Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
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Belagerung
Band VI,2 (1909) S. 22242255
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Festungskrieg.

Griechen

I. In der älteren griechischen Kriegsgeschichte spielen Belagerungen eine untergeordnete Rolle. Nur selten entschloß man sich, den Gegner in seiner Stadt aufzusuchen, ihm diesen letzten militärischen wie politischen Stützpunkt zu entreißen und ihn so zu vernichten. Ein solches Unternehmen war stets langwierig. War es nicht gelungen, sich der Stadt gleich durch Überrumpelung zu bemächtigen, so mußte [2225] man daran gehen, sie einzuschließen, entweder von allen Seiten oder doch auf der Landseite, wobei dann der Flotte die Absperrung von der Seeseite zufiel. Bei längerer Dauer war man gezwungen, die provisorischen Einschließungswerke, Blockzäune und Verhaue, durch feste Mauern aus Stein oder Lehmziegeln mit Gräben innen und außen zu ersetzen und die Einschließung so lange energisch aufrecht zu erhalten, bis Hunger oder Verrat die Stadttore öffnete. Es konnte recht lange dauern, bis es zur Kapitulation kam; Thasos und Potidaia ergaben sich im dritten Jahre. Samos fiel schon im neunten Monate. Zu der Langwierigkeit und dem keineswegs immer sicheren Erfolge einer Einschließung kam als weiteres bedenkliches Moment die Kostspieligkeit; abgesehen von allen anderen materiellen Verlusten hatte die Blockade von Samos (440/39) 1200 Talente gekostet, die von Potidaia (432–429) 2000 Talente, d. h. nach Xen. anab. VII 1, 27 die regelmäßigen Einnahmen des Staatsschatzes von zwei Jahren. Erst bei den Belagerungen aus der Zeit des Peloponnesischen Krieges hat man, soweit wir sehen können, versucht, nach vorhergegangener provisorischer Einschließung sich den Eingang in die Stadt dadurch zu erzwingen, daß man durch Anwendung eines Sturmbockes ein Stück der Stadtmauer erschütterte und zu Falle brachte [wenn Ephoros schon bei der Belagerung von Samos durch Perikles oder gar der von Paros durch Miltiades Sturmböcke und Maschinen angewendet sein läßt (Diod. XII 28. Plut. Pericl. 27. Steph. Byz. s. Πάρος), so widerspricht dies der besseren Überlieferung und ist eine seiner beliebten ‚Modernisierungen‘ (Endemann Beitr. z. Kritik des Ephoros, Marburg 1881, 12)]. Aber die Anwendung derartiger mechanischer Hilfsmittel (μηχαναί) stieß auf mannigfache Schwierigkeiten; bei hochgelegenen Städten mußte man erst einen Damm aufschütten, um überhaupt an die Stadtmauer heranzukommen. Bei anderen, wie Mantinea im J. 385, machte ein nasser Graben eine Annäherung überhaupt unmöglich. Daher zog man noch in der ersten Hälfte des 4. Jhdts. in Griechenland dem unsicheren Mittel eines Angriffes das langsamere einer regelrechten Blockade vor, wie die Belagerung von Mantinea und die um 350 geschriebene Schrift des Aeneas deutlich erkennen lassen.

Ein lehrreiches Beispiel einer Belagerung dieser älteren Zeit ist die von Plataiai 429 (Thuc. II 71ff. III 20ff. 52ff. Müller-Strübing Jahrb. f. Philol. 1885, 287ff. Wagner Progr. von Doberan, 1892 u. 1893). Anfang 429 war das peloponnesische Heer vor der Stadt erschienen. Zunächst wurde ein Blockzaun, zu welchem die Bäume der Umgebung das Material lieferten, rings um die Stadt errichtet, dann gegen einen Teil der auf einem Felsrand aufsitzenden Mauer ein Damm aufgeworfen, zu welchem das Holz vom Kithairon heruntergeschafft werden mußte; seine Herstellung erforderte 70 Tage Arbeit. Den Versuch, von diesem Damm aus wie an anderen Stellen mit Sturmböcken gegen die Stadtmauer vorzugehen, vereitelten die Gegenmaßregeln der Plataeer; ebenso mißglückte ein Versuch, die Stadt in Brand zu stecken. Es blieb also nichts übrig als eine regelrechte Blockade der Stadt, welche [2226] etwa 500 m Umfang hatte. Zwei zinnenbewehrte Mauern aus Lehmziegeln in etwa 3½ m Abstand, mit Türmen, welche in bestimmten Zwischenräumen quer auf der Mauer aufsaßen, wurden rings um die Stadt aufgeführt in einer Länge von etwa 2000–2500 Metern; das Rohmaterial zu dem Bau, welches dann gleich an Ort und Stelle geformt und getrocknet wurde, lieferten zwei Gräben, welche innerhalb wie außerhalb der Einschließungsmauer ausgehoben wurden. Nach Fertigstellung dieser Mauer, nach Thukydides Mitte September 429, blieb nur ein Beobachtungskorps vor der Stadt; der zum regelmäßigen Wachtdienst auf der Einschließungslinie bestimmte Teil wurde in dem Raum zwischen den beiden Mauern untergebracht, ein Pikett von 300 Mann lag außerhalb in Alarmquartier. Nachdem von den etwa 500 Verteidigern, welche seit Beginn der Belagerung allein in der Stadt geblieben waren, es der einen Hälfte im Winter gelungen war, sich durchzuschlagen, kapitulierte der Rest im Sommer 428 aus Mangel an Lebensmitteln.

Die entscheidende Wendung in der Geschichte des griechischen Belagerungskrieges erfolgte damit, daß an die Stelle der Einschließung der ganzen Stadt der förmliche Angriff auf einen Abschnitt der Stadtmauer trat. Den Anstoß hierzu gab der furchtbare, unwiderstehliche Angriff der Karthager auf die Griechenstädte Siziliens 409–407. Diese neue Angriffsweise zerfiel nach vorläufiger Einschließung der Stadt gleichsam in drei Abschnitte, in denen sie gewaltige, mechanische Hilfsmittel verwendete: Vorbereitung des Angriffs, Heranführen der zum Breschelegen nötigen Maschinen, Herstellung der Bresche. Gewaltige Holztürme, welche die Stadtmauer überhöhten, wurden soweit herangeschoben, daß von ihren obersten Stockwerken aus Bogenschützen und Schleuderer die Verteidiger der Stadtmauer unter wirksames Feuer nehmen, sie vertreiben konnten; unter ihrem Schutze wurden sodann Schutzdächer vorgetrieben, das Gelände für die nachfolgenden großen Maschinen einzuebnen, den Stadtgraben zuzuschütten. War man so bis an den Fuß der Stadtmauer herangekommen, so begannen die Arbeiten zur Herstellung einer Bresche: entweder untergrub man unter Schutzdächern eine Strecke der Stadtmauer, stützte das Untergrabene mit Balken und brachte dann durch Anzünden dieser Stützen die Mauer zu Fall, oder durch die Stöße gewaltiger, eisenbeschlagener Sturmböcke, welche unter Schutzdächern hingen, erschütterte man das Gefüge der Mauer, bis sie nachgab (vgl. das einzelne unter Χελώνη, Ἑλέπολις, Κριός, Σαμβύκη, Στοαί, Τρύπανα). Den mit aller Energie gegen die Bresche hin ausgeführten Sturm unterstützte man dadurch, daß man die Türme bis an die Stadtmauer heranschob und von ihnen aus mittelst Fallbrücken den Zugang zur Mauer zu gewinnen suchte.

Der erste, welcher diese neue Angriffsweise aufnahm, war Dionys von Syrakus; zu den Angriffsmitteln, welche er den Karthagern entlehnte, fügte er die damals in Syrakus erfundenen Geschütze, welche ihm die Möglichkeit gaben, den Kampf gegen die Verteidiger der Stadtmauer schon aus größerer Entfernung und mit größerem Nachdruck zu eröffnen. Seine Belagerung von Motye 397 bezeichnet den Beginn der zweiten [2227] Periode des griechischen Belagerungskrieges. Nachdem es dem Dionys gelungen war, die karthagische Flotte durch geschickte Manöver von Motye zu entfernen, gewann er durch Aufschüttung eines breiten Dammes Zugang zu der auf einer Insel, etwa 1000 m vom Festland, gelegenen Stadt; auf diesem ließ er sechsstöckige Türme gegen die Stadtmauer heranschieben. Während von den Türmen Bogenschützen, von ebener Erde aus Geschütze in Tätigkeit traten, wurden unter Schutzdächern Sturmböcke an den Fuß der Stadtmauer gebracht. Trotzdem daß ein Stück der Mauer niedergelegt worden war, mißlang der Sturm; um gegen die hinter der Bresche liegenden hohen Häuser, welche fortifikatorisch hergerichtet waren, gegen die Barrikaden in den einmündenden Straßen mit Maschinen vorgehen zu können, mußte zuvor die Bresche eingeebnet, durch sie die Türme hineingeschafft werden. Nach einem mißlungenen Versuche, von den Türmen aus mittelst Fallbrücken auf die nächsten Häuser zu gelangen, brachte erst die zur Nachtzeit ausgeführte Ersteigung einiger Häuser mittelst Leitern die entscheidende Wendung, indem jetzt die Barrikaden im Rücken gefaßt werden konnten (Diod. XIV 48ff. Schubring Philologus XXIV 49ff. Holm Gesch. Siziliens II 111ff. Meltzer Gesch. d. Karthager I 286ff. 512).

In Griechenland war der erste, bei welchem diese neue Angriffsweise Würdigung und Nachahmung fand, König Philipp von Makedonien; seine Belagerungen von Perinth 340 und Byzanz 339 zeigten, obwohl sie nicht eben gewünschten Erfolg hatten, den Griechen zum erstenmale ihre ganze Furchtbarkeit. Aber gleich die erste Anwendung enthielt einen bedeutsamen Fortschritt: auf den obersten Stockwerken der Türme wurden leichte Geschütze aufgestellt, und es war nur eine folgerichtige Weiterführung dieses Gedankens, wenn Alexander d. Gr. bei seiner ersten großen Belagerung, der von Halikarnassos 334, in die unteren Geschosse der Türme schweres Geschütz einstellte; damit war den Türmen ihre neue Verwendung als bewegliche Batterien zugewiesen. Von den zahlreichen Belagerungen Alexanders, von der Blockade Thebens an bis zur Erstürmung der Bergfesten im skythischen und indischen Feldzuge, ist die siebenmonatliche Belagerung von Tyrus 332 ein lehrreiches Beispiel von gleichzeitiger Verwendung von Landheer und Flotte zu einem mit höchster Energie durchgeführten Angriff (Arrian. II 18ff. Droysen Alexander I² 282ff. Prutz Aus Phönizien 198ff. mit Plänen).

In der nachalexandrischen Zeit war eine Steigerung nicht mehr in der Art der Belagerungsmaschinen und Geschütze, sondern nur noch nach ihrer Größe möglich; was etwa Demetrios der ‚Städtebelagerer‘ 306 vor dem kyprischen Salamis, 305 und 304 vor Rhodos verwendet hat, bezeichnet wohl den Höhepunkt des antiken Festungskrieges überhaupt (vgl. unten über die Belagerung von Rhodos).

Mit der steigenden Bedeutung der Maschinen wurden die ἀρχιτέκτονες oder μηχανοποιοί von immer größerer Wichtigkeit; sie entwarfen nicht nur die Maschinen, leiteten deren Bau, sondern sie wurden auch um Rat gefragt, ob und von wo der Angriff anzusetzen sei (Diod. XIV 48. [2228] Arrian. II 26). Der erste Techniker, welcher uns genannt wird, ist der Thessaler Polyeidos, wie es scheint, im Stabe König Philipps; seine Schüler Charias und Diades, der Erfinder der zerlegbaren Türme, begleiteten Alexander auf seinen Zügen; ein anderer Techniker Alexanders war der Makedone Poseidonios, der einen eigenartigen Belagerungsturm, eine Verbindung von Schutzdach und Turm, erbaut hatte. Der berühmteste war der Athener Epimachos, der Erbauer der gewaltigen Helepolis vor Rhodos.

Nach der Art und Weise des Angriffes richtete sich naturgemäß die Verteidigung, und so lassen sich in der Geschichte der Verteidigung der Städte dieselben Perioden unterscheiden wie bei deren Angriff. Beide Perioden haben in der erhaltenen Literatur ihre charakteristischen Vertreter, die ältere in der um 350 geschriebenen Schrift des Aeneas (vgl. o. S. B. I S. 1019ff.), die andere in dem fünften Buche des Philon aus der zweiten Hälfte des 3. Jhdts., herausgegeben von R. Schoene Berlin 1893; in französischer Übersetzung mit Anmerkungen von Rochas d’Aiglun, in Mémoires de la société d’émulation du Doubs IVéme série 6éme Vol., Besançon 1872, 245ff. Das Anziehende ist, daß die ältere Schrift durchaus mit den gegebenen beschränkten Verhältnissen und Mitteln einer griechischen Landstadt rechnet, während die jüngere das Ideal einer mit den reichsten Mitteln arbeitenden Verteidigung hinstellt. Die erhaltenen Berichte der Historiker bereichern oder modifizieren diese beiden Schriften in ergiebiger und lehrreicher Weise.

Die Schilderung, welche Aeneas von den zur Verteidigung angeordneten Maßregeln gibt (vgl. Rüstow und Köchly Griech. Kriegsschriftst. T. 4) und welche der Wirklichkeit in den meisten Fällen entsprochen haben wird, erweckt durchaus den Eindruck, als sei die Stadt vom Anmarsche des Feindes völlig überrascht worden; erst im letzten Augenblick geschieht das Nötigste, Vorräte werden beschafft, Waffen hergestellt, die Zahl der waffenfähigen Bürger wird festgestellt, nötigenfalls Sklaven und angesessene Fremde zum Waffendienst herangezogen, ein paar Lochen Söldner geworben; die im Laufe vielleicht vieler Friedensjahre in Verfall geratene Stadtmauer wird ausgeflickt, um die Stadt, vor den Toren Gräben ausgehoben; zugleich strömt das flüchtige Landvolk mit seinen Habseligkeiten herein, ‚verwandelt die Stadt in einen Schafstall und vermehrt die Zahl der unnützen Mäuler‘; denn vor dem Anmarsch der Feinde Weiber, Kinder, alle Kampfunfähigen irgendwo anders hin in Sicherheit zu bringen, wie 429 die Plataeer es gemacht hatten, wird sich selten genug Zeit und Gelegenheit geboten haben. Weiterhin wird das Bürgeraufgebot zur Verteidigung organisiert, die Jüngeren erhalten ihre Posten auf der Stadtmauer, andere besetzen die freien Plätze und größeren Gebäude; den Einwohnern des Stadtquartieres wird ein Abschnitt der Mauer für den Notfall zugewiesen, die ‚Kriegserfahrenen und Verständigsten‘ bleiben zur unmittelbaren Verfügung der militärischen Behörden als Reserve usw. Alarmquartiere werden bezeichnet, der ständige Aufenthalt des Höchstkommandierenden bekannt gemacht. Melden dann Späher oder Fanale den Anmarsch des Feindes, so werden die Stadttore bis auf eins, das auch [2229] nur tagüber offen bleibt, geschlossen und unter strengste Aufsicht gestellt; der Belagerungszustand wird verkündigt, denn man hat nicht nur den äußeren Feind, sondern auch die ‚Verräter‘ unter den Bürgern zu fürchten; die Hauptstraßen werden verbarrikadiert, die Häuser, besonders an der Wallgasse, zur Verteidigung hergerichtet, der Wachdienst auf der Mauer geordnet und besonders nachts scharf kontrolliert, teils durch die ablösenden Mannschaften selbst, teils durch größere Patrouillen, die vom Hauptquartier die Stadt durchziehen, auf oder an der Mauer ihren Weg nehmen. Auffallend ist, daß so gut wie gar nichts davon berichtet wird, daß man sich dem Anmarsche des Feindes, seinem Festsetzen vor der Stadt, dem Beginne seiner Einschließungsarbeiten mit Gewalt entgegengestellt habe; ganz vereinzelt ist das Ausrücken der Syrakusier mit ihrer ganzen Macht zur Schlacht gegen die Athener, die sich eben erst im Süden der Stadt festgesetzt haben, wie späterhin die Aufführung einer Mauer, senkrecht in die Verlängerung der im Bau befindlichen attischen Einschließungsmauer, um deren Weiterführung zu hindern. Hat sich der Feind vor der Stadt festgesetzt, sie eingeschlossen und schickt er sich an, Sturmböcke heranzubringen, so wirft man möglichst große ungefüge Steine vor die Stadtmauer, deren Wegschaffung große Schwierigkeiten macht; hat er einen Damm aufgeschüttet und mit ihm die Mauer erreicht, so untergräbt man ihn, indem man durch ein in die Stadtmauer geschlagenes Loch oder einen Stollen die Erde lastenweise wegschafft; bleibt dies ohne Erfolg, so muß man die Stadtmauer erhöhen durch Holz- oder Mauerwerk unter dem Schutz von aufgestelltem Flechtwerk oder aufgehängten Häuten; beginnen die Sturmböcke gegen die Mauer zu arbeiten, so sucht man sie mittelst Schlingen abzufangen oder im Augenblick des Zustoßens durch das schnelle Herablassen von Balken, welche wagrecht hängend an zwei über die Mauer herausragenden Masten angebracht sind, zu zerschmettern;[1] ist trotzdem Gefahr, daß die Mauer nachgibt, so wird hinter dem gefährdeten Stück aus jedem zur Hand befindlichen Material eine halbmondförmige neue Mauer aufgeführt, um dem Gegner so ein neues Hindernis entgegenstellen zu können.

Aus den verhältnismäßig zahlreichen Schilderungen von Belagerungen von König Philipps Zeit an gewinnt man vor allem den Eindruck, daß jetzt auch die Verteidigung mit aller Energie durchgeführt wird. Auch bei der Verteidigung spielen die Geschütze eine wesentliche Rolle. In ganz anderer Weise als früher beherrscht der Verteidiger der Stadtmauer mit seinen leichten Geschützen das Vorterrain, zwingt damit den Angreifer, den Herstellungsort seiner Belagerungsmaschinen weiter nach rückwärts zu verlegen, was wieder deren Heranführung verlangsamt, und [2230] erschwert jede in ihrem Schußbereich vorgenommene Arbeit, mit dem schweren Geschütz vermag er den feindlichen Türmen und Schutzdächern, noch ehe sie an die Stadtmauer herangekommen sind, in bedenklicher Weise zuzusetzen. Auf das intensivste kommt das Geschütz zur Verwendung, wenn es gilt, einen feindlichen Angriff abzuwehren oder einen eigenen Vorstoß vorzubereiten und zu unterstützen, sei es, daß man einen Durchbruchsversuch, besonders zur See, macht, oder seinen Angriff auf die feindlichen Maschinen richtet. Das wirksamste Hilfsmittel des Verteidigers ist das Feuer, und eine in dunkler Nacht mit aller Energie unternommene Beschießung der feindlichen Türme usw. mit Brandpfeilen und glühenden Kugeln vernichtet im günstigsten Falle in wenigen Stunden das Werk von Wochen oder gar Monaten und zwingt den Gegner, die Herstellung neuer Maschinen mit weit hergeholtem Material von vorne anzufangen. Gegen den Stoß der Sturmböcke, den Anprall der schweren Geschosse sichert man die Mauern durch Aufhängen von weichen nachgiebigen Gegenständen, Säcken mit Spreu, Wollenballen, aufgeblasenen und gefüllten Häuten u. dgl. Vermutet der Verteidiger aus den hinter den Schutzdächern und Laufhallen des Angreifers aufgehäuften, täglich wachsenden Erdmassen, daß ein unterirdischer Angriff im Werke sei, so zieht man innerhalb der Stadtmauer einen Graben, auf den die Minengänge des Angreifers einmünden müssen, oder man geht mit Gegenminen vor; Richtung und Lage der Minen des Angreifers erkennt man aus dem stärkeren oder schwächeren Widerhall, welchen Schilde oder Metallbecken, mit der hohlen Seite an die feindwärts gekehrte Seite des Grabens gelehnt, infolge des Getöses in den feindlichen Minen geben (besonders anschaulich geschildert Pol. XXI 28). Gegen einen Angriff von der Seeseite aus deckte man sich je nach der Art des Ufers; war dies steil, so genügte es, durch Taucher die Ankertaue der Lastschiffe, welche die gegen die Stadtmauer arbeitenden Maschinen trugen, kappen zu lassen (wie bei Tyrus); ist das Ufer flach, werden große Steine hineingeworfen, Pfähle eingerammt, Fußangeln, umgekehrte Eggen hingelegt. Den Hafeneingang sperrt man durch Ketten oder unterseeisches Pfahlwerk, das durch versenkte Steine festgehalten wird, dahinter liegt eine zusammenhängende Reihe von Schiffen, einer Mauer vergleichbar; hinter diesen Brander, zum Auslaufen bereit. Die Belagerung von Rhodos durch Demetrios 305 und 304 zeichnet sich vor den anderen Belagerungen dieser späteren Zeit dadurch aus, daß hier einem mit grandiosen Hilfsmitteln und zäher Energie unternommenen Angriff eine ebenso umsichtige wie tatkräftige Verteidigung entgegengetreten ist.

Nach seiner Landung schlug Demetrios vor der Stadt außerhalb Schußweite sein Lager auf, befestigte es mit einem dreifachen Wall mit Palisaden, zu dessen Herstellung die Bäume und Häuser der Vorstädte herhalten mußten; das Gelände bis zur Stadt ließ er durch Flottenmannschaften einebnen und gleichmachen, für seine Flotte richtete er in einer nahen Bucht einen Hafen ein. Überzeugt von der Ergebnislosigkeit weiterer Verhandlungen richteten die Rhodier sich jetzt auf die Verteidigung ein; eine Zählung der Bürgerschaft [2231] ergab 6000 Waffenfähige, dazu meldeten sich 1000 angesessene Fremde (deren Rest wurde ausgewiesen), auch Sklaven wurden zur Teilnahme am Kampfe aufgerufen; allerort begann die Herstellung von Waffen und Geschütz aller Art, die Stadtmauer wurde wieder instand gesetzt, Steine an verschiedenen Stellen der Stadtmauer aufgehäuft. Demetrios erkannte als seine erste Aufgabe, die rhodische Flotte in dem inneren Hafen festzuhalten, denn so lange die Rhodier noch Herren der See waren, konnten sie mit ihren Schiffen besonders seiner Proviantzufuhr lästig werden, konnten aber auch Truppen- und andere Sendungen der ihnen befreundeten Könige einlaufen; er beschloß, mit einem Vorstoß seiner Flotte einen Angriff auf die niedrige Hafenmauer zu verbinden. Bis die großen Maschinen für diesen Angriff fertiggestellt waren, gingen Boote, mit dem am weitest tragenden leichten Geschütz und kretischen Bogenschützen besetzt, bis dicht an die Hafenmauer heran und suchten die Gegner, welche dabei waren, diese zu erhöhen und wohl auch zu verstärken, möglichst zu belästigen. Die Rhodier erkannten deutlich, gegen den Hafen und die Hafenmauer werde sich der erste Angriff richten; dagegen stellten sie auf den Hafendamm zwei Maschinen, drei legten sie auf Lastschiffe quer vor den Eingang des inneren Hafens, alle reichlich mit leichtem und schwerem Geschütz besetzt; Lastschiffe im inneren Hafen wurden zur Aufnahme weiterer Geschütze eingerichtet, an der Hafenmauer wurde eifrig weiter gearbeitet. Einen ersten Angriff des Demetrios verhinderte zu heftiger Seegang; dafür gelang es ihm, sich bei Nacht der Spitze des Hafendammes zu bemächtigen; sofort wurde hier, etwa 150 m von der Stadtmauer, eine Verschanzung angelegt, mit 400 Mann und Geschützen besonders schweren Kalibers besetzt. Am andern Morgen eröffnete diese neue Batterie mit ihren Geschossen von 26 Kilo Gewicht den Angriff; unterdessen wurden die Maschinen gegen den inneren Hafen heranbugsiert: voran eine schwimmende eisenbeschlagene Palisade, dann zwei Schutzdächer, eins gegen leichtes, das andere gegen schweres Geschütz, schließlich zwei vierstöckige Türme, höher als die Hafenmauer; alle vier Maschinen ruhten auf je zwei zusammengekoppelten Lastschiffen. Während von hier das Feuer sich auf die Hafenmauer richtete, gelang es der Batterie in der Schanze, die besonders niedrige und baufällige Mauer quer über den Hafendamm zu beschädigen; am Abend zog Demetrios die Maschinen außer Schußweite zurück; einen Versuch der Rhodier, sich ihnen mit Brandern zu nähern, hinderte die Palisade und das starke Geschützfeuer. Acht Tage lang wiederholte sich dieser Angriff; schließlich war es gelungen, vor der Quermauer eine Kurtine mit zwei Türmen niederzulegen, die Hafenmauer an verschiedenen Stellen mit Leitern zu ersteigen, aber in hartem Kampfe behaupteten die Rhodier die Mauer, worauf Demetrios seine Maschinen und Schiffe zur Ausbesserung in seinen Hafen zurücknahm. Nach sieben Tagen erneuerte er den Angriff; durch Brandpfeile wurden die im inneren Hafen liegenden Schiffe in Flammen gesetzt, das grobe Geschütz arbeitete gegen die Mauern, das leichte nahm aufs Korn, was sich von Verteidigern auf der [2232] Hafenmauer blicken ließ. Eine Feuersbrunst im inneren Hafen hätte leicht für Demetrios eine günstige Gelegenheit zum entscheidenden Stoß geben können; es kam darauf an, durch einen Gegenstoß Luft zu gewinnen; während der Brand auf den Schiffen gelöscht wurde, liefen drei der besten Schiffe mit auserlesenen Freiwilligen an Bord aus dem inneren Hafen aus, trotz heftigen Geschützfeuers gelang es ihnen, die Palisade zu durchbrechen, an die Maschinen heranzukommen, zwei von ihnen durch geschickte Rammstöße zum Sinken zu bringen; bei der Verfolgung der dritten, die Demetrios zurückschleppen ließ, wurden sie umzingelt, stark beschädigt, so daß eines in des Gegners Hände fiel. Demetrios gab den Angriff gegen den Hafen noch nicht auf; ein dreimal höherer Turm wurde zum nächsten Angriff erbaut, aber als er fertig war, erhob sich plötzlich ein Sturm, der den Turm ins Meer warf und unter den vor Anker liegenden Schiffen arge Verwüstungen anrichtete. Diesen günstigen Augenblick, in dem ein tätiges Eingreifen der feindlichen Flotte ausgeschlossen war, benutzten die Rhodier zu einem Ausfall gegen die Schanze; nach hartem Kampfe zwangen sie die Besatzung zur Ergebung, und damit hatten sie wieder freie Ein- und Ausfahrt; nicht lange, so liefen ein paar Hundert Mann Unterstützung bei ihnen ein. Nach diesen Mißerfolgen gab Demetrios den Angriff an der Seeseite endgültig auf, aber nur um ihn im nächsten Frühjahr von der Landseite mit um so größerem Nachdruck aufzunehmen; den Winter verwandte er zur Herstellung von Belagerungsmaschinen von noch nie gesehener Größe, wobei 30 000 Menschen, Techniker und Arbeiter, beschäftigt waren.

Als im Frühjahr 304 sich die Maschinen ihrer Vollendung näherten, erkannten die Rhodier wenigstens ungefähr, welcher Abschnitt der Stadtmauer das Angriffsobjekt bilden würde; sie führten daher hinter ihm eine zweite gleichlaufende Mauer auf. Die Steine dazu wurden von vier Theatern, den nächsten Häusern, auch einigen Tempeln genommen. Von einem Überläufer erfuhr man, Demetrios sei dabei, einen Teil der Mauer zu untergraben, erfuhr man auch ungefähr die Stellen dieser Arbeiten; sofort wurde längs und hinter der Mauerstrecke, die man gefährdet glaubte, ein tiefer Graben ausgehoben, man trieb von da Stollen vorwärts, die auf die Minen des Gegners stießen, und hinderte so deren Weiterführung; ein Versuch, durch Bestechung den Kommandierenden bei diesen Arbeiten zum Verrat zu veranlassen, scheiterte an dessen Ehrenhaftigkeit. Endlich waren die Maschinen fertig, das Gelände bis zur Stadtmauer für sie gangbar gemacht. Gegen ein Stück der Mauer, sieben Türme mit ihren Kurtinen umfassend, etwa 700 m in der Länge, wurden die Maschinen vorgeschoben; in der Mitte die neunstöckige ‚Helepolis‘ von etwa 42 m Höhe, in allen Geschossen mit Geschützen kolossalen Kalibers besetzt und von 3400 Mann bedient, rechts und links davon je vier Schutzdächer, von deren jedem eine Laufhalle nach hinten führte, um den Verkehr der ablösenden und abgelösten Mannschaften zu decken; auf den äußersten Flügeln je ein Sturmbock unter einem Schutzdach, dessen eisenbeschlagener 53 m langer Stoßbalken von etwa tausend Mann in Bewegung gesetzt [2233] wurde (vgl. die ähnliche Aufstellung der Maschinen von Echinus 210 Pol. IX 41). Zur gleichen Zeit begann der Angriff auf den Hafen und die übrigen Teile der Stadtmauer durch die Flotte und Teile des Landheeres, das Geschützfeuer von der Helepolis, die Arbeit der Sturmböcke. Der Eindruck dieses allgemeinen Angriffes, der Wirkung vor allem der Maschinen auf die Stadtmauer war bei den Rhodiern ein solcher, daß sie die Vermittlung knidischer Gesandten zur Anknüpfung von Verhandlungen annahmen. Demetrios ging nicht darauf ein, setzte den Angriff fort; es gelang, den stärksten Turm und eine Kurtine niederzulegen. Man schien unmittelbar vor der letzten Entscheidung zu stehen, der die Rhodier nicht ohne Bangen entgegensahen; daß Getreideflotten von den Königen glücklich in ihren Hafen gelangten, zeigte ihnen die Möglichkeit auswärtiger Hilfe und erneuerte ihren Mut. Sie beschlossen, ihrerseits wenigstens mit einem artilleristischen Angriff auf die Helepolis, den Mittel- und Stützpunkt der feindlichen Angriffslinie, vorzugehen. Das leichte und schwere Geschütz wurde auf einer Stelle der Stadtmauer vereinigt; in einer dunklen Nacht begann die Beschießung der Helepolis mit Brandpfeilen, welche an schadhaften Stellen hängen bleibend dieselbe hie und da anzündeten; die zum Löschen herbeieilenden Mannschaften wurden mit einem Hagel von Geschossen aus dem leichten Geschütz überschüttet; mehr als 800 Brandpfeile verschiedenster Größe, über 1500 kleinere Geschosse wurden verschossen. Die Gefahr lag nahe, daß die Helepolis in Flammen aufging, das Feuer sich den anderen Maschinen mitteilte; daher ließ Demetrios, ehe es zum äußersten kam, die Helepolis, an der es gelungen war die Brände zu löschen, dann die übrigen Maschinen zurückschleppen. Er bedurfte längere Zeit, um die stark beschädigten Maschinen, besonders die Helepolis, wieder instand zu setzen; rhodischerseits erkannte man, der nächste Angriff würde einer andern Stelle gelten. Man benutzte die Ruhe, die der Feind notgedrungen gewähren mußte, um hier eine zweite Mauer mit davor gelegtem tiefen Graben herzurichten. Demetrios machte einen zweiten Angriff, zwei Kurtinen sanken von den Stößen der Sturmböcke, aber den dazwischenliegenden Turm behaupteten die Rhodier. Neue Unterhandlungen mit Demetrios, durch Abgesandte griechischer Städte geführt, scheiterten; das Eintreffen von 1500 Mann ägyptischer Hilfstruppen war den Rhodiern eine sehr willkommene Verstärkung ihrer gewiß arg mitgenommenen Streitmacht. Nach mehrfachen vergeblichen Versuchen, den Turm den Rhodiern zu entreißen, beschloß Demetrios, durch einen nächtlichen Handstreich sich der Bresche zu bemächtigen: eine auserlesene Schar Krieger sollte sie besetzen, Arbeiter sie unter ihrem Schutz gangbar machen; kam dann am nächsten Morgen die Meldung, der Weg durch die Bresche sei passierbar, so sollte der letzte Sturm unternommen werden, unterstützt durch gleichzeitige Angriffe gegen den Hafen und die übrige Stadtmauer. Der Plan schien gelingen zu sollen; es gelang, die Bresche zu besetzen, den Graben nach Niedermetzelung der Posten zu durchschreiten, in die Stadt einzudringen, sich in der Gegend des Theaters festzusetzen. Aber [2234] da erfuhren die rhodischen Prytanen das Eindringen der Feinde; während die Mannschaften auf dem Walle gemessenen Befehl bekamen, auf keinen Fall ihren Posten zu verlassen, sich zur Verteidigung bereit zu halten, machten sie sich mit ihrer Reserve, den 1500 Epilektoi und den ägyptischen Hilfstruppen gegen die Eingedrungenen auf und hielten sie durch ein hartnäckiges Gefecht fest. Am andern Morgen ließ Demetrios, noch ohne Kenntnis von dem Schicksal der vorausgeschickten Abteilung, rings um die Stadt zum Angriff vorgehen, überall fanden die Angreifer tapfere und erfolgreiche Gegenwehr; ein paar Leute, die sich von der eingedrungenen Schar gerettet hatten, meldeten deren völlige Vernichtung. Bei den Vorbereitungen zu einem neuen Sturm traf ein Befehl des Antigonos ein, in Verhandlungen mit den Rhodiern zu treten; dies gab Demetrios die äußere Rechtfertigung, die Belagerung nach einjähriger Dauer aufzugeben.

Ein wesentlich anderes Bild bietet die Verteidigung besonders in ihren Vorbereitungen nach den Anforderungen, welche Philon stellt. Seine Stadt, eine ‚moderne‘ Festung, befindet sich in fortgesetzter Kriegsbereitschaft: Vorräte an Getreide und Hülsenfrüchten, mindestens für ein Jahr reichend, werden beschafft, durch Requisition oder Ankauf, in Silos oder eigens erbauten Magazinen sorgfältig aufbewahrt, nach Ablauf eines Jahres erneuert; auch für Vorräte von gepökeltem und getrocknetem Fleisch wird gesorgt: Küchen- und Zwiebelgewächse müssen angepflanzt werden, damit Material zur Hand ist, im Notfall allerlei Belagerungskost herzustellen, wozu die Rezepte angegeben werden. Nicht minder müssen die Zeughäuser wohl geordnet sein: Geschütz, Waffen, Schanzzeug aller Art, Schanzkörbe, Schanzpfähle, Holz verschiedener Art, roh oder bearbeitet, Steine, Häute, Taue, Gifte, Öl, Essig usw.; alles von Zeit zu Zeit nachgesehen und ergänzt, damit nicht am Tage, wenn man diese Dinge gebrauchen soll, man lauter Verdorbenes und Unbrauchbares findet. Die ‚moderne‘ Befestigung der Stadt mit ihren drei Gräben und dem Proteichisma (vgl. Art. Befestigung Bd. III S. 191) schiebt die erste Verteidigungslinie etwa 150 m vor die Stadtmauer nach vorne; während der Angreifer sich abmüht, die ihm entgegenstehenden Hindernisse, besonders das Proteichisma, welches gestürmt werden muß, zu überwinden, gewinnt der Verteidiger Zeit; seine Maßregeln zu treffen. Die Mauern werden durch Aufhängen von Planken oder elastischen Gegenständen gegen die Geschosse der Steingeschütze gesichert, das eigene Geschütz wird auf die Mauer gebracht und nach der Aufstellung der feindlichen Geschütze verteilt, so daß jeder Steinwerfer des Angreifers von zwei entsprechenden mit Geschossen von etwa 2½ kg Gewicht beschossen werden kann; unter den aufgestellten Geschützen müssen möglichst viel Steinwerfer mit Geschossen von 13 kg sein, denn diese sind für alle Maschinen des Angreifers von äußerst gefährlicher Wirkung. Hinter dem Proteichisma wird ein Graben bis auf dessen Fundamente heruntergehend ausgehoben, um feindliche Minengänge abzufangen. Nähert sich der Angreifer mit seinen Schutzdächern und Hallen der Stadtmauer, so werden durch eigene Maschinen oder [2235] Krahne mit Geschütz oder durch die Schießscharten große und kleine Blöcke auf sie heruntergeschleudert oder heruntergerollt, man sucht sie in Brand zu stecken, oder wenn sie ‚eingegraben‘ sind, also eine Art Laufgraben, durch hineingeleitetes Wasser zu ersäufen. Gelingt es nicht, die Heranführung der feindlichen Türme durch große in ihren Weg geschleuderte Blöcke zu verhindern, so wird an der zum Angriff ausersehenen Stelle ein zweites oberes Stockwerk auf die Stadtmauer aufgesetzt. Versucht der Angreifer von seinen Türmen mittelst Fallbrücken auf die so erhöhte Mauer zu kommen oder das neuaufgeführte Stück durch Sturmböcke oder Mauerbohrer zu erschüttern, so steckt der Verteidiger von der alten Stadtmauer, nun dem unteren Stock, seine Fallbrücken in Brand oder er bearbeitet den Turm des Gegners in seinen unteren Teilen durch Sturmböcke, welche durch Schießscharten oder frisch in die Mauer gebrochene Löcher durchgeschoben, innen über nebeneinander gelegte Rundhölzer laufen. Ist die Erhöhung der Mauer unmöglich oder nicht ratsam, so wird hinter dem angegriffenen Stück der Stadtmauer eine winkelförmige Mauer aufgeführt, mit möglichst vielen Schießscharten, um den sich auf der Bresche festsetzenden Feind von allen Seiten beschießen zu können. Wenn irgend möglich, muß man versuchen, die feindlichen Maschinen, sobald sie den Mauerfuß berühren, in Brand zu stecken. Hat sich der Angreifer mittelst Leitern oder sonst eines Turmes oder einer Kurtine bemächtigt, so muß man suchen, den Wallgang durch Abdecken möglichst weit ungangbar zu machen, die auf den Wallgang führenden Türen der nächsten Türme rechts und links zu verbarrikadieren. Ist Gefahr, daß dem Angreifer gelingen wird, eine Bresche herzustellen, so muß aus Schanzkörben, die mit Erde gefüllt sind, eine notdürftige erste Verteidigungslinie hergerichtet werden, die zweite wird gewonnen, indem die Fronten der an der Gasse hinter der Stadtmauer liegenden Häuser zur Verteidigung hergerichtet, die Gassen, wohin auch die Wallstraßen einmünden, verbarrikadiert werden; in die Häuser in der Nähe der Barrikaden werden Schießscharten, Zugänge teils nach der Gasse, teils in die nächsten Häuser gebrochen; die Plätze werden gesperrt, größere an ihnen gelegene Häuser oder Häuserkomplexe zu kleinen Festungen umgewandelt, die Gassen durch Gräben, die womöglich leicht zugedeckt werden, durchschnitten. Jedes Haus muß nach der Einschätzung (τίμησις) seines Besitzers eine bestimmte Anzahl an Waffenstücken und faustgroßen Steinen liegen haben; wer ohne Waffen ist, erhält sie geliefert; von Gemeindewegen bekommt jedes Quartier (ἄμφοδον) ein Steingeschütz und zwei Pfeilgeschütze, alles vom kleinsten Kaliber. Wachdienst und Ronden werden eingerichtet. Losung und Gegenlosung, oft wechselnd, wird an die Patrouillenführer und Quartiermeister mitgeteilt. Die Tore zwischen den einzelnen Quartieren werden nachts geschlossen gehalten. Kommt es dann zum letzten entscheidenden Kampf in den Gassen der Stadt, so haben sich Weiber, Kinder, Greise, alles, was nicht mit den Waffen kämpft, von den Dächern der Häuser mit allem, was sich ihnen bietet, am Kampfe zu beteiligen.

Römer

[2236] II. Die Römer sind in der Belagerungskunst und besonders im Geschützwesen Schüler der Griechen gewesen (Athen. V 273e παρὰ γοῦν τῶν Ἑλλήνων μηχανὰς καὶ ὄργανα πολιορκητικὰ μαθόντες τούτοις αὐτῶν περιεγένοντο) und haben auf diesem Felde keine wesentlichen Fortschritte in der technischen Vervollkommung erreicht. In der römischen Kriegsgeschichte sind nicht wenige Belagerungen überliefert, die Berichte aber zeigen eine gewisse Einförmigkeit. Hier kann nur ein allgemeiner Überblick der wichtigeren Vorgänge gegeben werden und diese Darstellung somit nicht eine Betrachtung einzelner Belagerungen, durch Terrainskizzen veranschaulicht, ersetzen. Es ist begreiflich, daß auf Caesars Feldzüge besonders oft Bezug genommen ist; des großen Feldherrn klare Schilderung seiner welthistorischen Kämpfe hat die Forschung über den F. der Römer seither belebt und am meisten gefördert.

Wie in der ältesten Zeit sich in Italien Berennung und Eroberung fester Plätze vollzogen hat, bleibt unbekannt; die Erzählungen sind unhistorisch ausgeschmückt, denn z. B. die Verwendung vervollkommneter Belagerungsmaschinen im 5. Jhdt. ist ausgeschlossen. Dennoch erwähnt Dionys. V 49. VI 92. X 21 bei den Bestürmungen von Cameria 251 = 503 v. Chr., Corioli 261 = 493 v. Chr., Antium 295 = 459 v. Chr. bereits den Widder, läßt Livius V 5, 6 vor Veii 351 = 403 v. Chr. schon turres vineae testudines in Wirkung treten; letztere waren damals in Italien noch nicht bekannt, und den Widder hat zuerst Perikles vor Samos 440 v. Chr. in Anwendung gebracht, Diod. XII 28. Ebensowenig zutreffend ist, daß bei der Verteidigung des Capitols 364 = 390 v. Chr. Geschütze tätig waren, zu deren Bespannung die Frauen ihren Haarschmuck geopfert, wie zur Deutung des Standbilds der Venus Calva erfunden wurde, Lactant. inst. I 20. Hist. aug. Max. iun. 7, 2. Veget. IV 9.

Man kann beim F. drei Formen unterscheiden: a) die Einschließung, Blockade (obsidio, obsessio), b) den gewaltsamen Angriff (repentina oppugnatio), c) den förmlichen Angriff mit Belagerungswerkzeugen und Blockade (longinqua oppugnatio). Rüstow 137. Fröhlich 243. Der Feldherr entscheidet nach Prüfung der strategischen Lage, des Terrains, der Wehrhaftigkeit der zu erobernden Festung, welche Methode die zweckmäßigste ist. So wird im Bell. Hisp. 8 hervorgehoben, daß bei den auf Bergen gelegenen, von Natur festen Städten im jenseitigen Spanien die oppugnatio sehr schwierig ist.

a) Die Einschließung erforderte lange Zeit, wurde daher nur gewählt, wenn die andern beiden Formen nicht durchführbar schienen und die Beschaffenheit des Terrains zweckmäßig war, Veith 54. Es galt, die Stadt von der Umgebung völlig abzusperren, um Zufuhr zu hindern und heimlichen Abzug der Belagerten zu vereiteln, und zwar durch Lager an den Zugangsstraßen und durch eine einfache oder doppelte Umwallung (circumvallatio) mit Graben und Palisaden, ferner durch Anlage von Schanzen (castella, Redouten), die unter sich durch Zwischenwälle (brachiae, Liv. XXXVIII 5. Bell. Hisp. 6, 3. Bell. Afr. 49, 1. 51, 2. 56, 1 u. ö., munitiones) verbunden wurden, Jähns 285. Polyb. I 28. 42. Appian. Hann. [2237] 37. Liv. IV 9, 14. 22, 2. V 12, 6. XXIII 17. XXV 23. XXVIII 3. XXXVIII 4. Die Hauptarmee befindet sich in den Lagern, kleinere Abteilungen, denen der Vorpostendienst obliegt, in den Schanzen; sie haben bei einem Ausfall der Belagerten den Angriff auszuhalten, bis die Hauptmacht heraneilt. Gegen eine etwaige Entsatzarmee wurde nötigenfalls außer der Circumvallationslinie um die Stadt eine Contravallationslinie (Appian. Lib. 119. Caes. bell. Gall. VII 74. Appian. bell. civ. V 33) um die Lager angelegt. Wenig ergiebig ist, was Livius V 2, 1ff. von Veiis Blockade erzählt (cum spes maior imperatoribus Romanis in obsidione quam in oppugnatione esset, hibernacula etiam, res nova militi Romano, aedificari coepta). Näheres erfahren wir zuerst durch die Berichte über Scipio Aemilianus Maßnahmen vor Karthago und Numantia bei Appian. Lib. 117ff.; Ib. 90ff. Die Einschließung der ersteren Stadt läßt sich nur an der Hand von Kartenskizzen und durch eine eingehendere Darlegung der Topographie Karthagos (Meltzer Gesch. der Karthager II 173–190. 520. 538ff., namentlich der Hafenfrage, vgl. zuletzt R. Öhler im Arch. Anz. 1904. 173–184, von dessen Ansicht Schulten ebd. 1905, 73ff. wesentlich abweicht) deutlich machen. Numantia umgab Scipio nach Errichtung zweier Lager und Bau von sieben Kastellen mit einem 150 m vom Feinde entfernten Graben sowie der Circumvallation mit Wall, Brustwehr, Türmen und Graben, der 10 Fuß breit und 20 Fuß tief war; die über 8 km langen Linien wurden von dem Fluß Durius durchschnitten, auf dem die Belagerten Lebensmittel heranholten; ihn sperrte er, da eine Brücke zu bauen nicht möglich war, durch Kastelle und mit Schwertern und eisernen Spitzen versehene Balken, die mit Tauen von zwei an den Ufern errichteten Schanzen aus festgehalten wurden. Vgl. die Untersuchung Schultens Abh. d. Göttg. Ges. d. Wiss. N. F. VIII 1905, besonders 62ff., der 72 die Annahme einer Contravallation bestreitet.

Ein strategisches Meisterstück war Caesars Blockade von Alesia, deren Schilderung Caes. bell. Gall. VII 69–74. 77–89 des öftern untersucht worden ist. Lipsius Poliorc. lib. 2. Napoléon Hist. de Jules César II 316–318 Taf. 25. 27. Göler I 304–332. Fröhlich 239. Veith 190ff. Die feste Lage der Stadt ließ keine andere Angriffsweise zu, Caes. bell. Gall. VII 69, 1: ipsum erat oppidum Alesia in colle summo admodum edito loco, ut nisi obsidione expugnari non posse videretur. Caesar umfaßte die auf einer steil abfallenden Höhe gelegene und durch zwei Flüsse geschützte Stadt mit einer Verschanzung von 16 km Länge, errichtete 23 Kastelle und 8 Lager, ferner gegen ein heranrückendes gallisches Entsatzheer eine zweite 21 km lange Zernierungslinie. Ein fast 20 Fuß breiter und tiefer Graben mit senkrechten Seitenwänden sperrte die Ebene, 400 Fuß rückwärts waren zwei weitere Gräben, 15 Fuß breit, 8–9 Fuß tief, der innere mit Wasser gefüllt; der 12 Fuß hohe Wall hinter dem äußeren war mit Brustwehr, Zinnen, Palisaden versehen, um ein Hinaufsteigen der Feinde zu erschweren. Auf der Contravallationslinie befanden sich Türme im Abstande von 80 Fuß. Überdies waren starke Annäherungshindernisse [2238] (s. u.) angelegt. Caesars System hatte vollen Erfolg; der Versuch des Vercingetorix, die römischen Linien zu durchbrechen, scheiterte, die aus der hungernden Stadt gewiesenen Kampfunfähigen wurden zurückgetrieben, das gewaltige Entsatzheer geschlagen. Weniger Glück hatte Caesar bei dem ebenfalls auf hohem Plateau gelegenen, von Natur geschützten Gergovia, Caes. bell. Gall. VII 36. Göler I 269ff.; ein Sturmangriff schien, wie sich auch zeigte, aussichtslos, eine Belagerung der von Vercingetorix mit Vorräten reichlich versehenen Stadt langwierig, die Blockade nicht vollständig durchzuführen. Dagegen gelang die von den Legaten Caninius und Fabius durch geschickte Errichtung von drei Lagern und einer völlig geschlossenen Zernierungslinie sorgsam vorbereitete Einschließung von Uxellodunum, als Caesar der gut verproviantierten Stadt das Wasser abschnitt: er beherrschte die Quelle durch seine Geschütze, besonders von einem zehn Stockwerke hohen Turm aus, der auf dem 9 Fuß hohen Wall errichtet war, und fing, als diese Werke vernichtet wurden, das Wasser durch einen Stollen ab, bell. Gall. VIII 33–43. Napoléon II 343–347 Taf. 31. Göler I 364ff. Veith 210. Bei Dyrrhachium scheiterte Caesars, wie er selbst bell. civ. III 47, 1 vgl. 63 hervorhebt, einzigartige Blockade, weil Pompeius nicht vom Meere abgeschnitten werden konnte und seine Befestigung, 24 Kastelle auf einer Länge von etwa 22 km, durch Caesars 25–26 km lange, aber nur mit der Hälfte Soldaten besetzte Linie (vgl. die Darstellung Gölers II 96ff. 124ff.) nicht überall zu beherrschen war, trotz der Ausnützung der überaus günstigen Terrainverhältnisse. Caes. bell. civ. III 42ff. Göler II 95ff. Stoffel I 358. Fröhlich 241. Veith 316–328.

Besser gelang die Einschließung von Corfinium durch 8 km langen Graben und Wall im Osten und Süden, denn Caesar beherrschte den Norden, im Westen aber machten der Aternusfluß und die Berge einen Durchbruch des Domitius unmöglich. Caes. bell. civ. I 16–23. Stoffel I 242. Fröhlich 242. Veith 240. Perusia wollte Octavian nicht stürmen, sondern durch Hunger bezwingen. In einer Entfernung von 1½ km von der Stadt wurden Gräben und Schanzen in einer Ausdehnung von über 10 km angelegt, mit doppelter Front gegen Ausfälle und ein Entsatzheer, die Gräben dann mit Spitzpfählen versehen, bis auf 30 Fuß vertieft und verbreitert, die Schanzen mit 1500 Türmen, 60 Fuß voneinander, bewehrt, Appian. bell. civ. V 33ff. Jerusalem schloß Titus durch einen gewaltigen steinernen Ringwall völlig ab, Joseph. bell. Iud. V 491–526.

Aus der früheren Kriegsgeschichte ist die Blockade von Capua 543 = 211 v. Chr. bekannt, Liv. XXV 21. XXVI 4, 1. Um die Stadt auszuhungern und gegen einen Entsatzversuch Hannibals gedeckt zu sein, wurden ein doppelter Wall und Graben hergestellt. Hannibals Einschließung von Tarent war nicht vollständig, Liv. XXV 11, die Sullas von Athen (s. u.) aber erfolgreich.

Wie Caesar auch eine Feldarmee, die nicht in einer Festung Rückhalt hatte, einzuschließen verstand, zeigt sein Verfahren gegen Afranius und Petreius zwischen Ilerda und Octogesa in Spanien, die er, um seine Veteranen zu schonen, ohne [2239] Schlacht durch völlige Umzingelung mit Graben und Wall derartig abschnitt, daß sie am vierten Tage aus Mangel an Lebensmitteln sich ergeben mußten. Caes. bell. civ. I 72–87. Göler II 34ff. Fröhlich 243. Veith 267ff.

Über Caesars einzige größere Feldbefestigung, murus fossaque (Caes. bell. Gall. I 8, 1. 2), gegen die Helvetier, zwischen Genf und dem Fort de l’Ecluse errichtet, nicht gedeckt durch ein Lager, sondern nur durch einige castella, vgl. Napoléon II 48ff. Heller Philol. XXVI 656. Göler I 7 (namentlich über die Bezeichnung murus). Fröhlich 238.

Die kunstvollen Lagerbefestigungen mit Graben und Wall z. B. Caes. bell. Gall. II 5 (dazu Göler I 65). VIII 9 sind hier nicht zu besprechen, vgl. Polyb. XVIII 1. Liv. XXXIII 5, 5–12. Hygin. 49. Fröhlich 230ff.

b) Sturmangriffe ohne längere Vorbereitung, z. B. dem auf dem Marsche befindlichen Heere befohlen (ex itinere oppugnare), um den Feind zu überrumpeln, sind nicht häufig gewesen, Fröhlich 244 zählt aus Caesars Feldzügen nur sieben Fälle auf. Der Handstreich auf das nur von wenigen verteidigte Noviodunum mißlang, da der Ort durch einen breiten Graben und eine hohe Mauer geschützt war, Caes. bell. Gall. II 12; ebenso ging es Crassus vor der Stadt der Sontiaten, III 21, 2, Caesar vor Gergovia, VII 47. 48. In Britannien dagegen konnte Caesar einen von Natur und durch Werke stark befestigten Ort sofort nehmen, V 9, 7: testudine facta et aggere ad munitiones adiecto (s. u.), und ebenso gelang der Sturm auf den Pharos von Alexandria, bell. Alex. 18, 1. Sorgfältiger vorbereitet waren, wie Fröhlich 245 hervorhebt, die Angriffe auf Genabum, Caes. bell. Gall. VII 11, 5–8, und Gomphi, bell. civ. III 80, 5–7; beidemal war ein Lager aufgeschlagen, dort die Bestürmung für den nächsten Tag vorbereitet; als aber die Einwohner nachts fliehen wollen, läßt Caesar die Tore in Brand stecken und besetzt den Ort. Bei Gomphi werden Sturmleitern, Breschhütten und Faschinen angefertigt; die stark bewehrte, mit Lebensmitteln reich versehene Festung konnte Caesar noch am gleichen Tage, an dem er davor angekommen, erobern.

c) Meist mußte bei stark befestigten Plätzen zum belagerungsmäßigen Angriff geschritten werden, Rüstow 138ff., eine Taktik, die von den Römern, seit sie die Belagerungswerkzeuge der Griechen kennen gelernt, in großem Maßstabe angewandt wurde. Ist durch eine Rekognoszierung des Terrains die Angriffsfront bestimmt (Jähns 296. Veith 55), werden ein oder mehrere Lager geschlagen und, wenn möglich, auch eine ganze oder teilweise Einschließung bewerkstelligt. Als der erste Sturm auf Meliboea scheiterte, obsidio paratur et opera ad oppugnationem fieri coepta, Liv. XLIV 13, 4, vgl. XXV 38, 15: obsessi atque oppugnati. Vor Sagunt ruht einige Tage der Kampf, weil Hannibal verwundet ist: obsidio per paucos dies magis quam oppugnatio fuit, Liv. XXI 8, 1. 11, 12. Caesar hat beide Formen auch verbunden bei der Belagerung der Stadt der Aduataker, Caes. bell. Gall. II 30, 2 (Göler I 90ff.), von Vellaunodunum, VII 11, 1, Salonae, bell. civ. III 9, 4, und Massilia, hier erwähnt Lucanus Phars. V 386 die Abschließung der Stadt nach [2240] der Landseite durch Graben und Wall. Fröhlich 246. Vgl. was Josephus von Pompeius Einnahme Jerusalems berichtet, ant. Iud. XIV 4, und von Vespasians Kampf um Iotapata, bell. Iud. III 148: Ῥωμαῖοι … διπλῇ τῇ φάλαγγι κυκλοῦνται τὴν πόλιν καὶ τρίτην ἔξωθεν περιιστᾶσιν τὴν ἵππον, πάσας ἀποφράσσοντες αὐτοῖς τὰς ἐξόδους, wie er dann, als die Belagerung nicht zur Einnahme der Bergfestung führt, sie aushungert, aber doch wieder zum Kampfe und schließlich zum Sturme schreiten muß, III 178. 188. 253ff., vgl. Tac. hist. V 11ff. Schürer Gesch. des jüd. Volkes I 512ff.; ferner den Bericht über Silvas Blockade und Belagerung von Masada, VII 304ff., dazu v. Domaszewski N. Heidelberg Jahrb. IX 141ff. und über Reste großer römischer Umfassungsmauern die bei Schürer 528. 536 verzeichnete Literatur.

Dann wird das Belagerungsmaterial herbeigeschafft (Liv. XXIV 33. XXIV 34, 7: machinamenta. XXV 11, 10: machinationum omni genere et operibus. XXVII 15, 5: machinationes apparatusque moenium oppugnandorum. XXXII 16, 10, vgl. XXXIII 17, 3: cum omni genere tormentorum machinarumque quibus expugnantur urbes ad muros accessit. XXXIV 29, 5. 6. XXXVI 22, 9. XXXVIII 28, 10. Caes. bell. Gall. II 12, 3: quaeque ad oppugnandum usui erant, comparat), entweder durch die Soldaten selbst, Caes. bell. Gall. VII 73, 1, oder durch aus der Umgebung herangeholte Personen und Lasttiere, bell. civ. II 1, 4, und sonstige Requisitionen. Caesar errichtete vor Ruspina Schmieden, ließ Pfeile und Wurfgeschosse herstellen und befahl, was in Afrika fehlte, aus Sizilien zu schicken: Faschinenwerk und Holz für die Mauerbrecher, ferner Eisen und Blei, Bell. Afr. 20, 3. In wenigen Tagen konnten vor Heraclea Türme, Mauerbrecher und was sonst erforderlich, beschafft werden, weil in der Umgegend hohe Bäume waren und die von den Aitolern verlassenen Gebäude vor der Stadt reichlich Material an Balken, Ziegeln, Steinen boten, Liv. XXXVI 22, 10. 11.

Die Römer hauen zum Wallbau vor Iotapata Wälder um und schleppen Steine herbei, Joseph. bell. Iud. III 162, ebenso haben sie bei Jerusalem die Bäume in den Vorstädten gefällt, V 262ff., so daß, als später wieder Holz zu Belagerungsbauten nötig ward, es 90 Stadien weit hergeholt werden mußte, V 496. 523. VI 5f. ἦν δ’ ἐλεεινὴ καὶ τῆς γῆς ἡ θεά· τὰ γὰρ πάλαι δένδρεσι καὶ παραδείσοις κεκοσμημένα τότε πανταχόθεν ἠρήμωτο καὶ περιέκοπτο τὴν ὕλην. 151. 375.

Nur wenn es ausgeschlossen war, das nötige Material an Ort und Stelle oder in der Nähe zu finden, mußte man es vorher besorgen und herstellen. Ehe Antonius gegen die Parther aufbrach, ließ er in Atropatene die zu Belagerungen nötigen Maschinen anfertigen, die auf 300 Wagen nachgefahren wurden, weil das Holz, das er vorfinden werde, nicht lang und fest genug war, Plut. Ant. 38. Caesar mußte in Afrika sich Holz für Sturmböcke und Metall aus Sizilien besorgen, Fröhlich 76. Auch die Belagerungstürme wurden, in einzelne Teile zerlegt, möglichst auf Schiffen mitgenommen, Appian. bell. civ. IV 72. V 36. Cass. Dio LXXVII 18.

Die Vorbereitungen zur Belagerung sind oft recht vielfältige gewesen. Einige allgemeinere [2241] Beispiele. Livius XXI 7ff. beschreibt Hannibals Vorgehen gegen Sagunt ganz in römischer Weise. Scipio umgab Oringis mit Graben und doppeltem Wall, teilte sein Heer in drei Teile, damit immer der eine angreife, die andern beiden ruhten, Liv. XXVIII 3, 5. Vor dem stark befestigten Ambracia werden die zwei römischen Lager durch Wall und Graben so verbunden, daß niemand die Festung verlassen kann, es aber auch unmöglich ist, Truppen hineinzuwerfen, Liv. XXXVIII 4, 6. Sulla ließ, um Athen bestürmen zu können, in Eleusis und Megara Belagerungswerkzeuge anfertigen, aus Theben Handwerker, Wurfmaschinen, Eisen und was sonst nötig, beziehen, den Hain der Akademie niederhauen, um Holz für den Maschinenbau zu beschaffen, die langen Mauern niederreißen und das Material zum Wallbau verwenden, Appian. Mithr. 30.

Als Caesar (bell. civ. II 12, 2. 5) Noviodunum nicht rasch zu nehmen vermag (s. o.), muß er zur Belagerung sich entschließen (castris munitis vineas agere quaeque ad oppugnandum usui erant comparare coepta … aggere acto turribus constitutis); die mit solchen Veranstaltungen unbekannten Gallier ergeben sich sogleich. Über die Vorbereitungen vor Avaricum Caes. bell. Gall. VII 17 (Göler I 242ff. 251ff.), vor Massilia bell. civ. I 36. Die in Placentia belagerten Vitellianer rücken pluteos cratesque et vineas subfodiendis muris protegendisque oppugnatoribus vor, Tac. hist. II 21. 22.

Jedem Truppenteil wurden bestimmte Strecken zur Beobachtung, Vorbereitung des Angriffs und Bekämpfung angewiesen, z. B. Appian. Ib. 90. 92. Caes. bell. Gall. VIII 33. Tac. hist. III 27; ann. XIII 39 (Corbulos Sturm auf Volandum): tum quadripertito exercitu, hos in testudinem conglobatos subruendo vallo inducit, alios scalas moenibus admovere, multos tormentis faces et hastas incutere iubet: libritoribus funditoribusque attributus locus, unde eminus glandes torquerent, ne qua pars subsidium laborantibus ferret pari undique motu. Joseph. bell. Iud. III 164. V 263 (Titus vor Jerusalem): τριχῆ διατάξας τὴν στρατιὰν πρὸς τὰ ἔργα μέσους ἵστησι τῶν χωμάτων τούς τε ἀκοντιστὰς καὶ τοξότας καὶ πρὸ τούτων τοὺς ὀξυβελεῖς καὶ καταπέλτας καὶ τὰς λιθοβόλους μηχανάς, ὡς τάς τε ἐκδρομὰς εἴργοι τῶν πολεμίων ἐπὶ τὰ ἔργα καὶ τοὺς ἀπὸ τοῦ τείχους κωλύειν πειρωμένους, und die Schilderung V 502ff. Vgl. Ammian. XXIV 4, 12f.: divisis operibus officia quisque distributa capessit ocissime. hinc enim ardui suggestus erigebantur, inde fossarum altitudines alii complanabant, terrarum latibula concava oblongis ramitibus alibi struebantur, locabant etiam artifices tormenta muralia in funestos sonitus proruptura.

Besonders lehrreich für die Technik des F.s ist der sehr ausführliche Bericht des Josephus über Titus Blockade und Belagerung von Jerusalem, den ich wenigstens in den Hauptpunkten zur Erläuterung herangezogen habe, Schürer Gesch. d. jüd. Volkes I 523ff. Zu verweisen ist auch auf Schilderungen wie Ammian. XXI 12, 4ff. XXIV 4, 10ff. Auf der Traianssäule ist mehrfach die Errichtung von Befestigungswerken dargestellt, so Taf. XI, Cichorius Textband II 58ff., Taf. XLII, T. II 272ff., Taf. XLV, T. II 297ff., [2242] Taf. XCV. XCVI, T. III 287ff. Vgl. die Reliefs mit Sturmszenen auf Festungen, z. B. Taf. LXIX T. III 113ff., Taf. LXXXVII, T. III 239ff., Taf. XCVIII. XCIX T. III 309ff. Im einzelnen: es war der Boden für die Bewegung der Maschinen zu ebnen, vor allem der Damm (agger) zu bauen, das wichtigste Stück der römischen Belagerungstechnik, Rüstow 142. 146ff. Er wurde in größerer Entfernung von den Mauern angefangen (so vor Massilia angesichts der weittragenden Geschütze der Belagerten, Caes. bell. civ. II 2) und an sie herangeführt unter schichtenweiser Erhöhung, bis seine obere Fläche mit der Mauerkrone wenigstens in gleicher Höhe liegt, Jähns 296. Müller 543. Liv. XLIII 19, 9: Perseus circumvallato oppido aggerem a parte superiore ducere instituit, cuius altitudine muros superaret. Caes. bell. Gall. VII 24. Joseph. bell. Iud. III 171. Zosim. II 25. Fröhlich 247 bestreitet die Auffassung, daß der agger gegen die Mauerhöhe geführt wurde, damit die Sturmkolonne darauf vordringe, und meint, daß er gegen den unteren Mauerrand gerichtet war, um dort den Sturmbock wirken zu lassen; denn die mehrfach erwähnte Höhe desselben von 80 Fuß (Caes. bell. Gall. VII 24, 1; vgl. bell. civ. II 1, 4) sei nicht durch die Höhe der Mauern veranlaßt, sondern durch die Vertiefungen des Bodens vor denselben. Das lasse sich bei Massilia zeigen, wo die noch nachweisbare Bodensenkung von 25 m genau der Dammhöhe von 80 Fuß entspreche, Stoffel I 291. Zum Bau werden die Soldaten verwendet (Caes. bell. Gall. VII 24; vgl. bell. civ. II 8. 15), deren Abteilungen sich ablösen (partitis temporibus); vor Avaricum stellten sie in 25 Tagen einen agger von 330 Fuß Breite und 80 Fuß Höhe her. Verwendet zum Bau werden Baumstämme, die, kreuzweise übereinandergelegt, die Seiten bilden und dem Werke Halt geben, Erde, Steine, Faschinen, Strauchwerk. Die Holzkonstruktion ist erklärlich, weil Holzwerk leichter als Erde zu bewegen ist und der Holzdamm keine so breite Böschung braucht wie der Erddamm; Berechnungen bei Rüstow 150 (agger heißt übrigens auch das Material dazu, Curtius VIII 10, 27. 30). Vgl. auch die Darstellung auf der Traianssäule Cichorius Taf. LXXXVIII, Textband III 245. Es ist daher oft versucht worden, den agger in Brand zu stecken, Caes. bell. Gall. VII 24; bell. civ. II 14. 15, 1. Joseph. bell. Iud. III 173ff. V 279ff. u. ö.; sein Gefüge war wohl, wie Rüstow 147 bemerkt, nicht vollkommen dicht, sondern hatte Höhlungen, die einen Luftzug zuließen, vielleicht auch förmliche gedeckte Galerien. Rüstow Taf. II Fig. 24. Taf. III Fig. 22. Vor Massilia wurde der Damm mit Steinmauern versehen, Caes. bell. civ. II 15, 2. Die Breite betrug hier 60 Fuß, II 2, 4, so breit war die vorangehende testudo, Fröhlich 248. Rüstow 143. Um den Boden für den agger zu ebnen, werden Schüttschildkröten (testudo quae ad congestionem fossarum paratur, Vitruv. X 20. Diod. II 27, 1. Onosander strat. 42, 3) aus starkem Holze gefertigt und gegen Feuer wie Geschosse geschützt (Caes. bell. civ. II 2, 4), vorangeschoben; die bei Massilia verwendete war 60 Fuß hoch. Die von Vitruv. X 20 (14), 1 beschriebene ist je 25 Fuß lang und breit und wurde auf Rädern bis zur Mauer vorgeschoben.

[2243] Als die Massalioten bei einem Ausfall Caesars Damm verbrannt und viel Material an Feldschirmen, Schildkröten, Türmen, Geschütz vernichtet hatten, rings aber, da die Bäume niedergehauen waren, Holz zum Neubau fehlte, erbaute Caesar weiter nach dem noch zu erwähnenden Ziegelturme zu einen Damm aus Ziegeln (aggerem novi generis atque inauditum), ungefähr 60 Fuß breit, 9–10 Fuß hoch, zwei Ziegelmauern von je 6 Fuß Dicke, oben durch Gebälk verbunden, mit Flechtwerk und Lehm bedeckt und mit Ausfallspforten (sub tecto miles dextra ac sinistra muro tectus adversus plutei obiectu, operi quaecumque sunt usui, sine periculo subportat), Caes. bell. civ. II 15. Fröhlich 253. Vor Masada errichteten die Römer einen völlig mit Eisen geschützten Turm, von dem aus sie durch ihre Geschosse die Mauern beherrschten und deren Verteidiger vertrieben, Joseph. bell. Iud. VII 309.

Um die am Damme Arbeitenden gegen Angriffe der Belagerten (s. u.) zu schützen, wurden in der Front und auf den Seiten Feldschirme (plutei) aus Weidengeflecht, mit Fellen behangen, aufgestellt, die sich auf drei Rollen bewegten, Veget. IV 15: plutei dicuntur qui ad similitudinem absidis contexuntur e vimine et ciliciis vel coriis proteguntur, ternisque rotulis, quarum una in medio, duae in capitibus apponuntur, in quacumque parte volueris, admoventur more carpenti. Fest. ep. p. 231 M. plutei crates corio crudo intentae, quae solebant opponi militibus opus facientibus. Ammian. XXI 12, 6. Isid. orig. XVIII 11, 3. Solche werden auch zum Schutze von Wällen und Mauern (Caes. bell. Gall. VII 41, 4), Türmen (VII 25, 1) und Schiffen (bell. civ. III 24, 1) erwähnt. Ähnlich sind die von Josephus bell. Iud. III 163 genannten Weidengeflechte (πρὸς ἀλεωρὰν τῶν ὕπερθεν ἀφιεμένων βελῶν γέρρα διατείναντες ὑπὲρ χαρακωμάτων) zum Schutz der Soldaten beim Dammbau. V 262ff.

Dem gleichen Zweck dienten die Lauben (vineae), leichte Holzgerüste, 8 Fuß hoch, 7 Faß breit, 16 Fuß lang (Vegetius), mit flachem Dache aus Brettern oder Weidengeflecht, gegen Feuer mit Fellen oder nassen Kissen (centones, o. Bd. III S. 1932) geschützt (Marquardt 530), durch die hinter dem Damme Laufhallen gebildet werden konnten, um das Material aus den Niederlagen in Sicherheit herbeizuschaffen. Veget. IV 15. Vitruv. X 20. Göler II 259 Taf. XVII. Müller 541. Abbildungen bei Wescher 156 Fig. 56. 228 Fig. 90. Gegenüber dem schweren Geschütz der Massalioten konnten die Schutzdächer aus Flechtwerk nicht standhalten, deshalb wurden dieselben mit fußdicken Holzstücken bedeckt, Caes. bell. civ. II 2, 1. 3: itaque pedalibus lignis coniunctis inter se porticus integebantur, atque hac agger inter manus proferebatur. Um den Rückzug zu decken, stellt Caesar Faschinen (crates) auf und läßt dahinter einen nicht zu breiten Graben ziehen, Caes. bell. civ. III 46, 1. 3. Parallel der Linie der feindlichen Mauern werden nach Rüstows Ausführungen 144 die Arbeiter gedeckt und beschützt durch Aufstellungen von Schützen und Schleuderern hinter den genannten Frontschirmen und durch Türme, so daß diese Linien der Türme und mit Schützen besetzten [2244] Schirme unseren Parallelen gleichzustellen seien.

Links und rechts vom Damm wurden in einer von feindlichen Geschossen nicht erreichbaren Entfernung (Caes. bell. Gall. II 30, 3. VII 17, 1. 24, 5. Sen. de beata vita 26, 3) Wandeltürme (turres ambulatoriae, Vitruv. X 19, 4. Veget. IV 17; turres mobiles Liv. XXI 11, 7), wie bei den Griechen (Jähns 158), errichtet. Seltener stehen sie auf dem Wall selbst, so vor Aduatuca, Caes. bell. Gall. II 30. 31, bei Uxellodunum ist der Wall nur Fundament für den Turm, VIII 41. Rüstow 145. Ihre Konstruktion (Apollod. p. 164. 167 W., vgl. Müller 541) hat Rüstow Gesch. d. griech. Kriegsw. 331f. (vgl. Marquardt 532) zu klären gesucht. Die Basis bilden zwei Paar Langschwellen, dazwischen befinden sich die Räder, Liv. XXXII 17, 10. Bell. Alex. II 5. Curtius IV 6, 9. Procop. bell. Goth. I 21; sie bestehen gewöhnlich aus Holz, sind verschieden hoch; 50 Fuß, Joseph. bell. Iud. III 284; 90–180 Fuß in 6 und 10 Stockwerken, Caes. bell. civ. II 9, 9; bell. Gall. VIII 41, 5. Sil. It. XIV 301. Leo Tact. XV 30. Über die von Caesar in einer Nacht errichteten 120 solcher Türme zum Schutz des Winterlagers Caes. bell. Gall. V 40 vgl. Göler I 187. Um sie gegen Feuer und Geschosse zu schützen, behing man sie mit frischen Tierhäuten (Caes. bell. Gall. VII 22, 3) und nassen Decken; am besten bewährten sich von letzteren bei Massilia die aus Ankertauen geflochtenen, Caes. bell. civ. II 9, 5. Wie die Türme in Bewegung gesetzt wurden, wissen wir nicht deutlich genug; vermutlich auf Rädern, Bell. Alex. 2, 5 (von Lasttieren gezogen vgl. Procop. bell. Goth. I 21). Veget. IV 17, oder auf Walzen, Caes. bell. civ. II 10, 7.

Die oberen Stockwerke waren mit Geschützen armiert, manche Türme von großen Dimensionen mit Soldaten besetzt, Liv. XXXII 17, 16. Joseph. bell. Iud. V 296: ἀπὸ τῶν πύργων ἐβάλλοντο καὶ τοῖς ἀκοντισταῖς καὶ τοξόταις καὶ λιθοβόλοις. Hatte sich der Turm der Stadt genug genähert, konnten auch Fallbrücken (sambucae) auf die Mauer hinuntergelassen werden, Polyb. VIII 6, 2. Fest. p. 325 M. Veget. IV 21. Beschreibung von Bito Κατασκευαὶ πολεμικῶν ὀργάνων (Wescher Poliorcétique 57). Müller 542. Bei Appian. Mithr. 26. 27 ist sambuca eine große Belagerungsmaschine.

Interessant ist die Beschreibung des gemauerten Belagerungsturmes vor Massilia. Eine Schanze von 30 Fuß Seitenlänge mit 5 Fuß dicken Backsteinmauern wurde überdacht und mit Ziegeln, Lehm, Matratzen gegen feindliches Feuer geschützt, das Dach dann mit Zimmermannsschrauben, deren Gewinde in große, in den Gesimsbalken angebrachte Muttern eingriffen, emporgehoben. Unter den Deckungen geborgen, führte man Wände aus Backsteinen auf, wand dann das Dach weiter hinauf, setzte Balken in die Mauerwände ein und hob wieder das Dach. So wurde der Turm 6 Stockwerke hoch, Caes. bell. civ. II 9. Heller Philol. Suppl. V 371. Jähns 298 nach Viollet-le-Duc Essai sui l’architecture militaire 1854, 19. Fröhlich 252.

Um Bresche in Mauern und Türme zu legen, wurde in erster Linie der Widder (aries) benützt, [2245] dessen große Wirkung oft hervorgehoben ist. Liv. XXI 8, 2. XXXI 46, 15. XXXII 24. XXXIV 29. XXXVIII 7, 4. Appian. Mithr. 36. 40. Joseph. bell. Iud. IV 20. V 277–298. Ammian. XX 6, 5. XXIV 4, 19. XXIX 5, 25. Der Widder ist im untersten Stock eines Turmes (Veget. IV 14) oder unter einer Breschschildkröte angebracht. Rüstows Ansicht, daß Caesar denselben nicht verwendet habe, widerlegt Fröhlich 250 unter Hinweis auf Caes. bell. Gall. II 32, 1. VII 23, 5. Vitruv. X 16. Bell. Afr. 20, 3. Bell. Alex. 1, 2.

Der aries, eine karthagische, von den Griechen verbesserte Erfindung (s. den Art. Κριός. Müller 538), ist ein 60–180 Fuß langer, oft aus mehreren Stücken zusammengesetzter (Ammian. XX 11) Balken mit eisenbeschlagener, gewöhnlich in Form eines Widderkopfes gebildeter Spitze, der an einem wagrechten, nötigenfalls durch Streben gestützten Balken hing und mit Tauen in Bewegung gesetzt wurde, Vitruv. X 19, 2. Joseph. bell. Iud. III 215: καταιωρεῖται δὲ κάλοις μέσος, ὥσπερ ἀπὸ πλάστιγγος ἑτέρας δοκοῦ, σταυροῖς ἑκατέρωθεν ἑδραίοις ὑπεστηριγμένης. Nach Ammian. XXIII 4, 8 ist der aries zwischen zwei eisenbeschlagenen Querbalken in der Schwebe so anzubringen, daß er von dem einen Balken wie im Gleichgewicht gehalten wird; die Mannschaften sollen ihn zurückziehen, dann wieder vorschieben, nach Art eines zum Stoße ansetzenden Widders, Lucan. III 490: aries suspenso fortior ictu. Ob die von Hübner Herm. II 450ff. III 316 beschriebenen, im 16. Jhdt. in Murviedro vorhandenen, aus Zeichnungen bekannten Belagerungswerkzeuge Widder gewesen, ist nicht ausgemacht, ihre Maße sind wesentlich geringere. Der Stamm des größten war 17 Fuß lang, daran befand sich der über 3 Fuß breite Kopf; die Länge der drei übrigen Fragmente wird auf 5 kastilische Palmen 6½ Zoll, auf 6 Palmen 82/12 Zoll, auf 8 Palmen 91/12 Zoll angegeben. Ein Widder war vermutlich der im 16. Jhdt. in Heilbronn befindliche vierseitige, 79½ Fuß lange, in eine eiserne Spitze auslaufende Pfahl mit Ringen zum Aufhängen. Hübner Herm. VIII 234. Müller 538ff. Abbildungen finden sich auf dem Severusbogen und auf einer Lampe, Passeri Lucerne II 29. Eine besondere Art war der vom Karthager Geras erfundene aries subrotatus auf einer mit Rädern versehenen Basis, Vitruv. X 19, 4; Abbildung bei Müller a. a. O. Die Breschhütte für den Widder hat die Form eines Hauses mit einem Satteldach in möglichst spitzem Winkel, Veget. IV 13ff. Vitruv. X 19, 2: testudo arietaria. Procop. bell. Goth. I 21 beschreibt eine solche aus vier aufrechtstehenden, oben und unten durch vier Balken verbundenen Pfeilern hergerichtet, mit Wänden aus Leder, auf vier Rädern, von 50 Männern, die innerhalb stehen, fortgeschoben, Marquardt 527, 6. 63 Fuß lang war die vom Byzantiner Hegetor gebaute, von Vitruvius X 21, 2 beschriebene Schildkröte, deren von 100 Mann bedienter Widder 104 Fuß maß. Vgl. noch C. de la Berge bei Daremberg-Saglio Dict. I 423.

Die Mauern der gallischen Städte, deren Konstruktion Caesar bell. Gall. VII 23 beschreibt, konnten dem Widder gut widerstehen, weil sie aus Steinen und Balken in regelmäßiger Abwechslung bestanden und die letzteren nach innen festgeklammert [2246] waren mit Querbalken von 40 Fuß Länge. Näheres bei Göler I 252ff. mit Taf. IX Fig. 3.

Zu vergleichen ist damit der 60 Fuß lange, 4 Fuß breite musculus, dessen Bau Caesar bell. civ. II 10, 2–6. 11, 3 genau auseinandersetzt. Fröhlich 251. Vgl. Göler II 259 Taf. XVII. Marquardt 531, 4. Er wurde auf Walzen bis an die Mauer von Massilia vorgeschoben, um unter seinem Schutze die Fundamente der Mauer zu zerstören (vgl. Bell. Alex. 1, 2: omnes oppidi partes, quae minus esse firmae videntur, testudinibus ac musculis tentantur). Gegen Feuer war diese Hütte mit Ziegeln und Lehm gedeckt, die Ziegel ferner mit Häuten, um zu verhüten, daß sie durch in Röhren daraufgeleitetes Wasser losgespült werden könnten, und die Häute mit Matratzen geschützt. Die Erwähnungen dieser Angriffe sind häufig, z. B. Liv. XXXIV 29, 5. 6: testudinibus admotis murus subruebatur, iam arietibus quatiebatur, itaque una crebris ictibus eversa turris.

Weiter werden zum Angriff gebraucht (vgl. Marquardt 528): Mauersicheln, falces murales (asseres falcati), ebenfalls wie der Widder an natürlich kleineren Balken hängend, um Steine aus der Mauer zu reißen, Veget. IV 14. Caes. bell. Gall. III 14, 5. VII 22, 2. 86, 5. Scipio ließ mit Sicheln von den Mauern Uticas die Tierhäute und was sonst zur Deckung diente herabreißen, Appian. Lib. 16, vgl. Hann. 33. Ein kleineres Exemplar ist 1862 in der gallischen Mauer von Vesontio gefunden worden; Abbildung bei Castan Bull. monum. 1863, 557. S. Reinach in Daremberg-Saglio Dict. II 970. Sodann Mauerbohrer, terebrae, Vitruv. X 19, 7. 22, 5, ein Widder mit scharfer Spitze (Athen. p. 14 W. Apollod. p. 148. 150 W.), um einzelne Löcher zu bohren, auf Rollen vor- und zurückzuschieben, Müller 539. Ferner werden erwähnt Brechstangen, vectes, Caes. bell. civ. II 11, 3; Maueräxte, dolabrae (o. Bd. V S. 1274), vgl. Liv. XXI 11, 8. XXVIII 3, 13. Tac. hist. III 27 (ligones, dolabrae, falces), und sehr oft Sturmleitern, scalae, die an die einzelnen Manipeln verteilt waren, vgl. Liv. IV 47, 5. VI 8, 10. XXV 24, 1. XXVI 44, 6. XXVII 15, 6. XXVIII 19, 9. XXXIII 17, 13. XXXVI 24, 4. XXXVII 21, 8. 32, 4. XLII 63, 5. XLIII 19, 11. Appian. Ib. 20. 22; Mithr. 30. 34. 36. 37. Caes. bell. Gall. V 43, 3; bell. civ. I 28, 4. III 40, 1. 63, 6. 80, 5. Tac. hist. III 27. Man stellte sie in einer Länge von bloß 12 Fuß aus Eschenholz her und setzte mehrere aneinander; Polybios IX 19 gibt nähere Beschreibung, vgl. Apollodor. p. 161. 175. Anon. Byz. p. 232 W. Abbildungen bei Wescher p. 192 Fig. 79. p. 236 Fig. 92. p. 258 Fig. 98. p. 262 Fig. 101. p. 273 Fig. 107. Geschickte Ersteigung der Mauern von Gergovia ohne solche, Caes. bell. Gall. VII 47, 7. vgl. Joseph. bell. Iud. VI 54ff. über den tapfern Syrer Sabinus, der auf die Mauer Jerusalems stürmt. Bemerkenswert ist auch, wie nach Liv. XXVIII 20 die afrikanischen Überläufer die Bergfelsen von Iliturgis zu erklettern verstehen, indem sie Nägel einschlagen und die Nachsteigenden mit der Hand emporziehen. Römische Jünglinge ersteigen die Mauer von Heracleum, indem sie ein Spiel, wie es im Circus ausgeführt wird, anwenden, das Livius XLIV 9, 4ff. beschreibt: je 60 oder mehr machen Waffenübungen, bilden dann [2247] ein Rechteck, schieben die Schilde über den Köpfen dicht zusammen, lassen die vordersten aufrecht stehen, die zweiten wenig, die dritten und vierten mehr sich bücken, die letzten auf die Knie sich stützen. So entsteht ein Schilddach, schrägaufsteigend wie ein Hausdach, auf dem einzelne Bewaffnete zum Angriff vorrücken können.

Ziemlich häufig wurden zur Untergrabung der Mauern Minen (cuniculi, specus, De la Blanchère in Daremberg-Saglio Dict. I 1589) angelegt und die Arbeit durch Aufstellung eines musculus gedeckt, Marquardt 531. Sie werden erwähnt bei der Belagerung von Veii, Liv. V 21, des umbrischen Nequinum, X 10, 3, des aetolischen Ambracia, XXXVIII 7, 6ff. – da die Römer die Mine unter Schutzhütten (vineae) verbergen, merken die Feinde eine Zeitlang nicht das Graben und Herausschaffen der Erde, bauen dann aber eine Gegenmine –, bei Sullas Einnahme von Athen, Appian. Mithr. 36, wobei, als die Mauer nur noch auf Balken gestützt ist, der entstandene Raum mit Schwefel, Werg und Pech angefüllt wird, die alsbald in Brand gesteckt werden, so daß die Mauer stürzt und die daraufstehenden begräbt; bei der Eroberung von Themiscyra, ebd. 78, bei Caesars Bestürmungen von Avaricum, Caes. bell. Gall. VII 22, 5, von Uxellodunum, als er den Belagerten das Trinkwasser durch Minen abschneidet, VIII 41, 4. 43, 4, und vor Massilia, wo Vitruv. X 22, 11 von über 30 Minen spricht. Vgl. Ammian. XXIV 4, 21 (Iulian vor Maozamalcha). Oreos greifen die Römer und König Attalus von verschiedenen Punkten an: et ut loca diversa, sic dispari modo etiam oppugnabant: Romanus testudinibus et vineis et ariete admovendo muris, regii ballistis catapultisque et alio omni genere tormentorum tela ingerentes. et pondere ingenti saxa iaciebant et cuniculos et quidquid aliud priore oppugnatione expertum fuerat, Liv. XXXI 46, 10 (vgl. Weißenborns Anm.).

Ein wesentliches Ziel war, die Belagerten von Mauern und Türmen zu vertreiben, Liv. XXI 11, 7. Caes. bell. civ. II 11, 3: non datur libera muri defendendi facultas, vgl. bell. Gall. II 6, 2. Bell. Afr. 56, 1. Appian. Mithr. 40. Tac. ann. XIII 39; hist. III 30. Joseph. bell. Iud. III 219ff. u. o. Schließlich wird zum Sturm übergegangen; ein deutliches Bild gibt z. B. Livius XXXVIII 5 vom Angriff auf Ambracia, Tacitus hist. III 27ff. vom Sturm des Antonius auf Cremona. Des öftern wird hierbei erwähnt, wie die Soldaten durch engen Anschluß aneinander mit den Schilden zu Häupten eine Art Dach (testudo) bilden, Liv. XXXI 40. XXXII 17, 10 (die Makedonen). XXXIV 39, 5. XLIV 9, 6: scutis super capita densatis. Tac. hist. III 27ff. 31ff. Joseph. bell. Iud. II 537: οἵ τε ἑξῆς τὴν καλουμένην … χελώνην ἐφράξαντο, καθ’ ἧς τὰ βέλη φερόμενα περιωπλίσθανεν ἄπρακτα. III 270; vgl. auch die Schilderung Ammians XXVI 8, 9, wie vor Cyzicus die Soldaten auf drei zusammengebundenen Fahrzeugen sich aufstellen: densatis cohaerentes supra capita scutis primi transtris instabant armati, alii post hos semet curvantes humilius, tertiis gradatim inclinatis summisse, ita ut novissimi suffraginibus insidentes formam aedificii fornicati monstrarent. Das Relief der Traianssäule, Cichorius Taf. L. LI, Textband II 330ff. bringt eine Darstellung [2248] der testudo von Legionaren in fünf Reihen von je fünf Mann; ‚die linken Flügelmänner halten das scutum seitwärts, die übrigen halten es über dem Kopfe in der Weise aufwärts, daß jedesmal der vordere Rand des Schildes auf dem Schilde des Vordermannes aufliegt.‘

Tore und Verrammlungen werden mit Äxten zerschlagen oder angesteckt, Liv. XXVIII 3, 13. Caes. bell. Gall. II 6, 2. Tac. hist. III 29. 30. Ammian. XXIV 2, 14ff.

Über die von den Belagerern geschaffenen Annäherungshindernisse werden wir von Caesar gut unterrichtet, als er solche Maßnahmen bei der Einschließung von Alesia schildert, bell. Gall. VII 73. Es wurden Baumstämme abgehauen, am Ende scharf gespitzt‚ in 5 Fuß tiefe Gräben eingesetzt und unten aneinander befestigt, so daß sie fünf ineinander verschlungene Palisadenreihen bildeten und, wer hineingeriet, sich aufspießte. Man nannte die Pfähle ‚Spitzsäulen‘ (cippi). Davor ließ er ferner sog. ‚Wolfsgruben‘ anlegen, in schachbrettartiger Ordnung, 3 Fuß tief, nach unten sich verengend, dahinein dicke, oben spitze und angebrannte Pfähle stecken, so daß sie nur 4 Finger hoch hervorragten; der untere Teil der Grube wurde mit Erde ausgefüllt, diese festgestampft, der obere mit Reisig zugedeckt. Je 8 solcher 3 Fuß von einander angelegten schiefen Reihen bildeten ein Ganzes und wurden ‚Lilienbeet‘ (lilia) genannt. Bei den Ausgrabungen sind 86 solcher Gruben noch gefunden worden, Napoléon II 322 Taf. 27. Vor diesen, gegen Alesia hin, wurden 1 Fuß lange Spitzpfähle mit eingelassenen angelartigen Eisen versehen, eingegraben; von diesen ‚Ochsenstacheln‘ (stimuli) sind fünf wiedergefunden, Napoléon II 304 Taf. 27. Fröhlich 240. Demselben Zweck dienen die ‚Fußangeln‘ (stili caeci), Bell. Afr. 31, 5; vgl. Ammian. XV 10, 5: eminentes lignei stili. Hierher gehören auch die von Vegetius III 24 genannten tribuli, aus vier Hölzern bestehend, die, gleichviel wie sie geworfen werden, auf drei Beinen stehen und das vierte in die Luft strecken; ferner die ‚spanischen Reiter‘ (ericii), Caes. bell. civ. III 67. Sallust. hist. III frg. 23 (Non. p. 555). Bei den Feldbefestigungen werden, um den Gegner abzuhalten, Mauern und Gräben mit Verpfählungen errichtet, Appian. bell. civ. IV 107.

Besondere Schwierigkeiten brachte die Belagerung der am Meere gelegenen Städte, vgl. z. B. die Schilderungen der Belagerung von Syrakus und die von Livius XXIV 34ff. mit Bewunderung erzählte Verteidigung durch Archimedes; von Scipios Angriffen auf Neukarthago, Appian. Ib. 20ff., auf Utica, Appian. Lib. 16; von Mithradates Belagerung des festen und tapfern Cyzicus, Appian. Mithr. 73.

Die festen Plätze der Veneter, auf schmalen Landzungen und Vorgebirgen gelegen, waren auf der Landseite bei Eintritt der Flut, die die Angriffsarbeiten oft wegschwemmte, nicht anzugreifen, bei Ebbe von der Seeseite ebensowenig; Caesar mußte Wälle und Dämme so hoch wie die Mauern einer Festung bauen, Caes. bell. Gall. III 12. Göler I 105. Bekannt ist, wie Caesar den Hafen von Brundisium sperrte, soweit dieser seicht, mit Schuttmassen, weiterhin an tiefen Stellen mit 30 ◻Fuß großen Doppelflößen, die an den vier [2249] Ecken verankert waren, ferner durch Flöße, mit Erde und Astwerk bedeckt; auf jedem vierten Floß befanden sich Türme von zwei Stockwerken. Pompeius ließ dagegen große Lastschiffe, mit Türmen in drei Stockwerken und mit schwerem Geschütz bewehrt, treiben, verrammelte dann vor der Abfahrt nach Griechenland die Tore der Stadt, verbarrikadierte Straßen und Gassen, zog über die Wege Gräben, darin Pfähle und gespitzte Baumäste, mit Erde bedeckt, und sperrte die Zugänge von außerhalb der Mauer zum Hafen durch große, vorn spitze, in die Erde versenkte Balken, Caes. bell. civ. I 25–28. Göler II 20ff.

Über Verteidigungsmaßregeln, die von den Belagerten ergriffen wurden, läßt sich das Folgende zusammenstellen (Marquardt 533. Jähns 300. Müller 543. Fröhlich 254); vgl. Anon. Byz. strat. 13, 1ff. 7ff. Man suchte die Umgebung der Festung in einen für den Angreifer schwierigen Zustand zu versetzen, etwa durch Verwüstung, Überschwemmung, Vitruv. X 22, 7. Pompeius ließ in der Umgebung von Urso, das sehr fest war und Brunnen hatte, während ringsum Wasser fehlte, noch alle Bäume umhauen und in die Stadt bringen, so daß Caesars Heer Holz zum Damme und zu den Türmen von Munda herbeischaffen mußte, Bell. Hisp. 41. Die Stadt wurde stark befestigt und verproviantiert (vgl. Tac. hist. II 19: solidati muri, propugnacula addita, auctae turres, von Placentia), Gegentürme errichtet, vgl. Appian. Mithr. 31. 34. Joseph. bell. Iud. IV 580; die in Avaricum Belagerten deckten sie mit Lederhäuten, erhöhten die Türme ihres Walles um soviel, als die Höhe der Belagerungstürme sich mehrte, Caes. bell. Gall. VII 22. Göler I 251. Als der von den Römern vor Iotapata gebaute fast so hoch wie die Mauerzinnen ist, werden auf Josephus’ Geheiß die Mauer unter großen Schwierigkeiten erhöht und mit Türmen bewehrt (Joseph. bell. Jud. III 174), Wurfmaschinen aufgestellt, Geschoße beschafft, die Tore mit Kies und Steinen verrammelt, vgl. Ammian. XXXI 15, 6. Vor allem mußte versucht werden, sich der Belagerer durch häufige Ausfälle zu erwehren. Die Ambrakioten hatten in der Mauer gewölbte, verschließbare, dazu geeignete Ausgänge (forfices), Liv. XXXVI 23, 3, vgl. XLIV 11, 8. Ich erinnere nur an einige solcher Verteidigungen. Die von Rom ihrer Streitmittel beraubten Karthager erhoben sich zum letzten großen Kampfe, fertigten mit grenzenloser Opferwilligkeit gewaltige Massen von neuen Waffen und ihre letzte Flotte, mit der sie den Römern noch einmal in verzweifeltem Ringen entgegentraten. Appian. Lib. 93ff. Archelaos, aus Athen ausbrechend, lieferte unter den Mauern des Piraeus den Römern eine Feldschlacht, Appian. Mithr. 31ff. Vercingetorix großer Versuch, das Entsatzheer zu erreichen, scheiterte, Caes. bell. Gall. VII 86ff. Massilia wehrte sich lange glücklich, Caes. bell. civ. II 4ff. Pompeius durchbrach bei Dyrrhachium Caesars Linien, Caes. bell. civ. III 62ff. Göler II 123ff. Der in Alexandrien schwer bedrängte Caesar ergriff kühn die Offensive, Bell. Alex. 1ff. Die aus Ategua herausstürmten, hatten Faschinen, um die Gräben auszufüllen (vgl. Caes. bell. civ. III 63, 6), Hacken, um die Strohhütten der Caesarianer zu zerstören und in Brand zu stecken, außerdem Silber und Gewänder mit sich [2250] genommen, um den Feind durch solche Beute zu zerstreuen, Bell Hisp. 16. Verzweifelt waren die Ausfälle aus dem hungernden Perusia, Appian. bell. civ. V 34. Vgl. sonst noch Appian. Ib. 21ff. Caes. bell. civ. II 2, 6. III 62. Bell. Afr. 6 und Josephus Bericht, bell. Iud. VI 248f., über die vielfachen Durchbruchversuche der Juden aus Jerusalem (vgl. Dio LXVI 4. Schürer a. a. O. I 525ff.) sowie über die Verteidigung von Iotapata III 150ff.

Eine große Rolle spielte wie beim Angriff so auch bei der Verteidigung das Feuer. Als das Capitol 69 n. Chr. in Flammen aufging, konnte man nicht feststellen, ob Belagerer oder Belagerte die Schuld trugen, Tac. hist. III 71; ähnlich war es beim Brande des Theaters von Placentia, II 21. Ein Hauptaugenmerk richteten die Belagerten darauf, den Damm durch Feuer zu zerstören (Appian. Lib. 124. Liv. V 7. XXXVI 23, 2. Caes. bell. Gall. VII 22, 4. 24, 2–4; bell. civ. II 2, 6. 14, 1–2. Joseph. bell. Iud. III 169), oder durch Minen, Caes. bell. Gall. III 21, 3. VII 22, 2. Dio LXVI 4. Appian. Mithr. 36; ebenso die Türme (Veget. IV 20. Caes. bell. civ. II 2, 6), Schutzdächer, Widder und andere Belagerungsmaschinen, Appian. Mithr. 31; Lib. 16. Tac. hist. IV 23. Caes. bell. civ. II 14. Joseph. bell. Iud. III 205. 226ff. 234. 240. V 475ff.; auf testudines wird geschmolzenes Blei geschüttet. Polyaen. VI 3. Anon. Byz. 13, 16. 25. Man warf von den Mauern herab Fackeln, Pech und andere brennende Stoffe, Caes. bell. Gall. V 43 ferventes fusili ex argilla glandes (vgl. dazu Göler I 191). VII 25, 8, schleuderte Brandpfeile (malleoli) mit nicht zu straffem Bogen, damit ihr Feuer nicht erlösche, Bell. Alex. 14. Veget. IV 18. Ihre Konstruktion beschreibt Ammian. XXIII 4, 14: zwischen dem Rohrschaft und der Spitze befand sich eine Verkleidung von durchbrochenem Eisen, einem Spinnrocken ähnlich, die mit vielen feinen Öffnungen versehen ist, Feuer mit etwas Brennstoff enthält, das nicht durch Wasser, sondern nur durch Erde zu löschen ist. Non. p. 556 M.: malleoli manipuli spartei pice contacti, qui incensi aut in muros aut in testudines iaciuntur. Fest. p. 135 M. Die in Iotapata belagerten Juden gossen auf die einstürmenden Römer siedendes Öl herab, Joseph. bell. Iud. III 271ff.; Bretter, auf denen Feinde anrücken, werden mit gekochtem Heu (τῆλις, faenum graecum) beschüttet und ungangbar gemacht, III 277. Noch wirksamer waren die aus Geschützen geworfenen falaricae, Appian. Illyr. 11. Veget. IV 18. Serv. Aen. IX 705. Paul. p. 88: falarica genus teli missile quo utuntur ex falis i. e. ex locis extructis dimicantes. Die Liv. XXXIV 14, 11 erwähnten hält Weissenborn für schwere pili (vgl. Polyb. VI 23, 5. Tac. hist. IV 29) und unterscheidet davon das brennende Wurfgeschoß, die phalarica, der Saguntiner, Liv. XXI 8, 10. Gegen feurige Geschosse wehrten sich die Kyzikener ὕδατι καὶ ὄξει, wohl durch wasser- und essiggetränkte Decken; die Kraft anderer wurde durch vorgehaltene Kleidungsstücke und schlaff aufgehängte Tücher geschwächt, προβολαῖς ἱματίων καὶ ὀθόναις κεχαλασμέναις τῆς φορᾶς ἀνέλυον, Appian. Mithr. 74, vgl. Caes. bell civ. II 9, 3. Joseph. bell. Iud. III 173: δρυφάκτους πήξασθαι κελεύσας (ὁ Ἰώσηπος) ἐμπετάσαι [2251] τε βύρσας νεοδόρους βοῶν, ὡς ἀναδέχοιντο μὲν τοὺς ἀπὸ τῶν πετροβόλων λίθους κολπούμεναι, περιολισθάνοι δὲ ἀπ’ αὐτῶν καὶ τὰ λοιπὰ βέλη καὶ τὸ πῦρ ὑπὸ τῆς ἰκμάδος εἴργοιτο, προανίστησιν τῶν τεκτόνων. Nach Ammian. XXIV 2, 10 spannten die in Pirisabora Belagerten überall auf den Mauern schlaffe Haarteppiche aus, damit die Pfeile sich darin fangen sollten. Vgl. die Vorschriften des Anon. Byz. strat. 13, 18. 19. 26. An die Mauer angesetzte Leitern wurden mit zweizackigen Gabeln (furcae) zurückgestoßen (Liv. XXVIII 3, 7. Suid. I p. 1366 B.: δίκρανα ὥστε ἀπωθεῖσθαι τὴν τῶν λεγομένων σκαλῶν προςαγωγήν), hinaufsteigende Feinde mit Zangen (forfices, lupi) gepackt und heraufgezogen, Veget. IV 23: plures in modum forficis dentatum funibus illigant ferrum, quem lupum vocant. Liv. XXVIII 3, 7. Procop. bell. Goth. I 21. IV 23. Tacitus hist. IV 30 erwähnt einen Krahn, der plötzlich herabgelassen einen oder mehrere der Feinde in die Höhe riß und durch eine Verlegung des Schwerpunktes in das Lager schleuderte; es ist die sonst tolleno genannte, auch als Schleudermaschine gebrauchte Vorrichtung, die Archimedes schon in Syrakus in Bewegung setzte; vgl. Liv. XXIV 34, 10. XXXVIII 5, 4. Veget. IV 21.

Eine andere Methode bestand darin, daß die Belagerten schwere Gegenstände, Baumstämme, runde Steine, belastete Wagen, Tonnen mit Steinen und Erde herabrollen (Apollodor. p. 139 W.). Sallust. hist. III frg. 22 D. berichtet bei der Belagerung von Cyzicus, daß Räder herabgerollt werden; ein Relief der Traianssäule Taf. LXXXV zeigt nach Fröhner die Verwendung von Fässern zu dem gleichen Zwecke; aber Tittel bei Cichorius (Textbd. III 228ff.) sieht darin eine sinnreiche Maschine, drei- oder vierrädrige Karren mit sichelförmigen Haken ununterbrochen zur Abwehr der stürmenden Feinde loszulassen; vgl. dazu, was Cass. Dio LVI 14 von der Verteidigung der Dalmater erzählt: λίθους πολλοὺς τοὺς μὲν σφενδόναις ἐπ’ αὐτοὺς ἔβαλλον, τοὺς δὲ καὶ κατεκυλίνδουν. ἄλλοι τρόχους, ἄλλοι ἁμάξας ὅλας πλήρεις πετρῶν, ἄλλοι κιβωτοὺς περιφερεῖς ἐπιχωρίοις πως πεποιημένας καὶ λίθων γεμούσας, ἠφίησαν.

Auf die testudines wälzten die Massalioten große Felsblöcke mit Hebebäumen (Caes. bell. civ. II 11, 1) und rollten, als diese den festgefügten Maschinen keinen Schaden taten, mit Kien und Pech angefüllte Tonnen von der Mauer herab. Erfolg hatten mit dem gleichen Manöver die Verteidiger von Uxellodunum, Caes. bell. Gall. VIII 42, 1. 2: cupas sevo pice scandulis complent; eas ardentes in opera provolvunt eodemque tempore acerrime proeliantur … magna repente in ipsis operibus flamma extitit. quaecumque enim per locum praecipitem missa erant, ea vineis et aggere suppressa conprehendebant id ipsum, quod morabatur. Joseph. bell. Iud. III 165. Die Wirkung dieser Gegenstände rät Anonym. Byz. p. 211 W. durch τρίβολοι, hölzerne, dreifach in der Erde befestigte Pfähle, zu hindern. Bei Massilia wurden die genannten Feuertonnen mit langen Stangen und Gabeln (longuriis furcisque, Caes. bell. civ. II 11, 2) abgewehrt. Die Othonianer in Placentia verteidigten sich durch sudes et immensas lapidum ac plumbi aerisque moles perfringendis [2252] obruendisque hostibus, Tac. hist. II 21, vgl. Caes. bell. Gall. I 25. Liv. XXXIV 38. 39; die Vitellianer werfen selbst die Ballisten auf die Angreifer herab, Tac. hist. III 27, und auf eine von denselben gebildete testudo schwere Steine, vgl. II 22 (molares), IV 29 (ferratas, sudes, gravia saxa). Ammian. XX 11, 10.

Wie auf Widder und Mauerbohrer Steinblöcke hinabgeworfen werden, zeigen die Berichte bei Appian. Mithr. 74. Polyaen. strat. VI 3. Veget. IV 23. Joseph. bell. Iud. III 229ff. Oder man versuchte die Sturmböcke mit Stricken heraufzuziehen, Liv. XXXVI 23, 2, vgl. Aen. Tact. Poliorc. 32, 2: ὅταν ἢ πύλην ἢ ἄλλο τι τοῦ τείχους διακόπτῃ, χρὴ βρόχῳ τὸ προΐσχον ἀναλαμβάνεσθαι, ἵνα μὴ δύνηται προσπίπτειν τὸ μηχάνημα. Caes. bell. Gall. VII 22, 2 laqueis falces avertebant. Cass. Dio LXVI 4. Die Verteidiger von Ambracia verstanden es, durch Wippen Massen von Blei, Steine und eichene Blöcke auf die Sturmwerkzeuge herabzustürzen und die Mauersicheln, die die Zinnen abrissen, mit eisernen Ankern zu fangen und zu erobern, Liv. XXXVIII 5, vgl. Polyb. XXII 10. Die in Haliartus Belagerten ließen auf die angelegten Widder große Steine und schwere bleierne Gewichte herab, um sie zur Erde zu drücken, Liv. XLII 63, 4, vgl. Aen. Tact. Poliorc. 32, 3; die Uticenser Balken, Appian. Lib. 16; über Zerstörung eines Turmes durch ausgestreckte Latten und darauf gestoßene Balken Tac. hist. IV 30, vgl. Cass. Dio LXVI 4. Die in Iotapata belagerten Juden suchten die Stöße des Widders durch Säcke mit Spreu gefüllt zu hemmen, die Römer aber schnitten sie mit Sicheln ab, Joseph. bell. Iud. III 223. 225. Mehr Erfolg hatten sie in Masada mit einer geschickt aus Balken und Erde konstruierten Mauer, die Josephus VII 311–314 beschreibt. Schürer Gesch. d. jüd. Volkes I 536. Stellen der Mauer, die durch den Sturmbock und andere Maschinen erschüttert, niedergeworfen oder durch Brand beschädigt waren, wurden ausgebessert (Liv. XXI 11, 10. XXXIII 17, 9. 10. XXXVIII 7, 5. 29, 2. XXXIX 4, 9. XLII 63, 4. Appian. Ib. 54; Mithr. 37. Joseph. bell. Iud. I 350. Ammian. XXXI 15, 6) oder durch Kissen und Matratzen geschützt. Caesar rühmt die Kunst der Gallier, vom Feinde zu lernen und treffliche Gegenmaßregeln zu ergreifen. Bei Avaricum untergruben sie den Wall der Römer durch Minen, in deren Anlage sie durch den Betrieb ihrer Eisenbergwerke besonders bewandert waren, Caes. bell. Gall. VII 22, 2, sperrten die römischen Minen durch angebrannte, zugespitzte Holzklötze, siedendes Pech und ungeheure Steine, 24, 5. Ebenso trieben die belagerten Sotiaten Minen gegen den Damm der Römer, III 21. Die Massalioten wußten die Minen der Römer durch Tieferlegung ihres Grabens matt zu setzen und durch Gruben, die mit Wasser gefüllt wurden, den Bau zu unterwühlen und die Arbeiter zu vernichten, wie Vitruv. X 22, 1 des näheren beschreibt. Geschickt hatten die Verteidiger von Ambracia die glücklich ausgespürte Minierarbeit der Römer vereitelt, besonders auch dadurch, daß sie Fässer mit Federn füllten, auf diese glühende Kohlen legten, mit dem Blasebalg anbliesen und so stinkenden Qualm hervorriefen, Liv. XXXVIII 7, 10ff., vgl. Polyb. XXII 11. Joseph. bell. Iud. I 348. 350 hebt hervor, wie geschickt die von Herodes [2253] und Sossius in Jerusalem belagerten Juden in der Anlage von Minen (μεταλλεῖαι) waren; auch bei der späteren Belagerung durch Titus bemerkt dies Dio LXVI 4. Johannes brachte hierbei römische Schanzwerke dadurch zu Fall, daß er einen Gang darunter mit Pfählen stützte, mit Holz, das in Pech und Asphalt getaucht war, füllte, dieses anzündete, so daß die Stützen verbrannten, der Gang einstürzte und die Verschanzungen zusammenbrachen, Joseph. bell. Iud. V 469ff. vgl. VI 28. Das von Natur feste Gamala wurde von Josephus durch unterirdische Gänge und Gräben gesichert, Joseph. bell. Iud. IV 9.

Das gerade beim F. so wichtige technische Personal im Heere, die fabri unter dem praefectus fabrum, ist im Art. Fabri besprochen. Vgl. Bloch Musée Belge IX 352ff. Nissen Bonn. Jahrb. Heft 111/2, 53 und die Art. Armamentarium, Fabricenses.

Über die schweren Festungsgeschütze zu Angriff und Belagerung soll namentlich auch in technischer Hinsicht im Art. Geschützwesen näher gehandelt werden. Erst seit den Punischen Kriegen werden Geschütze bei den Römern öfters erwähnt, die sie von den Griechen, zuerst in Unteritalien, kennen gelernt hatten. Köchly-Rüstow Griech. Kriegsschriftsteller I 189. Die allgemeine Bezeichnung ist tormenta wegen der Verwendung der Torsionselastizität (bedeutet aber auch Geschosse, Caes. bell. civ. II 9, 5. 9, 9, wie catapulta ebenfalls Pfeil, Non. p. 552 M.). Marquardt 520. Fröhlich 78. Deutlicher tritt uns die Verwendung von Geschützen in den Feldzügen Caesars entgegen, der eine gute Artillerie sich zu schaffen suchte (vgl. die Abhandlung von Schambach); wie die Maschinen der Griechen überlegen waren, zeigte sich bei Massilia, Caes. bell. civ. II 2, 5, und beweisen seine Requisitionen im Osten, Bell. Alex. 1, 1. Bei Caesar werden einigemale den Legionen zugeteilte Geschütze erwähnt, Bell. Alex. 9, 3; Afr. 77, 2; in der Kaiserzeit hat jede Legion ihre Geschütze, Tac. hist. III 23. Joseph. bell. Iud. V 269. Cass. Dio LXV 14, 2, auch die praetorianischen Cohorten, CIL VI 2454, später jede Centurie ein Horizontalgeschütz carroballista (s. d.), mit Maultieren bespannt und von elf Mann bedient, und jede Cohorte ein Wurfgeschütz, Veget. II 25.

In Betracht kommen besonders die Ballisten und Katapulten. Eine kritische Beurteilung der früheren Untersuchungen gibt Marquardt 518f. mit ausführlichen Literaturvermerken, der 522 auch bemerkt, daß die Bezeichnungen sehr schwankend sind und leicht irreführen. Die griechischen Namen ballistae, catapultae vermeidet Caesar, außer in der Schilderung der Belagerung von Massilia. Die ballistae schleudern Steine (Vitruv. X 16, 1. 17, 3. Liv. XXXI 46, 10. Caes. bell. civ. II 9. Tac. hist. III 23. IV 23. Joseph. bell. Iud. III 167) und Balken (Caes. bell. civ. II 2, 2) unter einem Winkel von 45°. Die Massalioten schleuderten mit denselben 12 Fuß lange, vorn mit einer Spitze versehene Balken, die durch Schichten Flechtwerk der Angriffslaufhallen durchschlugen und noch tief in den Boden eindrangen. Ein Schuß aus einer ballista warf bei Ategua einen Turm um, Bell. Hisp. 13, 7. Sie hatten größeres Kaliber als die unter geringerem Erhöhungswinkel [2254] Pfeile (Caes. bell. Gall. VII 25, 2. Vitruv. X 16, 2) abschießenden catapultae oder scorpiones (die Bezeichnung ist aber auch allgemein, daher Caes. bell. civ. II 9, 4 saxa ex catapultis, Fröhlich 79). Sullas Katapulten vor Athen schossen gleichzeitig bis zwanzig bleierne große Kugeln, Appian. Mithr. 34. In der Schlacht am Angrivarierwall werden lanzenschleudernde tormenta verwendet, Tac. ann. II 20. Von der Wirkung der Geschütze gibt Joseph. bell. Iud. III 243ff. eine Schilderung: ἡ τῶν ὀξυβελῶν καὶ καταπελτῶν βία πολλοὺς ἅμα διήλαυνεν καὶ τῶν ὑπὸ τῆς μηχανῆς ἀφιεμένων πετρῶν ὁ ῥοῖζος ἐπάλξεις τε ἀπέσυρεν καὶ γωνίας ἀπέθρυπτε πύργων κτλ., vgl. V 269–272. 276. 277 u. ö.

Scipio eroberte in Neukarthago über 120 große und 281 kleine Katapulten, 23 große, 52 kleine Ballisten und viele scorpiones, Liv. XXIII 47, 5. Die Juden hatten zur Verteidigung Jerusalems 300 Katapulten und 40 Ballisten, Joseph. bell. Iud. V 359. Daß das schwere Geschütz sowohl im Belagerungskriege wie im Felde gebraucht worden ist, zeigen die bei Jähns 211 genannten Stellen. Die Verwendung von Frauenhaar zur Herstellung der elastischen Sehnen wird öfters erwähnt, Caes. bell. civ. III 9, 3. Vitruv. X 16, 2. Veget. IV 9, und war den Griechen bekannt, Polyb. IV 56, 3.

Zu den Beschreibungen beider Instrumente in den griechischen Kriegsschriftstellern und bei Ammian. XXIII 4 vgl. Marquardt 521ff. Müller 545ff. Jähns 207–211. Fröhlich 80ff. Seine neuen Rekonstruktionen beschreibt Schramm Jahrb. d. Ges. für lothr. Gesch. u. Alt. XXVI (1904) 142–160; vgl. R. Schneider ebd. XVII 284–302, dessen Notiz Röm. Mitt. 1904, 255 und Aufsatz ebd. 1905, 166–184, sowie Berl. Philol. Woch. 1905, 589.

Nach Constantin werden Katapulten nicht mehr erwähnt, nur die ballista und der vermutlich von den Römern erfundene onager (scorpio), eine einarmige Katapulte, Ammian. XIX 2, 7. 5. 6ff. 7, 6. XXIII 4, 4. XXIV 4, 16. Marquardt 523.

Literatur: Marquardt St.-V. II² 515–534. Jähns Handbuch d. Geschichte d. Kriegswesens, 1880, 294–302 (mit Atlas). Wescher Poliorcétique des Grecs, Paris 1867. Alb. Müller Festungskrieg u. Geschützwesen in Baumeisters Denkm. des klass. Altertums I 535ff. A. de Rochas Art. Oppugnatio bei Daremberg-Saglio Dictionaire. Saglio Art. Agger ebd. Lagrange Essai historique sur les mines militaires anciennes et modernes, Bruxelles 1866. G. Hue L’artillerie dans l’antiquité et au moyen âge, Paris 1881. A. de Rochas d’Aiglun Principes de la fortification antique 1881. Schambach Einige Bemerkungen über die Geschützverwendung bei den Römern, besonders zur Zeit Caesars, 1883. W. Rüstow Heerwesen u. Kriegführung C. Iulius Caesars², 1862, 137ff. (mit Tafeln). Napoléon III Hist. de Jules César I. II, Paris 1865/6. v. Göler Caesars gall. Krieg I. II², Tübing. 1880. Heuzey Les opérations militaires de Jules César, Paris 1886. Stoffel Hist. de Jules César: Guerre civile I. II, Paris 1888. Fröhlich Das Kriegswesen Caesars, Zürich 1889. 1890, 76–82. 238–254. G. Veith Geschichte der Feldzüge G. Iulius Caesars, 1906 [2255] mit 46 Beilagen). Rouby Le siège de Marseille par Jules César, 1874. Raim. Oehler Bilderatlas zu Caesars Bell. Gall., Leipz. 1890. R. C. Clephan Notes an Roman and medieval military engines, Arch. Aeliana XXIV (1902/3) 69–114. Schuh Röm. Kriegswesen nach des Flavius Josephus bellum Iudaicum, Progr. Mährisch Weißkirchen 1902. Alb. Müller Militaria aus Ammianus Marcellinus, Philol. N. F. XVIII (1905) 573ff. 605ff.


  1. Es mag hier noch einmal darauf hingewiesen werden, daß die Verwendung der Sturmböcke in dieser älteren Periode etwas durchaus Nebensächliches ist. Aeneas berichtet über ihre Bekämpfung nicht aus eigener Kenntnis, sondern hat dazu den Bericht des Thukydides über die Belagerung von Plataiai ausgeschrieben.