ADB:Gräffe, Johann Friedrich Christoph

Empfohlene Zitierweise:

Artikel „Graeffe, Johann Friedrich Christoph“ von Julius August Wagenmann in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 9 (1879), S. 571–572, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Gr%C3%A4ffe,_Johann_Friedrich_Christoph&oldid=- (Version vom 20. Dezember 2024, 06:23 Uhr UTC)
Allgemeine Deutsche Biographie
>>>enthalten in<<<
[[ADB:{{{VERWEIS}}}|{{{VERWEIS}}}]]
<<<Vorheriger
Gräff, Karl
Band 9 (1879), S. 571–572 (Quelle).
[[| bei Wikisource]]
Johann Friedrich Christoph Gräffe in der Wikipedia
Johann Friedrich Christoph Gräffe in Wikidata
GND-Nummer 119559781
Rohdaten, Werke, Deutsche Biographie, weitere Angebote
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Kopiervorlage  
* {{ADB|9|571|572|Graeffe, Johann Friedrich Christoph|Julius August Wagenmann|ADB:Gräffe, Johann Friedrich Christoph}}    

{{Normdaten|TYP=p|GND=119559781}}    

Graeffe: Johann Friedrich Christoph G., protestantischer Theologe, geboren zu Göttingen den 15. Febr. 1754; gestorben ebendaselbst den 27. Oct. 1816. – Aus einer frommen und rechtschaffenen Bürgerfamilie stammend, von den Eltern früh zum geistlichen Stande bestimmt, vorgebildet auf den Schulen seiner Vaterstadt, besonders durch Professor Eyring und Conrector Grabenstein, studirte er ebendaselbst 1770–75 Philologie, Philosophie und Theologie bei [572] Heyne, Walch, Miller, Leß, Zachariä u. A., war kurze Zeit Hauslehrer in Westfalen, 1783 Hospes in Loccum unter Abt Chappuzeau, wurde 1784 Landpastor zu Obernjesa, 1792 Prediger an der St. Albanikirche zu Göttingen, 1784 Magister und Privatdocent an der Universität, wo er besonders über Katechetik, aber auch über platonische und kantische Philosophie Vorlesungen hielt, 1797 Dr. theol. zu Helmstädt durch eine Dissertation „De miraculorum natura“, 1802 Superintendent der Inspection Göttingen III, Inspector des königl. Pastoralinstituts, zuletzt Senior des Stadtministeriums zu Göttingen. Neben seinem pastoralen Amt fand er Zeit zu eifrigem Studium und zu einer sehr fruchtbaren wenngleich inhaltlich nicht sehr bedeutenden litterarischen Thätigkeit auf dem Gebiete der Philologie (prosod. Lexikon der griechischen Sprache 1811), der Philosophie („Ueber analytische und synthetische Urtheile“, 1794, „Ueber das Gesetz der Stetigkeit“, 1798), besonders aber der praktischen Theologie, Homiletik, Katechetik und Pastoraltheologie („Neuestes katechetisches Magazin“, 1789 ff.; „Katechetisches Journal“, 1793 ff.; „Neues Journal für Katechetik und Pädagogik“, 1796 ff.; „Sokratik“, 1794; „Lehrbuch der allgemeinen Katechetik nach Kantischen Grundsätzen“, 1795–99, 3 Bde.; „Grundsätze der Katechetik nach Kantischen Grundsätzen“, 1796; „Versuch einer moralischen Anwendung des Gesetzes der Stetigkeit“, 1800; „Ausführliche Katechisationen etc.“, 1801 ff.; „Pastoraltheologie nach ihrem ganzen Umfang“, 1803; „Vertheidigung der Wunder Jesu“, 1812; „Ueber den Werth homiletischer Vorübungen“, 1812). – Durch eine Schrift des schwäbischen Theosophen Wizenmann an der damaligen Popularphilosophie, wie an der theologischen Ueberlieferung irregeworden, suchte und fand er die Lösung seiner Zweifel im Studium der platonischen, besonders aber der Kantischen Philosophie, und suchte nun die Ideen beider auch praktisch, im religiösen Volksunterricht, zu verwerthen. Insbesondere unterzog er sich mit bewundernswerther Unermüdlichkeit der Sisyphusarbeit, die Kantische Philosophie in praktische Theologie umzusetzen, und das ganze System der praktischen Theologie, vor allem die Katechetik, nach Kantischen Ideen zu bearbeiten, indem er alle Religiosität auf Moral, die Moral auf den kategorischen Imperativ gründet und den katechetischen Lehrstoff nach der Kantischen Kategorientafel zu ordnen sucht. In diesem Versuch liegt seine Stärke wie seine Schwäche: für die Gegenwart haben seine zahlreichen, seiner Zeit vielgebrauchten Bücher höchstens noch den Werth einer historischen Curiosität und pflegen in den theologischen und pädagogischen Lehrbüchern der Gegenwart citirt zu werden als Beispiele methodologischer Verirrungen.

Saalfeld, Geschichte der Universität Göttingen, S. 152; Viertelj. Nachrichten 1816, S. 182; H. Döring, Die gelehrten Theologen Teutschlands I. 525, und in der Allg. Encykl. Thl. 78; Meusel, Gel. Teutschland, Bd. II. IX. XI. XIII. XVII; Rotermund, Gel. Hannover, Bd. II.