Waldbau gab er durch seine, geradezu epochemachende „Anweisung zur Holzzucht für Förster“ (1791) die erste wissenschaftliche Grundlage. Hier entwickelte er in überaus präciser, kurzer und doch allgemein verständlicher Weise seine der Natur und Erfahrung entnommenen Generalregeln über die Buchenhochwaldzucht, Saat, Pflanzung, Durchforstungen etc. Für die damalige Zeit waren die in die Form von Aufgaben gekleideten Regeln ganz am Platze, ja noch heute haben viele von ihnen noch bedingte Gültigkeit, wenngleich an die Stelle des Generalisirens mehr das Individualisiren getreten ist. Selbstverständlich handelte H. auch nach diesen Regeln in den ihm anvertrauten Waldungen, deren Culturbetrieb er sehr hob. Die Idee seines „Hochwaldconservationshiebes“ war zwar nicht sehr glücklich; aber er schuf diese modificirte Hochwaldform auch nur für Nothfälle, z. B. Wirthschaften, in welchen es augenblicklich an Althölzern fehlte, während gleichwohl – wegen vorhandener Berechtigungen etc. – die Hochwaldform aufrecht erhalten werden muß. Es ist überdies nicht bekannt, daß er diesem der Erhaltung der Bodenkraft so höchst ungünstigen Betriebe eine irgendwie nennenswerthe Ausdehnung gegeben hätte.

Seine zweite Specialität war besonders das Forsteinrichtungswesen. H. ist der eigentliche Begründer der Fachwerksmethoden u. z. des Massenfachwerks (1795), wenn er gleich diese erst später durch Cotta in die Litteratur eingeführte Bezeichnung nicht brauchte. Er vertheilte den gegenwärtigen Vorrath und den hieran noch stattfindenden Zuwachs der ganzen Umtriebszeit möglichst gleichmäßig auf die einzelnen Perioden (Zeitfächer, Fache) derselben. Diese – später (1819) dem preußischen Forsttaxationswesen zum Grunde gelegte Methode war wegen ihres Princips der Forderung mindestens gleichgroßer periodischer Erträge [663] ein großer Fortschritt. Seither hatte man nämlich stets daran festgehalten, keinen Bestand vor Erreichung des angenommenen Haubarkeitsalters zum Hiebe zu bringen, während H. der zu erstrebenden Gleichstellung oder – wegen des zunehmenden Holzbedarfes – periodischen Steigerung der Nutzungen sowohl das normale Hiebsalter, als auch die Flächengleichheit der Perioden opferte. Ebenso verdankt die Zuwachslehre H. ihre ersten exacten Grundlagen.

Abgesehen von der Förderung der Forstwirthschaft (namentlich in Preußen) und der Forstwissenschaft nach diesen beiden Richtungen hin, wirkte H. auch in sonstiger Beziehung unermüdlich thätig, überall mit sichtendem Blick und mit ordnender Hand eingreifend, wo es galt, Mißbräuche abzuschaffen, das Bestehende zu verbessern – Fortschritte anzubahnen – kurz als Mann der That. Er beseitigte die übermäßigen Accidentien der Forstbeamten, regelte deren Gehalte, erließ Dienstinstructionen für die verschiedenen Grade des Forstpersonals und die Waldarbeiter, trennte das bisher in der Hand der Oberförster vereinigte Kassen- und Rechnungswesen, indem er die Kassengeschäfte besonderen Forstrendanten übertrug und bildete besondere Forsttaxatoren heran. Er entwarf ferner Instructionen und Anleitungen zur Ausführung fast aller forstlichen Geschäfte (s. später seine Schriften). Er regelte u. A. das Werthschätzungsverfahren beim An- und Verkauf von Waldgrundstücken, entwarf rationelle Local-Holztaxen, führte die Berechnung der Bau- und Nutzhölzer ein, hob die Holzhandelsinstitute des Forstfiscus auf, wodurch der Holzhandel frei wurde u. dgl. m. Eine wahre Riesenaufgabe war die ihm zur Last fallende Organisation der Forstwirthschaft in den seit 1815 neu erworbenen Landestheilen der Krone Preußen. Daß er nebenbei noch lehrte, sogar Versuche machte und eine umfangreiche Schriftstellerei entfaltete, erscheint geradezu bewunderungswürdig. Seinen Schriften nach zu urtheilen muß er ein vorzüglicher, besonders ein klarer Lehrer gewesen sein. Qui bene distinguit, bene docet! Auch sein frühzeitig entflammter Lehreifer, sowie der große Zuspruch, dessen sich sein Institut stets erfreute, berechtigen zu dieser Annahme. Er war sich beim Lehren der praktischen Ziele stets bewußt und ein Feind des pedantischen Stuben-Doctrinarismus. Seine Versuche, welche allerdings heutzutage die Kritik nicht mehr bestehen würden, für damals aber gewiß außerordentliche Leistungen waren, bezogen sich auf das Verhältniß der Brennbarkeit der meisten deutschen Holzarten (1794) und auf die Dauer der Holzarten, namentlich im Boden (1822 und 1836).

Was seine Schriftstellerei betrifft, so veröffentlichte H. 31 Werke. Er schrieb über alle möglichen Gegenstände und verstand es, den damaligen Zeitverhältnissen in seinen Schriften vortrefflich Rechnung zu tragen. Sie faßten das erprobt Gefundene in präciser Ordnung kurz und verständlich zusammen, waren – was man sagt – praktisch gehalten, erfreuten sich daher bei den Förstern großer Beliebtheit und erlebten zum Theil wenigstens viele Auflagen. Hartig’s Schriften sind, in chronologischer Reihenfolge geordnet, folgende: „Anweisung zur Holzzucht für Förster“ (1791; 2. Aufl. 1796; 3. Aufl. 1800; 4. Aufl. 1804; 5. Aufl. 1805; 6. Aufl. 1808; 7. Aufl. 1817; 8. Aufl. 1818); „Physikalische Versuche über das Verhältniß der Brennbarkeit der meisten deutschen Waldbaumhölzer“ (1794; 2. Aufl. 1804; 3. Aufl. 1807); „Anweisung zur Taxation und Beschreibung der Forste etc.“ (1795; 2. Aufl. 1804 und 1805; 3. Aufl. 1814; 4. Aufl. 1819); „Beweis, daß durch die Anzucht der weißblühenden Accacie schon wirklich entstandenem Brennholzmangel nicht abgeholfen werden kann. Nebst einem Vorschlag, auf welche Art dieser große Zweck viel sicherer zu erreichen sein möchte“ (gegen Medicus und andere Autoren, welche das künftige Heil der Völker vom Anbau der Accacie erwarteten, gerichtet; erschien 1798; 2. Aufl. 1802); „Grundsätze der Forstdirection“ (1803; 2. Aufl. [664] 1813. In dieser Schrift steht der Verfasser noch auf dem Boden der alten absoluten Forsthoheit und Polizeigewalt des Staates); „Beiträge zur höheren Forstwissenschaft“ (1807); „Forstwirthschaftliche Tabellen“ (1807); „Vier Forsttabellen, zum Behuf der Großherzoglichen Förster im Nassauischen“ (1808); „Lehrbuch für Förster etc.“ (3 Bände 1808; dieses berühmte Werk erlebte zehn weitere Auflagen: 1810, 1811, 1815, 1816, 1820, 1827, 1840, 1851, 1861, 1877; die vier letzten Auflagen hat der Sohn Dr. Theodor H. besorgt); „Anleitung zur Forst- und Waidmannssprache etc.“ (1809; 2. Aufl. 1821); „Lehrbuch für Jäger“ (2 Bände 1810, ein Seitenstück zum Lehrbuch für Förster, erlebte 10 Auflagen, von welchen der Sohn Theodor 5 besorgt hat, in den Jahren 1811, 1817, 1828, 1832, 1845, 1852, 1859, 1865 und 1877); „Anleitung zur Berechnung des Geldwerthes eines in Betreff seines Naturalertrages schon taxirten Forstes“ (1812; ein Nachtrag zur Forsttaxation); „Instruction, wonach die Holzkultur in den Königlich Preußischen Forsten betrieben werden soll“ (1814; 2. Auf1. 1834); „Kubiktabellen für geschnittene, beschlagene und runde Hölzer, nebst Geld-Tabellen etc. und Potenz-Tabellen etc.“ (1815; spätere Auflagen, zum Theil vom Sohn herausgegeben, datiren aus den Jahren 1818, 1829, 1837, 1841, 1847, 1854, 1859, 1866 und 1871); „Anleitung zur Prüfung der Forstcandidaten“ (1818; 2. Aufl. 1828); „Beschreibung eines neuen Wolfs- und Fuchsfanges“ (1819); „Neue Instructionen für die Königl. Preuß. Forstgeometer und Forsttaxatoren“ (1819; 2. Aufl. 1836); „Versuche über die Dauer der Hölzer“ (1822); „Anleitung zur wohlfeilen Cultur der Waldblößen und zur Berechnung des dazu erforderlichen Zeit- und Geldaufwandes“ (1826); „Anleitung zum Unterricht junger Leute im Forst- und Jagdwesen“ (1827); „Anleitung zur Vertilgung und Verminderung der Kiefernraupen“ (1827); „Beitrag zur Lehre von Ablösung der Holz-, Streu- und Weid-Servituten“ (1829); „Abhandlungen über interessante Gegenstände beim Forst- und Jagdwesen“ (1830); „Die Forstwissenschaft nach ihrem ganzen Umfange, in gedrängter Kürze“ (1831); „Entwurf einer allgemeinen Forst- und Jagdordnung, mit besonderer Rücksicht auf den preußischen Staat“ (1833); „Gutachten über die Fragen: welche Holzarten belohnen den Anbau am reichlichsten? und wie verhält sich der Geldertrag des Waldes zu dem des Ackers?“ (1833); „Forstliches und naturwissenschaftliches Conversationslexicon“ (1834, in Gemeinschaft mit Theodor H.; 2. Ausg. 1836); „Erfahrungen über die Dauer der Hölzer und über die Mittel, die Dauer des Holzes zu verlängern“ (1836); „Lexicon für Jäger und Jagdfreunde“ (1836; 1861 von Theodor H. neu aufgelegt); „Kurze Belehrung über die Behandlung und Kultur des Waldes“ (1837; 2. Aufl. 1859 vom Sohne herausgegeben). Außerdem schrieb er noch Abhandlungen in Zeitschriften (von Wildungen’sche Neujahrsgeschenke, Reichsanzeiger, Magazin der Gesellschaft naturforschender Freunde zu Berlin). Von Zeitschriften gab H. heraus: „Journal für das Forst-, Jagd- und Fischereiwesen“ (3 Jahrgänge 1806–1808) und als Fortsetzung: Forst- und Jagdarchiv von und für Preußen“ (7 Jahrgänge 1816–1820, 1822 und 1826). Beide Journale zeichnen sich durch reichen Inhalt und gediegene Aufsätze aus. – Einige seiner Werke sind in fremde Sprachen übersetzt worden, so z. B. die Anweisung zur Holzzucht für Förster und die physikalischen Versuche von Baudrillart in das Französische, das Lehrbuch für Förster in das Böhmische und Polnische.

Daß ein so bahnbrechender, rastloser Geist, ein so vielseitiges organisatorisches Talent schon bei Lebzeiten eine sich sogar über Deutschlands Gauen hinaus erstreckende Anerkennung fand, kann nicht befremden. Aber selbst bis in unsere Zeit, so wesentlich sich auch unsere Theorie und Praxis inzwischen vervollkommnet [665] haben, reicht der Name dieses Mannes, dessen Leistungen im Forstwesen am passendsten mit denen Thaer’s in der Landwirthschaft verglichen werden können. Seine Schläfe ziert der Lorbeerkranz eines unvergänglichen Ruhmes. Er ist mit eine der Hauptstützen, auf welche sich die moderne Forstwissenschaft aufgebaut hat. – Nach seinem Tode ist auf Veranlassung seines früheren Schülers, des Oberforstpräsidenten von Klipstein, eine Hartig-Stiftung entstanden, aus welcher dem berühmten Manne in der Fasanerie bei Darmstadt ein Denkmal in der Form eines einfachen Obelisken errichtet worden ist. Die Zinsen des verbliebenen Restes (bis 1870 war derselbe auf 4000 fl. angewachsen) werden zu Stipendien für directe männliche Nachkommen Hartig’s verwendet. Auch bei Gladenbach und im Hohengehrer Revier auf dem Schurwald (in Würtemberg) sind dem verdienten Forstmann aus besonderen Beiträgen hessischer, bez. würtembergischer Forstbeamten Denkmäler errichtet worden.

Laurop und Fischer, Sylvan 1816, S. 3 (Autobiographie in Form eines Briefes an den Oberforstrath Laurop). Allgem. Forst- und Jagdzeitung 1837, S. 185 (Nekrolog); das. 1842. S. 32 (Hartig’s Lehrbrief) u. das. 1860, S. 114 (enthält ein Verzeichniß seiner Schriften). Gwinner, Forstl. Mittheilungen I. Bd. 3. Heft, S. 3 (Biographie) u. S. 143 (Todesanzeige); das. 4. Heft, S. 3 (Berichtigung der Biographie, von Dr. Pfeil); das. II. Bd. 5. Heft, S. 108 (Beleuchtung dieser Berichtigung von Dr. Thdr. Hartig). Monatsschrift für das württemberg. Forstwesen VII. S. 48. Liebich, Forst- und Seidenbaujournal 1837, S. 35. G. von Wedekind, N. J. der Forstkunde 13. Heft, S. 200 (Denkmal betr.) und 14. Heft, S. 250 (desgl.) Scriba, Biograph.-litterärisches Lexicon I. S. 129 und II. S. 287. Nouvelle Biograph. gén. Tome XXIII. S. 465 (das Todesjahr ist hier unrichtig mit 1836 angegeben). v. Löffelholz-Colberg, Chrestom. II. S. 175, Bem. 164b; das. III. 1. S. 656, Bem. 708b und das. V. 1. S. 11, 49 und 67. Fraas, Gesch. der Landbau- und Forstwissenschaft 1865, S. 583. v. Schwarzer, Biograph. S. 14. Ratzeburg, Forstwiss. Schriftstellerlexicon S. 224. Bernhardt, Gesch. II. S. 249, 259, 278, 300–313, 330, 348, 363 und 365; das. III. S. 172; 180, 184, 227, 259, 286, 296 und 361. Judeich, Forstkalender 1875, II. Theil, S. 5. G. L. Hartig, Lehrbuch für Jäger, 10. Aufl., herausgegeben von Dr. Theodor Hartig 1877, S. 25–27.