2) Ἐπόπτης (mit ἐποπτεία und ἐποπτεύειν) heißt der, der etwas sieht, und ist im besonderen die Bezeichnung eines Mysten, der die höhere Weihe erlangt hat. In allen Mysterienkulten spielt das Schauen der ἱερά (die ἐποπτεία) die Hauptrolle. Erst wer das Allerheiligste geschaut, ist mehr als ein Myste, ist ein Epopt. Die niedere Stufe, mit der sich aber die Mehrzahl begnügte, war die μύησις. Vgl. dazu namentlich die beiden Platonischen Stellen Symposion p. 210 Α Ταῦτα μὲν οὖν τὰ ἐρωτικὰ ἴσως, ὦ Σώκρατες, κἂν σὺ μυηθείης’ τὰ δὲ τέλεα καὶ ἐποπτικά, ὧν ἕνεκα καὶ ταῦτα ἔστιν, ἐάν τις ὀρθῶς μετίῃ, οὐκ οἶδ’ εἰ οἷός τ’ ἂν εἴης und Phaidros 250 C ὁλόκληρα δὲ καὶ ἁπλᾶ καὶ ἀτρεμῆ καὶ εὐδαίμονα φάσματα μυούμενοί τε καὶ ἐποπτεύοντες ἐν αὐγῇ καθαρᾷ. Vgl. Seneca quaest. natural. VII 30. Das Zeitwort ἐποπτεύειν wird öfter von dem höchsten Menschenglück gebraucht, z. B. AAristoph. Ran. 746. Besonders wichtig ist, was Plutarch von Demetrios Poliorketes 26 (dazu siehe jetzt H. G. Pringsheim Archaeol. Beiträge z. Gesch. des eleusin. Kults 1905, 40) erzählt, der schleunigst in die Mysterien eingeweiht werden wollte καὶ τὴν τελετὴν ἅπασαν ἀπὸ τῶν μικρῶν ἄρχι τῶν ἐποπτικῶν παραλαβεῖν. Dies war aber nicht zulässig und nie zuvor geschehen, sondern ἐπώπτευον δὲ τοὐλάχιστον ἀπὸ τῶν μεγάλων (nicht mit Casaubonus in μικρῶν zu ändern; s. Schoemann-Lipsius Griech. Altertümer II 1902, 404, 1) ἐνιαυτὸν διαλείποντες, Die Athener kamen aus dieser Schwierigkeit heraus, indem sie auf Antrag des Stratokles den Munichion zum Anthesterion, dem Monat der kleinen Mysterien, machten, den Demetrios sofort im Munichion in Agra einweihten καὶ μετὰ ταῦτα πάλιν ἐξ Ἀνθεστηριῶνος ὁ Μουνιχιὼν γενόμενος Βοηδρομιὼν ἐδέξατο τὴν λοιπὴν τελετήν, ἅμα καὶ τὴν ἐποπτείαν τοῦ Δημητρίου προςεπιλαβόντος Auf diesen Antrag des Stratokles geht der Vers des Philippides: ὁ τὸν ἐνιαυτὸν συντεμὼν εἰς μῆν’ ἕνα. Weitere Belege siehe bei Lobeck Aglaophamus I 54. 123ff. und A. Mommsen Feste der Stadt Athen 31. 412, der namentlich über die Bestimmung παῖς μύστης καὶ ἐπόπτης ἀνήρ (Himerios 22, 7; s. auch Boeckh zu CIG I 393) handelt. Mysten und E. auf der Inschrift bei Dittenberger Syll.² 646, 50. Vgl. die Darstellung eines Epopten auf der schönen Marmorvase des römischen Thermenmuseums, die E. Caetani-Lovatelli Bull. com. di Roma 1879, 5ff. (= E. Caetani-Lovatelli Antichi monumenti illustrati, Roma 1889, 25ff., s. namentlich 37ff.) veröffentlicht hat. Vgl. Stengel Griech. Kultusaltertümer² 161. Weiteres über die eleusinischen E. bei Schoemann-Lipsius Griech. Altertümer II⁴ 393f. 403 Anm. 4 und im Artikel Mysteria. Auch in anderen Mysterien hat es sicher verschiedene Grade gegeben, [249] wie z. B. aus Andania (s. Bd. I S. 2118) πρωτομύσται inschriftlich (Dittenberger Syll.² 653, 14. 50. 68) bezeugt sind (anders Pringsheim a. a. O. 42). Auf den samothrakischen Steinen begegnen auch Mysten und E., Dittenberger Syll.² 657. 658 (ἐφόπται) und 659, 15. Vgl. Schoemann-Lipsius a. a. O. 414. Neben den μύσται καὶ ἐπόπται εὐσεβεῖς kommen Syll.² 657 auch noch συνέγδαμοι vor, nach Dittenberger homines privati qui una cum illa legatione sua sponte iter Samothracam fecerant ut mysteriis initiarentur. Auch in der von A. Dieterich (Leipzig 1903) behandelten Mithrasliturgie 4, 10 kommt das Wort ἐποπτεύειν vor (ἵνα μετὰ τὴν ἐνεστῶσαν καὶ σφόδρα κατεπείγουσάν με χρείαν ἐποπτεύσω τὴν ἀθάνατον ἀρχὴν τῷ ἀθανάτῳ πνεύματι usw.).