Wilhelm Löhes Leben (Band 3)/Das Krankenwesen der Diakonissenanstalt

« Die verschiedenen Zwecke und Thätigkeiten der Diakonissenanstalt. Die Blödenanstalt Johannes Deinzer
Wilhelm Löhes Leben (Band 3)
Das Schulwesen des Diakonissenhauses »
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Das Krankenwesen der Diakonissenanstalt.


 Die Krankenpflege war selbstverständlich von vorneherein unter die Zwecke des Diakonissenhauses aufgenommen worden, weshalb anfangs ein Teil der Räume desselben als Hospital dienen mußte. Zu irgend welch größerer Bedeutung konnte sich aber das Krankenwesen des Diakonissenhauses um seiner abgeschiedenen ländlichen Lage willen nicht entwickeln; Krankenpflege war daher nicht wie| bei andern in großen Städten gelegenen Diakonissenhäusern ein Selbstzweck, sondern nur Mittel zum Zweck. „In unserem Hause – sagt einer der ersten Berichte – sind genau genommen nicht die Pflegerinen für die Kranken, sondern diese für jene da.“ „Es ist nie unsre Absicht gewesen, mehr Kranke aufzunehmen als nötig ist, um unter Hinzunahme der Krankenpflege in der Gemeinde und Umgegend zur Lehre die nötige Übung zu gewähren.“ Namentlich dieser „ambulanten Krankenpflege“ unter dem Landvolk der Umgegend wurde von Anfang an besondere Aufmerksamkeit zugewendet, nicht blos um den werdenden Diakonissen vermehrte Gelegenheit zur Praxis zu geben, sondern auch in der Absicht, in der Landbevölkerung selbst Sinn und Geschick zum Dienst an ihren Kranken zu erwecken und zu erziehen. Zu diesem Zweck wurden die Armenhäuser der Umgegend besucht und dabei die Erfahrung gemacht, „wie viel Elend auf dem Lande hilflos verwimmert wird,“ aber auch die Überzeugung gewonnen, daß nicht der akute Kranke, sondern der Alte, Sieche und Gebrechliche auf dem Lande der Hilfe und des Erbarmens am bedürftigsten ist. „Jenen steht der Landmann bei, weil die Not kurz verläuft, für diese aber verliert er die Teilnahme, denn es währt ihm zu lang und kostet zu viel.“ Er wird „ihrer Trübsale leicht müde“. Ein Siechenhaus, ein γηροκομεῖον (Altenheim) schien Löhe auf dem platten Lande weitaus die nötigste und größte Wohlthat zu sein. Wirklich wurde schon im Sommer 1857 ein Anfang zur Abhilfe dieser Not gemacht, indem ein inmitten des Dorfes gelegenes Haus, das feil wurde, angekauft und als „Pfründhaus“ und „Dorfhospital“ eingerichtet und auch sofort von einer Diakonissin mit zwei alten Pfründnerinen bezogen wurde.
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 Auch bei Errichtung dieser Anstalt war der Wunsch leitend, daß der Segen des Diakonissenhauses der Stätte seines Ursprungs zu allernächst zu gut kommen möge. Kaum wird man sagen dürfen,| daß die wohlmeinende Absicht von den Nächstbeteiligten erkannt wurde, mehr als Wohlthat wurde von der umwohnenden ländlichen Bevölkerung die Anstellung eines eigenen Arztes und die Errichtung einer Hausapotheke seitens des Diakonissenhauses empfunden, da Arzt und Apotheke nun um so viel bequemer und billiger zu haben waren.

 Reichlicher als von der Nachbarschaft wurde der Dienst Dettelsauer Diakonissen von auswärtigen weiblichen Kranken aus den gebildeteren Ständen, die im Diakonissenhause Aufnahme suchten, in Anspruch genommen. Diesem Bedürfnis verdankte der schöne Siechensaal, zu dessen Bau eine Schwester ihr Vermögen geschenkt hatte, seine Entstehung. Der Saal, eine Nachschöpfung eines von Löhe kurz vorher mit Bewunderung gesehenen Vorbilds im Hotel de Dieu in Lyon, war der Länge nach durch einen Gang geteilt, zu dessen beiden Seiten sich mäßig große, durch Bretterwände und Vorhänge geschiedene Zellen befanden, während der freie Raum in der Mitte, auf den der Blick aus den Zellen geöffnet werden konnte, zur Pflege der Gemeinschaft und vor allem des gottesdienstlichen Lebens diente, so daß auf diese Weise Gemeinschaft und Absonderung der Kranken erreicht wurde. Leider waren die Kranken, für welche der Saal vermeint war, weder zahlreich noch gleichartig genug, so daß er bald anderen Zwecken dienen mußte als für welche er gestiftet war.

 Im Jahr 1865 schien die ursprüngliche und immer fest gehaltene Absicht des Diakonissenhauses, vor allem seiner nächsten Umgebung zu dienen, der Ausführung nahe. Um jene Zeit drang die bayrische Regierung ernstlich auf Errichtung von Distriktskrankenhäusern, und der Distrikt Heilsbronn fand es bequem, das schon bestehende Diakonissenkrankenhaus für die voraussichtlich wenigen vorkommenden Fälle auch als Distriktshospital zu benutzen, zu dem Satz von 24 kr. = 70 Pf. für die Verpflegung eines Kranken per Tag. Es war vorauszusehen, daß trotz dieses niedrigen| Satzes das Distriktshospital dennoch so wenig als möglich benützt werden würde. Der Landmann hat von Haus aus eine Scheu vor dem Hospital, die noch größer ist als die des Städters – eine Scheu, der jener Kranke auf die Frage der Schwestern, ob er nicht zu besserer Verpflegung ins Hospital nach Dettelsau gebracht zu werden wünschte? drastischen Ausdruck gab in den Worten: „O, nicht um tausend Gulden.“ Dazu kam, daß jene Kostenberechnung, so niedrig sie war, für bäuerliche Verhältnisse dennoch zu hoch gegriffen schien, sofern der Landmann es allerdings fertig bringt, bei der Art und Weise, wie er seine Kranken hält, mit noch weniger auszukommen. Man sah daher im Diakonissenhause bald ein, daß, wenn man der Umgegend wohlthun und die Wohlthat von derselben geschätzt haben wollte, man zum Prinzip der Freiwilligkeit seine Zuflucht nehmen müsse. So erbot sich denn die Diakonissenanstalt dem Distrikte, der 137 Ortschaften von verschiedener Größe, von der Landstadt bis zur Einöde herab, umfaßt, alle seine armen Kranken gratis zu übernehmen und sie bis zur Genesung oder zum Tode zu verpflegen, wenn dafür gestattet würde, daß die Diakonissen von Dettelsau alljährlich zweimal in allen Gemeinden des Distrikts freiwillige Gaben einsammelten, also „terminieren“ gingen. Nicht ohne anfänglichen Widerspruch (ein bäuerliches Mitglied des Distriktsrats meinte: „Bettler haben wir ohnehin genug“) wurde das Anerbieten der Diakonissenanstalt von dem Distrikt Heilsbronn angenommen, und, zunächst auf eine Probezeit von fünf Jahren, ein Vertrag mit demselben errichtet. Ein Lieblingsplan Löhes war damit der Verwirklichung nahe gekommen, von dem er sich reichen Segen für das Diakonissenhaus wie für seine weitere Umgebung versprach. Er hoffte, die auf diese Weise sich mehrenden persönlichen Berührungen würden die indolente Bevölkerung der Nachbarschaft doch dahin bringen, nach dem Diakonissenhaus und seinen Liebeswerken zu fragen. Er meinte:| es müßte wunderlich zugehen, wenn nicht nach einer, sei es auch nur fünfjährigen Erfahrung, die Gemeinden des Distrikts zu der Anerkennung gebracht würden, daß von seiten des Diakonissenhauses jene Liebe geübt werde, die nicht das Ihre sucht; eine solche Überzeugung aber müße hebend und heiligend auf die Gemeinden wirken und sei allein schon des Ungemachs wert, das die terminierenden Schwestern auf sich nehmen müßten. Andrerseits, meinte er, könne es auch den Diakonissen nur nützlich sein, wenn sie die Lebensgewohnheiten und Anschauungen des Landvolks, die Art und Weise der Verpflegung seiner Kranken, die Zustände in den Hirten- und Armenhäusern kennen lernten, wenn sie in die Hütten des Elends Trost bringen und hiedurch und namentlich auch durch die reichlich geübte Verteilung von Gebetbüchern, Traktaten und Bildern dem heil. Amt in den einzelnen Gemeinden in die Hände arbeiten dürften.
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 Um für den erwarteten Zudrang von Distriktskranken gerüstet zu sein, wurde im Jahr 1867 ein Hospital für Männer und im Jahr 1869 ein zweites für Frauen erbaut: die letzten anstaltlichen Schöpfungen Löhes, zwei stattliche, den damaligen Complex der Anstalten nach Osten zu abschließende Gebäude, von Löhe deshalb scherzend das „Ostende der Dettelsauer Diakonissenkolonie“ genannt. Nach Vollendung auch des zweiten Hauses hatte Löhe gesagt: „Unsre Häuser stehen gebaut und wir haben sie wohnlich und heimlich gemacht. Ochsen und Mastvieh sind geschlachtet, kommt, es ist alles bereit.“ „Aber,“ könnte man mit den Worten des angeklungenen Evangeliums fortfahrend sagen, „die Geladenen wollten nicht kommen.“ Nach Ablauf der fünfjährigen Probezeit wurde vom Distriktsrat der Vertrag mit dem Diakonissenhause nicht mehr erneuert.[1] Der status quo ante trat wieder ein, das| Terminieren der Schwestern hörte auf. Um Letzteres war es am Ende nicht schade. Das Terminieren, welches die Landbevölkerung bisher nur als Privileg der Bettelorden kannte, behielt nach ihrem Urteil bei evangelischen Schwestern immer einen fremdartigen Beigeschmack. Auch für die Schwestern war der Wegfall dieser Bittgänge eine Wohlthat. Löhes Vorliebe für solche antikisierende Formen, der Schwung, den er durch seine eigne Begeisterung den Seelen zu geben vermochte, der Reiz der Neuheit der Sache half wol am Anfang über Nöte und Schwierigkeiten hinweg; aber auf die Dauer würden doch die Schwestern trotz mitunter erfreulicher Erfahrungen diese Terminiergänge zu den „sauren Gängen“ ihres Berufes zu rechnen gehabt haben. Diese Gänge im Wind und Wetter zur rauhen Frühjahrs- und Herbstzeit auf oft grundlosen Pfaden würden der Gesundheit manch zarter Jungfrau stark zugesetzt haben und im Verhältnis zu dem Erreichten und Erreichbaren ein nicht zu verantwortender Verbrauch an Diakonissenkraft und Diakonissenmaterial gewesen sein.

 Langsam füllten sich dann doch die beiden Spitäler, am leichtesten das Frauenhospital, mit Kranken, Pfründnern, Siechen. Aber es ist auch erklärlich, warum unter allen von Löhe gegründeten Anstalten die beiden Spitäler allein sich nicht vergrößerten. Während alle übrigen zur Anstaltskolonie gehörigen Gebäude sich dehnten und reckten, sind die letztgenannten aus ihrem Kinderkleid nicht herausgewachsen. Doch dienen sie auch an ihrem Teil und nach ihrem Maß den Zwecken der Barmherzigkeit, ja demjenigen unter ihnen, bei welchem (wie es in einem Berichte heißt) man am tiefsten davon überzeugt sein kann, daß er nach dem Sinn des Erlösers ist.

 Anhangsweise mag hier noch eine Thätigkeit erwähnt werden, die sich räumlich an das Männerhospital anschloß: der Fürsorge für Wanderer (wandernde Handwerker). Am liebsten hätte Löhe ein Xenodochium (Fremdenhospital) für diese Armen von der Landstraße| und den Zäunen errichtet, dazu reichten die Mittel indes nicht. Aber wenigstens unentgeltliche Aufnahme und Verpflegung im Hospital suchte er den an „Straßenübeln“ Leidenden unter ihnen zu sichern, und die Wohlthat der für auswärtige Schulkinder und Dorfarme errichteten Suppenanstalt war auch für sie.[2] Ebenso wurde er nicht müde, bei jeder Gelegenheit, namentlich wenn er über Perikopen wie 1 Petr. 4, 7 ff. oder das Evangelium des 2. Sonntags nach Trinitatis predigte, zur Liebe der Fremdlinge zu ermuntern. Die Neuzeit hat ja durch Herbergen zur Heimat, Arbeiterkolonien u. s. w. dem großen Notstand eine Abhilfe zu schaffen begonnen, vor drei Jahrzehnten aber konnte Löhe mit Recht die Pflege der Fremdlinge ein in unsern Gegenden „noch ganz unverstandenes und unerkanntes, deshalb auch zum Teil verlästertes großes Arbeitsfeld der Barmherzigkeit“ nennen. Um andern Mut und Lust zu machen, ging er selbst mit gutem Beispiel voran, führte eine Weile selbst die Kontrolle über die zugereisten Handwerksburschen, überwand sich mit einer ihm gewiß nicht leicht gewordenen Selbstverleugnung, ihre oft so ekelerregenden Wunden und Schäden in Augenschein zu nehmen und bei dieser Gelegenheit auch ein Wort an ihr Herz zu reden. Es geschah| unter dem Eindruck dieser Erfahrungen, wenn er in dem Jahresbericht von 1864/5 sagt: „Was für Wunden und Beulen, was für Gebrechen und Schmerzen haben wir bei so vielen Streunern und verlornen Kindern gesehen. Und wie hat sich das Herz der Elenden geöffnet, wenn sie ihr Elend darlegen durften, ohne den Stecken des Bettelvogts oder Polizeidieners fürchten zu müßen. Wie gerne haben sie gütige Worte angenommen, auch wenn sie straften oder Buße predigten: alles was in dem äußerst interessanten Buch (des Abbé Mullois) über das Elend von Paris von der Frucht der Bemühung unter den Verlornen zu lesen ist, haben wir in unserem kleinen Kreise den Anfängen nach auch erfahren.“ Die Vorurteile, welche gerade der Pflege der Wanderer bei der Bevölkerung in Stadt und Land entgegenstehen, erklärte er für unberechtigt. „Weit entfernt – sagt er an einem andern Ort – daß wir uns zur Ansicht derjenigen bekehrt hätten, die für unwürdige, verkommene, leiblich und geistlich verderbte Menschen kein Erbarmen übrig haben, erkannten wir je länger je mehr, daß die Kirche gerade sie ins Auge fassen und ihrem Herrn die Schuld des Dankes für sein göttliches Erbarmen durch treue Fürsorge für solche Menschen abtragen soll. Die Armenordnungen der Reformationszeit sind vortrefflich, dem Evangelium und dem Sinn des HErrn entsprechend, aber nur in Betreff der einheimischen Armen, während der arme Fremdling nur den Bettelvogt in Aussicht hatte. Es ist erfreulich, daß zu unserer Zeit der Mangel an vielen Orten erkannt und die Arbeit unsrer Väter ergänzt wird.“[3]
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 Eine Eigentümlichkeit des Diakonissenhauses als Krankenanstalt, die allerdings mit Löhes Tod verschwand, war die häufige Anwesenheit von Gemüts- und Geisteskranken aus höheren und niederen| Ständen in demselben. Ein kurzer Aufsatz Löhes im Diakonissenkalender von 1864, der über die bei Behandlung und Pflege solcher Kranken ihm maßgebenden Grundsätze sich ausspricht, mag zum Schluß dieses Abschnitts hier Mitteilung finden.
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 „Das Diakonissenhaus – schreibt Löhe – wird besonders von Geisteskranken aus der Nähe und Ferne gesucht. Schon ehe es dahier ein Diakonissenhaus gegeben hat und noch jetzt neben dem Diakonissenhaus suchten und suchen angefochtene, dämonische und geisteskranke Landleute, so Männer, wie Frauen, dahier Hilfe durch das Gebet. Entweder kommen sie persönlich, oder sie bitten brieflich oder durch einen Boten, daß für sie gebetet werde. Es wurde und wird gebetet, und aus der vielfachen Danksagung war und ist zu erkennen, daß viel Erhörung da sein muß. Bei so vielfacher Erfahrung der Hilfe erklärt sich leicht, wie bei manchen Kranken der Wunsch entstehen konnte, sich länger hier aufzuhalten und die Räume des Diakonissenhauses zum Aufenthalt zu benützen. Von Seiten des Diakonissenhauses willfahrte man nach Möglichkeit, und so ist denn die Diakonissenanstalt allmählich in weiteren Kreisen in den Ruf gekommen, ein passender Aufenthalt für Geisteskranke zu sein. Die tiefe Stille der Lage, die für Nervenkranke so heilsame frische Luft, der Organismus der Anstalt, das reiche Leben, welches bei aller Ruhe des Daseins durch das Zusammengreifen so mannigfaltiger Anstaltszwecke entsteht, die Gottesdienste und die Möglichkeit eingehender seelsorgerischer Führung machen allerdings die Diakonissenanstalt zu einem sehr geeigneten Asyl für Geisteskranke. Das von Pinel und Tuke ausgegangene No-Restraint-System, welches für die armen Geisteskranken eine neue Zeit der Hilfe eröffnet hat, will Asyle, und wer z. B. das von Dr. Brosius übersetzte Werk von John Conolli „Die Behandlung der Irren ohne mechanischen Zwang“ (Lahr 1860) durchliest und mit dem Leben der Geisteskranken in der Diakonissenanstalt vergleicht, der| wird finden, daß in dieser Anstalt, lange Zeit bevor man von dem No-Restraint-System etwas wußte, die neuen Grundsätze, nur ohne deren Übertreibung und Verweltlichung, befolgt wurden, und nicht blos befolgt, sondern geheiligt und befruchtet, weil bei uns die Religion nicht ein Faktor der Führung, wie ein anderer Faktor, sondern Meisterin der ganzen Führung und Lebenslust ist. Bei dem Andrang von Geisteskranken hat man sich im Diakonissenhaus zuweilen gegen neue Aufnahmen gesträubt, aber doch am Ende nicht widerstehen können, so daß man sich nun darein gefügt hat, Geisteskranke, so viel möglich, aufzunehmen, wenn man nur nicht mehr verlangt, als von einem Asyl verlangt werden kann. Wir nehmen am liebsten von den Ärzten aufgegebene unheilbare Kranke, besonders melancholische, die nach bisheriger Erfahrung dem Organismus und den Mitteln des Hauses nicht sehr lange widerstehen.“





  1. Eine ähnliche Einrichtung bestand für den Distrikt Heidenheim, für den Polsingen den anstaltlichen Mittelpunkt bildete; aber auch dort wurde sie bald hinfällig.
  2. Wenn ich mich recht erinnere, war es bei der Eröffnung dieser Suppenanstalt, daß, als eben die Freunde des Diakonissenhauses mit den Schwestern beim einfachen Festmahl von Rumfordscher Suppe beisammen saßen, ein wandernder Handwerksbursche an die Pforte des Männerhospitals pochte und um eine Gabe bat. Man rief ihn sofort herein, gab ihm einen Ehrenplatz und bedeutete dem Überraschten, daß er heute nach Matth. 25, 35 den Herrn Jesus in der Mitte der Versammelten vertrete. Es erregte Heiterkeit und wurde als ein gutes Omen gedeutet, als man den Namen des unvorhergesehenen Gastes erfuhr: er hieß Schuldenzucker. Schulden machen zu müssen, um Barmherzigkeit üben zu können, war in Dettelsau oft eine Notwendigkeit, deren Bitterkeit man dennoch fühlte. Da konnte man zur Versüßung der bitteren Pille „Zucker für Schulden“, Tröstungen durch manche wunderbare Hilfe Gottes, wol brauchen.
  3. Geldgaben wurden den Wandernden nicht gereicht, sondern nur das Nötige an Speise und im Bedarfsfälle an Kleidung, doch nicht eher, als bis ihre Lumpen konfisziert waren. Eine Gegenleistung durch Arbeit wurde von ihnen nicht gefordert.


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