Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

ant. Iud. XV 292f. 296–298. Außer dem Tempel [s. S. 68] dürften noch einige andere bei den Ausgrabungen in Samaria zu Tage gekommene Reste von Bauten, wie z. B. zwei Tortürme der herodianischen Zeit zuzuschreiben sein; ob auch die schon lange bekannte Säulenstraße herodianisch ist, ist dagegen zweifelhaft; s. Thiersch a. a. O. 56, auch 54). Noch eine andere, und zwar H.s wichtigste Stadtgründung läßt sich genau datieren, die von Kaisareia, das an der Stelle des alten im Verfalle begriffenen Stratonsturm im J. 22 v. Chr. errichtet worden ist. Zugleich mit der Stadt ist auch ein großartiger Hafen, der Σεβαστὸς λιμήν (bell. Iud. I 613; ant. Iud. XVII 87; Münzen, erwähnt von Schürer II⁴ 135, 167) – größer als der Piräus – durch kunstvolle Molenanlagen (auf ihnen war auch u. a. ein Drususturm erbaut) geschaffen worden, und dieser Hafen an der hafenarmen Küste hat der an sich schon sehr großzügig angelegten Stadt (auch ihre besonders geschickte Kanalisationsanlage ist kennzeichnend) eine gewaltige wirtschaftliche Bedeutung verliehen. Für die Großartigkeit des hier Geschaffenen spricht auch die Dauer der Arbeiten, 12 Jahre, und es entsprach ihr die pomphafte Einweihungsfeier in den ersten Märztagen des J. 9 v. Chr. (bell. Iud. I 408–415; ant. Iud. XV 293. 331–341. XVI 136–141 [in § 136 steht fälschlich δεκάτῳ statt δωδεκάτῳ), s. auch XV 343. Sollte etwa diese falsche Angabe irgendwie mit der an und für sich falschen Verknüpfung der Vollendung von Kaisareia durch ‚περὶ τὸν χρόνον τοῦτον‘ mit der Anklage der Mariammesöhne in Aquileia vom J. 12 v. Chr. in Verbindung stehen?]; Philo leg. ad. Gaium § 38; Plin. n. h. V 69; Malalas Chron. IX 289. Die genaue Einweihungszeit liefert Euseb. de mart. Palaest XI 30; s. Schwartz Nachr. Gött Ges. Phil.-hist Kl. 1907, 266. Über die Reste von Kaisareia s. Schürer II⁴ 34, 25. 134, 162).

Etwa in dieselbe Zeit wie die Begründung von Kaisareia dürfte der Wiederaufbau der alten Seestadt Anthedon fallen, da ihr neuer Name Agrippeion (oder Agrippias) doch wohl noch zu Ehren des lebenden Agrippa gewählt sein dürfte (bell. Iud. I 87. 416; ant. Iud. XIII 357; Chron. pasch. I 367 ed. Dindorf). Neugründungen ganzer Ortschaften begegnen uns noch verschiedene: zwei Städte im eigentlichen Judäa, Antipatris nordöstlich von Joppe und Phasaelis im Jordantal nördlich von Jericho (bell. Iud. I 417f.; ant. Iud. XVI 142f. 145. Steph. Byz. s. Ἀντιπατρίς und Φασαηλίς[1], sowie [82] [RE:79] östlich des toten Meeres Machairus[2]. Diesen Ort, die stärkste Festung Palästinas nach Jerusalem (Plin. n. h. V 72), legte H. als Grenzfestung gegen Arabien an (bell. Iud. VII 172–177); da sie in dem großen Araberkrieg gar keine Rolle gespielt hat und die Anlage derartiger neuer Trutzburgen mit der von Kleopatra für diese Gegenden befolgten Politik nicht recht vereinbar ist, so wird man auch ihre Entstehung erst in die 20er Jahre zu setzen haben und sie als Folge des Araberkrieges bezeichnen dürfen. Eine andere der großen Burganlagen des Königs, die des Herodeion drei Stunden südöstlich von Jerusalem, können wir wieder genau datieren, nämlich in die Zeit 23/2 v. Chr. (bell. Iud. I 265. 419ff.; ant. Iud. XIV 360; XV 323–325 [diese Stelle gestattet die genaue chronologische Festlegung, s. S. 71 Anm.]; XVI 13. Reste von den königlichen Bauten sind noch heute sichtbar, Schürer I³ 390, 66); hier war allerdings die Burg nicht Selbstzweck, sondern sie diente nur zum Schutze der Residenz, die sich der König an diesem Orte in der Nähe der Hauptstadt schuf und die er trotz mancher natürlicher Schwierigkeiten besonders prächtig ausgestaltete (das nötige Wasser mußte er aus großer Ferne herleiten lassen). Ein zweites Herodeion hat dagegen reinen Burgcharakter getragen; es war ähnlich wie Machairas eine Grenzfeste gegen Arabien und wird wohl auch zu gleicher Zeit wie dieses entstanden sein (bell. Iud. I 419. Die Identifizierung dieses Herodeion mit Machairus durch Clermont-Ganneau erscheint mir nicht gerechtfertigt). In derselben Gegend östlich der Jordanmündung ist schließlich noch Esbon als Grenzfestung angelegt worden und im Westen von Galiläa Gaba, [RE:80] beides wie Sebaste und wohl auch Kaisareia zugleich Militärkolonien (ant. Iud. XV 294, s. auch bell. Iud. III 36).


  1. Nach der Anordnung in den antiquitates müßte man diese Gründungen allerdings erst in die Zeit nach 10/9 v. Chr. setzen (so z. B. Keim 35. Sieffert 766); es ist mir jedoch sehr wahrscheinlich, daß der mit § 142 einsetzende, sachlich geordnete Abschnitt wie so oft bei Josephus durch eine irreführende chronologische Floskel an das vorhergehende angeknüpft ist (s. die Bemerkungen über diese inkorrekten Anknüpfungen auf S. 180 *), so daß aus seiner Stellung keine chronologischen Folgerungen abgeleitet werden dürfen. Es ist zu bedauern, daß die Zeitangabe bei Stephanos für die Gründung von Antipatris ‚ἐπὶ Ἀντωνίου Καίσαρος‘ gerade verderbt ist. Die bisherigen Heilungsversuche – Ὀκταϋίου oder Αὐγούστου anstatt Ἀντωνίου – sind sachlich unmöglich; sollte WS: Die auf der nächsten Seite fortgesetzte Anmerkung wurde hier vervollständigt man etwa einfach ein καὶ oder zwischen die beiden Eigennamen einzufügen haben? Dann würde die Gründung der Stadt jedenfalls in die ersten Regierungsjahre des H. zu setzen sein.
  2. Über die Reste von Machairus s. Schürer I³ 638, 135. Über die Überreste von Phasaelis teilt mir mein Kollege Alt, der soeben mit Dalman zusammen das Jordantal bereist hat, liebenswürdigerweise mit, daß in dem Gebiet nördlich von Jericho, dessen Identifizierung mit dem von Phasaelis, von allem anderen abgesehen, durch die sich hier findende Ortslage ‚chirbet faṣāʾil‘ gesichert erscheint, sich keine größere Ansiedlung befunden haben dürfte, sondern daß die Überreste höchstens auf ein ehemaliges Bauerndorf hinweisen (die englische Karte des Egypt exploration fund ist nicht genau), auf eine Siedelung, die sich z. B. mit der von Archelaos gegründeten, in der Nähe gelegenen κώμη Archelais (s. S. 172) keinesfalls hätte messen können. Näheres hierüber wird vermutlich Dalman Palästina-Jahrb. IX (1913) mitteilen. Wie man den archäologischen Befund mit der Angabe des Josephus über die Gründung einer πόλις (bei Steph. Byz., der auch von πόλις spricht, liegt keine besondere Tradition, sondern Josephus zugrunde) ausgleichen soll, vermag ich vorläufig nicht zu sagen; er muß aber Zweifel an der Genauigkeit des Josephus erwecken.
Empfohlene Zitierweise:
Walter Otto: Herodes. Beiträge zur Geschichte des letzten jüdischen Königshauses. Metzler, Stuttgart 1913, Seite 81. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Otto_Herodes.djvu/061&oldid=- (Version vom 8.11.2022)