Delminium (Frontin. strat. in 6, 2. Flor. II 25; Δελμίνιον Ptolem. II 16, 11. Appian. Ill. 11; Delminum Quadratus bei Steph. Byz. s. Δάλμιον; CIL III 3202 Delminensibus; Δάλμιον Strab. VII 315 = Steph. Byz.; vgl. Mommsen CIL III 280 p. 358. H. Kiepert Lehrbuch der alten Geographie 359, 1. W. Tomaschek Mitt. der geogr. Gesellschaft in Wien 1880, 505), eine grosse (Strabon), feste, hochgelegene Stadt, deren von Festungsanlagen umschlossenen Häuser aus Holz erbaut waren (Appian.), früher Vorort der Delmaten, die nach ihm benannt worden sind (Appian. Strab.). Im Winter 156 drängte der Consul C. Marcius Figulus die Delmaten auf D. zurück, vermochte jedoch den Ort nicht einzunehmen, weil er auch für Belagerungsgeschütze unerreichbar war. Er zog deshalb gegen die kleinen Ortschaften, die den besten Teil ihrer Verteidiger an D. abgegeben hatten, nahm einige derselben ein, kehrte jedoch wieder vor D. zurück, das er zum grössten Teil durch Brandgeschosse einäscherte (Appian. Liv. epit. XLVII. Flor.). An der Eroberung des Platzes wurde er durch das Eintreffen seines Nachfolgers, des Consuls P. Cornelius Scipio Nasica, gehindert. Dieser wandte erst eine List an, um die Verteidigung von D. zu schwächen; er berannte die umliegenden Ortschaften, die deshalb ihre Contingente aus dem Hauptort abriefen, und eroberte dann diesen im J. 155 v. Chr. Das Gebiet von D. wurde zu Schafweiden bestimmt (Front. Liv. epit. XLVII. De viris illustrib. 44. Strab. Zonar. IX 25; die neuere Litteratur s. unter Delmatae). Während der folgenden zahlreichen Kämpfe der Römer mit den Delmaten wird D. nicht mehr erwähnt. Genannt wird es von Ptolemaios; als römisch constituierte Stadt, wohl als Municipium, erscheint es auf der bei Trilj am rechten Cetinaufer gefundenen Inschrift CIL III 3202 vom J. 184 n. Ch.: Imp. Caes. M. Aurelius Commodus.........pontem Hippi fluminis vetustate corruptum restituit sumptum et operas subministrantibus Novensibus Delminensibus Riditis..... Wo D. lag, ist strittig. Während ältere Forscher, wie Farlati Illyricum sacrum II 168ff., aus sprachlichen und kirchengeschichtlichen Gründen – schon auf dem 2. Concil von Salona (im J. 532) wird ein episcopus Delminensis Montanorum erwähnt – die Stadt in der westbosnischen Kesselebene Duvno (Hauptort Županjac) suchten, localisiert sie Mommsen CIL III p. 358 auf Grund der eben angeführten Brückeninschrift in Gardun bei Trilj an der Cetina (in Dalmatien). Ihm schlossen sich G. Zippel Die Röm. Herrschaft in Illyrien 181. G. Alačević Bull. Dalm. I 21 ff. 38ff. 51ff. XX 102ff. Tomaschek 505ff. H. Cons La province Rom. de Dalmatie 105. O. Hirschfeld Herm. XXV 352
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und A. Bauer Arch.-epigr. Mitt. XVII 135 an; Novaković Bull. Dalm. II 56. F. Bulić ebd. X 153. A. J. Evans Antiquarian researches in Illyricum (parts I and II) 68ff. und Patsch Verhandlungen der 43. Philologenversammlung 179, vgl. Wissenschaftliche Mitteilungen VIII 85, traten dagegen für die ältere Hypothese ein. Zuletzt hat Kiepert Formae orbis antiqui XVII Beiblatt 5, 51 die Gründe noch einmal erwogen und bleibt, wie auch O. Hirschfeld CIL III p. 1610. 2161, wenn auch zweifelnd, bei der Ansicht Mommsens. Der wichtigste von ihm und Alačević gegen die Identität von Duvno mit D. angeführte Grund: ,Das gänzliche Fehlen von Spuren einer grösseren alten Ortschaft in der Duvno-Ebene‘ besteht nicht mehr zu Recht. Die Forschungen des bosnisch-hercegovinischen Landesmuseums, die durch Grabungen unterstützt werden, haben ergeben, dass die ganze Ebene in vorrömischer und in römischer Zeit sehr stark besiedelt war. In Županjac bestand eine 15 ha. grosse, mit öffentlichen Anlagen ausgestattete Stadt; nebst Kaiserinschriften kam hier auch ein Fragment mit [l(oco) d(ato)] d(ecurionum) d(ecreto) zum Vorschein (Wissenschaftliche Mitteil. aus Bosnien und der Hercegovina IV 135ff. V 220. VI 220ff. Ballif-Patsch Röm. Strassen in Bosnien und der Hercegovina I 25ff.). Bemerken möchte ich schon jetzt, dass sich die vorrömische Hauptanlage des Duvno nicht in Županjac, sondern auf dem marcanten Bergvorsprunge Lib (südöstlich davon) befand. Gardun (das Mommsensche D.) war eine der Hauptfestungen Dalmatiens; sie wurde bereits zu einer Zeit angelegt, als die römische Herrschaft nur bis zu den dinarischen Alpen reichte, und war bestimmt, die Delmaten (s. d.) im Zaume zu halten und den Übergang über Prolog und Aržano zu überwachen (Bauer 135). Hier war das Hauptquartier der legio VII Claudia pia fidelis (CIL III 2709. 2714 = 9736. 2716 vgl. p. 1610. 2717 vgl. 9728. 9733. 9734. 9737. 9738 [?]. 9741. 9742, sämtlich aus der Zeit vor 42 n. Chr. 2715 nach 42. Mommsen CIL III p. 282. 358. Hirschfeld ebd. p. 1476. 2161), die bis in die letzten Jahre Neros in Dalmatien blieb; im J. 66 ist sie bereits in Moesien nachweisbar (Mommsen CIL III p. 250. 358; R. G. V³ 200, 1. A. v. v. Domaszewski Rh. Mus. XLVII 1892, 213). Gardun, wo auch ein grösseres Detachement der legio XI Claudia pia fidelis vor und nach 42 nachweisbar ist (CIL III 2708 vgl. 9725. 2711. Patsch Jahreshefte des österr. arch. Institutes 1898 Beiblatt 121ff.), hat sie vielleicht schon früher mit Salona vertauscht (Hirschfeld Herm. XXV 353). Ausserdem garnisonierte in Gardun die ala Claudia nova (CIL III 2712 vgl. 9727 und Arch.-epigr. Mitt. IX 57, gleichzeitig mit der leg. VII. Mommsen CIL III p. 282. Hirschfeld ebd. p. 1476. Cichorius o. Bd. I S. 1237. Patsch Wissenschaftliche Mitt. aus Bosnien und der Hercegovina VI 173), die ala Frontoniana (vor 80 n. Chr. CIL III 9735. Hirschfeld CIL III p. 1476. Cichorius a. a. O. 1267), die cohors I Belgarum equitata (CIL III 9739 = Dessau 2579. Hirschfeld CIL III p. 1476) und die cohors VIII voluntariorum im 3. Jhdt. (CIL III 2706, 245 n. Chr. 9732 Antoniniana. 13187 Antoniniana[?] Mommsen CIL III p. 282. Hirschfeld ebd.
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p. 1476). Beweise municipaler Selbstverwaltung sind in Gardun nicht gefunden worden, vgl. Mommsen CIL III p. 358. Kiepert Formae XVII Beiblatt 5, 51.