Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
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Silanus, T. Stadtkommandant von Vaga 109 v. Chr.
Band VII A,2 (1943–1948) S. 14301431
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10) T. Turpilius Silanus (Sall. Iug. 66, 3, sonst überall nur das Nomen T., 67, 3 mit dem Wortspiel turpis vita integra fama potior) diente 645/46 = 109/08 im Iugurthinischen Kriege unter Q. Metellus und wurde von ihm als Stadtkommandant in Vaga eingesetzt (praefectus oppidi 66, 3. 69, 4 vgl. praefectus 67, 3. φρουρῶν Βάγαν πόλιν Plut. Mar. 8, 2. φρούραρχος Appian. Numid. frg. 3). Als die Einwohnerschaft sich heimlich wieder dem Iugurtha zuwandte und gelegentlich eines Festes (s. Carcopino Revue historique CLVIII 1–18, der 9f. bei Sall. 66, 2 die Änderung: in diem Cererum statt: in diem tertium vorschlägt und begründet) die römische Besatzung verräterisch überfiel und niedermetzelte, wurde T. als einziger verschont. Deswegen wurde er nach der bald darauf erfolgten Wiedereroberung der Stadt durch Metellus des Verrates verdächtigt, vor ein Kriegsgericht gestellt, zum Tode verurteilt und in der üblichen Weise gegeißelt und enthauptet. Die Tatsachen werden in den erhaltenen Berichten übereinstimmend wiedergegeben, doch verschieden aufgefaßt (Sall. 66, 2–69, 4. Plut. 8, 1–5. Appian.). Sall. 69, 4 erläutert die Hinrichtung am Schluß: nam is civis ex Latio erat. Appian nennt dagegen T. ἄνδρα Ῥωμαῖον, und Plut. 8, 1 sagt von ihm: ἧν ἐκ πατέρων ξένος τῷ Μετέλλῳ καὶ τότε τὴν ἐπὶ τῶν τεκτόνων ἔχων ἀρχὴν σὐνεστράτευε. Die Bezeichnung als Römer im Gegensatz zu den Feinden kann eine einfache Ungenauigkeit Appians sein und die als praefectus fabrum (s. darüber Kornemann o. [1431] Bd. VI S. 1920ff.) ein Mißverständnis Plutarchs für bloßes praefectus. Der Ausdruck civis ex Latio ist ungewöhnlich, kann aber bei unbefangener Deutung nur den Bürger einer latinischen Gemeinde bezeichnen (so Mommsen St.-R. III 611, 2. 634, 2; Str.-R. 31, 3, wo Sall. Iug. 46 statt 69, 4 gedruckt ist); er hat indes manche Erörterungen hervorgerufen, weil das Zeugnis für die Rechtsstellung der Latiner wichtig ist (Stuart Jones English Hist. Review XXVIII 141f. Cambridge Anc. Hist. IX 124. Passerini Caio Mario come uomo politico [Pavia 1934] 18, 1 [= Athenaeum XII 25]). Die Frage einer Schuld des T. wurde durch seine Rettung aus dem Blutbad von Vaga nahegelegt, scheint aber auch durch die Verhandlung des Kriegsgerichts nicht eindeutig geklärt worden zu sein, so daß sich teilweise daraus die Abweichungen der Berichte ergaben. Sall. sagt von der Rettung (67, 3): misericordiane hospitis an pactione an casu ita evenerit, parum comperimus, und von der Verhandlung (69, 4): iussus a Metello causam dicere ... sese parum expurgat. Damit läßt sich Appians οὐκ ἀνυπόπτως ἑαυτὸν ἐγχειρίσαντα τοῖς πολεμίοις ziemlich in Einklang bringen, während bei Plut. 8, 1–5 der Gegensatz zwischen Metellus und Marius die ganze Erzählung beherrscht, und die dem Marius feindliche Tendenz auch die Darstellung des T. als eines milden und menschenfreundlichen, sogar von den Feinden geachteten Offiziers und eines unschuldigen Opfers des Streites der Mächtigen bestimmt; s. dazu Weynand Suppl.-Bd. VI S. 1376 und besonders Passerini 16ff. (= 23ff.). Die Heimat des T. ist kaum zu bestimmen, weil sein Gentilname inschriftlich an verschiedenen Orten Mittelitaliens bezeugt ist, mit dem Praenomen T. bisher nur in Spoletium (Nr. 8), das allerdings eine latinische Kolonie war (o. Bd. III A S. 1842) und in Frage kommen könnte.