Seit wann werden die Toden in Särgen begraben?

Textdaten
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Autor: Anonym
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Titel: Seit wann werden die Toden in Särgen begraben?
Untertitel:
aus: Journal von und für Franken, Band 1, S. 573–580
Herausgeber: Johann Caspar Bundschuh, Johann Christian Siebenkees
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1790
Verlag: Raw
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Erscheinungsort: Nürnberg
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Originaltitel:
Originalsubtitel:
Originalherkunft:
Quelle: UB Bielefeld, Commons
Kurzbeschreibung:
s. dazu Ergänzendes in Zusätze und Berichtigungen zu den vorigen Heften
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VII.
Seit wann werden die Toden in Särgen begraben?
Ich erinnere mich nicht über diese Frage noch in einer gedruckten Schrift einige Nachricht gefunden zu haben, als in Herrn Sauerackers Versuch einer Geschichte von Fürth III. Th. S. 333, welcher bemerkt, daß ums Jahr 1623 erst der Gebrauch aufgekommen, die Toden in Truhen (Särgen) begraben zu lassen; und daß sie vorher in Säcken oder auf eine andere Art in Tuch geschlagen, begraben worden. – Zu Bestättigung dieser Erzählung kann ich noch mehrere Beweise beybringen, aus welchen erhellet,| daß das Begraben in Särgen zu Nürnberg erst im vorigen Jahrhundert allgemeiner wurde, und der Regel nach nicht statt hatte. Es war gewöhnlich, unter dem Verstorbenen ein Kissen auf die Todenbahre zu legen, welches nach der Beylage a) in die Findel mußte gegeben werden. Daher ist das Kißleinsgeld entstanden, welches seit dem dreissigjährigen Krieg in Nürnberg eingeführt worden, und jetzt noch an die Findel bezahlt wird. Man nähte die toden Körper in schwarze leinene Kittel, welche Gerber hießen. Kindbetterinnen, Wassersüchtige, Ruhrpatienten, oder die an einer fließenden Krankheit oder großen Leibesschaden gestorben, oder nach ihrem Tod secirt worden, und wem sonst der Rath es erlaubte, wurden in Särgen begraben. Im dreyßigjährigen Krieg (1632) wurde, wie die Nürnbergischen Chroniken bemerken, auf diese Erlaubniß eine Abgabe gelegt, und zwar für einen großen Sarg 10 fl., für einen mittelmäßigen 5. fl., für einen Kindersarg 21/2 fl., welches in das Kirchenamt bezahlt werden muste. Wie lange diese Abgabe dauerte, weiß ich nicht. Alles dieß bestättigen die Beylagen b) c) und d), welche sonst einige unbekannte Umstände enthalten, weswegen sie des Abdrucks würdig sind.
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a) Rathsverlaß 1524.

Item die Küße so unnter die verstorbene auff die paar gelegt werden, sollen yedesmals in die findel gereicht werden und die tottengraber kainen tail daran haben.

pr. Herr Hanß Volkamer,
tertia post trinitatis. 


b) Rathsverlaß.
Freytags den 26ten Febr. 1632.

Auf das mündliche Fürbringen, daß die Begehrungen der Leichtruhen zu verstorbenen Cörper allzugemein werden wollen, dadurch nicht allein die Grabstätte sehr angefüllet, sondern auch eine grose Anzahl von Brettern vergebens verbraucht werden: Ist befohlen mit Bewilligung der Toden Truhen bey Rath etwas an sich zu halten, und nur solchen Leuten, so etwan an der Ruhr oder andern fliesenden Krankheiten gestorben, Wie auch sonderlich den Kindbetterinnen solche zu verstatten, bey den übrigen aber so viel möglich es einzustellen. 26 Febr.

p. Hn. Kirchen Pfleger Herrl. 


c) Unterthäniger Bericht und Begehren des Hannsen Schillers, Steinschreibers bey St. Johannis, und Joachim Hefners Hofmeisters und Steinschreibers bey St. Rochus,
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die Toden-Särg und Truhen betreffend.

Edler, Ehrenvester, Fürsichtiger, Hoch- und Wohlweiser, Großgünstiger gebietender Herr,

Euer E. E. und Herrl. haben dem jüngsthin erlassenen Rathsverlaß, wegen Abstellung des Geldes, so im längstverwichenen 1632ten Jahr auf die Toden Särg und Truhen ge[…]et[WS 1] worden, benebenst dem Mahlen, Sa[…]hen[WS 2], und andern Zirrath derselben, uns beeden Steinschreibern, St. Johannis und Rochius Kirchhof, umb unsern Bericht, wie es zuvor ehe einiger Werth darauf gesetzet worden, gebräuchlich gewest, zustellen lassen, zeigen derowegen hierauf E. E. und Herrlichk. so viel uns wissend kürzlich in Unterthänigkeit an, daß nemlich den Kindesbetterinnen, Wassersüchtigen und andern Leuthen so an fliesenden Krankheiten oder grosen Leibes-Schäden mit Tod abgangen, so wolen auch denen Personen so durch die Barbirer im Tod geschnitten worden sind, die Toden-Truhen und Särg zuläßig geweßt, und wem es E. E. und Herrl. ferner verstatten und zulassen wollen, Was aber das Mahlen, Schreiben und andere Zierrath der Toden Särg und Truhen anlanget, ist vor diesem nit im Gebrauch gewest, sondern die Toden-Truhen nur mit einem Weißen oder rothen Creutz auf dem Teckeln bezeichnet gewesen, Auß diesem wie kürzlich erzehlt, haben E. E. und Herrlk. zusehen, wie es mit den Toden Särgen und| Truhen gehalten worden, Ist hierauf an Euer E. E. und Herrl. unser unterthänige Bitte die geruhen es bey denen darzu verordneten Zaichen, einen als den andern Weg verbleiben zu lassen, damit wann ein Leich in einer Toden Truhen uf den Kirchhof gebracht werde man wisse, wessen sich ein Steinschreiber zu verhalten, zu Dero Herrl. beharrlichen Gunsten, uns in aller Unterthänigkeit empfehlende
E. E. E. und Herrlt.
Unterthänige 
Hannß Schiller, Steinschreiber
bey St. Johannis. 
Joachim Heffner, Hoffmeister
bey St. Rochi.[1] 


d) Bericht eines Steinschreibers aus dem gegenwärtigen Jahrhundert.
Nachdeme vor Alters auf alhiesigen Kirchhöffen St. Joh. und Rochus die Verstorbene in schwarz leinen Kitteln, die man Gerber genannt, eingenehet, begraben worden, haben die Steinschreiber oder damals sogenannte Stirzelmeister, damit die Begrabene desto eher verwesen möchten, ungelöschten Kalk, so in einem gewissen Maas, welches man Stirzel genannt, eingemessen wurde,| anschaffen, und die eingesenkte Cörper durch die Todtengraber überstreuen lassen müssen, für welche Bemühung ersagten Steinschreibern, nach proportion ermeldten Cörpers, 2. oder 4 Pf. Novj jedesmals bezahlt worden, Sie Steinschreibere auch dardurch den Nahmen Stirzelmeister, wie solcher in der Todtengräber jährlich abzulegen habenden Pflicht befindl. bekommen haben.
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Weiln aber nachgehends Ein HochEdler und Hochweiser Rath, Einer Löbl. Burgerschafft ihre Verstorbene in Truhen beerdigen zu lassen, hochgeneigt bewilliget, (gestallten ausser denen Kindbetterinnen und Wassersüchtigen Personen hiebevor Niemanden Truhen erlaubt gewesen, und da ja vornehmen Personen solches zugelassen worden, jedesmals vor eine große Leich Truhen 10 fl. für ein Kinder Trühlein aber 5 fl. bezahlt, und zur Anzeig beschehener Bezahlung, bey jeglicher Begebenheit ein Mößen Zeichen producirt werden müssen) sind von HochEdelgeb. Rath. denen Steinschreibern, indeme bey Abschaffung des Kalks an ihren wenigen und darzu Jährl. ungewisen Einkünfften Ihnen mehr als die Helffte weggefallen wäre, Sie auch ferner in ihrer Amthierung als Ehrl. Beamte bestehen, und aller Untreu sich enthalten möchten, obbemeldte 2. oder 4. Pfund Novj, besag eines in dem Hochlöblichen Kirchenamt befindlichen Verlasses wiederum zuerkannt, Ihnen auch Ein Staab oder Maas aus dem löbl. Almosenamt, mit desselben Signet, und Nris 1. 2. 3. bezeichnet, darnach die Gräber abgeaichet werden müssen, folgender| maßen zu gebrauchen, gegeben worden. Nehml. wann bey Oeffnung eines Grabs der Staab oder Maas auf die vorhero hineingekommen Truhen oben zum Haupt aufgesezet wird, und der Nro 1. am Staab oben dem Maasen gleich stehet, hat der Steinschreiber die 2 Pfund oder 15 Kr. von der Truhen, so hineingelegt wird, zu erfordern, stehet aber Nro 2. oben dem Waasen gleich, So müssen Selbigem die 4 Pf. Novj oder 30 Kr. von einem Einfach- und gedoppelten ausgemauerten Grab, als die nicht pfändig wer, den, jedes mal 30 Kr. bezahlt werden, So aber der Nr. 3. oben dem Waasen gleich kommt, soll das Grab, welches so seicht, verschlagen seyn, keine Leich mehr hineingelegt werden, und bis zur Wiederraumung zu und verschlossen bleiben.
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Ist also aus obig wahrhafft erzehlten, und sowohl Schrifft- als Mündl. von alten glaubwürdigen Personen zu erweisen habenden Umbständen clar und deutlich zu ersehen, daß solche 2. oder. 4. Pfund Novj Aichgeld, darzu auch die Steinschreibere in ihren Pflichten angewiesen werden, keine von ihnen selbst eingeführte Neuerung, weniger wie denenselben von einig Mißgünstigen Personen unerweißlich will angeschmitzet werden, eine Pfandung der Todten, sondern schon von vielen Jahren her, wie vorige Steinschreiber im fall Bedürffens attestiren können, denenselben Oberherrl. zuerkannt worden, und üblich gewesen, indeme sonsten die Steinschreibere außer denen 21 Krzrn, so sie von einer Leich haben, wann| selbe unter einen Stein komt, (wofür sie den Stein zeichnen, und jede Leich 5mal schreiben müssen) von denen Pläzleins Kindern und Gemeingruben Leichen aber, (deren bey jezig Nahrungs losen Zeiten viel sind, nur 9 Kr. einnehmen) sonsten das ganze Jahr durch, außer denen 3 fl. aus dem Löbl. Grabstätt Amt zum Neuen Jahr den geringsten Zugang nicht haben, und noch darzu auf anderer Leuthe Todt, und das ungewiese warten müssen. Zu deme so beschiehet solches Grabaichen der Löbl. Burgerschafft zum besten, dieweil die Steinschreiber dadurch verbunden sind, bey jedesmahliger Oeffnung der Gräber, und wann Sie solche abaichen, nachzusehen, daß die Todtengräber bis auf die Truhen ausgegraben, solche uneröffnet bleiben, und keine Ungebühr oder andrer Muthwill an denen Todten verübet werde. Bey welchem Nachsehen dann auch die Steinschreiber nicht wenig Gestank einnehmen, ja wohl öffters darüber erkranken, und Leib und Leben wagen, danebenst bey armen Leuthen solches Geld vielmals entbehren und zurück lassen müssen. Welches Oberherrl. Befehl nach gehorsambst anzeigen soll,


Michael Rößel, Steinschreiber bey St. Joh.





  1. Dieser lebte laut seiner Grabschrift auf dem Rochuskirchhof 1633.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage unleserlich
  2. Vorlage unleserlich