Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen: Bornitz

Textdaten
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Autor: O. M.
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Titel: Bornitz
Untertitel:
aus: Meissner Kreis, in: Album der Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen. Band 2, Seite 73–75
Herausgeber: Gustav Adolf Poenicke
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1856
Verlag: Expedition des Albums Sächsischer Rittergüter und Schlösser
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Commons = SLUB Dresden
Kurzbeschreibung:
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Bornitz
bei Oschatz.


Bornitz, in Urkunden auch Burnatz, Bornis und Borna genannt, liegt eine Stunde östlich von Oschatz am südlichen Rande der Aue, welche die Döllnitz mit dem das Dorf bespülenden, mit ihr parallel fliessenden, Zöschauer Wasser bildet, zwischen den Ortschaften Borna, Wadewitz, Mautitz, Ganzig, Kleinragewitz und Schönnewitz, am nördlichen Fusse der Ganziger Höhe. Jenseits der sanften östlich geneigten Anhöhe befinden sich die sogenannten wüsten Teiche. – Der Ort zählt in zwei Bauergütern, einem Halbhüfnergute und funfzehn Gartennahrungen etwa hundertsechszig Einwohner. Im Jahre 1640 gab es hier nur zwei bewohnte und zwei wüstliegende Güter.

Zu Bornitz befindet sich ein sehr bedeutendes Rittergut mit einem massiven gethürmten Schlosse und einer Kapelle, die bis zur Reformation zum Gottesdienste benutzt wurde. Dieselbe war dem heiligen Vitus geweiht und auf dem Thurme, welcher über der Kapelle sich erhebt, zeigt sich als Spitze die aus Metall gegossene lebensgrosse Statue dieses Heiligen, dessen Herrschaft hier freilich seit drei Jahrhunderten aufgehört hat. Das Rittergut enthalt 666¾ Scheffel Ackerland, 87 Scheffel Wiesen, 70 Scheffel Holzränder an den Wiesen, 300 Scheffel Holzparzellen am Collmberge, 13 Scheffel Teiche und ausserdem bedeutende Gefälle, auch gehören dazu die Dörfer Bornitz, Kleinragewitz, Lonnewitz, Schönnewitz, Zauswitz, Bochra, Wadewitz, Grossrügeln und Reussen. – Die Wirthschaftsgebäude sind 1804 neu aufgebaut worden. Zu Wadewitz hat Bornitz ein Vorwerk mit 387 Scheffeln Feld, 40¾ Scheffeln Wiesen und 7 Scheffeln Teichen, 9 Scheffeln Holz, woselbst am 10. April 1755 zwei Scheunen und das Wirthschaftshaus niederbrannten, und zwar durch Unvorsichtigkeit des Hofmeisters, der mit einem brennenden Lichte in den Stall gegangen war um das Federvieh zu zählen.

Die ersten Besitzer von Bornitz waren die Truchsesse, welche ein altes weit ausgebreitetes Geschlecht bildeten, das hier in der Nähe auch die Rittergüter Wellerswalde, Casabra und Naundorf besass. Die Truchsesse (dapiferi) waren ursprünglich Erbbeamte der Markgrafen von Meissen und führten vor ihrer Bestallung bei Hofe den Namen der Truchsesse, welches Namens sich auch, als eines Familiennamens, ihre Nachkommen bedienten. Der Truchsess von Bornitz empfing ohne Zweifel von einem der ersten Markgrafen von Meissen das Rittergut Bornitz als eine Art von Gehalt, welcher der Familie erblich überlassen wurde. Der erste bekannte Besitzer des Gutes war Albrecht Truchsess von Bornitz, der im Jahre 1200 mit Herdegen Liznik, dem Ritter auf Borna, dem Landtage am Collmberge beiwohnte. Heinrich Truchsess [74] von Bornitz war 1228 Zeuge, als Markgraf Heinrich der Erlauchte eine Streitigkeit zwischen dem Kloster Zelle und dem Burggrafen zu Leissnig beilegte, auch wird er mit den Edelleuten genannt, welche 1233 auf dem Landtage am Collm zusammentrafen, bei welcher Gelegenheit Markgraf Heinrich dem Propste zum heiligen Kreuz in Meissen einige Güter zu Lübschütz und Naundorf confirmirte. Albrecht Truchsess zu Bornitz, welchen der Markgraf Heinrich vielfach seinen Truchsess (Albertus de Burnis, dapifer noster) nennt, überliess 1236 durch seinen Vertreter, Dietrich von Lissnik, den Chorherrn zu Altenburg ein Pfund Pfennige in der Münze zu Altenburg. Albrecht Truchsess von Bornitz war des Vorigen Sohn und wird 1269 und noch 1287 erwähnt, wo ihm Heinrich der Erlauchte das Patronatsrecht über die Kirche zu Belgern schenkte. Heynemann Truchsess von Bornitz (Hennemann dapifer senior) wird 1320, 1332 und noch 1357 genannt. Nach einer im Oschatzer Kirchenarchiv verwahrten Urkunde gaben Tietzmann und Hans Truchsess von Bornitz, sammt Peter und Ludwig von Lesenik im Jahre 1358 zu ihrer Eltern Seligkeit und Trost sechs und zwanzig Groschen den Klosterbrüdern in Oschatz von den Erbzinsen auf dem Holze im Thiergarten bei dem wüsten Schlosse unweit Oschatz, welches Geld der Sakristei zu Weine, Oblaten und Geleuchte dienen sollte, auch sollten die Mönche Anwartschaft haben auf das ganze Holz, wenn die Besitzer ohne Erben absterben würden. Hans Truchsess von Bornitz verkaufte 1412 das Thalgut bei Oschatz an Peter von der Dahme und Heinrich Kramer. Ob der in einer Urkunde von 1186 erwähnte Magnus de Purmeitz hierher gehört, ist nicht genau zu bestimmen, jedoch sehr wahrscheinlich.

Nach den Herren von Truchsess gelangte Bornitz an die Familie von Kaltenborn, denn 1412 verkauften die Gebrüder Johann Friedrich und Albrecht von Kaltenborn dem Rathe zu Oschatz für einhundert und achtzig Gulden sechs Schock Zinsen in dem Dorfe Wadewitz zum Frohnleichnamsaltare, den der Rath in der Hauptkirche zu Oschatz gestiftet hatte und an welchem der Altarist wöchentlich vier Messen lesen sollte. Dieser Verkauf wurde von Bischof Rudolph am Tage des Märtyrers Valentin 1412 zu Stolpen bestätigt. Nach Albrechts von Kaltenborn Tode bestätigte Markgraf Friedrich dessen Söhnen und Erben, Ulrich, Hans und Friedrich von Kaltenborn, gedachte Zinsen von Neuem zu Leissnig am Sonntage Jubilate 1416, worüber das Originaldokument noch jetzt im städtischen Archive zu Oschatz vorhanden ist. Von den Kaltenborns wurde Bornitz mit Zubehör Eigenthum der Familie von Grünrod, welche bereits seit 1388 das nahe Rittergut Borna besass, und zwar empfing die Lehn über Bornitz, Wadewitz und das rothe Vorwerk in Oschatz zuerst 1465 Heinrich von Grünrod, dessen Mitbelehnte die Gebrüder Hans Heinrich, Friedrich Thymo und Conrad von Grünrod waren. Dietrich von Grünrod auf Bornitz verordnete 1474, dass in der 1468 neuerrichteten und dem Kloster zu St. Afra incorporirten Wolfgangskapelle vor dem Lommatzscher Thore zu Meissen alle Dienstage für ewige Zeiten eine Messe von einem Mönche des Klosters gehalten werden sollte, auch wird er 1497 genannt, wo ihm die Pflicht oblag, für 400 Rheinische Gulden Capital einen Jahreszins von 22 Rheinischen Gülden an den Altar der heiligen Katharina in der Meissner Domkirche zu entrichten. Ihm folgte sein dritter Sohn Heinrich, der sich mit Brigitta von Schönberg aus Reinsberg vermählte, und 1543 nebst seinen Söhnen Wolf, Caspar, Melchior, Dietrich, Balthasar und Heinrich von Grünrod, die Borna im Gesammtlehn hatten, dem Rathe zu Oschatz einige Feld- und Naturalzinsen sammt der Lehn, den Erbgerichten und Gerechtigkeiten in der Vorstadt von Oschatz verkauften. Wolf, Caspar und Melchior von Grünrod stellten Mittwoch nach Ursula 1548 Hans Schrebern in Oschatz einen Lehnbrief über etliche Stücke Holz im Thiergarten aus (Oschatzer Rathsarchiv) und Dietrich vermählte sich nach dem Tode seiner ersten Gattin mit Magdalenen Freiin von Luppa, die ihm einen Sohn, Ulrich, gebar. Der nächste Besitzer von Bornitz war Hans von Schleinitz, Hofmarschall Herzog Heinrichs des Frommen, und Dietrichs von Schleinitz auf Seerhausen ältester Sohn. Dietrich von Schleinitz der ältere besass auch Hof und Jahnshausen, war Inspector der Landesschule Meissen und starb am 12. December 1612; Dietrich von Schleinitz der jüngere lebte bis 1638, war seit 1593 Hauptmann des Prokuraturamtes Meissen und Herr auf Bornitz, Hof, Jahnshausen und Zöschau. Bei seinem Tode erbte Wolf Dietrich von Schleinitz Bornitz, Jahnshausen und Hof, Zöschau aber erhielt Hans von Schleiniz. Von des Ersteren Nachkommen werden als Herren auf Bornitz noch genannt Hans und Christoph von Schleinitz von 1657 bis 1664.

Der nächste Besitzer auf Bornitz war Caspar Dietrich von Schönberg auf Limbach und Schönberg, der das Gut um 1666 aquirirte, am 21. November auf dem Schlosse zu Bornitz mit Tode abging und in der Erbgruft zu Schönberg beigesetzt wurde. Er war am 12. Juli 1599 geboren, vermählte sich 1634 mit Anna Elisabeth von Stange aus Venusberg und Drehbach wurde jedoch bald Wittwer und heirathete 1645 Marie Elisabeth von Ende aus Porschnitz und Klipphausen, die 1690 starb und zu Schönberg begraben ist. Hans Wolf von Schönberg, des vorigen Besitzers Sohn, Herzoglich Weissenfelsischer Kammerrath, vermählte sich 1673 mit Isabellen von Neudeck, nahm bei der Erbtheilung das Gut Bornitz an, kaufte 1694 von den Erben des Amtmanns Weissenberg in Oschatz verschiedene Holzstücke und einen Wiesenfleck in sechs unterschiedenen Stücken und drei Zehntheile Gemeindeholz bei Striesa für 400 Gulden und starb am 13. Februar 1712 zu Bornitz, wo er auch in der Kirche seine Ruhestätte fand. Seine von dem Archidiakonus zu Oschatz M. Gabriel Rehfeld in der Kirche zu Borna gehaltene Leichenpredigt erschien zu Freiberg im Druck. Johann Ludwig von Schönberg, Kammerjunker, ward 1686 geboren, vermählte sich 1714 mit Susannen Helenen von Starschedel aus Borna und starb am 27. November 1757. Von seinen hinterlassenen Kindern ist Otto Christian von Schönberg auf Bornitz durch seine merkwürdigen Schicksale bekannt geworden. Derselbe widmete sich im achtzehnten Lebensjahre dem Soldatenstande, focht in Ungarn gegen die Türken, wurde später Kammerjunker und hatte das Glück, sich hohe Gunst bei dem damaligen Sächsischen Churprinzen zu erwerben. Als der Landesherr zu Anfang des siebenjährigen Krieges nach Polen ging blieb Otto Christian von Schönberg zu Dresden und in des Churprinzen Nähe, der ihn so hoch schätzte, dass er Tag und Nacht neben dem fürstlichen Wohnzimmer anwesend sein und die geheimste Correspondenz führen musste. Dieser Briefwechsel aber brachte dem treuen Diener seines Fürsten schwere Leiden, denn einige seiner Briefe fielen in die Hände der Preussen, die ihn 1757 zu Dresden verhafteten, mit schweren Ketten belasteten und mit sich nach Leipzig schleppten, wo ihn die erlittenen Anstrengungen und Misshandlungen auf das Krankenlager warfen. [75] Deshalb legte man den Unglücklichen auf einen Wagen, führte ihn nach Spandau und warf ihn hier in einen scheusslichen unterirdischen Kerker, wohin kein Sonnenstrahl drang und kurz vorher auf dem elenden Strohlager ein Gefangener gestorben war. Hier musste der Kammerjunker von Schönberg zehn Monate lang bei Wasser und Brod zubringen, dann aber wurde er auf Fürsprache des Churprinzen in ein besseres Gefängniss gebracht, der Kette entledigt und mit einer täglichen Unterstützung von achtzehn Pfennigen versehen. In diesem Zustande musste der arme Herr bis zum Friedensschlusse (1763) verharren, wo der Churprinz nach seiner Rückkehr den treuen Diener mit der Würde eines Oberhofmarschalls beehrte und ihn ausserdem zu seinem Oberschenken erhob. Die Kette, welche er aus der Gefangenschaft mitgebracht hatte, hing während seiner ganzen Lebenszeit an des Oberhofmarschalls Lager, und als er am 16. Januar 1785 im 63. Jahre zu Bornitz starb, fand man die testamentarische Verfügung, dass die Hälfte der Kette ihm mit in den Sarg gegeben die andere Hälfte aber in der Kirche zu Borna aufgehangen werden sollte, woselbst dieselbe noch heute, mit einigen Versen des Professor Meissner in Prag darunter, zu sehen ist. Diese Verse lauten:

In bängster Kerker-Nacht 10 Monden mein Geschmeide
des längsten Siechthums Quell und doch mir Stolz und Freude – –
weil ich für König, Recht und Vaterland euch trug –
Euch Ketten weih ich hier! – Weckt ihr in einem Herzen
nur echten Sachsen-Muth; so seyd für tausend Schmerzen
ihr mir des Lohnes übergnug.

Da der Oberhofmarschall von Schönberg unvermählt gestorben war, kam das Gut Bornitz an seinen Bruder, den Kammerherrn Heinrich Wilhelm von Schönberg, geboren 1731, der am 28. September 1813 ebenfalls unverheirathet starb, worauf Bornitz Eigenthum August Friedrich Christophs von Schönberg auf Crummenhennersdorf, Niederreinsberg und Liega wurde, der auch das schöne Palais neben dem Posthause zu Dresden besass. Zur Zeit gehört Bornitz Herrn Feodor von Schönberg, welcher auch noch ein Gut in Schönnewitz von 87 Scheffeln Feld dazu gekauft hat.

Bornitz ist eingepfarrt nach Borna, in dessen Kirche noch ein Stein mit der Jahreszahl MCCLIIII vorhanden ist. Das jetzige Gebäude stammt jedoch nicht aus jener Zeit, sondern ist im Anfange des siebzehnten Jahrhunderts erbaut worden. Vorzüglich bemerkenswerth sind ein reich mit Alabasterfiguren geschmückter Altar und ein Bild das man für einen echten Cranach hält. In der Kirche befinden sich Erbbegräbnisse der Herrschaften auf Borna und Bornitz.

O. M.