Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
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Gebirge in Arkadien
Band VI,1 (1907) S. 568569
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Erymanthos (Ἐρύμανθος), Gebirge und Fluß in Arkadien. 1) Gebirge (auch Ἐρυμάνθιον nach Steph. Byz.), jetzt Olonós, ist das westlichste der drei nordarkadischen Hochgebirge (E., Aroanios und Kyllene), der nordwestlichste Eckpfeiler des arkadischen Hochlandes, wo die Landschaften Arkadien, Achaia und Elis zusammenstossen. Seinem Bau nach bildet er, abweichend von den beiden genannten Gebirgen, ein Glied der großen Kette, die das westliche Griechenland von Norden nach Süden durchzieht und nacheinander Pindos, aitolische Kalkalpen, Panachaïkon, E., messenisches Gebirge genannt wird. Sie besteht aus steil zusammengepreßten, zum Teil nach West überschobenen Falten dichter Plattenkalke, roter Hornsteine, Schiefer, dem Eocän und der oberen Kreide angehörig.

Das E.-Gebirge bildet die unmittelbare Fortsetzung des Panachaïkon, von dem es aber durch eine breite hochflächenartige Einsattelung von ca. 1000 m Höhe getrennt ist; über dieser erheben sich im Süden plötzlich und imposant die hohen Ketten des E., die als ein ganzes Bündel von parallelen Bergrücken von Nordost nach Südwest ziehen, von tiefen Tälern, namentlich Längstälern, zerfurcht. Nach Nordwesten stürzt das Gebirge in einem grossartig jähen, geschlossenen Absturz von stellenweise 1500 m relativer Höhe hinab zu dem sanften Flyschhügelland der Akroreia (s. Elis); nach Osten schliessen sich niedrigere Parallelketten an bis zum Aroaniosgebirge; hier kann man als Grenze des E.-Gebirges die großen Längstäler des Erymanthosflusses (jetzt Doana) und des oberen Buraïkos (Fluss von Kalavryta) ansehen. Das ganze, etwa 15 km breite und 30 km lange Faltensystem endigt im Südwesten [569] an einem scharfen Bruch, wo es unter die Pliocäntafel der Pholoë (s. Elis) hinabtaucht. Das E.-Gehirge ist wohl das wildeste und unwegsamste des Peloponnes. Die plattigen Kalke, wechselnd mit den zerbröckelnden Hornsteinen, bilden zackige Kämme, wilde und enge Schluchten, schuttbedeckte Gehänge; dazu erschwert der parallele Bau den Verkehr ausserordentlich. Doch ist das Gebirge reich an Niederschlägen, besonders an Schnee im Winter, sowie an frischen Quellen, und nicht ganz arm an anbaufähigen Abhängen, die besonders für Obstbäume geeignet sind. So ist es seit dem Mittelalter, als die Bevölkerung sich mit Vorliebe in die entlegensten Gebirgstäler zurückzog, ziemlich stark bewohnt; doch sind auch von den einstigen großen Tannenwäldern noch erhebliche Reste erhalten, während freilich die meisten Berglücken kahl und felsig sind und den Wanderhirten als Schafweide dienen.

Der höchste Gipfel, jetzt Olonós genannt (von der antiken Stadt Olenos?), erhebt sich im Nordwesten des Gebirges dicht über dem erwähnten großen Absturz (2224 m); es ist der steilste der peloponnesischen Hochgipfel und gewährt eine außerordentlich umfassende Rundsicht, wie er andererseits dem von Westen und Nordwesten über das Meer Steuernden zuerst in die Augen fällt. Östlich von ihm erheben sich am Nordrande des Gebirges ebenfalls mit recht auffallenden Formen die Kalliphoni (1998 m). Das ist (nach Curtius Pel. I 386) der von den Alten als Lampeia unterschiedene Gebirgsteil, an dem der E.-Fluß entspringt (Stat. Theb. IV 290. Paus. VIII 24, 4. Apoll. Rhod. Arg. I 127 m. Schol. Steph. Byz. Plin. IV 21). Dieser nimmt den größten Teil des Abflusses des Gebirges auf; nur kurze Bäche eilen zu den nördlichen und nordwestlichen Flüssen (Buraïkos, Selinus, Peiros) hinab. Im Südwesten entsteht der Peneios in einem Längstal zwischen den jetzt Astras (1795) und Skiadovuni (1421 m) genannten Ketten (s. Elis).

Der E. war bei den Alten als wald- und wildreiches Gebirge berühmt, das Jagdgebiet der Artemis (Hom. Od. VI 102; vgl. Dion. perieg. 115. 414. Claud. b. Get. 191. Strab. VIII 343. 357. Paus. V 7, 1. VIII 24, 4f. Apollod. II 5. Verg. Aen. VI 801. Ov. met. II 499. Plin. IV 21; Sage vom erymanthischen Eber s. S. 566, 18ff.). Curtius Pelop. I 384. Philippson Pelop. 280–295.