Trauerrede. Gesprochen bei der Beerdigung des Lorenz Weinzierl

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Autor: Johann Martin Rauch
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Titel: Trauerworte, gesprochen bei der feierlichen Beerdigung des wohlgebornen und achtbaren Herrn Lorenz Weinzierl, weiland Abgeordneten zur bayerischen Ständeversammlung, berühmten Oekonoms und Gastgebers zu Großmehring.
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aus: Sechs kurze Trauerreden. Bei Beerdigungen gesprochen. S. 18–24
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Entstehungsdatum: 1831
Erscheinungsdatum: 1834
Verlag: Alois Attenkover
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Erscheinungsort: Ingolstadt
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Quelle: Scans auf Commons
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[18]

III.

Trauerworte[1], gesprochen bei der feierlichen Beerdigung des wohlgebornen und achtbaren Herrn Lorenz Weinzierl, weiland Abgeordneten zur bayerischen Ständeversammlung, berühmten Oekonoms und Gastgebers zu Großmehring.


Beati mortui, qui in domino moriuntur. Ap. 14, c. 13.

Selig die Todten, die im Herrn sterben.



Hochansehnliche! Verehrungswürdige!

Es sey mir gegönnt, heute, bei dargebotener, schmerzlicher Veranlassung, ein, dem Tage nicht ganz unangemessenes Wort, zu sprechen. Zahlreich versammelt, stehen wir, trauernd am Grabe, dem wir so eben die sterbliche Hülle Eines Mannes anvertraut haben, der als Mensch und Christ, unsere Aufmerksamkeit auf eine keineswegs alltägliche Weise in Anspruch zu nehmen vollends berechtiget ist. – Wir stehen am Grabe des wohlgebornen und achtbaren [19] Herrn Lorenz Weinzierl, weiland Abgeordneten (1819) des Königl. Landgerichts-Bezirkes Ingolstadt zur bayerischen Ständeversammlung, Gastgebers und praktisch hochberühmten Oekonoms zu Großmehring, der, geboren von edlen, nun schon lange seligen Eltern, deren irdische Reste dieser Kirchhof birgt, – am 6. August 1764 die Sonnenleuchte dieses mühseligen Pilgerlebens erblickte. Geboren, und thatkräftig auf- und fortlebend im Schoose der hiesigen Gemeinde, erwarb er sich die Achtung und Verehrung nicht allein der hiesigen Gesammtgemeinde, sondern auch theoretischer, nicht unbedeutender Oekonomen, und Freunde der Landwirthschaft, die seine, auf vieljähriger Erfahrung fussenden Kenntnisse zu genießen, ebenso herbei zu eilen sich beeiferten und würdigten, wie einst eine Königin von Saba, um Salomons Weisheit zu sehen. Lebend mit den hiesigen Gemeindegliedern erwies er sich, beglückt von göttlicher Vorsehung, mit irdischen Gütern, stets hilfeleistend und mitleidsvoll unterstützend, wo immer Zeit und Gelegenheit ihm Winke zu geben schienen. Und dabei war edle, nur edle, Uneigennützigkeit die schöne Triebfeder großmüthiger Werke, erzeugt aus christlicher Theilnahme am Elende seines Mitbruders, so, daß an ihm wahr wurde, was ein bekanntes [20] Wort uns lehrt: Wohl dem! der Güter hat, und sich Schätze sammelt für das ewige Leben! –

Lebte der Verblichene edel denkend im Verbande seiner Gemeinde – Er achtete die Leitsterne der heiligen Religion. Ueberzeugt von der Wahrheit und Ewigkeit dieses himmlischen Geschenkes, schämte er sich zu keiner Stunde, im Schoose der Kirche zu leben, die einst der Sohn Gottes auf dieser Erde auf Felsen gründete, die nicht erschüttert werden, ob mächtig auch seit achtzehnhundert Jahren gegen sie feindliche Orkane wüthen. Anerkennend, daß eine allwaltende Vorsehung Gottes Alles leite und der Menschen Schicksale ordne, ward kein Leiden, keine Trübsal vermögend, sein festes Vertrauen nach Oben zu beschränken. Und in dieser Ueberzeugung wandelnd nahm er seine letzte, beschwerdevolle Krankheit willig und mit vollkommener Ergebung an als einen Kelch, der zur Prüfung ihm dargeboten war, aus göttlicher Hand, nicht verkennend das Wort des heil. Paulus, „daß Alle, die Gott lieb hat, Er auch züchtige, daß jede Prüfung in ihrer Andauer Schmerzen zeuge, den Geübten aber Bewährung verschaffe in den schönsten Früchten der Gerechtigkeit, und daher denen, die Gott wahrhaft lieben, auch Alles zum Guten gereiche.“ – Schon frühe raubte ihm des Todes Allgewalt seine geliebten Eltern, [21] und später mußte er Zeuge seyn, wie seine theure erste Gemahlin, wie erwachsene, wie schon versorgte Kinder, der Herr zum Opfer foderte. – Er stand unerschütterlich, bauend auf Gottes Fürsorge, die Alles zum Beßten der Menschen leitet, und die die Tage des irdischen Lebens ausgestreckt zum Wirken und Dulden, bis da winket die Heimkehr in’s selige Vaterland.

Kein Wunder also, daß ein so geprüfter Mann auch mit christlicher Starkmuth den Boten seines Abschiedes von dieser Erde, seine letzte Krankheit, als heiligen Wink der göttlichen Vorsehung erkannte, und geduldig harrend seiner Auflösung entgegen sah, um die er verzichtend auf dieses mühselige Pilgerleben mehrere Male inbrünstig selbst zum himmlischen Vater flehte. Daher, gestärkt durch den Empfang der heil. Sakramente und die Tröstungen der Religion Jesu wünschte er, wie einst ein heil. Paulus aufgelöset zu werden, um mit Christo zu seyn, an dessen göttlichen Willen er mit gänzlicher Hingabe hing. – Rührend war der Augenblick, da er mit väterlicher Liebe seine theuern Hinterlassenen segnete, und, sich von ihnen auf kommendes, seliges Wiedersehen, willig und heiter verabschiedete, und von dieser Stunde an nur mehr in dem Gekreuzigten Stoff seiner Betrachtungen fand, bis er am 23. Junius, [22] Morgens 5 Uhr nach einem stillen Todeskampfe sanft und ruhig in ein besseres Leben hinüberschlummerte. –


„Selig die Todten, die im Herrn sterben von nun an; denn, spricht der Geist, sie ruhen aus von ihren Mühen und ihre Werke folgen ihnen nach.“ Möge dieses Ihnen, die Sie durch volle 36 Jahren dem Seligen eine treue, liebvolle Gefährtin waren,[2] und auch Ihnen Allen, die immer die Bande des Blutes oder der Verwandtschaft näher mit ihm vereinigten, möge dieses Ihnen, sage ich, lindernden Balsam ins tief verwundete Herz gießen, und Sie der Gedanke trösten, daß der Verklärte uns nur eine Bahn vorausgegangen ist, die wir einst alle betreten werden; eine Bahn, die da heimführet in das Land der Ruhe und des Friedens, wo keine Trennung, kein Abschied mehr Statt findet, wo keine Thräne mehr fliesset, keine trübe Wolke mehr den Horizont ewiger Beseligung umhüllet. –

Darum lassen Sie uns aber auch heute am Grabe des edlen Mannes die goldne Lehre [23] tief zu Herzen nehmen, „daß wir auf dieser Erde keine bleibende Stätte haben,“[WS 1] daß wir nur Fremdlinge und Pilger sind, die über kurz oder lange einst Alle heimgerufen werden in’s Vaterhaus. Lassen Sie uns von den Gräbern hier einsehen lernen, daß der Mensch einer Blume gleicht, die heute schön und lieblich blühet, und, ach, schon morgen wieder verwelket! Lassen Sie uns überhaupt bedenken, daß Alles, was irdisch ist, auch deswegen schon vergänglich seyn muß. Daher wollen wir dieses hinfällige Pilgerleben mit seinen Gütern so genießen, daß wir, im Hinblicke auf unser himmlisches Vaterland, immer mehr und mehr nach dem Ewigen, nach dem Unvergänglichen, d. i., nach dem Reiche der Wahrheit und Tugend streben. Seyen wir dem Knechte gleich, der da, seinen Herrn erwartend, die Laterne bereit hält, den Ankommenden zu empfangen. Dann werden wir getröstet und ruhig, sey es heute noch, sey es um die Stunde der Mitternacht oder des Morgens, wenn der Todesengel kommt, ihm traulich die Hand bieten, und uns hinüber tragen lassen in die Arme unsers Vaters, wo wir alle die Edlen und Guten, die uns vorausgegangen, im Glanze ewiger Herrlichkeit wieder schauen werden. – Und bis dahin ruhe auch die Hülle des [24] hier Beerdigten, des Theuern, des Unvergeßlichen, im Mutterschoose der Erde, um schöner verklärter einst am Tage der großen Aernte wieder hervorzugehen. Seine Seele aber empfehlen wir in die Hände des allgütigen Vaters, und senden vereint nun unser Gebet zum Himmel empor. –



Anmerkung: Das ausgezeichnet schöne, freistehende Denkmal dieses Mannes, auf dem Kirchhofe zu Großmehring, aus Gußeisen gefertiget, schmücket auf der Rückseite nach voranstehendem Namen und Charakter, folgende Inschrift:

„Als Gatte, Vater, Mensch und Christ
     Gingst du voll Ruhm die Pilgerbahn; –
Und jeder Tag, der Dich begrüßt’,
     Gab Zeugniß Dir, o Biedermann!
D’rum wirst Du für dein frommes Mühen
     In Edens Glanze ewig blühen.“ –


  1. Erscheint hier zum Zweitenmale im Drucke.
  2. Frau M. Theresia Weinzierl, geborne Deuringer, die Wittwe des Seligen, eine fromme und ausgezeichnete Frau.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. schließende Anführungszeichen nicht in der Vorlage (Hebräer 13, Vers 14)