ADB:Harff, Arnold von
Harff: Arnold Ritter v. H., geboren um 1471 als der mittlere von dreien Söhnen des Adam (oder Damian?) v. H., entstammte einem noch jetzt blühenden Jülich’schen Adelsgeschlecht, dessen Stammburg bei Bedburg an der Erft (NW. von Köln) zu suchen ist. Eine dreijährige Reise, welche er in niederrheinischem Dialect beschrieben hat, verschaffte ihm einige Berühmtheit. Er verließ Köln am 7. November 1496 und kehrte dahin zurück am 10. October oder nach einer anderen Angabe am 10. November 1499, nachdem er ansehnliche Länderstrecken in drei Erdtheilen durchwandert. Nicht Alles freilich, was er gesehen haben will, hat er wirklich gesehen. Weder Arabien noch Indien, weder Sokotora noch Madagaskar hat sein Fuß betreten, noch weniger hat er die Mondgebirge bestiegen und den Nil von seinen Quellen bis Kairo herab verfolgt. Dieser Theil seiner Reisebeschreibung wimmelt von selbsterfundenen Ortsnamen und von verworrenen Reminiscenzen aus Marco Polo und anderen Quellen. Hier und auch sonst zuweilen ließ ihn Ruhmsucht die Grenzen der Wahrheit überschreiten. Außerdem gibt die Zeitrechnung da und dort erheblichen Zweifeln Raum. Aber abgesehen von diesen Schattenseiten erweist sich H. überall, wo es sich um wirklich von ihm besuchte Länder handelt, als ein zuverlässiger und wohlunterrichteter Gewährsmann. Mag man über den frommen Eifer, mit welchem er alle heilige Orte der Christenheit von S. Jago de Compostella und Mont-Saint-Michel bis Jerusalem und bis zum Sinai aufsucht, denken wie man will, seinem umfassenden Forschungstrieb muß man alle Gerechtigkeit widerfahren lassen. Im Umgang mit landeskundigen Kaufleuten und mit Deutschen des verschiedensten Berufs, welche er überall zerstreut fand, wußte sich H. eine recht achtungswerthe Kenntniß von den Zuständen des Orients zu verschaffen, so daß z. B. seine Beschreibung des Lebens und Treibens in Kairo in Hinsicht auf die Fülle des Details kaum ihres Gleichen in damaliger Zeit findet. Aber auch die Geographie der europäischen Länder gewinnt durch ihn manche schätzbare Ausbeute namentlich durch die überaus reiche Nomenclatur der auf seiner Route gelegenen Ortschaften, welche uns unter Anderem über die Richtung der Straßen, die man damals einzuschlagen pflegte, aufs Genaueste orientirt. Besondere Aufmerksamkeit widmet H. dem Verkehrsleben; auch sammelt er fleißig Vocabeln (besonders die Zahlwörter) und Redensarten von fremden Sprachen und bildet die Form ihrer Buchstaben nach. Die sonst eingestreuten Zeichnungen verdienen wenigstens, soweit sie Volkstrachten zum Gegenstand haben, einige Beachtung.
- [600] Wegen des Geschlechts v. H. vgl. Schannat, Eiflia illustrata, übers. u. mit Anm. herausg. von G. Bärsch, Bd. 2, Abth. 1, S. 147 ff. Fahne, Geschichte der Kölnischen, Jülich’schen und Bergischen Geschlechter, Thl. 1, S. 138 f., Thl. 2, S. 56. – Der Titel der Reisebeschreibung lautet in dem (bis jetzt einzigen) Druck: „Die Pilgerfahrt des Ritters Arnold von Harff von Cöln durch Italien, Syrien, Aegypten, Arabien, Aethiopien, Nubien, Palästina, die Türkei, Frankreich und Spanien, wie er sie in den J. 1496 bis 1499 vollendet, beschrieben und durch Zeichnungen erläutert hat, herausg. von Dr. E. v. Groote, Cöln 1860. Den auf Italien bezüglichen Theil hat A. v. Reumont im Archivio Veneto 1876 p. 124 ff., 393 ff. ins Italienische übersetzt mit Anmerkungen herausgegeben. Zur Kritik des Buchs gibt ein Artikel der Augsb. Allg. Zeitung, 1861, 5. u. 6. März, Beil., wichtige Beiträge.
Heyd.