ADB:Buxtorf, Johann der Ältere

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Artikel „Buxtorff, Johannes d. Aeltere“ von Carl Gustav Adolf Siegfried in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 3 (1876), S. 668–673, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Buxtorf,_Johann_der_%C3%84ltere&oldid=- (Version vom 7. Oktober 2024, 20:58 Uhr UTC)
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Buxtorff: Johannes B. (Buxtorf d. Aeltere) ward geb. 25. Decbr. 1564 in dem Städtchen Camen in Westfalen, wo sein Vater Prediger war. [669] Die erste Bildung empfing er auf den Schulen zu Hamm und Dortmund. Er studirte alsdann zu Marburg, Herborn (hier durch Piscator tiefer in das Hebräische eingeführt), Heidelberg, Basel und Zürich, ward 1590 magister artium und 1591 Professor der hebräischen Sprache zu Basel. 1592 heirathete er Margareta, eine Tochter des angesehenen Baseler Patriciers Leo Curio und ward der Stammvater einer ruhmreichen Gelehrtenfamilie. Verschiedene Rufe und Aemter, die ihm von anderen Orten her angetragen wurden, lehnte er ab und starb, noch mit der Vollendung seiner bedeutendsten Werke beschäftigt, am 13. Sept. 1629 zu Basel an der Pest. – Buxtorff’s gesammtes hebräisches Wissen, wie seine ganze wissenschaftliche Leistung ruhte auf der Grundlage, welche die Rabbinen geschaffen hatten. Letztere bilden die Voraussetzung sowol für seine Behandlung der hebräischen Sprache in seinen grammatischen und lexikalischen Arbeiten, als auch für seine sämmtlichen bibelkritischen Studien. Es ist daher zu einer richtigen Würdigung der Bedeutung Buxtorff’s innerhalb der Geschichte der alttestamentlichen Wissenschaft vor allen Dingen erforderlich, auf diese Basis seiner übrigen Schöpfungen den Blick zu richten.

B. war ohne Frage der größte Kenner des rabbinischen Schriftthums unter den Protestanten. Nicht nur eifriges Bücherstudium, sondern auch ein lebhafter brieflicher Verkehr mit gelehrten Juden Deutschlands, Polens und Italiens, sowie unmittelbarer in Basel bisweilen Anstoß erregender Umgang mit Israeliten mußten ihm dazu dienen, ihn in dieser fremden Welt einheimisch zu machen.

Seine genaue Kenntniß jüdischer Sitten und Gebräuche in ihren seltsamen Einzelheiten zeigt zunächst seine „Synagoga iudaica, d. i. teutsche Judenschul“, zuerst in deutscher Sprache 1603, nachher mehrfach (von Andern ins Lateinische übersetzt), 1604, 1641, 1680, 1712 herausgegeben. Freilich beweist diese Schrift auch durch die gehässige Art, mit welcher besonders Scandalosa darin zusammengestellt sind, wie wenig er diese Dinge mit unbefangenem historischem Sinne zu betrachten vermochte. Um auch den Christen eine Vorstellung vom Talmud zu geben, schrieb er eine „Operis talmudici brevis recensio cum ejusdem librorum et capitum indice“, welche seinem Buche „De abbreviaturis hebraicis“, 1613, 1640 u. ö. beigefügt ist. Letzteres gab zugleich Aufschluß über die wichtigsten der herkömmlichen phraseologischen und Namensabkürzungen, denen man in rabbinischen Schriften begegnet. Auch ist seinem „Thesaurus“ (s. u.) eine „Lectio hebraeo-germanica“ angehängt, in welcher eine Tabelle der unter den spätern Juden gebräuchlichen Schriftarten aufgestellt und Erläuterungen hebräischer Worte des Judendeutsch u. a. m. gegeben sind. Am umfassendsten aber tritt seine talmudische und rabbinische Belesenheit hervor in dem großen Hauptwerke seines Lebens, dem „Lexicon chaldaicum talmudicum et rabbinicum“, welches wir hernach noch von einer andern Seite her zu beleuchten haben werden. Liegt gleich bei demselben vorzugsweise der Aruch, das Lexikon des R. Nathan ben Jechiel zu Grunde, so sind doch zahlreiche anderweite Belegstellen aus Mischnah und Gemara, aus den Rabboth und sonstigen Midraschim, namentlich auch aus dem großen Sammelwerke Jalkut Schimeoni, sowie aus rabbinischen Auslegern, besonders aus R. David Kimchi, Raschi und Nachmanides beigefügt, so daß nicht nur Bedeutung und Gebrauch der wichtigeren Worte in der nachbiblischen jüdischen Litteratur zu ersehen ist, sondern auch zahlreiche fachliche Notizen zur Geschichte der alttestamentlichen Auslegung, zur Erkenntniß jüdischer Anschauungen und Sitten, sowie zum Verständniß rabbinischer Terminologie beigebracht sind. Es ist natürlich, daß B. auf einem Gebiete, wo er so sehr von Andern abhängig war, auch mannigfach irren mußte und wir begegnen daher in der That manchen verfehlten Angaben, die auf Mißverständniß rabbinischer oder talmudischer Stellen beruhen (s. hierüber u. a. Frankel, Mtsschr. für Gesch. und Wissensch. des [670] Judenthums, 1866, S. 74, 195 ff.); auch zeigt ein Blick in Levy’s chaldäisches Wörterbuch, 1867–68, wie viel es hier noch aufzuhellen und hinzuzufügen gab. Aber deswegen wird diesem Buche Buxtorff’s sein geschichtlicher Werth: „innerhalb der christlichen Welt der leider nur allzu einsam dastehende Bahnbrecher für eine tiefere Erkenntniß des Judenthums gewesen zu sein“, nicht abgesprochen werden können. – Neuerdings; (1866) haben Ph. R. Fischer und Th. H. Gelbe eine nicht recht genügende Neubearbeitung dieses Werkes begonnen.

Wie B. die hebräische Sprache von den Juden lernte, so war er auch als Grammatiker ganz von der rabbinischen Tradition abhängig. Liegt darin auf der einen Seite eine Schranke, insofern er sich noch nicht zu einer selbständigen Behandlung des sprachlichen Materials unter Berücksichtigung der verwandten Dialekte zu erheben vermochte: so sicherte ihn doch andererseits der enge Anschluß an die jüdischen Grammatiker vor den willkürlichen Phantasien, denen manche christliche Hebraisten des 17. Jahrhunderts verfielen. Seine grammatischen Schriften, die „Epitome Grammaticae hebraeae“ 1605 und insonderheit sein „Thesaurus Grammaticus linguae sanctae hebraeae“, 1609 (über versch. Ausgaben dieser beiden Schriften vgl. Wolf, Biblioth. hebr. II, 603), zeichnen sich durch Bestimmtheit und Klarheit in der Fassung der Regeln aus; im „Thesaurus“ namentlich ist die Angabe der vorkommenden Formen mit großer Vollständigkeit und Genauigkeit gemacht worden und die Syntax desselben bietet durch die reichhaltige und mit guter Auswahl angelegte Beispielsammlung noch jetzt ein brauchbares Hülfsmittel. Mit vollem Recht kann B. daher als die erste Epoche machende Erscheinung auf dem Gebiete der hebräischen Grammatik nach Reuchlin bezeichnet werden (vgl. Gesenius, Gesch. der hebr. Sprache, S. 110. 113). Daneben förderte er auch das Verständniß des chaldäischen, syrischen und talmudischen Idioms durch seine „Grammaticae chaldaicae et syriacae libri III. Inserta quoque passim est dialectus talmud. et rabbin.“, 1615. Wie im „Thesaurus“ so ist auch hier im ersten Buche des Werkes die Laut- und Formenlehre zusammengefaßt worden, das zweite Buch behandelt die Syntax, das dritte enthält chaldäische und syrische Stücke, letztere gleichfalls in hebräischen Lettern. – Zu beachten ist auch, daß B. in seinem „Thesaurus“ die Lehre von den hebräischen Accenten genau behandelt und zwar vorzugsweise insofern dieselben als Abtheilungszeichen der Sätze und Satzglieder zu betrachten seien. Ebenso ist dort anhangsweise die Formlehre der hebräischen Poesie im „Tractatus brevis de prosodia metrica“ besprochen worden, welches Untersuchungen über den Parallelismus der Glieder, über Rhythmus, Reim und strophische Gliederung anstellt.

Unter den lexikographischen Arbeiten Buxtorff’s ist zunächst das „Lexicon hebraeo-chaldaicum“[WS 1], 1607 (1631, 1663, 1698 u. ö.) und der daraus verfertigte Auszug „Manuale hebraicum et chaldaicum“, 1612 (s. über die Ausgaben Wolf, Biblioth. hebr. II, p. 550) hervorzuheben. Ist auch das allgemein lobende Urtheil Loescher’s (De causis linguae ebr. p. 117. 169) um deswillen einzuschränken, weil die Uebersetzungen und verwandten Dialekte bei Bestimmung der Wortbedeutungen fast nicht berücksichtigt sind, B. vielmehr ausschließlich den Rabbinen, besonders dem Sefer scheraschim des R. David Kimchi oder den Etymologien des Raschi, Ibn Esra, Elias Levita u. a. folgt, so bleibt ihm doch das Lob einer zweckmäßigen methodischen Anordnung und Auswahl und im „Manuale“ namentlich der Uebersichtlichkeit und Klarheit. Letzterer Vorzug verschaffte ihm wol vorzüglich Anerkennung und Nachfolge (vgl. R. Simon, Histoire critique du V. T. p. 359). Sodann aber ist auch an dieser Stelle ehrenvoll zu nennen das vorhin erwähnte „Lexicon chald. talm. et rabb.“, über dessen Arbeit B. dahinstarb und welches von seinem Sohne 1639 (zweiter Titel 1640) veröffentlicht wurde. – Einer der wichtigsten Vorzüge dieses Werkes ist die große [671] Genauigkeit in Bezug auf Schreibung und Vocalisirung der einzelnen Worte. Bisweilen werden sogar die verschiedenen Arten angeführt, wie ein und dasselbe Wort bei den einzelnen jüdischen Grammatikern und Commentatoren geschrieben wird oder es werden die Abweichungen angemerkt, welche sich zwischen der Schreibung eines Wortes im Aruch und der im Talmud vorfinden. Die Anordnung ist die alphabetische, doch so, daß zunächst das Stammwort und unter demselben alsdann alle von demselben herzuleitenden Bildungen namhaft gemacht werden. Bei den einzelnen Artikeln werden zuerst die nach rabbinischer Angabe sich vorfindenden Hauptbedeutungen kurz aufgezählt und alsdann die einzelnen vorkommenden Formen aufgeführt. Daran schließen sich jedesmal Belegstellen aus den chaldäischen Bibelparaphrasen (Targumim) und aus dem talmudischen und rabbinischen Sprachgebrauch. – Wenn die formale Seite dieses Lexikons: die Wortdeutung in Bezug auf die Feststellung des Grundbegriffs und die Herleitung der daraus folgenden Bedeutungen, sowie hinsichtlich der Einordnung der derivaten Bildungen, an den allgemeinen schon oben berührten Mängeln der Buxtorff’schen Arbeiten leidet und auch sonst manche Verstöße im Einzelnen zeigt, so darf man, um nicht ungerecht zu sein, nicht vergessen, was auch an Buxtorff’s neuestem tüchtigem Nachfolger Levy in dieser Beziehung noch vermißt wird (s. Geiger, Jüd. Ztschr. für Wissensch. und Leben, Bd. V. Bd. VI. S. 152 ff. Kohler, Ztschr. der D. M. G., Bd. XXIII. S. 676 ff.). – Und wenn in Bezug auf die Ausnutzung der targumischen Litteratur bemerkt wird, daß B. namentlich Jeruschalmi zum Pentateuch und zur Chronik wenig oder gar nicht benutzt habe, so muß doch auf das verwiesen werden, was er wirklich bringt und wodurch er seinen Nachfolgern die Arbeit wesentlich erleichtert hat. – Lexikalischer Natur ist endlich die große mühevolle, auch erst von Buxtorff’s Sohn zu Ende geführte Arbeit, welche in den „Concordantiae bibliorum hebraicae“, Basil. 1632, vorliegt. Dieselbe enthält ein alphabetisches Verzeichniß sämmtlicher hebräischer Worte des A. T. nebst den angeführten Stellen, in welchen sie vorkommen und zwar so, daß bei jedem Worte sämmtliche sich vorfindende Formen nebst Stellennachweis gegeben sind. Es fehlen nur die indeclinablen Partikeln und die Eigennamen. – Von Buxtorff’s Sohn ist eine Concordanz der chaldäischen Worte des A. T. hinzugefügt in einer Vorrede, welche über die Einrichtung des Werks besonders im Vergleich zu R. Nathan und Marius de Calasio sich ausspricht (s. d. gründliche Beschreibung und Würdigung des Werkes bei Bindseil, Concordantiarum homericarum spec.“, Halis 1867. Prolegg. p. XXIX–XXXIII). – Auf B. beruht Fürst, Concord. librorum V. T. sacr. hebr. et chald. Lips. 1840 (s. Delitzsch, Jesurun, p. 37).

Am eingreifendsten, aber nicht nur in die Geschichte der biblischen Wissenschaft, sondern auch in die der protestantischen Theologie und Kirche sind Buxtorff’s Arbeiten, welche sich auf die biblische Kritik beziehen. Zunächst sind hier diejenigen zu erwähnen, welche die Herstellung eines authentischen Grundtextes des A. T. zum Zwecke haben. – B. knüpfte hier an die durch Adelkind 1547 ff. zu Venedig herausgegebene verbesserte Ausgabe der zweiten bombergischen rabbinischen Bibel an. Er veranstaltete 1611 einen neuen Abdruck des hebräischen Textes, wobei er unter Mithülfe des Frankfurter Juden Mordochai ben R. Joseph Juda Wall besonders die Masorah (die jüd. Textüberlieferung) genau berücksichtigte (s. über den Titel dieser Ausgabe Meyer, Gesch. der Schrifterklärung Bd. III. S. 169). – Auf dieser Grundlage erhob sich die große rabbinische Bibel „Biblia sacra hebraica et chaldaica cum Masora etc.“, 1619 (s. den ursprünglichen ausführlichen hebräischen Titel mit deutscher Uebersetzung bei Rosenmüller, Handbuch für die Litt. der bibl. Kritik, Bd. I. S. 255 ff.). – Der hebräische Text ist noch sorgfältiger nach der Masorah durchgesehen und vocalisirt und am [672] Rande stets die sogenannte kleine Masorah genau angegeben. Neben dem Grundtext geht die chaldäische Paraphrase her, um deren Punktation er sich auf das sorgfältigste bemühte. Freilich werden seine Verbesserungen der letzteren hie und da beanstandet (s. Simon, H. crit. d. V. T., p. 300. Eichhorn, Einl. in das A. T. Bd. II. S. 272 f.), Text und Uebersetzung sind alsdann von rabbinischen Commentaren umgeben, unter denen die des Raschi, Ibn-Esra, Baal-Hatturim (R. Jakob ben Jechiel), R. David Kimchi, R. Levi ben Gerson, R. Saadia Gaon, R. Jesajah zu nennen sind. Im Anhang folgt dann das Targum Jeruschalmi, die sogenannte große Masora des R. Jakob ben Chajim, an welcher er zahlreiche Verbesserungen vornahm, die ihn in den Verdacht tendentiöser Aenderungen brachten (vgl. Tychsen, Tentamen codicum p. 217. Eichhorn, Einl. ins A. T., Bd. I. S. 443); daran schloß sich die Pesikta, d. h. ein Verzeichniß der Pasuk’s des ganzen A. T. nach der Reihenfolge der Bücher (seltsamer Irrthum bei Rosenmüller a. a. O. I. S. 258 u. Meyer a. a. O. III. S. 171), außerdem ein Variantenverzeichniß des Ben Asser und Ben Naphtali, die Aufzählung der Differenzen zwischen Madinchae (Babyloniern) und Maarbae (Palästinensern) und endlich eine Abhandlung über die Accente, welche sich schon in der zweiten bombergischen Bibel abgedruckt findet. Der Hauptzweck, welchen B. bei dieser gewaltigen Arbeit verfolgt, war, sich in ihr ein Arsenal zu schaffen, aus welchem er Waffen zum Kampf gegen die römische Kirche entnehmen könnte, insofern es dieser gegenüber vor allem darauf ankam, die Unversehrtheit und unbedingte Zuverlässigkeit des hebräischen Textes des A. T. zu erweisen. Letzteren Beweis suchte B. vornehmlich zu führen in der anfänglich der großen rabbinischen Bibel als Zugabe beigefügten ausführlichen Abhandlung „Tiberias s. commentarius masorethicus triplex historicus didacticus, criticus“, 1620, welche alsdann von seinem Sohne verbessert und vermehrt, auch in besonderer Quartausgabe 1665 herausgegeben worden ist. Der seltsame Titel deutet auf die jüdische Akademie zu Tiberias hin, deren Bedeutung für die Bewahrung der jüdischen Textüberlieferung einen Hauptpunkt in dem sich entspinnenden Streite bildete. – Man hatte bisher innerhalb der evangelischen Kirche in Bezug auf das Verhältniß der Vocale und Accente zum anderweiten hebräischen Text des A. T. gewissermaßen im Stande der Unschuld gelebt und kein Bedenken getragen, jene für später als diesen anzusehen. Indessen Buxtorff’s scharfblickender Geist erkannte richtig das Bedenkliche dieser Anschauung für das unter den Protestanten sich in immer größerer Bestimmtheit entwickelnde Inspirationsdogma. Denn da bei vielen Worten offenbar der Sinn von der Vocalisation völlig abhängig ist, so war die Sicherheit der göttlichen Offenbarung erschüttert, wenn man die Möglichkeit einer spätern Hinzufügung der Vocale zuließ. B. ließ es sich daher vorzugsweise angelegen sein, zunächst des Elias Levita Behauptung, daß Vocale, Accente und sonstige Lesezeichen erst nach Beendigung des Talmud von den Tiberiensischen Masorethen erfunden worden seien, zu widerlegen. Seine Gründe waren einerseits theologische, wie die oben berührte Unsicherheit des Sinnes bei Annahme späteren Ursprungs der Vocale oder der Ausspruch Christi Matth. 5, 18 (μία κεραία), der auf die Unverbrüchlichkeit der Lesezeichen deute: Instanzen, welche, auf Voraussetzungen beruhend, ohne Beweiskraft sind. Anderseits aber führte er auch historische Gründe ins Feld und suchte aus dem Talmud zu erweisen, daß die Masorah und ebenso Vocale und sonstige Zeichen bereits vor demselben bestanden hätten. Er bemühte sich alsdann wahrscheinlich zu machen, daß Esra und die sogenannte große Synagoge, ein Collegium von diesem berufener Schriftgelehrten, die Masorah festgestellt hätten. Esra habe auch mit denselben den Canon fixirt, den Text in Verse abgetheilt und zunächst die Consonanten nach den authentischen Schriftexemplaren, [673] die seit Mose’s Zeiten sich erhalten hätten, bestimmt. Dann habe man auch Vocalisation und Accentuation festgesetzt, wobei es zweifelhaft bleibe, ob die Zeichen selbst erfundene oder von Andern überlieferte und vielleicht nach längerer Vernachlässigung wiederhergestellte seien. Jedenfalls sei auch die vocalisirte Aussprache eine in unfehlbarer Sicherheit traditionell überkommene. – Man sieht leicht, eine wie schwere Aufgabe B. seinem Sohne in der Vertheidigung dieser Aufstellungen hinterließ. – Gleichwol hatte dies Buch als Wegweiser zur Kenntniß der Masorah für die damalige Zeit einen hohen Werth und die protestantische Theologie reformirten wie lutherischen Bekenntnisses eilte oft in dieses Zeughaus, um sich mit Waffen zu versehen. So beruhen namentlich Carpzov’s Arbeiten in der Critica sacra, wie in der Introductio ad libros can. V. T. ganz auf Buxtorff’s Grundlagen. – Man wird nicht zu viel sagen, wenn man B. als den eigentlichen Lehrer der älteren protestantischen Theologie auf dem Gebiet der alttestamentlichen Wissenschaft bezeichnet.

Dan. Tossanus, Orat. de vita et obitu J. Buxtorfi sen., Bas. 1630. Vgl. den Artikel von Bertheau in Herzog’s Realencykl. II. 479 und Buxtorf-Falkeisen, Joh. Buxtorf d. Vater, Prof. lingu. hebr. 1564–1629, erkannt aus seinem Briefwechsel, Basel 1860.[1]

[Zusätze und Berichtigungen]

  1. S. 673. Z. 18 v. o.: Vgl. ferner E. Kautzsch, Johannes Buxtorff d. ält., Basel 1879 (Rectoratsrede). [Bd. 13, S. 792]


Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: hebraeoc-haldaicum