Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen: Neustruppen

Textdaten
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Titel: Neustruppen
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aus: Meissner Kreis, in: Album der Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen. Band 2, Seite 71–72
Herausgeber: Gustav Adolf Poenicke
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Erscheinungsdatum: 1856
Verlag: Expedition des Albums Sächsischer Rittergüter und Schlösser
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Commons = SLUB Dresden
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Neustruppen.


Wenn man von der Residenzstadt Dresden bis Pirna gelangt ist und den Weg nach der Festung Königstein, oder sonst noch Parthien auf dem linken Elbufer des meissner Hochlandes unternehmen will, betritt man, nachdem man den Hausberg bei Pirna erstiegen hat und an der Heilanstalt Sonnenstein vorüber gegangen ist, eine grosse Hochebene, von wo aus man westlich das Elbthal mit einer weiten Fernsicht, südlich die Anfänge des Erzgebirges und östlich und nördlich die gehobenen Steine und Berghöhen des meissener Hochlandes vor sich hat. Verfolgt man den Weg in der Richtung der Festung Königstein so wird man nach Verlauf einer kleinen Stunde an einen Thaleinschnitt gelangen, welcher seinen Anfang im Elbthale oberhalb Thürmsdorf und seinen Ausgang in den felsigen Parthien des Elbthals bei Vogelgesang hat. Auf der Höhe des Weges, welcher in das Thal führt, wo sich ein schönes überraschendes Bild dem Auge darbietet, führt rechts ein Weg nach dem Rittergut Neustruppen, das auf felsigen Höhen gegenüber dem Staatsgute Kleinstruppen gelegen ist. Beide Güter auf den Thalhöhen beherrschen das Thal; in welchem sich lieblich die drei Dörfer Neustruppen, Struppen und Kleinstruppen mit Kirche, Pfarre und Schule ausbreiten.

Das Rittergut Neustruppen ist keines der älteren Rittergüter im meissener Hochlande, sondern gehört zu den jüngern. Dasselbe hat als Hof vor dem 30jährigen Kriege gar nicht existirt. Das Rittergut Langhennersdorf hat alda eine kleine Fläche Landes besessen, welche zur Schafhutung wahrscheinlich benutzt worden, wo einige Häuser, eine Mühle und ein Ackergut von einer halben Hufe Landes angebaut gewesen ist, welche lehnspflichtige Unterthanengrundstücke von Langhennersdorf waren.

Im Jahre 1644 kaufte der damalige Besitzer von Langhennersdorf und Zehista Artillerie-Oberstleutnant, Amtshauptmann und Inspector des Hauses Sonnenstein Johann Siegesmund von Liebenau zur Vergrösserung seines Grundstücks in Struppen einige wüstgelegene Bauerngüter von Struppen und Keitschwitz und baute wahrscheinlich um diese Zeit einige Wirthschaftsgebäude. Derselbe kaufte auch im Jahre 1654 einige wüste Plätze im Walde von der Brauerei in Struppen, um dadurch eine Verbindung mit dem Rittergute Langhennersdorf herzustellen und dieses Vorwerk in Struppen als ein Schäfereigut zu benutzen. Um diese Zeit ist auch die Erbauung einer Berghütte an dem Struppenbache von der Kirche zu Struppen geschehen, wobei die Uebernahme der Instandhaltung des Weges am Struppenberge der Kirchfahrt zu Struppen mit 200 Mfl. bezahlt wurde.

Dieses Vorwerk in Struppen ist nun bis zum Jahre 1708 bei dem Rittergute Langhennersdorf verblieben, wo denn der damalige Besitzer General Graf von Zinsendorf dieses Grundstück vom Hauptgute getrennt, an die Gebrüder Trömer in Dresden verkauft oder vertauscht hat. Von dieser Zeit ab erscheint es in den Urkunden als Gut Neustruppen, und nachdem die Gebrüder Trömer daselbst ein Wohnhaus, welches jetzt noch steht, und mehrere Wirthschaftsgebäude erbaut haben, ist ihnen auch seit 1713 die Schriftsässigkeit und eigne Gerichtsbarkeit gegeben, obschon das Gut kein Ritterpferd gehabt hat, sondern nur mit Schock- und Quatembersteuern belegt war. Haben nun seit 1720, wo es die Gebrüder Trömer an Hrn. Gasteln verkauft, die Besitzer oft gewechselt und ist dieses Gut einigemal von den Besitzern zu Kleinstruppen und Thürmsdorf besessen und durch Zu- und Verkauf einiger Bauerngüter in Struppen in Areal verändert worden, so wurde in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts weiter nichts Bemerkenswerthes vorgenommen, als dass im Jahre 1722 der Besitzer Kriegscommissar Merbach von dem König in Polen und Churfürsten von Sachsen August dem Starken einen Freibrief zum Vogelstellen und Anlegung eines Vogelheerdes ausgewirkt hat, da die Jagdnutzung zu den Regalien der Krone gehörte.

Zur Zeit des 7jährigen Krieges ist die Umgegend von Pirna so auch Struppen stark belästigt worden, preussisches und später auch Reichs- und Kaiserliches Militair haben die Ortschaften hart bedrängt, so dass [72] eine gänzliche Verarmung stattgefunden hat und die preussische Kriegscontribution nicht hat aufgebracht werden können. Diese Calamität hatte nun Misswachs und Viehsterben im Gefolge und das Rittergut welches nicht wenig dadurch gelitten, hat mehrmals nach dieser traurigen Zeit unfreiwillig seine Besitzer wechseln müssen. Im Jahre 1791 ist das Gut an den Besitzer von Thürmsdorf Hauptmann Daverko verkauft worden, welches derselbe nach 3jährigem Besitz, während dem er die Bergschänke zum Gute brachte, 1794 an den Oberstleutnant Max Hiob von Uechtritz verkaufte. Dieser hat durch Zukauf des am Schlossberge gelegenen Halbhufengutes die Besitzung wesentlich verbessert und vergrössert. Auch scheinen einige Bauanlagen aus dieser Zeit sich herzuschreiben, welche jedoch von keinem Belang sind; dagegen erwähnenswerth erscheint, dass in dieser Besitzperiode die Niederjagd auf den Grundstücken gegen einen Canon von dem Staatsfiskus acquirirt worden ist.

Im Jahre 1798 kaufte Amtshauptmann Moritz von Wilke, auch Besitzer des Ritterguts Ammelshain, das Gut Neustruppen und transferirte von dort ein Lehnsquantum von ca. 20,000 Thlr. auf letzteres. Auch dieser Besitzer hat durch Zukauf die Besitzung vergrössert und durch Abtrennung einiger kleinen Wiesenparzellen unter dem Schlossberge, den Anbau mehrerer Häuser begünstigt und dadurch das Dorf Neustruppen bedeutend vergrössert. Der französische Krieg in den Jahren 1809 bis 1814 hat auch in der Gegend von Pirna gewüthet und die Besitzer von Neustruppen sind namentlich 1813 arg gezüchtigt, ihr Hab und Gut geplündert und die Wirtschaftsgebäude eingeäschert worden, so dass nach den sehr nassen Jahren 1816 und 1817 die Gebrüder von Wilke als Nachfolger ihres Vaters das Gut im Jahre 1821 an den Uhrmacher und Capitain der Nationalgarde in Dresden Samuel Müller verkauften, welches derselbe bis 1830 besessen hat. Derselbe hat durch abermaligen Zukauf eines nahe gelegenen Bauerguts das Areal vergrössert und dem herrschaftlichen Wohnhause durch Erbauung eines schönen Thurmes ein schlossartiges Ansehen gegeben; nicht minder auch aus besonderem Wohlgefallen und zu wesentlichem Nutzen eine gute Schlaguhr daselbst angebracht. Schon im Jahre 1830 verkaufte pp. Müller dieses Gut an den Commissionsrath Heinrich August Blochmann, welcher zu damaliger Zeit Vorsteher des neubegründeten Soldatenknabenerziehungsinstituts auf Kleinstruppen war. Zu bequemer Bewirthschaftung seines Gutes wurde selbiges mit Kleinstruppen durch Verpachtung verbunden, und der Besitzer, als guter Landwirth rühmlichst bekannt, liess es auch an Verbesserung des Ackerbaues und der Viehzucht nicht fehlen, da beides durch die frühere Bewirthschaftungsweise auf einen sehr dürftigen Zustand reducirt worden war. Nächst den Meliorationen im Felde hatte er auch sein Augenmerk auf die Gebäude gerichtet und die Erbauung einer grössern Scheune so wie den Anbau eines Stalles für nöthig erachtet.

Kaum war nun dies einigermaassen hergestellt, so verkaufte derselbe im Jahre 1836 das Gut an den jetzigen Besitzer Chr. Otto Schubart aus Dresden. Es musste nun demselben vor Allem daran gelegen sein die Verbesserung der Felder und Wiesen fortzusetzen, den Culturzustand und mit diesem die Ertragsfähigkeit zu erhöhen, so auch dem Gute eine solche äussere Gestalt zu geben, damit es mit Recht den Namen einer angenehmen Besitzung führen kann. Durch Zukauf einer Holzparzelle vom Rathe zu Pirna und Abtrennung der Bergschänke und sogenannten Hofemühle (welche zu dem im Jahre 1795 erkauften Bauerngute gehörte und verfallen war) an der Struppen-Königsteinerstrasse, wurde dem Areale eine günstige Gestalt gegeben. Der Anbau von Stallungen, so wie die wirthschaftlichen Einrichtungen im Herrenhause und dessen Arrangements in den Wohnräumen, die Anlegung eines Gewächshauses und neuen Hofthores haben wesentlich zur Verschönerung beigetragen nicht minder auch die Bewirthschaftung erleichtert. Um den Hof herum Anlagen von Obstpflanzungen, Erweiterung des Lust- und Gemüsegartens geben den Besitzungen freundliches Ansehen welches durch die Naturschönheiten des Meissener Hochlandes noch gehoben wird.

Gehört auch das Gut zu den kleinsten Rittergütern Sachsens, so gehört es doch gewiss zu denjenigen, welche durch ihre schöne Lage und durch die vorhandene Cultur des Grund und Bodens als sehr anmuthige, interessante und gesunde Aufenthalte bezeichnet werden können. – Hat das Grundstück durch Verbesserung der Oeconomie und Gebäude an Rentabilität gewonnen, so sind nicht minder auch die Vortheile zu erwähnen, welche dasselbe in neuester Zeit errungen hat.

Bei Einführung der neuen Verfassung im Königreich Sachsen 1831 wo das Gut in die Liste der Rittergüter eingetragen wurde, erhielt dasselbe nur die passive Wählbarkeit zu den Landtagen. Durch die im Jahre 1847 angeordnete Revision, welche durch die Einführung der neuen Grundsteuer bedingt wurde, erhielt das Gut die active Wählbarkeit. Ferner ist durch die Neugestaltung der Justizpflege und Verwaltung die Aufhebung der Patrimonial-Gerichte nothwendig geworden; aber schon ehe das Gesetz erschien wurden hier im J. 1848 die Gerichte an den Staat abgetreten und dadurch dem Gute eine Erleichterung verschafft. Bis zu dieser Zeit war auch die Ablösung der Frohnen und sonstiger Prästationen erfolgt, so dass nun nach endlicher Ablösung der Candanien dem Rittergute nur noch die angestammten Rechte verblieben, welche im Jahre 1854 von Regierung und Ständen den Besitzhabern der Rittergüter garantirt worden sind. –

Das Bild, welches dieser Beschreibung beiliegt, lässt Neustruppen von der südöstlichen Seite sehen, von wo aus man eine schöne Aussicht in das Meissener Hochland geniesst.

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