ADB:Groote, Eberhard von
Walraff, Sulpiz Boisserée, Professor Cassel u. A. blieb sein Interesse an allen Vorgängen in seiner Vaterstadt dauernd rege. Mit froher Begeisterung begrüßte er die patriotische Regung im deutschen Volke, welche die Ketten des französischen Tyrannen zu sprengen versprach. Als Volontäroffizier trat er in das dritte preußische Armeecorps und zog als Adjutant des Kronprinzen von Preußen mit der siegreichen Armee in die französische Hauptstadt ein. Hauptsächlich auf sein Betreiben entschloß sich Blücher dafür Sorge zu tragen, daß die Kunst- und wissenschaftlichen Schätze, welche die Franzosen aus Deutschland entführt hatten, [729] den rechtmäßigen Eigenthümern zurückgegeben würden. Auf Groote’s Anregung setzte er unter dem Vorsitz des General-Intendanten Ribbentrop eine Commission nieder, welche die aus den königlich preußischen Staaten geraubten Schätze der Kunst und Litteratur besorgen sollte. In Folge dessen forderte der Generalgouverneur Sack die Bewohner des Rheinlandes auf, dem Herrn von G. in dieser Angelegenheit hülfreiche Hand zu leisten. Am 10. Juli erhielt G. vom Feldmarschall Blücher die Vollmacht, „diejenigen Kunstschätze, welche sich in Paris und dessen Umgebungen befänden, früher aber in den königlich preußischen Staaten französischerseits geraubt und geplündert worden, sogleich in Beschlag zu nehmen und nach den Orten zurückzusenden, wo sie sich früher befunden hätten.“ Zugleich wurden alle und jede Militär- und Civilbehörde dienstlich ersucht und angewiesen, diesem Bevollmächtigten nicht allein bei der Ausführung seines Auftrages keine Hindernisse in den Weg zu legen, sondern denselben auch nach allen Kräften und selbst durch militärische Execution zu unterstützen. G. richtete sein Augenmerk vor allem auf das aus der Peterskirche in Köln geraubte Prachtgemälde von Rubens, die Kreuzigung Petri. Dieses Meisterwerk bildete eine Hauptzierde des kaiserlichen Museums. Nur mit steter Hinweisung auf die ihm zu Gebote stehenden Bajonnette war v. G. im Stande, im Museum seine Vollmacht auszuführen und das für Köln so bedeutungsvolle Bild für seine Vaterstadt zurückzuerhalten. „Der Rubens ist wieder in seiner Vaterstadt“, schrieb er am 24. August; „was von unsern Kupferstichen und Handzeichnungen aufzutreiben war, einige 50 Bände nämlich, sind in meinen Händen, die, wenngleich nicht bedeutende Marmorsammlung steht sammt dem heiligen Vogt von Sinzig in meiner Stube. Die Aachener Säulen, einige 30 Stück, sind theils schon zurückgegeben, theils werden selbst die unter dem Thore im Louvre und die im Museum feststehenden wohl noch diese Woche es werden. Den berühmten Codex aureus hab ich gestern erst mit vieler List entdeckt und gleich genommen. Außerdem sind noch unzählige Kunstsachen, theils von mir allein, theils durch meine Beihülfe in die deutschen Lande zurückgekommen.“ Nach seiner Rückkehr von Paris wurde G. 1816 der kölner Regierung als Assessor zugewiesen. In diesem Jahre gab er das „Jahrbuch für Freunde altdeutscher Zeit und Kunst“ heraus. Bei der Regierung blieb er 11 Jahre. Der königliche Dienst ließ dem strebsamen jungen Mann Zeit, sich mit wissenschaftlichen Arbeiten, namentlich mit germanistischen Studien zu beschäftigen. Eine Frucht dieser Studien war die 1821 erschienene Ausgabe des „Tristan“ von Gottfried von Straßburg mit der Fortsetzung des Ulrich von Türheim. Um sich lediglich wissenschaftlichen Arbeiten widmen zu können, verließ er 1827 den Staatsdienst. Lange aber sollte er sich der stillen Ruhe nicht erfreuen. Schon 1831 wurde er zum Präsidenten der Armenverwaltung gewählt. Er versah dieses schwierige Amt bis zum J. 1851, wo er aus Gesundheitsrücksichten die Wiederwahl ablehnte. Das kölner Armenwesen verdankt Grote’s umsichtiger und gewissenhafter Leitung Vieles. Die im J. 1835 veröffentlichte Schrift: „Das Waisenhaus zu Köln am Rhein“ lieferte den Beweis, wie sehr G. die seiner Führung anvertrauten Armeninstitute in sein Herz geschlossen hatte. Auch als Gemeindeverordneter entwickelte G. eine für seine Vaterstadt höchst ersprießliche Thätigkeit. Der von Sulpiz Boisserée angeregte Gedanke den Kölner Dom zu restauriren, fand bei G. begeisterten Anklang; mit gleichem Feuer erwärmte er sich später für den Plan, das herrliche Gotteshaus gänzlich auszubauen. Er trat an die Spitze des Vereins, welcher die Beschaffung der Mittel zur Vollendung des Doms sich zur Aufgabe stellte. Durch Wort und That wurden die Manchem unüberwindlich scheinenden Hindernisse vermindert und allmählich beseitigt. Bei der Thronbesteigung des Königs Friedrich Wilhelm IV. [730] gewannen die Dombaufreunde neuen Muth. Der Dombauverein, dessen vorbereitende Arbeiten von G. geleitet wurden, verdankt hauptsächlich der Initiative und Thätigkeit dieses genialen Kunstfreundes seine Entstehung. Das Fest der Grundsteinlegung am 2. Septbr. 1842 feierte er durch einen eigenen Hymnus. Als er 1855 wegen Schwerhörigkeit aus dem Vorstand des Dombauvereins ausschied, wurde er einstimmig zum Ehrenmitglied ernannt. Im Interesse seiner litterarischen Thätigkeit unterhielt er einen lebhaften brieflichen Verkehr mit einer langen Reihe hervorragender Gelehrten. Von verschiedenen altdeutschen Schriftstellern veranstaltete er die ersten, zum Theil einzigen Ausgaben, welche den Beifall der berufensten Kenner fanden, der G. F. Benecke, J. Grimm, A. W. von Schlegel. Außer dem schon erwähnten Tristan erschien von ihm 1834 „Gotfried Hagen’s Reimchronik der Stadt Köln“, 1852 „Lieder Muskatblüts“, 1855 „Wierstraat’s Reimchronik der Stadt Neuß“[WS 1], 1860 „Pilgerfahrt des Ritters Arnold von Harff durch Italien, Syrien, Aegypten, Arabien etc.“ Eine Ausgabe des Gedichtes Tandarias und Flordibel von dem Pleier hatte er vorbereitet, bis auf die Vorrede druckfertig hinterließ er „Zwei niederdeutsche Mystiker nach den Handschriften und mit Worterklärungen“. – Daß diese Ausgaben nicht allen den Anforderungen entsprechen, die wir heute an die kritische Ausgabe eines altdeutschen Sprachdenkmals stellen müssen, thut der Werthschätzung nicht den geringsten Eintrag. Seine Liebe zu seiner Vaterstadt bekundete G. dadurch, daß er durch letztwillige Verfügung der städtischen Bibliothek neunzehn werthvolle altdeutsche Handschriften und eine kleine aber ausgewählte germanistische Büchersammlung vermachte.
Groote: Eberhard von G., Germanist. Er wurde am 19. März 1789 dem kaiserlichen Oberpostmeister Erhard Anton Hermann Melchior und der Maria Henrica Caroline Josephe Walburgis von Becker geboren und starb am 15. April 1864. Beim Anrücken der französischen Republikaner wandte, wie so mancher andere Kölner Patricier, auch der Postmeister von G. mit seiner Familie der Stadt Köln den Rücken und suchte Zuflucht in Arnsberg. Nachdem der junge G. seine Vorbereitungsstudien vollendet, bezog er die Universität Heidelberg. Neben den juristischen trieb er hier mit besonderem Eifer philosophische und historische Studien. Durch brieflichen Verkehr mit Professor- Kölner Blätter 1864, Nr. 153. – Domblatt. – Reifferscheid, Erinnerung an E. v. Groote in Patt’s[1] Monatsschrift I, 1. und 2. Heft.
[Zusätze und Berichtigungen]
- ↑ S. 730. Z. 25 v. o. l: Pick’s (st. Patt’s). [Bd. 17, S. 795]
Anmerkungen (Wikisource)
- ↑ schließendes Anführungszeichen eingefügt.