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IX. Kapitel
H. in Beziehung zu einzelnen Gottheiten
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aus: RE:Herakles
Seite: 1095–1103
von: Otto Gruppe
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[1095]

Anubis, Harpokrates, Isis, Sarapis stehen neben H. Ἀνίκητος in der Inschr. von Priene 194.

Aphrodite liebt nach Aristeid. XL 19 K. H. und gibt ihm ἀναπαύσεις τῶν πόνων; zu Hypate im Ainianenland soll er ihr deshalb einen Tempel geweiht haben, Ps.-Aristot. θ. ἀ. 133. In Phanogoreia schützt er Aphrodite gegen die Giganten (Strab. XI 2, 10 p. 495), in Erythrai wird er am 5. Monatstage mit Arete und Aphrodite Στρατεία verehrt (Inschr. Abh. Akad. Berl. 1909, 48, 4; vgl. 51. 68). Auf korinthischen Münzen erscheint er neben der Liebesgöttin, auf etruskischen Spiegeln bisweilen (V S. 82f. nr. 64 c) anscheinend in Liebesverhältnis mit Turan Aphrodite, worin A. Koerte nicht eine unabhängige Sage, sondern die äußerliche Übertragung des Adonistypus sieht. Bisweilen erscheint Turan auch neben H. und Menrva (? Ilische Taf. 152. 155ff.; vgl. III 42), (zur Andeutung eines Liebesverhältnisses zwischen diesen beiden?).

Apollon steht zu H. bisweilen in feindlichem Verhältnis. Er schützt mit Poseidon und Hades Pylos gegen den Helden (Pind. Ol. IX 31), H. raubt in Delphoi den Dreifuß (o. S. 944, 66) und Kostbarkeiten (Klearchos FHG II 320, 56 bei Zenob. V 48). Ein nur aus Kunstwerken, namentlich archaischen, bekannter Mythos zeigt H. mit Apollon im Kampf um eine Hindin (Mon. inéd., sect. franc. pl. III A. Gerhard Ant. Vasenb. II Taf. CI. Roulez Choix de peint. p. 31), vielleicht die kerynitische, da bisweilen Artemis anwesend ist. Mit Apollon und Artemis soll H. um Ambrakia gestritten haben (Anton. Lib. 4; s. o. S. 951, 20). Später erscheinen Apollon und H. ganz ausgesöhnt: sie gründen zusammen Gytheion (Paus. III 21, 8) und haben im koischen Halasarna gemeinsame ἱερά (SIG² 614, 5); in Pheneos erbaut H. den Tempel des Apollon Πύθιος (ebd. VIII 15. 5), auf Paros ein Heiligtum für Apollon und Zeus (o. S. 961, 29), in dem kymaiischen Apollontempel werden die Zähne des erymanthischen Ebers aufbewahrt (Paus. VIII 24, [1096] 5). Der Gott soll dem Helden den Bogen (Diod. IV 14. Apollod. II 71) und Unterricht im Schießen (Diod.) gegeben haben. Öfters tritt Apollon als Gott der Knabenerziehung — in Messene vielleicht mit den Musen (Paus. IV 31, 10, wo aber Kuhnert Phil. Jahrb. Suppl. XIV 254, 3 zwei Gruppen, Apollon und die Musen, H. und Theben unterscheidet, s. dagegen Robert Herm. 1894, 34), sonst auch mit andern Göttern der Jugendbildung, z. B. Hermes (Compt. rend. AIBL 1911, 857) — neben H. Vgl. u. S. 1101, 60ff. Die bildende Kunst hat den Gott und H. oft zusammen dargestellt (Stephani Compt. rend. 1868, 31ff.); eine Spiegeldarstellung wird darauf bezogen, daß Apollon dem H. bei der Befreiung des Prometheus half (Etr. Sp. II Taf. 139, vgl. III S. 133), doch ist die Deutung zweifelhaft.

Gegen Ares kämpft H. in Pylos (Hesiod. Ἀσπ. 359), wie in Nordgriechenland gegen drei seiner Söhne (Eurip. Ἀλκ. 501), Lykaon, Kyknos, Diomedes, und gegen Ares’ Töchter, die Amazonen. Eine gewisse Annäherung, die sich aber nicht mehr im Mythos ausspricht, wurde dadurch herbeigeführt, daß manche barbarische Kriegsgottheiten bald mit H., bald mit Ares ausgeglichen wurden. So sollen z. B. beide nach ,chaldäischer Lehre‘ denselben Stern bezeichnen (Serv. und Intp. Serv. Aen. VIII 275), d. h. der Gott, nach dem der Planet genannt war, schien griechisch auch als H. bezeichnet werden zu können, wie römische Theologen und Antiquare den Mars dem Hercules gleichsetzten (o. Bd. VIII S. 589f.).

Zu Artemis setzt die Sage von der kerynitischen Hindin (o. S. 1039, 54ff.) den Helden teils in ein freundliches, teils aber auch in ein feindliches Verhältnis. Über den Streit um Ambrakia, s. o. S. 951, 21. Vor dem Tempel der thebanischen Artemis Eukleia soll H. einen Löwen geweiht haben (Paus. IX 17, 2).

Zu Asklepios hatte H. als Gott der Heilbäder Beziehung, die einen mythischen Niederschlag in der lakonischen Sage fand, daß Asklepios den verwundeten Helden in einer Höhle des Taygetos verbarg (Paus. III 20, 5) und dieser dafür bei Sparta nahe dem Eurotas Asklepios Κοτυλεύς einen Tempel errichtete (Paus. III 19, 7). Vgl. auch Paian, H., Asklepios bei Aristeid. or. XL 21 K.

Astronoe, Inschr. von Tyros, Dussaud Rev. hist. rel. LXIII 331ff.; LXV 10; s. Bd. II S. 1828, 54.

Athena steht im Mythos und in der Kunstmythologie dem H. näher als irgend eine andere Gottheit, sie hat ihn von Zeus übernommen, ist sein Vormund und die Anführerin bei seinen Kämpfen (Aristid. or. XL 19), sie hilft ihm (Hom. Il. VII 362), z. B. beim Kampf gegen die Hydra (Hom. Il. VIII 318, vgl. die Kypseloslade, Paus. V 17. 11), bei den Stymphalides (Apollod. II 93. Pedias. VI 17), bei der Hadesfahrt (Hom. Il. VIII 366; Od. XI 626. Paus. VIII 18. 3), im Kampf um Pylos (Paus. VI 25, 2), in dem sie ihm den in eine Biene verwandelten Periklymenos zeigt (Hesiod. frg. 14 Rz.² bei Schol. Hom. Il. II 336), in Troia (Schol. Hom Il. XX 146), beim Kyknosabenteuer (Hesiod. Ἀσπ. 125f. 325ff. 443), verhindert, daß er im Wahnsinn den Iphikles tötet (Schol. Hom. Od. XI 269, subscr. Asklepiades), rettet ihn durch einen Steinwurf vom [1097] Wahnsinn (Paus. IX 11, 2), sie schenkt ihm einen Peplos (Apollod. II 71. Diod. IV 14) und läßt für den Erschöpften warme Quellen strömen; sie labt ihn mit dem Trunke (auf dem Vasenbild bei Furtwängler Griech. Vasenm. I Taf. 24), ist bei seinem Schmause gegenwärtig (ebd. I 4), sie endlich ist es, die ihn zu den Göttern führt (Amykl. Thron Paus. III 18, 11, am βωμός, ebd. 19, 5; zahlreiche sf. Vasenbilder, z. B. Inghirami Pitt. vas. Etr. I. II S. 13. Orph. Ἀργ. 10). Unzähligemal hat die bildende Kunst Athena neben H. dargestellt, namentlich die sf. Vasenbilder (vgl. z. B. Mus. Greg. II Taf. LIV 2 a. Welcker Ant. Denkm. III 31 ff. Gerhard Ant. Vasenbilder II Taf. CXXXVIII S. 52ff.), die ihn oft der Göttin gegenübersitzend und ihr die Hand reichend darstellen (Roulez Choix de vas. S. 25ff. zu Taf. VII) und von denen eines die Göttin Ἡρακλέους κόρη nennt. Unter den auf Vasenbildern dargestellten Abenteuern des Helden sind nur wenige, bei denen ihm nicht mindestens bisweilen die Göttin als Begleiterin und Helferin zugesellt wird. Über den aus etruskischen Spiegeln erschlossenen Mythos, welcher den Mars oder drei Kriegsgötter zum Sohn des Hercle und der Menrva machte, o. S. 1091, 60. Viel weniger häufig als die Dichtkunst und die bildende Kunst hat der Kult H. mit Athena verbunden. Der Held erscheint mit (Athena) Ϝασστύοχος in Tegea (IG V 2, 77). Athena und H. werden zusammen ferner in Chios (Paspatis Χιακὸν γλωσσ. 409 nr. 23; Ἀθηνᾶ 1908, 227 nr. λδ’) und in Thasos (Journ. Hell. Stud. 1887, 415) verehrt. In Sparta sollte er das Heiligtum der Athena Ἀξιόποινος gestiftet haben (Paus. III 15, 6), am Altar der dortigen Χαλκίοικος befanden sich Darstellungen von ἆθλοι des H. (Paus. III 17, 3).

Charites mit H., Poseidon, Hermes verbunden; s. o. S. 920, 19. Hartwig H. mit dem Füllhorn 20 hält diese Zusammenstellung für agrarisch.

Demeter ist im Kult mit H. Ἰδαῖος in Mykalessos (als Tempelschließer, Paus. IX 15, 5), Megalopolis (ebd. VIII 31, 3) und vielleicht in Thespiai (Paus. IX 27, 8; vgl. Jamot Mél Perrot 195ff.) verbunden. Mit Despoina, Demeter und Hermes war H. an der Grenze von Messene und Megalapolis gepaart (Paus. VIII 35, 2) Über die Einweihung in die kleinen Mysterien s. Schol. Aristoph. βάτρ. 501, über Eleusis o. S. 929, 21, über die Darstellung auf dem Sarkophag von Torre Nova, Lechat Rev. ét. anc.XIII 400ff.,Rizzo Röm. Mitt, XXV 89f., Hauser ebd. 273ff. der S. 290f. die Überlieferung, daß Triptolemos den H. einweihte (Xen. Ἑλλ. VI 3. 6), für älter hält als die, daß dies Eumolpos getan habe. Vgl. im allgemeinen Hartwig H. mit dem Füllhorn 23ff., Furtwängler in Roschers Myth. Lex. I 2185, 26ff. und über Hercules und Ceres o. Bd. VIII S. 592, 57ff.

Mit Dionysos, den Aristid. XL 19 K. mit Rücksicht auf die bekannte Trinklust des Helden dessen Freund nennt, erscheint H. auf der chiischen Weihinschrift Ἀθηνᾶ 1908, 227 λε’; vgl. 228 λς’), auf Münzen von Herakleia in Akarnanien und von Thasos; vgl. o. S. 964, 23. Vasenbilder des 6. Jhdts. zeigen Dionysos und H. zum Schmaus gelagert (Furtwängler-Reichhold Griech. Vasenm. I 243. Frickenhaus Athen. Mitt. 1911, 137, 1). Ein früher auf Acheloos bezogener [1098] Mann eines thebanischen Kalksteinreliefs, der mit dem durch Löwenfell und Keule gekennzeichneten H. ein Füllhorn hält, ist nach Hartwig H. mit dem Füllhorn 62ff. vielmehr Dionysos. Über H., den Gott durch ein Wasser tragend (?) s. s. S. 1081, 60. Nach Usener Sintflutsagen 62 ist der ,Heros‘, der den spartanischen Dionysos Κολωνάτας (Paus. III 13, 7) geführt haben sollte, H. (Wide Lak. Kulte 160 hatte an Leukippos gedacht).

Dioskuren mit H. verehrt, Aristid. or. V Ddf. = XL 20 K.

Geras, von H. bezwungen, alter, aber nur aus Kunstdarstellungen bekannter Mythos, s. o. Bd. VII S. 1241, 35ff.

Harpokrates s. o. S. 1095, 26. Vgl. die äg. Inschr. in Berlin θεὸν μέγαν Ἡ. καὶ Ἁρποχράτην, Bull. soc. arch, Alex. 1909, 343 nr. 29.

Hebe, H.’ Gattin schon im alten Epos (o. S. 1092, 39), scheint nach Korn. 31 als solche in einer koischen Legende vorgekommen zu sein. Vielleicht ist die Paarung argivisch (u. S. 1100, 5). Hebe wurde neben H. im athenischen Kynosarges verehrt (Paus. I 19. 3. CIA III 370. 374) und empfing mit H., Helios, Athena und anderen Gottheiten ein gemeinsames Opfer in Erythrai (Inschr. Österr. Jahresh. 1910 Beibl. 35). Von zwei durch einen Fluß getrennten Tempeln des H. und der Hebe spricht Mnaseas FHG III 151, 11 bei Aelian. var. hist. XVIII 47. Über Kunstdarstellungen von H. und Hebe s. o. Bd. VII S. 2582, 54ff.

Helios erscheint erst als Gegner, dann als Freund des H. in der Geryonessage; o. S. 1062, 23. Im Kult scheint H. mit Helios in Troizen gepaart gewesen zu sein (IG IV 760, 8; SIG² 792). Spätere Theologen haben H. dem Helios gleichgesetzt, s. u. S. 1104; vielleicht ist diese Auffassung in Megalopolis in den Kult aufgenommen worden; vgl. Paus. VIII 31, 7, s. aber o. S. 918, 48.

Hephaistos läßt für H. warme Quellen sprudeln (Ibyk. frg. 46. Apostol. VIII 66) und schmiedet Waffen für ihn (Hesiod. Ἀσπ. 128. 319 u. ö.; einen θῶραξ χρυσοῦς nennt Apollod. II 71, die Keule fügt Diod. IV 14 hinzu).

Nach Hera ist wahrscheinlich H. genannt (trotz Zwicker o. Bd. VIII S. 525; über den Vokal in der Kompositionsfuge s. Brugmann Gr. Gramm.³ 166, zur Bedeutung der Zusammensetzung vgl. den ebenfalls aus der altargivischen Kultur stammenden nächstverwandten Namen Diokles). Dem Namen, aus dem sogar (zuletzt von Cook Cl. Rev. 20, 171ff.) H. als ursprünglicher Gatte Heras erschlossen ist, scheint nun freilich der Mythos zu widersprechen, denn Hera ist vielmehr die Ursache von H.’ Leiden (Hom. Il. XIX 119. Eur. Ἡρ. μ. p. 1250. Verg. Aen. VIII 292; Apollod. II. 53 und Diod. IV 9 zeigen zwar i. T. wörtliche Übereinstimmung mit der Ilias, scheinen aber, wie Goedel De poet. Graec. epic. . . mem. Halle 1909, 36 aus Schol. Il. XIX 119 folgert, zugleich von einem Kommentar abzuhängen), sie hat ihn nach Eurystheus geboren werden lassen (Hom. Od. XIX 95), sie hetzt diesen gegen H. auf (Eurip. Ἡρ. μ. 989. Serv. Georg. III 4 u. a.). Sie sendet gegen den kleinen H. die Schlangen (o. S. 1017, 4), sie nährt den nemeischen Löwen (Bakchyl. 9 K., s. o. S. 1081, 42), die Hydra (Hesiod. θεογ. 314) [1099] und die Γηγενεῖς von Kyzikos (Apoll. Rhod. I 997; vgl. FHG II 18, 5 nach dem Scholion z. d. St.). Sie sendet unter die Rinder des Geryones eine Bremse, daß sie dem H. entlaufen (Apollod. II 112; vgl. die Iosage o. Bd. IX S. 1733. 32); sie nimmt die Gestalt einer Amazone an, um das Weibervolk gegen ihn aufzuhetzen (Apollod. II 101. Pedias. IX 23), sie macht H. wahnsinnig (Apollod. II 72) und erregt den Sturm bei Kos (Hom. Il. XIV 250f. XV 18ff. Apollod. II 187ff. u. a.). In Pylos (Panyas. frg. 20 bei Clem. προτρ. II 36, 2 p. 31 Po.; vgl. Arnob. IV 25. Lykophr. 39; über eine freie italische Sachbildung des Mythos s. Furtwängler Gemmen III 88) kämpft sie gegen H. und wird von diesem an der Brust verwundet (Hom Il. V 392). Ein apokrypher Bericht (Ptolem. Heph. bei Phot. bibl. 147 b, 32) läßt sie auch bei dem Geryonesabenteuer von H. verletzt werden. Dieser zweifellos schon im 6. Jhdt. in der Sage vorherrschenden Vorstellung von einem feindlichen Verhältnis stehen aber Züge ganz anderer Art entgegen. H. hilft der Hera gegen einen feuerschnaubenden (Ptolem. Heph. bei Phot. bibl. 147 b, 17) Giganten, den Porphyrion (Schol. Townl. Il. XIV 324), gegen 4 Satyrn (Brygosschale, Furtwängler-Reichhold Griech. Vasenm. I Taf. 47). Hera soll H. gesäugt haben (Lykophr. 1328. Cook Cl. Rev. 20, 416f.), der davon unsterblich wurde (Schol. z. d. St.). Freilich haben Spätere das so gedeutet, daß Hera das Kind nicht kannte; entweder war es ausgesetzt, von Athena gefunden und wegen seiner ungewöhnlichen Kraft der Himmelskönigin zum Säugen überbracht worden (Matris bei Diod. IV 9), oder der schlafenden Göttin wurde H. an die Brust gelegt (Hyg. p. a. II 43), Zeus hatte sie getäuscht (Paus. IX 25, 2), und als sie den Betrug merkte, stieß sie den Bastard von sich, wobei von der aus der Brust der Göttin strömenden Milch die Milchstraße entstanden sein soll (Erat. κατ. 44. Schol. Germ. Basil. und Sangerm. zu v. 443 p. 104, 3 und 186, 25 B.¹). Die Verwundung der Göttin durch den Stiefsohn wurde von einigen damit begründet, daß sie ihm nicht die Brust reichen wollte (Schol. Townl. Il. V 392). Dies sind jedoch Umdeutungen einer Sage, die in das spätere Bild von dem Verhältnis Heras zu H. sich nicht fügte. Eine römische Terrakotta, anscheinend aus Bordeaux stammend, zeigt Hera, wie sie dem als starken Knaben gebildeten H. die Brust bietet (Rev. ét. anc. 1910, 284). Wenn hier gallische Vorstellungen eingemengt sind, so scheinen sie doch mit echt griechischen oder wenigstens italischen verbunden. Etruskische Spiegel stellen dar, wie die Göttin den erwachsenen, bärtigen (V 60) oder unbärtigen (II 126) H. säugt, einmal (V 60) heißt dieser hercle unial clan, ,H., Sohn der Hera‘. Das erinnert an die Adoption des H. durch die Nachahmung eines Geburtsaktes: τὴν Ἥραν ἀναβᾶσαν ἐπὶ κλίνην καὶ τὸν Ἡρακλέα προσλαβομένην πρὸς τὸ σῶμα ἀφεῖναι πρὸς τὴν γῆν (Diod. IV 39). Obwohl diese Form der Adoption auch später noch bei Barbaren üblich gewesen sein soll, sieht der Zug in der H.-Sage doch eher wie ein Überbleibsel aus altgriechischer Vorzeit aus. Jedenfalls muß die Sage spätestens im Anfang des 6. Jhdts. eine nachträgliche vollständige [1100] Aussöhnung zwischen H. und der Göttin angenommen haben, da schon das alte Epos dem H. Hebe, die Tochter und Kultgenossin (o. Bd. VII S. 2580) Heras, zur Gattin gibt. Das war vielleicht schon argivische Sage, da gerade in dem Heiligtum, an das die ganze Sage ursprünglich anknüpfte, Hebe neben Hera stand; freilich scheint der ältesten argivischen Heraklee eine Auffahrt zum Himmel gefehlt zu haben. — Der argivische Dichter kann doch nicht die Hauptgottheit seiner Stadt in ein dauernd feindliches Verhältnis zu dem Helden gesetzt haben, in dem sich der Verbreiter ihres Dienstes spiegelte. Ist Heras Zorn alt — und das ist wahrscheinlich —, so hat er ursprünglich nicht dem Helden gegolten, sondern dem Lande, das die Göttin zu wenig geehrt hatte und deshalb von ihr in die Gewalt des Eurystheus gegeben war, und H. versöhnte als der Ahnherr und das Vorbild des argivischen Tyrannen, der die Fremdherrschaft abwarf und den Kult der Göttin verbreitete, diese, indem er zu ihrem Ruhme im Dienst des Eurystheus die Heldentaten ausführte. Im Kult kann sich dies Verhältnis nicht voll aussprechen, da die alten Argiver noch keinen Kult des H. kannten, doch sind Legenden bezeugt oder zu erschließen, welche Objekte des argivischen Herakultus auf H. zurückführten. Eine Nachbildung ist die Legende von der Stiftung des Heiligtums der Hera Αἰγοφάγος durch H., welche später damit begründet wurde, daß die Göttin dem Helden nicht im Hippokoontidenkampf entgegengetreten sei (Paus. III 15, 9). Über den Tisch des H. im Heratempel s. Myth. Vat. I 177; vgl. Intp. Serv. Aen. IV 62. Über Hercules und Iuno (als Hochzeitsgötter?) vgl. Reifferscheid Ann. d. Inst. 1867, 352ff. und o. Bd. VIII S. 601.

Mit Hermes ist H. im späteren Kult ebenso oft gepaart wie mit Athena im alten Mythos; vgl. Aristid. or. XL 19 K.: Ἑρμοῦ δὲ καὶ Ἡρακλέους ἔστι νῦν ἀγάλματα κοινά. Von verschiedenen Seiten aus konnte diese Kultverbindung entstehen: beide waren Grenzhüter (vgl. Anth. Pal. IX 316; o. S. 1013, 49), Herden- u. Wegegötter (vgl. O. Jahn Arch. Beitr. 62, 34); bei Alkiphr. ep. 47, p. 82, 3 Herch. werden H. Ἀλεξίκακος und Hermes Κεδρῷος zusammen angerufen; in Themisonion wird H. mit Hermes Σπηλαΐτης und Apollon verehrt, weil er mit diesen Göttern die Stadt gegen die Galater verteidigt habe (Paus. X 32, 5), in Tegea steht er neben Poseidon, Hermes und den Charites (GDI 1217). Eine für Ptolemaios XIII. und Tryphaina gesetzte Inschrift scheint H.-Chonsu und Hermes Thot zu verbinden (Milne Journ. Hell. Stud. 1901, 281ff.). Am wichtigsten aber war ohne Frage, daß beide Götter der Palaistra waren (vgl. Kornut. c. 16. Synes ep 22 p 653, 35 H.). Als Wahrzeichen für die männliche Jugend standen ihre Bilder in zahllosen Gymnasien, manchmal mit Apollon, Eros den Musen oder auch mit anderen Helden (z. B. mit Theseus in Messene, Paus. IV 32, 1) verbunden; H. galt bisweilen als ἀλκῆς, Hermes als λόγου προεστώς. Daß der in Troizen neben dem Standbild des Hermes Πολύγιος wachsende Oleaster aus der Keule des H. entstanden sein sollte (Paus. II 31, 10), hängt wohl damit zusammen, daß man sich beide als [1101] Götter der Gymnastik eng verbunden dachte. Die Mehrzahl der dem H. und dem Hermes zugleich gestifteten Weihungen und Kultstätten, wie sie (vgl. o. Abschn. III) z. B. für Akraiphiai, Andros, Astypalaia, Athen (vgl. Kaibel Ep. 943), Bargylia, Byzantion, Delos, Delphoi, Eretria, Herakleia, Korkyra, Megalopolis, Melos, Messene, Opus, den Parnassos, Paros, Pergamon, Sestos, Siphnos, Soloi, Sparta, Tegea, Tenos, Teos, Thera, Thisbe, Tralles bezeugt sind, gilt sicher oder wahrscheinlich dem Gott der Athletik. Auch die bildende Kunst hat H. oft mit Hermes gepaart. Während die älteren Dichter den Götterboten seinem menschlichen Bruder nur bei der Hadesfahrt (Hom. Od. XI 626; vgl. Apollod. II 124. Pedias. XII 31), wo seine Hilfe ja auch am natürlichsten war, helfen lassen und auch Jüngere nur wenig mehr darüber sagen, z. B. daß Hermes den H. an Heras Brust gelegt (Eratosth. κατ. 44) und ihm später das Schwert geschenkt habe! (Diod. IV 14), hat schon die ältere Kunst den Hermes fast ebenso oft wie Athena dem H. als Schützer und Geleiter beigegeben, und auch die jüngere oft beide nebeneinander gestellt (vgl. z. B. Etrusk. Sp. II Taf. 129ff. und die Münzen von Nysa, v. Diest Nysa 87). Die hellenistische und römische Kunst hat sogar eine Vermischung der Typen beider versucht; vgl. die von Furtwängler in Roschers Myth. Lex. 2176, 44ff. beschriebene H.-Herme und den Grabcippus aus Saloniki (Bull. hell. 1891, 663), sowie die von Philod. Anthol. Plan. IV 234 beschriebene Kultstatue. Schon die Wiederholung dieser Vermischung zeigt, daß sie nicht der willkürliche Einfall eines bildenden Künstlers war. Es scheint auch beinahe, als ob die Angabe des Lyd. De mens. IV 46 = 67 W., daß der siebente H. Sohn des Zeus und der Maia gewesen sei, auf eine gelegentliche Gleichsetzung von H. und Hermes hinweise, daß also die Angabe des zuverlässigen Intp. Serv. Aen. IX 400, nach welcher runde Tempel drei Gottheiten, Vestae, Dianae, vel Herculi vel Mercurio errichtet werden müssen, nicht bloß einen schlecht gewählten, weil mißverständlichen Ausdruck enthalte.

Über Isis s. o. S. 1095, 27 und u. 1102, 46.

Über Kronos s. u. S. 1107, 44ff.

Mit (Kybele,) der Göttermutter wird H. nach Aristid. or. XL 40 auf hohen Bergen und in Städten (Athen ? ebd. 22) verehrt. Mit Meter erscheint er auf der Inschrift von Warna, Kalinka Denkmäl. aus Bulg. S. 176 nr. 197.

Den Musen und dem H. wird nach einem Agonalsieg in Chios geopfert (SIG² 524, 6); in Teos empfangen Hermes. H. und die Musen gewisse Strafgelder (SIG² 523, 57). In der Akademie standen Altäre der Musen neben denen des H., Hermes und der Athena (Paus. I 30, 2); wahrscheinlich war die Zusammenstellung ebensowenig zufällig wie die der ἀγάλματα des Apollon, H. und der Musen in Messene (Paus. IV 31,10). Ἡρακλῆς Μουσῶν steht auf Gefäßen aus Arretium (IG XIV 2406, 28. 30. 34. 43ff. 2577, 3). Sf. Vasenhilder stellen H. vor den Musen (Apollon, Athena, Hermes, Dionysos) leierspielend dar Kluegmann Comment. in hon. Momms. 265, 5). Später schwindet diese Darstellung, tritt aber im 2./1. Jhdt. v. Chr. unter dem Einfluß des von [1102] Fulvius Nobilior eingerichteten Kultus des Hercules Musarum (o. Bd. VIII S. 574f., vgl. Furtwängler in Roschers Myth. Lex. I 2190) wieder auf. Eine Gruppe des Damophon in Messene stellte Apollon, die Musen und H. dar (Paus. IV 31, 10); ein attisches Relief zeigt H. mit Apollon und den Musen beim Mahl (Arch. Ztg. 1871 T. IL; vgl. Conze ebd. S. 81ff.).

Nike erscheint sicher seit dem Ende des 6. Jhdts., vielleicht schon früher auf Vasenbildern, bei verschiedenen Abenteuern des H., um dessen bevorstehenden Sieg anzudeuten; sie führt ihn im 5. Jhdt. bisweilen statt Athenas in den Olymp und krönt ihn auf vielen Vasenbildern, öfters in Gegenwart Athenas; vgl. z. B. das rf. Vasenbild in Madrid, Leroux Vas. gr. 135 nr. 224 A. Über eine Inschrift von Tenos s. u. Z. 43.

Zu den Nymphen stand H. als Inhaber von Thermalquellen (o. S. 1011, 43ff) in naher Beziehung; vgl. Diod. IV 23. Aristid. XL 20 K. Mit den Nymphen zusammen wird er in der koischen Inschrift SIG² 734, 23 genannt.

Pan. Über die seltsame Mischbildung einer Kultstatue s. Anth. Plan. IV 234.

Über Persophone s. o. S. 1097, 43ff.

Poseidon ist in einer wahrscheinlich bis in das 7. Jhdt. hinaufreichenden Sage als Schirmer seiner Stadt Pylos Gegner des H. (Pind. Ol. IX 30ff.). Die spätere Überlieferung macht auch den Meergott zum Beschützer des Helden, dem er z. B. Rosse schenkt (Diod. IV 14). Als Hüter der Seefahrer steht er bisweilen im Kult neben ihm, z. B. in Messana (Aristid. XL 12 K.). Häufig treten andere Götter hinzu, z. B. in Korinth, wie aus Münzen der Kaiserzeit gefolgert wird (Odelberg Sacra Cor. 159), Aphrodite, in Tegea Hermes und die Chariten (GDI 1217. IG V 2, 95), in Pergamon Zeus und (Athen)a, (Inschr. v. Perg. 185); in Aigion Zeus und Athena (Paus. VII 23, 10), in einer von Rhodiern auf Tenos gesetzten Inschrift (IG XII 5. 913) Zeus Soter, Athena Soteira, Artemis Orthosia, Ares, Athena Areia, Enyo(?) Enyalios, Nike.

Sarapis s. o. S 1095, 27. Die Inschrift aus Abukir Arch. f. Papyrforsch. II 560 nr. 45 ist Sarapis Isis, H. gesetzt

Satyrn treiben auf Vasenbildern (Furtwängler-Reichhold Griech. Vasenm. I 243) und im Satyrdrama oft mit H. Scherz, stehlen z. B. dem Schlafenden die Waffen (Heydemann Vasi Caputi 9 A. 22). H. selbst wird bisweilen als Satyr dargestellt, z. B. die Hesperidenäpfel pflückend und die Schlange mit der Keule bedrohend (Heydemann Humor. Vasenb. 1).

Zeus, obgleich stets als Vater des griechischen H. festgehalten und diesem immer wohlgesinnt, hat im Mythos fast gar keine nähere Beziehung zu H.; in Olympia soll er mit dem Helden gerungen haben (vgl. o. S. 917, 14) Einen gemeinsamen Tempel hatten Zeus und H. in Patrai (Vitruv. II 8, 9). H. Kallinikos stand in Paros (o. S. 961, 31) neben Zeus Basileus, H. neben Zeus Olympios in Chios (o. S. 958, 1), neben Papias Soter in Dorylaion (o. S. 977, 31), und mit Zeus Soter erscheint er auch sonst verbunden (vgl. o. S. 1002, 22 und die mysische Inschrift Athen. Mitt. 1904, 301). In größeren Götterkomplexen wird Zeus natürlich oft neben [1103] H. genannt, z. B. in Selinus (IG XIV 268) und Pergamon (Inschr. v. Perg. 185).