Topographia Alsatiae: Breysach
Keyser Probus, als er die Alemanner überwunden / hat alles / so zwischen dem Rhein und Necker ist / zu einer Provintz gemacht / und viel Vestungen am Rhein auffgericht. Käyser Valentinianus hat hernach auch den Rhein beyderseits mit hohen Castellen bevestiget / under welchen dann dieses Brysach / oder Mons Brisiacus, wie es in dem Itinerario Antonini genand wird / mag gewest seyn; darvon die Römer das Land herumb / allda selbiges mahl noch wenig Wein und Früchten gewesen / Brisigaviam, und die Innwohner Brisigavos, und Brisigavios, die Teutsche / das Brißgäu genennet haben. Es vermeinen zwar B. Rhenanus, und andere / weiln die Römer ihre Castell auff der Gallischen Seiten deß Rheins / wider die Teutsche erbauet / und auff der andern Seiten noch ein tieffes Thal / und gleichsam ein Alveus und Hammen / darinn der Rhein gewesen / auch noch / wann er groß wird / es daselbst grosse Teich / und Lacken gebe; daß der Rhein vor viel hundert Jahren auff der andern Seiten gelauffen / und Brisach auff dem Gallischen Boden gestanden sey. Aber hierwider ist Philippus Cluverius de antiqua Germania; und findet man bey den alten Scribenten / daß besagter Käyser Valentinianus auch auff der andern Seiten deß Rheins Castell aufgeführet habe. Es ligt diese Stadt (so das Haupt in dem gedachten Brißgäu ist / wiewol sie etwan Freyburg an Herrlichkeit zu übertreffen angefangen) auff einem sinwelen / oder runden Berg / gleich wie ein Schloß. Und hat auch ein feines Schloß / so / nach Anzeigung der zween alten Verßlein / in die Pforten daselbst gehauen / von Hertzogen Berchtoldo zu Zäringen erbauet worden / die also lauten:
Hanc Dux Berchtoldus portam struxisse notatur,
A quo, pro fraude, Burgundia depopulatur.
Käyser Maximilianns I. solle es hernach renoviert haben. Die Reliquien der Heiligen Märtyrer Gervasii und Prothasii, die man von Meyland hieher gebracht / sollen in der Haupt Kirchen ligen. Es hat allhie nur einen eintzigen Brunnen / über welchen ein grosser Thurn auffgerichtet und erbauet / darinn einer in einem Radt gehet / und mit demselbigen das Wasser auß dem Brunnen / so sehr tieff / mit grosser Mühe / herauß ziehen muß / welches Wasser die Bürger Jährlich ümb ein Geldt erkauffen; dieweil es sehr weit von der Stadt herab an den Rhein (über welchen eine Brücken gehet;) wie gleichfals auch auff der andern Seiten man weit an das ebene Feldt hat / auff welcher Ebene man leichtlich Wasser haben / jedoch solches schwärlich hinauff in die Stadt brigen kan. Nach den Römern ist dieses Orts Beherrschung auff der Francken / und die Edelleut / die Harelungi, oder Harlingi, genand / kommen. Zun Zeiten Käysers Ottonis I. oder deß Grossen aber / hat denselben ein Pfaltzgraff (den theils Eberhardum nennen / und daß er auß deß Käysers Caroli deß Grossen Geschlecht gewesen sey / sagen) innen gehabt / der sich ihme / dem Käyser / widersetzt / daher besagter Käyser Brisach belägert / und erobert hat. Under Käyser Henrico II. ist Brisach von Hertzogs Hermanni auß Schwaben Volck mit Listen eingenommen und geplündert worden. Käyser Otho IV. als er wider Fridericum II. seinen Gegen-Käyser / Krieg führete / solle hieher geflohen seyn / und weiln die Bürger seine Hoffleut / wegen verübter Büberey / und Unzucht / ein jeder seinen Gast ümbgebracht / und die übrigen mit ihme / dem Käyser / auß der Stadt gejagt / dem Hertzoge von Zäringen dieselbe geschenckt haben. Nach dessen Todt Brysach Anno 1218. an den Bischoff von Basel kommen / von deme es Käyser Fridericus II. zu Lehen gehabt; nach dessen Absterben es wider an das Stifft Basel gefallen / und demselben Gehorsam geleistet. Als folgends Streit / zwischen dem Bischoff und Graff Rudolffen von Habspurg / fürgefallen / und die von Zürich / als deß von Habspurg Freunde / und Kriegsgenossen / Breysach mit List / wie G. de Roo schreibet / eingenommen / so hat solchen Orth er Rudolphus starck besetzt / aber folgends dem Bischof / gegen eine namhafften Summa Geldts wieder zugestellet. Nachgehends ist diese Stadt an das Reich wieder kommen / und bey demselben / biß auff Käyser Lodovicum Bavarum, den Vierdten diß Namens / blieben / der / als er / nach Käysers Friderici Pulchri, oder deß Dritten / Todt / mit den Hertzogen von Oesterreich Othone, und Alberto II. vergliechen ward / dem jetztgenandten Hertzog Othoni, zugenandt / dem Frölichen / zwantzig tausend Gülden für die Kriegs-Unkosten gab / und ihme darfür vier Reichs-Städt / [6] nämlich / Schaaffhausen / Rheinfelden / Neuburg / und dieses Breysach / zu Pfand einsetzte; von welcher Zeit an solcher Ort bey dem Hauß Oesterreich geblieben. Es findet sich gleichwohl in den alten Reichs-Registern / daß Breysach von den Käysern und Königen / sonderlich Anno 1521. vom Käyser Carolo V. die Confirmation ihrer Regalien / und Freyheiten / erlangt hat: Jetzt aber ist sie nicht mehr in der Reichs-Matricul begriffen / hat auch einigen Anschlag nicht. Sie hat sich aber under der Oesterreichischen Regierung / bey welcher sie sehr bevestiget worden / wohl / und in guter Ruhe / und Frieden / biß auff den jetzigen Teutschen Krieg / befunden / in welchem sie auch allerhand außgestanden / und endlich / nach einer langen Blocquierung / und erlittenen grossen Hungersnoht / durch Ubergab / und Accord / vom Hertzog Bernharden zu Sachsen-Weymar / erobert worden ist / nach dem er zuvor etliche Treffen mit denen / so solchen Orth entsetzen wolten / als dem Hertzogen von Lothringen / dem Hertzogen von Savelli, Graff Johann Götzen / und andern / gethan hatte. Es hat die Belägerung vier Monat gewähret / und sol solche auff die eilffhundert tausend Reichsthaler / und beyderseits über die achtzig tausend Mann / ohne andern Verlust / gekostet haben. Und wann diese Vestung wäre proviandiert mehrers gewesen / so würden noch viel darfür seyn sitzen blieben. Aber die Hungersnoht war zu groß darinn. Und seyn in einem Tag acht vornehme Kinder auff einmahl verlohren worden. Man hat die todten Cörper / so schon etliche Tage in der Erden vergraben gelegen / wiederumb herauß gescharret / auffgeschnitten / und ihre innwendige Gedärm hinweg gefressen. Die gefangene Soldaten in dem Stockhauß / haben mit den Fingern Löcher in die Mauren gearbeitet / sich mit dem schädlichen Kalck zuerlaben / die Todten wurden von ihren Cameraden ungekocht gessen / deren achte sollen gewesen seyn / wiewol ihrer dreissig gestorben. Es haben die Soldaten eines Pasteten-Beckers Jungen beredt / ihnen nachzufolgen / under dem Schein / ihme einen Bissen Brodts zu geben / den sie aber in ihrem Quartier geschlachtet / und verzehret haben. Morgends hat man bißweilen etliche todten Cörper auff der Gassen gefunden. Die hohen Officierer hatten Brodt von Habern die andern von Kleyen und Eychen-Rinden gebacken: Item / Pferd- und andere Thier-Häutte / gessen. Man gab ein Vierteil oder Malter (so sechs Sester macht) Kleyen vor hundert und zwey und dreyssig Gülden / ein halb Pfund Kleyen-Brodt vor achtzehen Batzen. Vor drey Pfundt Brodt / und ein Maß Wein / ward ein güldener Ring / mit einem köstlichen Diamant / geben. Vor einen Sester Weitzen ein Beltz / so viertzig Reichsthaler gekostet. Vor ein Sester gemahlter Frucht gab eine Frau etliche Kleinodien / auff achtzig Reichsthaler wärth: Und wurden vor einen Sester von einer Frauen zweyhundert Reichsthaler angeboten. Ein Laib-Brodt galt vier Reichsthaler / ein Ey einen Gülden / ein Hun fünff Gülden / ein Pfund Butter vier Gülden / sechs Batzen / ein Pfund Saltz zwölff Batzen / ein Apffel drey Batzen / ein Kürbis sieben Gülden / ein Pfund Roßfleisch sieben Batzen / ein Pfund Roßkütteln sieben Batzen / zwey Hinterviertel von einem Hund sieben Gülden / ein Pfund Hundsfleisch sieben Batzen / ein Ratze ein Gülden. Es seyn alle Hund und Katzen verspeiset; und mehr / als 2000. Roß / Ochsen / Küh / Kälber / und Schaaffshäute / eine in die ander vor fünff Gülden verkaufft / und verzehret worden.
Den 9. Decembris Alten Calenders / besagten 1638. Jahrs / ist der Gubernator darinn / Herr von Rheinach / General FeldtZeugmeister / mit ungefehr 400. gesunden / und bey 50. krancken Soldaten / 19. Fahnen / 70. Pferden / 2. Mauleseln / 6. Gutschen / und 3. Pagagi-Wägen / außgezogen. Die Soldaten haben gantze Stück Menschenfleisch öffentlich dem Hertzog Bernharden gewiesen / davon sie gezehret. Und haben sich über dreissig Personen in zween Tagen zu todt gessen. Man hat folgends darinn gefunden 135. Stück / und an Doppelhacken / und kleinen metallinen Stücken 150. es war aber der halbe Theil nicht zugebrauchen; und befande sich an verbrochenem Metall allein bey 250. Centner. So war noch übrig ein grosse Quantität Munition / als 556. Centner / und 70. Pfund Pulver / 972. Centner / 50. Pfund Lunten / 388000. Mußquetenkugeln / und dergleichen. Seithero solle dieser Orth noch viel mehrers von den Schwed- und Frantzösischen bevestiget / und die Gräben viel tieffer gemacht worden seyn. Besiehe von deme / was gesagt / B. Rhenanum lib. 3. Rer. German. P. Bertium in Comment. Rer German. Freherum part. 2. Origin. Palat. cap. 8. Cluverium de Antiq. German. Irenicum lib. 11. exeg. pag, 205. Luitprandum Ticinensem lib. 4. Ammian. Marcellin. lib. 28. Crusium in Annal. Suevic. Henricum Oraeum part. 3. Theatri Europaei, Gerardum de Roo lib. 3. fol. 98. Munsterum in Cosmogr. Atlantem Guil. de Blaeuw, Thomam Carve in Itinerario cap. 26. pag. 231. et Relation. Francof. Vernal. de Anno 1639. pag. 90. seqq. etc.
Hier ist nicht unbequem beyzufügen was Bogisl. Philip. von Kemnitz im 2. Theil seiner Schwedischen Chron. schreibet / da er also saget: Der Duca de Feria, und General Altringer / eroberten Anno 1633. die drey Waldstädte leichtlich; vor Rheinfelden aber musten Sie einen Ernst brauchen. Hernach giengen Sie Basel vorbey / und den 10. Octobris auff Ensißheim / so die Rheingräffischen verlassen / und nach Ruffach gewichen. Den 11. diß / giengen Sie stracks auff Breysach zu / so nunmehr in eusserste Noht gerahten war; und wann der Entsatz noch 10. oder 12. Tag aussen geblieben / so hät es sich ergeben müssen. Als Rheingraff Hanß Philipp die anziehende Armee vernommen / hat Er die Blocquade vor Breysach auffgehebt / das Lager in Brand gesteckt / und sich nach Colmar retirirt. Die Italianischen / und Hispanischen / hielten sich fäst am Gebürge / bey Sultz / Gebweiler / und Waltweiler; [7] hernach gieng Feria auffm Thann / daselbst in eine vest Lager sich zu legen / und deß Burgundischen Succurß zu erwarten; Altringer aber gieng ins Brißgöu: hernach eroberte der Hertzog von Feria das Schloß Befort / item Ruffach / und andere Orth / und wandte sich von dannen wieder gegen Altkirch / und sturben seine Italiäner mit hauffen hinweg; viel giengen täglich davon durch / also daß / ob schon Er 3000. zu Fuß / und biß in 400. Pferde / doch gar schlecht Volck / bekommen / Er gleichwol über 7000. Mann zu Roß / und Fuß / nicht mehr beysammen gehabt: Daher Altringer wieder zu Ihm gestossen / und / mit demselben / durch das Kirchzacher Thal / nach Schwaben gegangen / nach dem Sie zuvor ein Zeitlang oberhalb Freyburg / gegen Stauffen zu / logirt hatten. Vorhero den 16. Junii / gab es / zwischen den Schwedischen / und Breysachern / gegen der Brisacher Rheinbrügge über / einen scharpffen Scharmützel / darüber der Graff von Montecuculi hart verwund / und / neben dem Baron de Soye, einem Burgunder / gefangen / und / durch die Schwedischen / nach Ensißheim gebracht worden. Es blieben von den Brisachern 80. auff dem Platz / und wurden noch mehr verwund. Ein Rittmeister / Namens Louis ward beschuldigt / daß Er an diesem Verlust schuldig were: Weil Ihm aber hier an unrecht geschahe / und Er gewarnet wurde / begab er sich zu den Schwedischen. Gedachter Montecuculi ward nach Colmar gebracht / allda eine Melancholey / und die hinfallende Sucht / zugeschlagen / daß Er / mit einem wunderlichen Ende / daselbst sein Leben beschlossen hat. Es gab hernach vor Breysach noch mehr Gefecht / darüber den 18. Julii / dieses 33. Jahrs / der Obrist Mercy gefangen ward; und wurde diese Vestung auff beyden Seiten blocquirt gehalten: und gab es den 13. Augusti / beydes bey den Aussenwercken daselbst / und dem Flecken / und Schloß Namsteins / so die Rhein-Gräffischen besetzt hatten; Item / den 15. Septemb. offt zu thun; dahero Feria, wie oben gemeldt / Breysach entsetzen musten. Es wurde aber solche Vestung hernach wieder blocquirt gehalten / und stundte es mit Ihr Anno 34. vor der Nördlinger Schlacht / in den letzten Zügen: daher dann Rheingraff Oth Ludwig so ungern nach Schwaben gangen ist. Biß hieher Kemnitz. Es hat aber die Eroberung dieses Orts auff den Hertzog Bernharden von Sachsen-Weymar gewartet: daher auch Ihme zu ehren / auff den Namen Brysach / und Briseis, deß Achillis Allerliebstin / per aliquam allusionem, dieses Chronostichon gemachet ist:
In VICto fortIs CeCIDIT BrIseIs ACHILLI, JUngItUr & tanto DIgna PUeLLa VIro.
Er muste aber zuvor etliche Treffen / mit underschiedlichen Partheyen / halten / biß Er diese Vestung Anno 1638. erobert hat. Das Gubernament beydes über das Land / und die Vestung / ist darauff dem Herrn General Majorn / Ludwigen von Erlach / übergeben / und diese Vestung under den Obristen Hattstein / und Mosern / besetzt worden: und hat hernach Anno 42. im Eingang deß Julii / die Bürgerschafft allhie / dem König in Franckreich das erste mahl geschworen. Anno 43. beym Einzug deß Hertzogen von Anguien / jetzt Printzen von Conde / den 16. 26. Octobris / allda geschehen / sein in 200. Stücke 2. mahl gelöset worden; dabey auch ein Feuermörsel / von 350. Pfunden / der Doctor Grewol (vielleicht Kräewol) genand / spielen müssen; wie Engelfüß pag. 186. berichtet. Anno 44. war / wegen außständiger Bezahlung / Auffruhr allhie. Anno 45. den 19. 29. Januarii / ist / wegen deß grossen Windes / allda kein Hauß unbeschädigt geblieben / ja etliche sein gantz eingerissen worden; wie im 5. Theil deß Theatri Europaei fol. 669. a. stehet; daselbsten auch / under den Geschichten deß 44. Jahrs / von der obgedachten / durch die Frantzösische Soldaten / erregten Auffruhr / zu lesen. Anno 1649. im Decembri / ist das Königlich Frantzösische Proviand-Hauß allda / durch Verwahrlosung / in Brand kommen / und darinn über 30000. Malter Früchte / sampt andern vielen Sachen / verbronnen. Anno 50. den 16. 26. Januarii / ist der obgedachte General Leutenand von Erlach gestorben. Anno 51. verkauffte die Gräffin von Guebrian / Wittibe / das Gubernament allhie / so Sie zuvor überkommen / und an den Graffen Charlevois, umb 200. tausend Cronen; und gab es gleichwol hernach zwischen Ihnen Zweytracht / und Ungelegenheiten; wurde auch den Evangelischen allhie die Kirch genommen / daß Sie in den Häusern ihren Gottesdienst verrichten thäten. Anno 52. im Augustmonat / seyn allda etliche Häuser / Mauren / und Schantzen / durch das Gewässer / eingerissen worden. Der jetzige Königliche Gubernator allhie wird der Printz von Harcourt genand / so / wie ich erachte / Herr Heinrich von Lorraine / oder auß dem Fürstlichen Hause Lothringen / und Guise / vorhin Graff von Harcourt / gewester Vice-Roy in Catalonien / seyn wird; dessen ältister Sohn / von deß Hertzogen du Puylaurent Wittib / geborner Freyin von Pontchasteau, und deß Cardinals von Richelieu Baasen / oder Mumen / der Graff von Armagnac genand wird.