Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
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König der Atrebaten
Band IV,1 (1900) S. 770771
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Commius, ein Atrebate, wurde nach der Unterwerfung seines Stammes 697 = 57 von Caesar als König eingesetzt (Caes. b. g. IV 21, 7. Silbermünzen der Atrebaten bei Holder Altkelt. Sprachschatz 1073. 1077f., s. o. B. III S. 867). Er wurde dann 699 = 55 vor Caesars erster Expedition nach Britannien wegen seines grossen Ansehens bei den dortigen Völkerschaften vorausgesandt, um sie zur Anerkennung der römischen Oberhoheit zu bewegen, aber er wurde nach seiner Ankunft auf der Insel festgenommen und erst nach einem glücklichen Gefecht, das die Römer den Barbaren lieferten, mit der Bitte um Frieden und um Entschuldigung zurückgesandt; mit seinem kleinen berittenen Gefolge leistete er darauf gute Dienste (Caes. IV 21, 8. 27, 2–4. 35, 1). Auch beim zweiten britannischen Feldzuge 700 = 54 begleitete er Caesar und vermittelte den Frieden mit Cassivellaunus (V 22, 3). Zum Dank für seine Dienste verlieh Caesar den Atrebaten Steuerfreiheit und volle Unabhängigkeit in allen inneren Angelegenheiten und dem C. selbst die Herrschaft über die Moriner (VII 76, 1), bewies ihm auch im J. 701 = 53 sein Vertrauen, indem er ihn nach dem Feldzuge gegen die Menapier mit einer Reiterabteilung in deren Gebiete zurückliess (VI 6, 4). Aber der Geist des Aufruhrs, der sich 702 = 52 mit Blitzesschnelle durch ganz Gallien verbreitete, ergriff auch den C. gewaltig; die Bellovaker, die den Krieg nur auf eigene Faust führen wollten, wurden durch seine Autorität zum Anschluss an den grossen Bund aller Stämme bewogen, er erhielt mit drei anderen Fürsten den Oberbefehl über das Heer, das vergeblich versuchte, den in Alesia eingeschlossenen Vercingetorix zu entsetzen (VII 75, 5. 76, 1. 2. 4. 79, 1). Die nächsten Thaten und Schicksale des C. berichtet Dio XL 42, 1–3: C. setzte sich an die Spitze der Belgen und lieferte den Römern drei Gefechte, die zwar unglücklich endeten, aber seine Verschlagenheit und Gefährlichkeit deutlich offenbarten. Er fuhr fort, die verschiedenen Völkerschaften gegen die Fremdherrschaft aufzuwiegeln, so dass T. Labienus, der während des Winters in Caesars Abwesenheit den Oberbefehl führte, sich seiner mit List zu entledigen trachtete. Aber der von ihm damit beauftragte C. Volusenus Quadratus führte seine Aufgabe nur halb aus; bei einer Unterredung wollte er C. heimtückisch ermorden lassen, doch dieser wurde schwer verwundet von den Seinigen in Sicherheit gebracht (Hirt. b. g. VIII 23, 3–7. Dio XL 42, 1). Seitdem verfolgte C. die Römer mit noch unversöhnlicherem Hasse, als zuvor. 703 = 51 stellte er sich zunächst den Bellovakern zur Verfügung, die unter ihrem Häuptling Correus eine neue Erhebung vorbereiteten, und suchte durch Werbung germanischer Hülfstruppen ihre Macht zu verstärken (Hirt. VIII 6, 2. 7, 6. 10, 4f.). Nachher, als die Bellovaker geschlagen waren, Correus seinen Tod in der Schlacht gefunden hatte und alle anderen sich unterwarfen, flüchtete er zu den Germanen und setzte allein den Kampf fort, wobei er mit seinen Reitern dem Gegner mancherlei Schaden zufügte (ebd. 21, 1. 23, 2. 47, 1–3). Der kühne Atrebate war der einzige Mann in Gallien, der seinen Widerstand noch nicht aufgegeben hatte; daher [771] entsandte M. Antonius noch einmal den C. Volusenus gegen ihn. Es kam zum Gefecht, worin C. diesen seinen Todfeind lebensgefährlich verwundete, aber schliesslich den kürzeren zog (ebd. 48, 1–7). Damit war sein Hass wenigstens zum Teil befriedigt und seine Kraft erschöpft; die Gegner aber, die die ihrige für den nahen Entscheidungskampf zwischen Caesar und Pompeius aufsparen mussten, liessen sich gleichfalls bereit finden, zu unterhandeln. C. willigte ein, an einem von jenen zu bestimmenden Orte ruhig zu leben, unter der Bedingung, dass er persönlich nie einem Römer vor die Augen zu treten brauchte, und Antonius gestand die von berechtigtem Misstrauen dictierte Bedingung zu (ebd. 23, 7. 48, 8f. Dio XL 43, 2). Es ist unbekannt, welche der beiden Parteien Grund hatte, zu fürchten, dass die andere den Vertrag nicht beobachten würde. C. entschloss sich, anscheinend nach kurzer Zeit, im freien Keltenlande jenseits des Canals seinen Wohnsitz zu nehmen und täuschte durch eine seiner Kriegslisten die nachsetzenden Römer (Frontin. strat. II 13, 11). Auch ein Teil der Atrebaten siedelte nach dem südöstlichen Britannien über (vgl. o. Bd. II S. 2138) und C. gründete mit ihnen ein neues Reich. Seinen Namen tragen die dort gefundenen Goldmünzen seines Sohnes Verica (vgl. Holder a. O. 1077f.), der gewöhnlich mit Bericus identificiert wird, dessen Hülfegesuch unter Claudius die Occupation der Insel durch die Römer veranlasste (Dio LX 19, 1, vgl. Hübner Herm. XVI 519f., dagegen Holder a. O. 406; s. o. Bd. III S. 294. 869). Eine Monographie über C. von Stocchi (Due studî di storia Romana, Florenz 1887) kenne ich nur aus Burs. Jahresber. LX 1889, 291.